Als Nordamerikas berühmteste Indianerin gilt die Häuptlingstochter Pocahontas (um 1595–1617) aus Virginia. Ihr Vater war der Begründer und Oberhäuptling der Powhatan-Konföderation. Er trug den indianischen Namen Wahunsonacook (1531–1618), wurde aber von den Engländern Powhatan genannt, so wie der Indianerstamm, dem er angehörte. Bei der Powhatan-Konförderation handelte es sich um eine Allianz von 31 Stämmen mit rund 200 Dörfern und schätzungsweise 10.000 Menschen in der Küstenregion von Virginia. Die Tochter von Powhatan hieß eigentlich Matoaka („die ‚Verspielte“ oder „die, die alles durcheinanderbringt“). Pocahontas („kleine Übermütige“) lautete nur ihr Spitzname. Das Taschenbuch „Pocahontas. Die Indianer-Prinzessin aus Virginia“ des Wiesbadener Autors Ernst Probst schildert ihr Leben.
Ernst Probst
Pocahontas. Die Indianer-Prinzessin aus Virginia
Als Nordamerikas berühmteste Indianerin gilt die Häuptlingstochter Pocahontas (um 1595–1617) aus Virginia. Ihr Vater war der Begründer und Oberhäuptling der Powhatan-Konföderation. Er trug den indianischen Namen Wahunsonacook (1531–1618), wurde aber von den Engländern Powhatan genannt, so wie der Indianerstamm, dem er angehörte. Bei der Powhatan-Konföderation handelte es sich um eine Allianz von 31 Stämmen mit rund 200 Dörfern und schätzungsweise 10.000 Menschen in der Küstenregion von Virginia. Die Tochter von Powhatan hieß eigentlich Matoaka („die ‚Verspielte“ oder „die, die alles durcheinanderbringt“). Pocahontas („kleine Übermütige“) lautete nur ihr Spitzname.
Den Namen Virginia hat der englische Seefahrer und Entdecker Sir Walter Raleigh (1552/1554–1618) bereits bei seiner Expedition von 1584 geprägt, als er die erste Ansiedlung auf Roanoke Island (heute North Carolina) gründete. Damit ehrte er die unverheiratete englische Königin Elisabeth I. Tudor (1533–1603), die den Beinamen „Virgin Queen“ („Jungfräuliche Königin“) trug und seine Gönnerin war. Allerdings bezeichnete man damals ein Gebiet als Virginia, das die späteren Staaten Virginia, West Virginia, North Carolina, Kentucky, Tennessee und Ohio umfasste.
Wahunsonacok bzw. Powhatan erbte zwischen 1572 und 1597 die Häuptlingswürde über die Pamunkey, Youghtan und, Mattaponi, Kiskiack und Werowocomoco sowie außerdem über die Powhatan, Arrohatec, Appamatuck und Orapak am James River in seinem Geburtsland unterhalb der Wasserfälle. Mit kluger Politik und teilweise auch Gewalt vereinte er allmählich mehr als 30 Stämme der Virginia-Algonkin.
1597 unterwarf Powhatan die Kecoughtan. Vor 1607 reihte er fast alle anderen Stämme am James River und York River in sein Imperium ein. Einige der zuletzt angeschlossenen Stämme wie die Chesapeake und andere Völker aus dem Süden von Virginia wurden nie voll in die Konföderation integriert. Laut Online-Lexikon „Wikipedia“ äußerte sich die Macht von Powhatan in einer fast orientalisch anmutenden Hofhaltung. Seine Residenz hieß Werowocomoco und lag am Nordufer des York River nahe der heutigen Stadt Yorktown.
Das genaue Geburtsjahr der Tochter Pocahontas von Powhatan ist unbekannt. Einige Historiker glauben, dass sie 1595 in Werowocomoco (Virginia) zur Welt kam. Denn 1608 wurde sie als ein Kind von 12 oder 13 Jahren bezeichnet. Ihre Mutter, deren Namen man heute nicht mehr kennt, gehörte dem Stamm der Patawomeke an. Ihr Vater hatte Dutzende von Ehefrauen, von denen ihm jede ein Kind schenkte und später in ihr Dorf zurückkehrte, wo sie der Oberhäuptling Powhatan unterstützte, bis sie einen anderen Mann fand.
Wie damals bei den Algonkinstämmen in Virginia üblich, erhielt auch Pocahontas bei wichtigen Anlässen jeweils einen neuen Namen. Sie hieß deswegen unter anderem Matoaka, Pocahontas oder Amonute. Manche ihrer Namen verraten, dass sie besonders aufgeweckt war. Das muntere Mädchen soll der Liebling seines Vaters gewesen sein, war aber keiner seiner Erben. Die nächsten Erben von Powhatan waren seine drei Brüder Poitchapan, Opechancanough und Catataugh und nach deren Ableben seine älteste Schwester Hadith.
Eine wichtige Rolle im Leben der Indianerin Pocahontas spielte der rund 15 Jahre ältere englische Abenteurer und Söldner John Smith (1580–1631), der aus Alford (Lincolnshire) stammte. Als junger Mann hatte er bereits ein abenteuerliches Leben hinter sich. Historikern fällt es schwer, den Wahrheitsgehalt seiner Lebensberichte richtig einzuschätzen, weil er zu Selbstbespiegelung und starken Übertreibungen neigte. Smith war stark, intelligent, arrogant, oft taktlos und manchmal brutal.
Nach dem Tod seines Vaters lief John Smith als 16-Jähriger von zuhause weg und heuerte zunächst als Matrose an. Er kämpfte als Söldner für König Heinrich IV. (1553–1610) von Frankreich gegen Spanien. 1600/1601 focht er für Habsburg unter der Führung des Woiwoden Mihai Viteazul (1558-–1601) gegen die Osmanen. Als Viteazul starb, kämpfte er in der Walachei auf der Seite von Prinz Radu Serban. Nach dem erfolgreichen Duell mit einem türkischen Anführer, dem er den Kopf abschlug, musste er dies bei zwei weiteren Türken wiederholen, die für ihren Befehlshaber Rache üben wollten. Für diese Siege zeichnete ihn Fürst Sigismund Báthory (1572–1613) mit einem Wappen aus, das drei abgeschlagene Türkenköpfe zeigt.
1602 geriet der beim Kampf gegen die Türken verwundete John Smith bei Rotenthurn in Gefangenschaft. Man verkaufte ihn als Sklaven an eine türkische Edelfrau. Doch ihm gelang die Flucht und er kehrte über die Krim 1604 nach England zurück.
Am 10. April 1606 stellte der englische König James I. (Jakob I., 1566–1625) eine königliche Charta aus, welche die nordamerikanische Küste unter zwei eigens für die Errichtung von Kolonien gegründeten Aktiengesellschaften aufteilte. Die „Plymouth Company“ bekam das Recht, das Gebiet zwischen dem 38. und 45. Breitengrad in Besitz zu nehmen. Das der „Virginia Company of London“ zugesprochene Gebiet umfasste die nordamerikanische Küste vom 34. Breitengrad bei Cape Fear im Süden bis zum Long Island Sund am 41. Breitengrad im Norden.
John Smith schloss sich der „Virginia Company of London“ an. Im Dezember 1606 starteten in England die Segelschiffe „Susan Constant“, „Godspeed“ und „Discovery“ nach Virginia. An Bord dieser drei Schiffe waren insgesamt 144 Männer, einer davon war John Smith. Die Angaben über die Zahl der Männer differieren in der Literatur.
Schätzungsweise zwischen einem Drittel und der Hälfte der Männer gehörten dem so genannten englischen Gentry an. Dabei handelte es sich um eine Schicht des gehobenen Bürgertums und des niederen Adels. Die Jüngeren unter ihnen waren oft Zweitgeborene, die mit der Aussicht auf Abenteuer und Reichtum in die Neue Welt gelockt wurden. Manche Männer wie John Smith, Edward Maria Wingfield und Christopher Newport (1561–1617) hatten früher als Soldaten gedient. Andere waren Handwerker, ungelernte Arbeiter und Seeleute. Unter den ersten Ankömmlingen befanden sich noch keine Frauen und Kinder. Diese sollten erst nachgeholt werden, wenn die Kolonie gesichert war.
Während der Überfahrt in die Neue Welt wurde John Smith wegen Meuterei angeklagt. Er entging nur knapp einer Verurteilung deswegen. Andere Männer an Bord der drei Segelschiffe hatten weniger Glück. 39 von ihnen starben während der Überfahrt an Krankheiten.
Am 26. April 1607 erreichten die drei englischen Schiffe mit 105 Männern die unwirtliche untere Chesapeake Bay (Chesapeake-Bucht) an der Küste von Virginia. Die Expedition fuhr auf einem breiten Fluss, den sie nach ihrem König James I. (Jakob I., 1566–1625) als James River bezeichneten, flussaufwärts. Bei der Suche nach einem geeigneten Areal für eine Siedlung mussten Anordnungen der Handelsgesellschaft „Virginia Company of London“ befolgt werden. Beispielsweise sollte der Platz zum Schutz vor spanischen Überfällen mindestens 100 Meilen vom Atlantik entfernt liegen. Außerdem sollte ein unbesiedelter Streifen Land ausgewählt werden, um Konflikte mit den Ureinwohnern zu vermeiden.
Die englischen Neuankömmlinge entschieden sich für eine rund 50 Meilen von der Küste gelegene Insel im James River, die sie Jamestown Island nannten, als Standort. Diese im Fluss liegende Insel war nur durch eine schmale Landbrücke mit dem Festland verbunden und gut gegen Angriffe von Land zu verteidigen. Zudem war der Wasserstand des James River in Nähe der Insel so hoch, um dort mit Schiffen zu ankern, Ausrüstung und Proviant auf die Insel zu schaffen und die Siedlung mit Schiffskanonen verteidigen zu können.
Am 14. Mai 1607 gingen die Kolonisten auf Jamestown Island an Land, entluden ihre Schiffe und sicherten den Landeplatz. Zum ersten Gouverneur der Kolonie Jamestown wurde im Mai 1607 für ein Jahr Edward Maria Wingfield (um 1560–1631) gewählt. Er war eines der Gründungsmitglieder der Handelsgesellschaft „Virginia Company of London“, von der die Expedition finanziert wurde. Die englische Regierung verfügte damals nicht über das Geld, um solche kostspieligen und unsicheren Expeditionen bezahlen zu können.
Bereits zwei Wochen nach der Ankunft der Siedler kam es zu einer ersten Auseinandersetzung mit den indianischen Ureinwohnern. Etwa 200 Krieger der Powhatan-Konföderation griffen das Lager der weißen Kolonisten an. Der Angriff konnte mit Schiffskanonen und Musketen abgewehrt werden. Danach erbaute man rasch innerhalb von 19 Tagen das schützende „James Fort“. Diese Befestigung war von einem dreieckigen Palisadenwall umgeben und nach allen Seiten mit Kanonen bestückt. Eine Woche nach Vollendung des „James Fort“ segelte Christopher Newport mit dem Schiff „Susan Constant“ und einer vermeintlichen Ladung Gold nach London. Tatsächlich handelte es sich nicht um Gold, sondern nur um das Mineral Pyrit, das so genannte „Narrengold“.
Die „Virginia Company of London“ verfolgte mit der Kolonie Jamestown große Ziele. Man wollte eine Route zu den Reichtümern des Orients erkunden, die amerikanischen Ureinwohner zum Christentum bekehren, Gold und Silber entdecken sowie größere Mengen von Gütern nach England exportieren. Doch keines dieser ursprünglichen Ziele wurden in den ersten Jahren erreicht.
Bereits kurz nach der Abreise von Christopher Newport mit dem Segelschiff „Susan Constant“ kam die Ernüchterung bei den Kolonisten. Das Wildvorkommen auf Jamestown Island war bald erschöpft. Das sumpfige Marschland in der Umgebung der Insel erwies sich weitgehend für den Anbau von Feldfrüchten als un-geeignet. Zudem gab es auf der Insel kein frisches Trinkwasser, weswegen die Kolonisten brackiges Wasser aus eilig gegrabenen Brunnen oder Wasser aus dem James River tranken. Schon nach sechs Wochen starben die ersten Siedler. Das aus dem James River entnommene Trinkwasser führte zu Salzvergiftungen, Durchfall und Typhus. Bis Ende September 1607 war bereits die Hälfte der Kolonisten gestorben.
Als die Lebensmittel der Kolonisten knapp wurden, fuhr John Smith mit einem halben Dutzend Männer per Boot zu Indianern der Powhatan-Konföderation und tauschte mit ihnen Kupfer und Äxte gegen Mais und andere Lebensmittel ein. Ähnliche Reisen flussaufwärts zwecks Handel und Erkundung der Flussregion nordwestlich von Jamestown unternahm er weiterhin. Bald beherrschte er die Sprache der Indianer. Bei der Rückkehr von seinen Handels- und Forschungsreisen fand Smith die Kolonie Jamestown jedesmal in einem schlechten Zustand vor. Die Siedler waren – seinen späteren Schilderungen zufolge – alle krank, einige lahm, andere verletzt und alle unfähig, irgendetwas zu tun, außer sich zu beklagen. Offenbar hatten sich die Kolonisten das Leben in der Neuen Welt anders vorgestellt.
Zu allem Überdruss gab es auch Streit um die Führung der Kolonie Jamestown. Edward Maria Wingfield war nur etwa vier Monate im Amt, als er am 10. September 1607 als Gouverneur von Jamestown durch John Ratcliffe abgelöst wurde. Man machte Wingfield zum Sündenbock für die Folgen der schlimmsten Dürre und Hungersnot seit 800 Jahren und verdächtigte ihn sogar als Komplizen der feindlichen Spanier.
Nach Ansicht von Zeitgenossen war der neue Gouverneur John Ratcliffe wenig beliebt, schwach im Urteil bei Gefahrensituationen und in Friedenszeiten nicht sehr fleißig. Auch dies war nicht dazu angetan, die Laune der Kolonisten zu heben.
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- Ernst Probst (Author), 2010, Pocahontas - Die Indianer-Prinzessin aus Virginia, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147273
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