In der folgenden kunstgeschichtlichen Arbeit soll das berühmte fatimidische Bergkristallgefäss aus dem Domschatz zu Quedlinburg untersucht werden. Es ist ein äusserst wertvolles Reliquiar und fasziniert zum einen als Objekt durch seine kunstfertige Verarbeitung aus einem äusserst wertvollen Rohmaterial und zum anderen als Reliquiar durch seine islamisch-ägyptische Herkunft und die spätere christlich-europäische Verwendung.
Zunächst wird das Objekt für sich betrachtet, beschrieben und dann im Bezug auf den Domschatz zu Quedlinburg eingeordnet. Danach wird das Objekt in seiner Funktion als Reliquiar untersucht. Schliesslich soll das Objekt in seine fatimidische Herkunft eingebettet werden, um zuletzt eine Betrachtung der Symbolik des Objektes und der damit verbundenen Tradition der Allegorese zu erlauben. Dabei wird in dieser Untersuchung stets vom Objekt aus analysiert und dann erst der grössere Bezugsrahmen gesetzt, um der ursprünglichen Bedeutung des Objektes möglichst nahe zu kommen und so, rückwärtig, die Rezeptionsgeschichte nachzuverfolgen. Das besondere Augenmerk der Untersuchung gilt einmal der Entwicklungsgeschichte des Objektes von seinen Ursprüngen bis hin zum Reliquiar und zudem die spezielle Bedeutung des verwendeten Bergkristallgefässes als Behältnis einer Reliquie.
Gliederung
1. Einleitung
2. Das fatimidische Bergkristallgefäss im Domschatz zu Quedlinburg
2. 1 Die Beschreibung des Objekts
2.2 Die Bedeutung des Objektes im Domschatz zu Quedlinburg
2.3 Die Bedeutung des Domschatzes zu Quedlinburg
2.4 Die Stiftskirche St. Servatius und ihre Stellung
3. Das fatimidische Bergkristallgefäss und seine Funktion
3.1 Die Bedeutung des Objektes als Reliquiar
3.2 Das fatimidische Bergkristallgefäss im Spiegel des Reliquienkultes
4. Das fatimidische Bergkristallgefäss und seine Herkunft
4.1 Die Herkunft des Objektes
4.2 Die Herstellung des Objektes
4.3 Die Verbreitung der fatimidischen Bergkristallgefässe durch Transport und Handel
5. Das fatimidische Bergkristallgefäss und seine Symbolik
5.1 Das fatimidische Edelsteingefäss in der Edelsteinallegorese im Allgemeinen
5.2 Die Theorie der Verklärung und Auferstehung im Speziellen
6. Auswertung der Untersuchung
7. Konklusion
8. Literatur und Quellennachweis
1. Einleitung
In der folgenden kunstgeschichtlichen Arbeit soll das berühmten fatimidische Bergkristallgefäss (Abb. 1) aus dem Domschatz zu Quedlinburg untersucht werden. Es ist ein äusserst wertvolles Reliquiar und fasziniert zum einen als Objekt durch seine kunstfertige Verarbeitung aus einem äusserst wertvollen Rohmaterial und zum anderen als Reliquiar durch seine islamisch-ägyptische Herkunft und die spätere christlich-europäische Verwendung. [1] Den besonderen kunstgeschichtlichen Stellenwert des hier behandelten Objektes beschreibt Ernst Kühnel (1962) wie folgt:
Als die herausragendsten Errungenschaften des damaligen Kunstgewerbes werden mit Fug die aus Bergkristall geschnittenen Kannen, Schalen, kleineren Behälter und Schachfiguren angesehen, die als Wunder orientalischen Kunstfleisses durch Levantehandel, Pilgerfahrten und die Kreuzzüge in unserer Kirchenschätze gelangten und, häufig in abendländischer Fassung, als Messgerät und Reliquiare Verwendung fanden. [2]
Deutlich wird hier auch die offensichtlich abenteuerliche Reise eines seltenen kunsthandwerklichen Objektes, das durch Krieg und Handel seiner ursprünglichen Funktion entbunden wurde und sich in neuem kulturellen Kontext zu einem wichtigen religiösen Kultgegenstand verwandelte.
Nach Gia Toussaint (2003) besteht eine der wesentlichen Aufgaben der Kunstgeschichte darin, die Objekte wieder in ihrer ursprünglichen Form, Funktion und Bedeutung, unabhängig von späteren Interpretationen, zu sehen. [3] Ziel sei es „jene Wahrnehmung eines Werkes wiederherzustellen, die, bei der Herstellung intendiert, von den Zeitgenossen verstanden wurde“[4]. „Unschuldige Augen“ [5] gäbe es eigentlich nicht, denn jedes Sehen ist bereits verbunden mit einer Einordnen konform dem Wissen und dem kulturellen Hintergrund des Betrachters. Doch, so Toussaint (2003), eben dies sei Ziel und Zweck kunstgeschichtlicher Recherche und Analyse in ihrer Reinform: einen unvoreingenommenen, frischen Blick auf das Objekt wieder zu gewinnen und so neue Schlussfolgerungen zuzulassen. Allerdings seien die unweigerlich daraus resultierenden Interpretationen stets in dem Bewusstsein zu behandeln, dass sie keine endgültige Wahrheit proklamieren sondern nur einen vorläufigen Stand der jeweiligen fachspezifischen Forschung. [6]
In diesem Sinne soll das hier untersuchte fatimidische Bergkristallgefäss aus dem Domschatz zu Quedlinburg zunächst bewusst auf seine ursprüngliche Bedeutung zurückgeführt werden. Hierzu ist eine genaue Unterscheidung im Werdegang dieses besonderen Reliquiars und eine stets vom Objekt ausgehende Analyse notwendig.
Zunächst wird das Objekt für sich betrachtet, beschrieben und dann im Bezug auf den Domschatz zu Quedlinburg eingeordnet. Danach wird das Objekt in seiner Funktion als Reliquiar untersucht. Schliesslich soll das Objekt in seine fatimidische Herkunft eingebettet werden, um zuletzt eine Betrachtung der Symbolik des Objektes und der damit verbundenen Tradition der Allegorese zu erlauben. Dabei wird in dieser Untersuchung stets vom Objekt aus analysiert und dann erst der grössere Bezugsrahmen gesetzt, um der ursprünglichen Bedeutung des Objektes möglichst nahe zu kommen und so, rückwärtig, die Rezeptionsgeschichte nachzuverfolgen. Das besondere Augenmerk der Untersuchung gilt einmal der Entwicklungsgeschichte des Objektes von seinen Ursprüngen bis hin zum Reliquiar und zudem die spezielle Bedeutung des verwendeten Bergkristallgefässes als Behältnis einer Reliquie.
2. Das fatimidische Bergkristallgefäss im Domschatz zu Quedlinburg
2. 1 Die Beschreibung des Objekts
Das „Flakon mit den Vogelköpfen“ [7] (Abb. 1), wie es in der Kunstgeschichte auch betitelt wird, ist 18 cm hoch und wurde aus einem einzigen Bergkristall geschnitten. Das Gefäss zeigt die dreidimensionalen Silhouetten zweier Vögel, die Rücken an Rücken spiegelsymmetrisch, einen Palmenbaum flankierend, dargestellt sind. Labusiak (2011) vermutet, dass es sich hierbei um orientalische Raubvögel handle. [8] Besonders kunstfertig ist dabei die Verzierung aus „Palmetten und Volutenmuster“[9].
Das Objekt ist, bis auf ein paar Mängel durch Absplitterungen im unteren Viertel des Gefässes sowie das Fehlen eines Vogelschnabels, sehr gut erhalten. Das Flakon enthält drei „Bohrungen“[10], von denen die beiden äusseren mit Reliquien befüllt sind, die mittlere jedoch leer blieb[11]. Auf diesen Umstand soll im letzten Kapitel nochmals Bezug genommen werden. Die Reliquien wurde mit einem roten Seidenstoff umhüllt. Dadurch sieht das Auge des Betrachters nicht die Reliquie selbst sondern eben das feine, rote Textil. [12] Überlieferten Annahmen zufolge befinden sich in dem besagten Gefäss Teile des Windelstoffes und der Kleider von Jesus Christus[13]. und ein „Tropfen Milch der Jungfrau Maria“[14]. Auf die Art, die Bedeutung und den Rang dieser Reliquien soll im Folgenden noch explizit eingegangen werden. Mit Labusiak (2011) muss allerdings auf den Umstand hingewiesen werden, dass es für das tatsächliche
Vorliegen jener Reliquien bis dato keine Beweise gibt, denn „eine Cedula oder ein sonstiger schriftlicher Verweis fehlen ebenso wie Hinweise zur Provenienzgeschichte“[15]. Auch Toussaint (2010) bemängelt: „Unklar ist, welche der vielen Christusreliquien sich im Flakon mit den Vogelköpfen des Quedlinburger Domschatzes befinden“[16]. Doch könnte, so Toussaint (2010) der rote Schutzstoff, wie es bei zahlreichen Reliquien vorkam, sinnbildlich darauf hinweisen, dass unter anderem auch Blut Christi im Flakon aufbewahrt wird. [17]
Die Befüllung des Gefässes mit der Reliquie und dem Füllstoff wird auf die Mitte des 13. Jahrhunderts datiert. Grund zu dieser Annahme geben die Verschlüsse aus Silberblech. Toussaint schreibt dazu:
Diese identischen, kreisrunden, in der Matritze geschlagenen, nimbierten Christusmedaillons aus Silberblech, die wie ein Deckelfest auf den Reliquiengelassen montiert sind, begegnen in motivisch ähnlicher Weise auf einem norddeutschen Buchdeckel und zwei Kelchen des 13. Jahrhunderts aus Haldensleben und aus dem Rheinland. Stilistisch überraschen die Quedlinburger Köpfchen durch ihre schwellende Körperlichkeit, die weich fliessenden Haarsträhnen und die markante Stirn, Formen, wie sie in der Grossplastik des mitteldeutschen Raumes (Dome zu Naumburg und Meissen) um 1250 vertreten sind. [18]
Ob der aufwendigen Beschlagung und Verzierungen lässt sich erahnen, wie begehrt das Bergkristallgefäss als solches und ähnliche Flakons dieser Art zur Aufbewahrung von Reliquien waren. Ebenso weisst es auf darauf hin, dass hier eine oder mehrere sehr wichtige Reliquien aufbewahrt werden. Der Umstand, dass ein besonders kostbares und zudem durchsichtiges Gefäss zum Reliquiar wurde, entspricht einem jahrhundertelang gehegten Bedürfnis die Reliquien, auch wenn sie eingehüllt waren, sichtbar zu machen und so ihre Existenz zu unterstreichen[19]. Zu dieser These soll noch einmal ausführlich im Kapitel 3 im Bezugsrahmen des Reliquienkultes eingegangen werden. Wie Gia Toussaint (2010) bestätigt:
Die prächtigen, mit den technischen Mitteln des Abendlandes nicht herstellbaren Fläschchen entsprachen in ihrem materiellen Wert dem ihre Inhaltes und bürgten darüber hinaus auch für dessen Echtheit und Authentizität. [20]
Der Wert des äusseren Materials scheint also im direkten Bezug zu stehen mit der Reliquie. Hierzu wird im Folgenden noch detailliert Analyse betrieben. Zugleich besitzt die Ummantlung durch den kostbaren Stein auch eine symbolische Bedeutung, auf die im Kapitel 5 im Bereich der Edelsteinallegorese noch genauer eingegangen werden wird. [21]
Das hier untersuchte Bergkristallgefäss diente ursprünglich vermutlich der Aufbewahrung und dem Transport für „parfümierte Substanzen, wie Öle und Salben“[22]. Es wir allgemein angenommen, dass die Gefässe dieser Art so gefüllt nach Mitteleuropa gelangten und erst hier mit den Reliquien versehen wurden. [23] Vermutlich gelangte das Flakon durch Otto III oder eine der ottonischen Äbtissinnen Mathilde, Sophia oder Theophanu im 13. Jahrhundert nach Quedlinburg. Die an dem Gefäss nachträglich angebrachten Ösen lassen sich auf das 14. Jahrhundert rückdatieren. Zu jener Zeit war es üblich, Reliquiare über oder neben dem Altar aufzuhängen. [24] Labusiak (2011) beschreibt den Zustand des Flakons wie folgt: „An einer Schulter des Bergkristallgefässes sind die Reste einer ursprünglichen, aus dem Kristall geschnittenen Öse beziehungsweise eines Hakens erhalten geblieben.“ [25]
Das Objekt wurde also offensichtlich seiner ursprünglichen Funktion entfremdet und gewann in seiner neuen Funktion einen überaus hohen Stellenwert als Reliquiar in einer der bedeutendsten Kirchenschätze Deutschlands.Inwiefern diese Annahme zutrifft und welcher Motivation ein solcher Wechsel in der Funktion entsprang, soll in der Untersuchung weiter verfolgt werden.
2.2 Die Bedeutung des Objektes im Domschatz zu Quedlinburg
Sucht man nach einer Definition für den Begriff 'Kirchenschatz' so wird bereits hier klar, dass die Begrifflichkeiten unterschiedlich gehandhabt wurden und folglich die Ernennung eines Kirchen-, Dom oder Stiftsschatzes stets eine Sache der begrifflichen Auslegung war. Durch das Nachvollziehen der Entwicklungsgeschichte des hier behandelten Domschatzes soll auf diese Thematik nochmals eingegangen werden, da die Erhaltung der sakralen Sammlung teilweise diesem Umstand zu verdanken ist. [26]
Nach katholischer Lehre besteht der Schatz der Kirche aus dem Überschuss guter Werke, den im Himmel verwahrten Verdiensten Jesu Christi und der Heiligen, die in Anspruch genommen werden zur Tilgung zeitlicher Sündenstrafen. [27]
Aufgrund dieser Definition wurde sowohl die Einnahme des Ablasses erklärt als auch die Verehrung der Reliquien und deren Sammlung in den sogenannten „Heiltumskammern“ [28]
Vor der Entwendung der zwölf Gegenstände durch Joe Meador – auf diesen Umstand wir in Kapitel 2.3. noch präziser eingegangen - befanden sich sechs Bergkristallgefäss im Domschatz zu Quedlinburg. [29] Dies stell eine ungewöhnlich grosse Anhäufung jener seltenen Reliquienbehältnisse dar. Joe Meador sendete alle sechs Gefässe mit der Post nach Texas. Nur fünf der sechs Gefässe konnte wieder gefunden und nach Quedlinburg zurückgeführt werden. Das sechste Gefäss, ein Flakon in Form einer Mitra, blieb verschollen. [30]
Die sechs Gefässe waren allesamt Flakons und dienten ursprünglich der Aufbewahrung von Ölen, „Kosmetika und Duftessenzen“[31]. Vermutlich wurden die meisten der Flakons von den Kreuzrittern nach Europa gebracht und dort zu Reliquienbehältnissen umfunktioniert. Nach der Befüllung mit der Reliquie und zudem generell mit einem Schutzstoff wurden die Flakons dauerhaft verschlossen. [32]
Diese permanente Versiegelung samt Dekor wurde bereits im Kapitel 2.1 beschrieben. Das hier untersuchte fatimidische Bergkristallgefäss ist das grösste der ursprünglich sechs Flakons und wird als das bedeutendste überlieferte Reliquiar dieser Art in diesem Schatz gehandelt. [33]
Umso schwieriger gestaltet sich der tatsächlich Nachweis der Reliquien. Denn die „Heiligen bleiben anonym“[34]. Die Aufzählung beinhaltet lediglich, dies aber sehr detailliert, den „materiellen Bestand des Schatzes“[35]und nicht die vorhandenen Reliquien in ihren Reliquiaren. Eine Vielzahl an Objekten wird lediglich beschrieben ohne auf ihre Funktion einzugehen. Zur Präzisierung unterstreicht Labusiak (2011) gewisse Ungenauigkeiten in kunstgeschichtlichen Übersetzungen:
Hans-Joachim Krause hatte 1993 sowohl die Flaschen (flascones) als auch die Kapseln (capseln) in seiner Übersetzung mit Reliquien verbunden, das mag zwar für die tatsächliche Funktion dieser Gefässe zutreffend sein, formuliert wird es aber im Verzeichnis nicht. Auch über die Herkunft der einzelnen Objekte schweigt das Schatzverzeichnis. [36]
So obliegt es weiterhin Spekulationen, welche Reliquien das Bergkristallflakon tatsächlich birgt. Diese fehlende Klarheit lädt zur zukünftigen kunst-und kirchengeschichtlichen Forschung ein.[37]
2.3 Die Bedeutung des Domschatzes zu Quedlinburg
Die Geschichte des Domschatzes, in dem das fatimidische Bergkristallgefäss seit Jahrhunderten beheimatet ist, beginnt mit dem Aufstieg des sächsischen Herrscherhauses. Das „frei-weltliche Damenstift wurde durch grosszügige Dotierungen seitens der sächsischen Herrscher zu einer dritten Macht neben den weltlichen und geistlichen Fürstentümern aufgebaut“[38]. Seit dem 10. Jahrhundert wuchs so ein beeindruckender Kirchenschatz unter anderem mit Meisterwerken des frühen Mittelalters. [39]
Die sakralen Kostbarkeiten wurden ab 1180 in der Nordseite des Querschiffes im sogenannten „Zittergewölbe“[40]oder auch „Heiltumskammer“[41]l, die aus symbolischen und praktischen Gründen direkt am Hochaltar angebracht wurde, als eine Art Opfergabe aufbewahrt. [42] Zum Begriff der Opfergabe und des Opfers in der frühchristlichen Glaubensvorstellung werden im Kapitel 6 in der Auswertung der Untersuchung noch einige aufschlussreiche Rückschlüsse gemacht werden. Die Schatzmeisterin – auch bekannt als „thesauraria“ [43] - bewachte und pflegte die Kultobjekte. Bei Gottesdiensten wurden die Reliquien in die Handlungen integriert und an ausgewählten Feiertagen in Schaukästen ausgestellt, da man annahm, dass auch ihre Betrachtung ein besonderes Heil erbrachte. [44] In den Anfängen des Reliquienkultes war es noch üblich die Objekte im privaten Gebrauch aus ihrer Hülle zu nehmen und zu berühren. [45] Mit der zunehmenden Frequentierung des Usus nahm man, zum Schutz der Objekte vor übermässiger Abnutzung einerseits und wohl auch, um die Ehrfurcht vor dem heiligen Gebein zu verstärken, von diesem Gebrauch Abstand und stellte die Objekte zur blossen Betrachtung aus. [46]
1803 wurde der Quedlinburger Stift aufgelöst. Ob der Auflösung sollte die Kirchengemeinde den Stiftsschatz und die gesamte Bibliothek bis auf drei Bücher abgeben. Diese besagten drei Bücher konnten vor der Abgabe gerettet werden, in dem sie zu „sakralen Gegenständen“[47]eingestuft wurden.
Diese Regelung bewahrte letztlich den Kirchenschatz vor einer völligen Auflösung und gab später den Ausschlag, den Kirchenschatz als 'Domschatz' und nicht als 'Stiftschatz' zu führen, denn die Bezeichnung Stiftschatz förderte die immer neue Versuche einer Säkularisierung des Kirchenschatzes. [48]
So bewahrte die Umbenennung des Stiftsschatzes zum Domschatz die wertvolle Sammlung von Reliquiaren und Kunstwerken vor der Auflösung. [49] „What´s in a name“[50], schrieb Shakespeare in seinem denkwürdigen Stück Romeo und Julia(II Akt, 2. Szene). Was bedeutet ein Name, fragt der viktorianische Autor, wenn er sich ändert so bleiben Inhalt und Essenz doch gleich. Und ebenso wie ein Mensch sich nicht ändert, wohl aber sich aus einer bedrohlichen Situation retten kann, in dem er seinen Namen ändert, so konnte die Kirchengemeinde zu Quedlinburg den Schatz durch seine Umbenennung retten – retten hier im Sinne von erhalten.[51]Doch seine internationale Berühmtheit erlangte der Domschatz zu Quedlinburg paradoxer Weise erst ob seiner teilweise Entwendung durch den amerikanischen Offizier Joe Meador zum Ende des Zweiten Weltkrieges und seine spektakuläre Wiederentdeckung Jahrzehnte später. [52] Joe Meador hatte ehemals ein Kunststudium begonnen und erkannte daher sehr schnell, welche Kostbarkeiten ihm hier vorlagen, als er den Schatz in seinem vorsorglichen Versteck entdeckte. Nach und nach entwendete er 12 Gegenstände und schickte sie per Post an seinen Eltern nach Texas. [53]
Nach der Wende kam es zu administrativen Neuregelungen der kirchlichen Güter und es drohte zunächst die Umverteilung des Kirchenschatzes. Doch durch das Übereinkommen von dem Amt für Denkmalpflege und der Kirchengemeinde konnte der Schatz als „Sammlung sakraler Gegenstände“ [54] weiterhin in der Stiftskirche aufbewahrt werden. So war es also wiederum das Änderns des Namens, wodurch der Domschatz vor seiner Auflösung bewahrt wurde. [55]
Dr. Klaus Maurice begann im März 1989 im Namen der Kulturstiftung der Länder nach den verschollen geglaubten Stücken zu suchen. Nach einer abenteuerlichen Recherche fand er Teile des Schatz in einer Bank in Texas und gelangte schliesslich auf Joe Meadors Spuren. [56] 1992 konnten die in den USA wiedergefundenen Schatzteile dank eines gerichtlichen Urteils wieder nach Berlin überführt werden. Seit dem 19.9.1993 befindet sich der Schatz, welcher sich heute wieder Domschatz nennt, mit Ausnahme von zwei noch immer verschollenen Einzelstücken, wieder in Quedlinburg und kann dort seither besichtigt werden. [57]
Als „unschätzbare Kostbarkeiten[58]“ beschreibt Friedemann Gosslau (1999) die ehemaligen und bestehenden Teile des Domschatzes zu Quedlinburg. Die Einzelstücke aus dem Reliquienbestand sind grösstenteils prunkvoll mit Edelmetallen, vorrangig Gold, und Edelsteinen verziert. Leider wurden Teile der ursprünglichen mittelalterlichen Sammlung verkauft, versteigert oder geplündert. [59] Der noch immer sichtbare Prunk und Reichtum der Kultgegenstände und Kunstwerke sind Zeugen einer geschichtlichen Periode der politischen Expansion und zwar „zweieinhalb Jahrhunderte einer geschichtlichen Aufgabe: der deutschen Macht-und Reichsausbreitung nach Osten, bis nach Böhmen und Schleswig, über die Elbe und Oder bis an die Warte“[60].
Alle erhaltenen Reliquien in einem Bergkristallflakon des Quedlinburger Domschatzes sind mit dem selben rotem Stoff umhüllt. Diese Übereinstimmung auch mit anderen Beispielen aus Kirchenschätzen ist erstaunlich und wirft die Frage nach der Bedeutung dieser textilen Ummantlung auf.[61]Die Bergkristallflakons wurden offenbar vor allem zum Transport, Aufbewahrung und Zurschaustellung des heiligen Blutes verwendet, welches um 1250 aus Jerusalem in das weströmischen Reich gebracht wurde. [62]
Deutlich wird hier nochmals, dass es nicht nur eine religiöse sondern gleichzeitig eine weltliche Macht war, welche die Kultgegenstände wie das hier untersuchte Bergkristallgefäss repräsentierten, da, wie hinlänglich bekannt, in der Blütezeit des Reliquienkultes im Mittelalter die kirchliche und die weltliche Macht unmittelbar miteinander verknüpft waren.
Wie bereits erwähnt wurden dem Objekt nachträglich Ösen angebracht. Zum Gebrauch der Bergkristallflakons als Bestandteil des Kirchenschatzes zu Quedlinburg notiert Labusiak (2011):
Die Erstmontierung der bislang genannten Bergkristallreliquiare ist nicht dokumentiert. Durch die späteren metallenen Ergänzungen wurde es möglich, die Reliquiare in Quedlinburg und Essen ebenso wie das Reliquiar aus dem Welfenschatz auf einen Altar aufzustellen oder an den beschriebenen Ösen darüber aufzuhängen. [63]
Dies Art von Verwendung der kostbaren Gefässe war generell verbreitet, wie Zeichnungen und Abbildungen seit dem 12. Jahrhundert beweisen. Bestimmte kleinere Gefässe und gewisse Reliquien-Inhalte wurden dabei mitunter auch zu einem Duo oder anderen Kombinationen zusammengefügt, die meist symmetrisch rechts und links vom Altar angebracht wurden. [64] Die Authentizität der im Quedlinburger Kirchenschatz enthaltenen Bergkristallgefässe und ihrer offensichtlichen Funktion als
Reliquiare analysiert Labusiak (2011) anhand des Schatzverzeichnisses vom letzten Drittel des 11. Jahrhunderts wie folgt:
Das Quedlinburger Schatzverzeichnis zählt also fünf Kristalle auf, ohne deren Form oder Funktion näher fassbar zu machen. Dass es sich hier um die heute noch erhaltenen Bergkristallreliquiare handelt, wird seit langem angenommen. Mit Ausnahme der drei Elfenbeinschreine werden keinerlei Reliquien genannt; und auch im Kontext der Schreine wird abgesehen von ihrer reinen Funktion, der Aufbewahrung von Reliquien, über diese selbst nichts ausgesagt. [65]
Im Jahr 2008 wurde das offizielle „Jahr der Domschätze in Sachsen-Anhalt“[66]zelebriert. Der damalige Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz (2010) betont den glücklichen Umstand, dass sich in Sachsen-Anhalt, obwohl es „Kernland der Reformation“ war, so zahlreiche Kirchenschätze erhalten konnten. Zur Begriffserklärung sei hier gesagt, dass Kirchenschatz ein genereller Begriff ist, von dem sich die spezifischeren des Domschatzes und Stiftschatz ableiten.[67]Dabei beschrieb Olbertz (2010) seine Bemühungen die wichtigsten Kirchenschätze des Bundeslandes in ihrer Bekanntheit zu unterstützen:
Dies erschien uns umso wichtiger, als wir nicht nur über eine besondere Dichte von bedeutenden Kirchenbauten verfügen, sondern obendrein auch noch eine Fülle an Schätzen in vielgestaltiger Form präsentieren können. [68]
Die Kirchenschätze würden dabei, so Olbertz (2010), die Geschichte und Entwicklung des Bundeslandes in bester Manier widerspiegeln, „angefangen von dem ottonischen Kirchenschatz in Quedlinburg“[69], jenem Schatz, aus dem das hier untersuchte Bergkristallgefäss stammt und „der von der reichsgeschichtlichen Bedeutung des Harzbereiches in dieser Zeit zeugt“ [70] über die Kirchenschätze in Magdeburg, Halle und Wittenberg mit „umfangreichen Heiltümern am Vorabend der Reformation“ [71] bis hin zur „Bewahrung, Weiternutzung und Fortschreibung in nachreformatorischer Zeit“[72], insbesondere in Halberstadt. Überdeutlich tritt hier der Stellenwert hervor, der dem Schatz zu Quedlinburg eingeräumt wird.[73]Auch war der der Kirchenschatz zu Quedlinburg der erste einer Reihe von Sammlungen, welcher 1993 „dank bundesweiter Unterstützung wieder in seinen ursprünglichen Ort zurückgeführt und in neuer Gestalt präsentiert werden konnte“[74].
Nach Olbertz (2010) besagen die alljährlichen hohen Besucherzahlen, dass „auch in heutiger Zeit Kirchenschätze auf ein ungebrochenes Interesse stossen“[75]. Diese Besucherzahlen schlagen sich natürlich nicht nur auf den Tourismussektor sondern auch auf die generelle wirtschaftliche Situation der beteiligten Städte nieder.[76]So scheint dem Domschatz zu Quedlinburg interessanterweise auch heute noch jene Paarung an weltlicher und geistlicher Macht innewohnt, aufgrund der er über die Jahrhunderte immer wieder Gefahr gelaufen war, geraubt und geplündert zu werden. Gleichzeitig war es stets der Kirchenschatz, welcher Quedlinburg mit seinen kunstgeschichtlichen Ruf bescherte. [77]
2.4 Die Stiftskirche St. Servatius und ihre Stellung
Prof. Dr. Kötzsche brachte den ersten wissenschaftlichen Katalog über den Domschatz zu Quedlinburg heraus und vergleicht seine Wichtigkeit mit der des Aachener Domschatzes[78]:
'Denn Quedlinburg, die Servatius-Kirche und ihr Schatz sind durch König Heinrich I. und seine unmittelbaren Nachfolger mit dem Beginn des deutschen Königtums so eng verbunden wie Aachen, sein Dom und sein Schatz durch Karl den Grossen mit dem Beginn des abendländischen Kaisertums.' [79]
Die kulturelle und geschichtliche Bedeutung der Stadt in Verbindung mit der Stiftskirche und dem Domschatz ist nicht von der Hand zu weisen. Zunächst soll nun im Folgenden ein geschichtlicher Überblick über Bau und Stellung der Stiftskirche beschrieben werden.
936 liegen historische Berichte über eine Burgkapelle vor, die auf Wunsch von Heinrich I. errichtet wurde und in deren Mauern der Monarch beigesetzt wurde. An eben jenem Platz sollte über ein Jahrhundert später der Bau des Gotteshauses beginnen. [80] Die romanische Stiftskirche zu Quedlinburg wurde von dem Bauherrn Heinrich von Finkler entworfen und grösstenteils auch erbaut. Doch die heute vorliegende Grösse des Domes, insbesondere die dreischiffige Basilika, wurde erst Generationen nach der ursprünglichen Erbauung vollendet. Das Kaiserpaar Heinrich II. und Kunigunde weihten den Grundstein der Stiftskirche 1070, [81] Lothar III. 1129 den Abschluss des Baus. Von jeher war Quedlinburg ein Damenstift. Es wurde von „Äbtissinnen und Pröbstinnen regiert, darunter Kaiserwitwen und Kaisertöchter“[82]. So sollen sich nach Friedemann Gosslau (1999) etwa zwei kriegerisch gekreuzte Schwerter im Stiftswappen unter der vorrangig weiblichen Herrschaft „in zwei Tortenmesser umgewandelt“ [83] haben. Diese mit einem Augenzwinkern versehene Bemerkung verrät aber vor allem, wie viele weibliche Herrscherinnen und Äbtissinnen es in Quedlinburg gegeben hatte und dass dies durchaus als eine Besonderheit betrachten werden konnte. Ebenso lässt dieser Kommentar die Vermutung zu, dass der Fokus der weiblichen Oberhäupter weniger auf Krieg lag und mehr auf Ästhetik. Dies ist natürlich eine gewagte und doch bedenkenswerte These. [84]
Bis in die Blütezeit der Hohenstaufener war der Ort Quedlinburg mit der Burg und der Stiftskirche ein begehrtes Ziel mancher Eroberung und ein prunkvoller Kaisersitz. Zeiten von Reichtum wechselten sich beständig ab mit kriegerischen Auseinandersetzungen, denn tatsächlich gab es in Quedlinburg grosse Kostbarkeiten zu plündern und die entsprechenden Versuche feindlicher Heere waren zahlreich. [85]
Gemäss der Überzeugung des Mittelalters, dass Gottes Werk sich durch Schönheit kennzeichnete [86] - hierauf soll im Kapitel 3.1. noch expliziter eingegangen werden – war die Stiftskirche farbenprächtig verziert. Auch die Gewänder der Priester waren prunkvoll und üppig bestickt. Leider sind die Farben der Kirche heute verblasst, doch im Domschatz kann auch heute noch die damalige Leidenschaft für das Anhäufen der schönen Objekte, die Liebe zu edlen Materialien, aufwendigen Verzierungen und strahlenden Farben, in denen sich Gottes Glanz widerspiegeln sollte, begutachtet werden. [87]
Das Grundgebäude der Stiftskirche ist bis heute im Originalen erhalten, abgesehen von der Erbauung der Türme im vergangenen Jahrhundert und einigen restaurativen Wiederherstellungen. Seit 1994 gehören die Stiftskirche zusammen mit dem Schloss und der Altstadt zum Weltkulturerbe der UNESCO. Spätestens seit dieser Ernennung erfreut sich Quedlinburg eines internationalen Ansehens. Kunstliebhaber aus aller Welt besuchen die Stadt und begutachten die gut erhaltenen, mittelalterlichen Bauten und den beeindruckenden Kirchenschatz. [88]
3. Das fatimidische Bergkristallgefäss und seine Funktion
3.1 Die Bedeutung des Objektes als Reliquiar
„Für die Heiligen und ihre Reliquien war das Beste gerade gut genug. Als Hüllen für
die geistlichen Schätze konnten für die besitzenden Institutionen nur die kostbarsten
Materialien in Frage kommen“[89], so beschreibt es der Dr. Labusiak, seines Zeichens
Kustos der Domschätze Halberstadt und Quedlinburg. Dazu konnten eben auch
Gefässe und Kunstwerke aus anderen Kulturen und sogar Religionen zählen, sofern
nur der Wert der Materialien und die Qualität der Ausarbeitung dem immateriellen
Wert der Reliquie zu Gute kamen. Selbst eindeutig fremdartige und kulturell geprägt
Muster konnten dabei akzeptiert werden, sofern der materielle Wert der Reliquiare
diesen Umstand aufwog. [90] Dann bedurfte es nach Dr. Labusiak (2011) nicht einmal
mehr einer christlichen Umdeutung des Dargestellten. Es sprach also von einem sehr
hohen ästhetischen Niveau, wenn ein Gefäss oder Behälter zum Reliquiar erhoben
wurde. Die Ästhetik und der materielle Wert spielte einen vorrangige Rolle im
Gegensatz zu Ornamenten, Symbolen und Deutungen. Dieser Umstand ist durchaus
bemerkenswert, das die Entwicklung der Reliquien und Reliquiare ein an Symbolen
und Metaphern reiches Feld darstellt. Doch die heiligen Gebeine, wie schon früher
vermerkt, standen im Ruf alles sie umgebende zu heiligen, sogar ein Gefäss des
islamischen Kunsthandwerkes. [91]
Toussaint (2010) beschreibt den bemerkenswerten Umstand wie folgt:
Fläschchen mit geronnenem Christus- oder Märtyrerblut finden sich in vielen mittelalterlichen Kirchenschätzen, doch sind diese keineswegs spätantiker Provenienz sondern datieren zumeist aus dem Hochmittelalter. Die Bergkristallflakons, in denen die Blutreliquien aufbewahrt werden, sind erstaunlicherweise zumeist islamischer Herkunft. [92]
Auch zu den markanten feinen Füllstoffen äussert sich Toussaint (2010):
Öffnet man die Ampullen, so zeigt sich häufig, dass es sich bei den Stoffen, die als Träger des kostbaren Blutes dienen, um wertvolles Gewebe aus dem byzantinischen, manchmal auch arabischen Raum handelt. [93]
Das fatimidische Bergkristallgefäss an sich ist ein Reliquienbehältnis und als Reliquiar diente es der Zurschaustellung von einer oder mehrerer Reliquien. Wie Toussaint (2010) beschreibt, existieren oder existierten in praktisch jedem grösseren Kirchenschatz in Mitteleuropa „Kunstgegenstände orientalisch-islamischer Provenienz“[94]. Es sind zumeist Behältnisse aus Elfenbein, edlem Holz oder Bergkristall. [95] Generell handelt es sich dabei um reich verzierte Einzelstücke, von denen selten nachvollziehbar ist, wie und wann sie in die westliche Kultur überführt wurden. Bereits seit dem 11. Jahrhundert ist die Existenz dieser Kunstgegenstände in Kirchenschätzen nachvollziehbar. [96]
Seit Beginn der Reliquienverehrung nahm man an, dass die Reliquien auch ihre Behältnisse heiligten. So ist es auch zu erklären, dass Behältnisse aus anderen religiös-kulturellen Kontexten für die Aufbewahrung der heiligen Gebeine verwendet werden konnten, sofern die Gefässe einen hohen materiellen und ästhetischen Wert besassen. Hand in Hand mit dem Reliquienkult begann auch die systematische Anhäufung der Kirchenschätze, denn „Gottes Heil wird – so die mittelalterliche Vorstellung – auch durch die Medien der Kunst vermittelt“[97]. Ebenfalls aus dem Mittelalter stammt die Idee, dass Gottes Werk sich in der Schönheit der Dinge wiederfindet. Die Schönheit wurde als „göttlicher Glanz“ [98] verstanden. So stellte man sich das Himmelreich und das zukünftige Jerusalem als goldene Stadt mit von Perlen verzierten Toren vor. [99]
3.2 Das fatimidische Bergkristallgefäss im Spiegel des Reliquienkultes
Jörg Richter (2010) definiert Reliquien, auch bekannt als „Pignera sanctorum (Unterpfänder der Heiligen) “[100] wie folgt:
Reliquien (lat. Überreste) sind Körperpartikeln von Heiligen oder auch Dinge, die mit Heiligen in Berührung gekommen sind. Etwas von der Kraft der Heiligen, so hoffte man, sollte in diesen dinglichen Überresten fortwirken. Nach dem Prinzip des „pars pro toto“ ging man davon aus, dass mit jeder noch so kleinen Partikel der jeweilige Heilige in uneingeschränktem Masse präsent ist. Die Reliquien der Heiligen wurden daher über Jahrhunderte hinweg immer wieder geteilt, um mit ihnen die Kirchen der gesamten Christenheit zu überziehen. [101]
So sind also Reliquien per definition Teile des verstorbenen Körpers eines Heiligen. Die Idee des pars pro toto und also der Teilung eines ganzen Körpers in Einzelreliquien entwickelte sich erst im späteren Reliquienkult. Doch hierzu soll im Folgenden noch genauer eingegangen werden. [102]
Um die Entwicklung des Reliquienkults nachvollziehen zu können, soll zunächst ein geschichtlicher Überblick verschafft werden.
Toussaint (2010) betont, dass Blut, jener ganz besondere Saft – der Titel der Untersuchung spielt hier auf Goethes Faustan, denn letztlich unterschreibt Faust den
Vertrag mit Mephisto mit seinem Blut – am Anfang vom Reliquienkult stand.[103]So heisst es in der Bibel (Lev.7, 11) „anima carnis in sanguine est“,[104]was eben so viel bedeutet wie: die Seele des Körper oder Fleisches ist im Blut. Ein weiteres Zitat besagt sanguis enim eorum pro anima est(Deuteronomium 12,23), hier gleichbedeutend mit „ihr Blut gilt als ihre Seele“.[105]Und weiter folgert Toussaint (2010): „Das Blut als Träger des Seele ist an den Leib gebunden und wird im Tode mit dem Leib zugrunde gehen“[106]doch eben diese Gesetzmässigkeit wird ja durch die Idee des Auferstehungsleibes ausser Kraft gesetzt. Deshalb berichten zahlreiche Legenden von Menschen, die versuchten das Blut Christi aufzubewahren und so seine Kraft am Leben zu erhalten.[107]Von Maria Magdalena etwas wird erzählt, sie habe die vom Blut getränkte Erde und Steine eingesammelt und mit in ihr Exil ins heutige Südfrankreich genommen.[108]Diese Blutreliquie wurde dann mit der Heiligen beigesetzt und erst um 700 neu entdeckt. Seither wird in Südfrankreich die Verehrung des Heiligen Blutes gepflegt.[109]Hoch interessant ist auch der Fall des Joseph von Arimathia: hier „verschmolzen verschiedenen Erzähltraditionen mit der Artussage, so dass es zu der Schöpfung der Gralssage kam“.[110]In dieser Form begann die Heiligblutverehrung auch in England. [111] Ebenso berichtet man von dem Römer Longinus, der bei der Kreuzigung anwesend war, bekehrt wurde und dass er sich mit dem Blut die Augen wusch und „sehen“ [112] wurde. So brachte er das von ihm aufgefangene Blut nach Mantua und auch hier entwickelte sich die Verehrung des Heiligen Blutes. [113]
Eines, so betont Toussaint (2010), haben all diese genannten Zeugen der Kreuzigung gemeinsam: „Alle flüchteten in das eine oder andere mitteleuropäische Land, wo sie verstarben und das kostbare Blut mit in ihr Grab nahmen.“[114]Als es zur Zeit der Karolinger zur grossen Verbreitung des Christentums kam, wurden der Wunsch nach Reliquien laut, die aus dem hiesigen, mitteleuropäischen Raum stammen sollten. So fand man die Gebeine jener Heiligen und der Blutreliquien. Sie wurden ausgegraben und ihnen zu Ehren entspann sich ein ganzer Kult rund um die Verehrung des Heiligen Blutes.[115]Als Vorbild hierfür „wirkte die reiche spätantike Tradition der Verehrung des Kreuzholzes als Träger des Blutes Christi sowie der Verehrung des Märtyrerblutes“[116]. Das Blut Christi galt in diesem traditionellen Sinne als „unvergänglich“[117], es behielt „seine äussere Gestalt“[118]und vor allem „die Kraft, sich immer wieder neu zu reproduzieren“[119]. Und eben diese Kraft sollte sich auch auf das Holz des verehrten Kreuzes übertragen und man nahm ebenso an, dass trotz „ständigen Zerteilens“ [120] die Kreuzpartikel nicht ihre Kraft einbüssten, denn „crux en materia insensata vim vivam tenens“[121], was soviel bedeutet wie die „Kraft des Heilandsblutes überwindet die Gesetze der Materie und schliesslich, gemäss christlicher Glaubensvorstellung, auch den Tod“[122]Gerade die ersten Märtyrer in der Karolinger Zeit „vergossen ihr Blut im Gedanken an die Überwindung des Todes“[123].
Es wurde im frühen Christentum Brauch, dass die Menge gleich nach dem Ableben des Märtyrers begannen, sein Blut zu sammeln und aufzubewahren. Toussaint (2010) berichtet von Menschen, die sogar das Blut des Märtyrers vom dessen Körper leckten, um seine Heilswirkung in sich aufzunehmen.[124]Das Blut wurde meist mit Leinentüchern oder Schwämmen aufgefangen, in kleinen Falschen konserviert und zum Teil zu Hause als Schutzreliquie und zum Teil am Grab des Märtyrers aufgehängt.[125]So entstanden durch die Heiligblutverehrung die ersten privaten Schutzreliquien. [126]
Im Frühmittelalter in dem heute deutschen Landesgebiet kam es zur Verschmelzung von verschiedenen kulturell-religiösen, nämlich den „germanisch-paganen, spät-antik-mediterranen, gallischen und insularen“ [127] Einflüssen. Noch im 7. Jahrhundert zeugen Kultgegenstände von dem Weiterbestehen der heidnische Gebräuche. Oft wurden die heidnischen Götter gerade in Kriegssituationen wieder um Hilfe gerufen. Nachträglich wurden daher Legenden verfasst, in denen explizit der christliche Gott oder einer der ihm unterstehenden Heiligen den um Hilfe bittenden zum Sieg verhalf. Diese Mittel der Bekehrung stellte sich als äusserst wirkungsvoll heraus. [128] Interessant für das hier untersuchte fatimidische Bergkristallgefäss ist die deutliche Vorliebe der vorkarolingischen Kunst für Ornamente. [129]
Ebenfalls im 7. Jahrhundert wird von einem sprunghaft ansteigenden heidnischen „Dämonenkult“[130], vor allem im sächsischen Raum, berichtet. Dieser Kult wurde von Kirche und Reich verantwortlich gemacht für die fehlende Einigung mit den streng christlichen Franken. Daher wurde auf der Reichssynode von 743 „das Tragen von Kreuzen und Reliquien empfohlen, um die heidnischen Amulette zu verdrängen“[131].
So wurden die heidnischen Amulette durch christliche ersetzt und der Brauch geboren, geheiligte christliche Objekte und Reliquien zum privaten Gebrauch am Körper zu tragen. Das Prinzip des heidnischen, magischen Schutz-Anhängers blieb so bestehen, wie es meist synkretistischen Zeiten des Übergangs.
Ebenso gab es „Gürtelschnallen, Brustkreuze, oder Ringe mit Reliquiendepot, für die Ampullen, Medaillen, Stoffbeutel oder Bursen“[132]. Ebenso gab es die „kleinen Reliquienkästchen, die zu den frühesten erhaltenen materiellen Zeugnissen des christlichen Reliqienkultes zählen“[133]. Was all diese Gegenstände gemeinsam hatten, war zum einen, dass sie am Körper getragen wurden und andererseits rein privaten Zwecken dienten.[134]Man spricht in diesem Zusammenhang von Reliquiar oder auch „Phylakterion“[135].
Eines der geschichtsträchtigsten Reliquiare ist der Talisman Karls des Grossen. Offenbar fand man diesen um den Hals seines Leichnams bei der Graböffnung durch Otto III. im Jahr 1000. Die Form des Anhängers erinnert an „die schon in fränkischer Zeit als Pilgerandenken verbreiteten Ampullen, in denen Jordanwasser, geweihtes Öl oder Erde aus dem Heiligen Land mitgeführt wurde“[136].
Im Mittelalter verbreitete sich der Brauch im Volk, heilige oder geweihte Gegenstände in Stoff-oder Lederbeuteln zum Schutz vor dem Bösen am Körper zu tragen[137]. Nach und nach setzte sich auch der Reliquienkult in den Kirchen durch. Man begann Kirchenschätze zu sammeln und der Reliquienkult wurde in diesem Sinne monopolisiert. So fand ein Wechsel vom privaten Reliquienkult zum öffentlichen Usus in der Kirche statt. Bereits seit der Spätantike existierte der Brauch Reliquien zu sammeln. Man unterscheidet dabei zwischen „Primärreliquien“ [138] – also Haut, Knochen oder andere Teil des realen Leibes eines Heiligen – und „Sekundärreliquien“ [139] – auch „Kontaktreliquien“ [140] oder „Eulogien“ [141] genannt, also Kleidung, Tücher, Erde und andere Materialien, mit denen der Heilige in Berührung gekommen war. Dabei wurde ausdrücklich betont, dass dadurch nur der Heiligenleib und nicht die Gegenstände verehrt wurden. [142] Ab dem 5. Jahrhundert berichtet man von einem „Sepulchrum“ [143] in verschiedenen Kirchen, in dem die Reliquien aufbewahrt wurden. Dieses Sepulchrum wurde wiederum im Altar eingeschlossen. [144]
Ab dem 8. Jahrhundert wurden die Reliquien fester Bestandteil des allerorts im römischen Reich eingeführten Kirchweih-Ritus. Während der Kirchweihe kam es zu einer „Niederlegung von Reliquien, von Hostien und Weihrauchkörnern im Altar“[145].
Bis zum 10. Jahrhundert wurde stets der Heiligenleib in seiner Ganzheit am Höchsten gestellt und die Teile ihm untergeordnet. Um 1000 herum kam es zu einem Umdenken. Um eine weiter gestreute Verbreitung zu ermöglichen wurden bewusst Teile von ganzen Heiligenleibern entnommen und an andere Orte als Reliquien versandt. Offenbar wurde die Teilung der Heiligenleiber nun nicht nur legitim sondern sogar erstrebenswert. So entnahm laut Berichten Bischof Bernward von Hildesheim aus dem Grab des Heiligen Timotheus in Rom sogar einen ganzen Arm. Je mehr die Heiligenleiber verteilt wurden, so der neue Grundsatz, desto mehr Teilhabe gab es an den Segnungen durch ihre Präsenz[146]. Um bisher unbestückte Gotteshäuser mit heiligen Gebeinen zu versehen kam es zu einem systematischen „Reliquienimport“[147].
Dieser Import steigerte sich bisweilen in riskante bis verbrecherische Aktionen, um eine Reliquie zu gewinnen, weil die eigene Gemeinde keine Reliquie besass oder sich nach einem Raubzug zurückzuholen:
Karl der Grosse überführte etwa die Leiber der Heiligen Crispin und Crispinian von Soissons nach Osnabrück, sein Biograph Einhard gelangte durch einen spektakulären Reliquiendiebstahl in den Besitz der Gebeine der römischen Märtyrer Marcellinus und Petrus, mit denen er seine neu errichtete Basilika in Seligenstadt nobilitieren konnte. [148]
Allein diese mehr als nur kriminalistisch angehauchten Beispiele des Reliquienimports zeigen nochmals auf, welche Bedeutung den Reliquien seit jener Zeit beigemessen wurde. Wer eine bedeutende Reliquien in seiner Kirchengemeinde, seiner Stiftskirche oder seiner Basilika beherbergte, konnte sicher sein, dass dies einherging mit weltlicher Macht, Ansehen und Gütern. [149]
Dabei erfuhr die Definition von Sekundärreliquien eine Erweiterung. Zierfiguren und andere Teile eines Heiligengrabes wurden zur Reliquie erhoben, wohl auch ob der Notwendigkeit, mehr Reliquien über das gesamte römische Reich und seine neu eroberten Gebiete zu verteilen. [150]
Als Beispiel für die zentrale Rolle, die Reliquiare mitunter spielen, sei hier die Stephan-Bursa in Wien genannt:
Sie barg blutgetränkte Erde von dem Ort, an dem der hl. Stephanus gesteinigt worden war, und damit Sekundärreliquien des ersten christlichen, noch biblischen Märtyrers, die Karl der Grosse aus dem Heiligen Land erhalten hatte. [151]
Sowohl die prunkvolle, mit Edelmetallen und Edelsteinen besetzte Hülle als auch die Nutzung des Reliquiars verrät uns heute etwas über seinen Stellenwert: „Die Stephan-Bursa soll bei Herrscherkrönungen im Thron des Aachener Doms deponiert worden sein und war Teil der Reichskleinodien“ [152]
Die gesteigerte Wichtigkeit des Reliquienkultes spiegelte sich also einerseits wieder in dem hohen Rang, der den Reliquien fortan bei Zeremonien von Kirche und Reich zukam. Andererseits wird von ein
m systematischen Teilen von ganzen Heiligenleibern, um so alle grossen Gotteshäuser damit zu bestücken. Je mehr und je bedeutendere Reliquien eine Kirche besass, desto mehr steigerte sich ihr Stellenwert. Daher kam es zusätzlich zu dem Teilen der heiligen Gebeine zum einen zum vermehrten Heiligsprechen von regionalen Heiligen und Helfern und zum anderen wurden die Gebeine von frühen Heiligen gesucht und geborgen. [153]
Die Bischöfe selber gaben Lebenswege der Heiligen ihrer Region als verfasste Vita in Auftrag. So konnten sie sich auf diese berufen und so wiederum das Ansehen ihre Kirchensitzes anheben. Die „Bischofsviten“ [154] sind als ottonisches Phänomen verzeichnet und versiegten mit dem 13. Jahrhundert. Um diesem inflationären Heiligenkult Einhalt zu gewähren, proklamierten die Päpste ein immer komplexer werdendes System der Heiligsprechung. [155]
Mit seinem Aufruf zum Ersten Kreuzzug am 27. November 1095 auf dem Konzil von Clermont setzte Papst Urban II. eine Bewegung in Gang, die für mehrere Jahrhunderte das Sinnen und Trachten der Christenheit bestimmen sollte. Besonders die ersten vier grossen Kreuzzüge, die ein gutes Jahrhundert umfassten (1096-1204), brachten mit der Eroberung Jerusalems, der Gründung des Lateinischen Königreiches in Palästina und der Plünderung Konstantinopels während des Vierten Kreuzzugs nicht nur im wörtlichen Sinne eine Neuorientierung. [156]
Diese Neuorientierung bedeutete eben auch einen relevanten kulturellen Einfluss. Offiziell wurde der erste Kreuzzug als „kollektive Bussübung propagiert“ [157] und war doch in Wahrheit „vor allem ein Krieg, der sich die Befreiung Jerusalems und der östlichen Christenheit von muslimischer Herrschaft“ [158] vorgenommen hatte.
Am 15. Juli 1099 erreichten die Kreuzfahrer nach dreijährigem, verlustreichem Feldzug und der Eroberung der Städte Edessa sowie Antiochia endlich ihr Ziel: die Einnahme und Plünderung Jerusalems. Innerhalb der Stadt ging es vorrangig um die Inbesitznahme der heiligen Stätten, insbesondere des Heiligen Grabes und seines Umfeldes. [159]
Ein besonderes Augenmerk der ankommenden Kreuzritter galt einer der heute wichtigsten Reliquien überhaupt. Eine Vielzahl der Reliquien, insbesondere die hochgeschätzter Reliquie, nämlich das Kreuz Christi, gelangten durch die Plünderung von Konstantinopel im Kreuzzug von 1202-1204 in den Westen. Das heilige Kreuz der Kreuzigung Christi wurde in Form von zahllosen Teilreliquien auf die wichtigsten Gotteshäuser verteilt. [160]
Seit dem Laternkonzil 1215, der massgebenden Versammlung der kirchlichen Oberhäupter, kam es zu einer strengeren Handhabung des Reliquienkultes. Die neuen Bestimmungen sollten fortan gegen den steigenden Missbrauch der Reliquien schützen, denn durch den gesteigerten Handel mit den Primär-, Sekundär- und Berührungsreliquien war es zu vielen Fällen von Betrug, Raub und Handel aus Profitgier gekommen. [161] Zum Teil geschah dies aus Habgier, um Profit aus dem Handel zu schlagen oder aber um durch eine wertvolle Reliquie religiös wie weltlich an Macht zu gewinnen. Seit 1215 forderten die kirchlichen Oberhäupter daher eine sogenannte Authentik. [162] Dieses Dokument bestätigte die Echtheit – also die Identität, den Inhalt und die Herkunft – der Reliquie.Die Reliquien trugen von nun an eine kirchliche Versiegelung, wie sie auch das fatimidische Bergkristallgefäss dieser Untersuchung aufweist. Ebenso fiel 1215 der Beschluss, dass Reliquien nur noch in Behältern gezeigt werden dürfen. [163] Dies war der Auftakt für die vermehrte Verwendung von transparenten Materialien wie Kristall und Glas, um die Reliquie trotz Behältnis noch für den Betrachter sichtbar machen zu können. Durchscheinende Flakons wie das hier in der vorliegenden Arbeit behandelte waren von nun an sehr begehrt als Hülle für das heilige Gebein. [164]
Im Oströmischen Reich waren durchsichtigen Reliquiare eine lang gehegte Tradition, im Weströmischen Reich dagegen wurden die Reliquien traditionell bedeckt und dem Zugriff der Blicke entzogen. [165] Durch Byzanz gelangte dieser Usus in den Westen. Möglichkeit, die Reliquie Das christliche Abendland öffnete sich schrittweise und zögerlich, etwa durch kleine Glasfenster oder Gitter im Reliquiar, jener Zurschaustellung der Reliquien. [166] Nach und nach setzten sich schliesslich die im Oströmischen Reich üblichen gläsernen oder kristallenen Behältnisse durch.[167]Dieses Öffnen der Reliquiare und die öffentliche Darbietung der Reliquien bewies dem Betrachter die tatsächliche Existenz des Reliquie. Zugleich erlaubt das transparente Material ein Spiel mit dem Sichtbaren und zugleich nicht Greifbaren. Es gelingt eine eine kunstvolle Metapher des Göttlichen. [168] Offenbar gab es auch ein allgemeines Verlangen der Gläubigen, die Wahrhaftigkeit der Reliquie zu beweisen und diese mit den eigenen Augen bestätigt zu sehen. Diese Lust am Schauen und das Verlangen nach Beweisen des göttlichen Wirkens waren typische Zeichen ihrer Zeit.[169]Es war dem Einfluss von Byzanz zu verdanken, dass es zu diesem Wechsel in der Mentalität kam. Durch den Import oströmischer Reliquien und ihrer transparenten Behältnisse verlor sich sukzessive die Scheu vor der unverhüllten Darbietung der heiligen Gebeine. [170] So formte sich durch diese kulturelle Verschmelzung von ost- und weströmischen christlichen Kultobjekten neue ästhetische Wahrnehmung und letztlich daraus wieder neue Reliquiar-Arten. Die Tendenz entfernte sich von der betonten Verhüllung und Mystifizierung und öffnete sich der konkreten, sinnlich erfassbaren und emotional greifbaren Darstellung sakraler Vorgänge. [171]
Generell stehen Hülle und Inhalt im Reliquienkult in unmittelbarer Verbindung. Die materielle Schönheit des Reliquiars soll den göttlichen Glanz widerspiegeln. [172]
Äusseres und Inneres sind Sinnbild und Metapher in vielerlei Hinsicht. So spricht man unter anderem von einer „Architekturmetaphorik“[173]. Demnach kann das Behältnis stellvertretend gesehen werden für das Kirchenhaus selber oder aber die Gemeinde:
Die in der älteren Forschung sog. redenden Reliquiare weisen eine konkrete gegenständliche oder figürliche Form auf, die auf ihren Inhalt direkt verweisen kann oder aber eine vielschichtige visuell-semantische Beziehung zwischen dem Gehäuse und seinem Inneren herstellt. [174]
So kam es zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert vielfach zu Repliken von Gesicht, Hand, Fuss oder einem anderen Körperteil bis hin zum Kreuz Christi (Abb.2), die stellvertretend für die aufbewahrte Reliquie auf dem Behältnis-Deckel zu sehen waren oder sogar ganze Behälter, die in Form des betreffenden Körperteiles vorlagen. [175] Die rechte Hand oder der rechte Arm zum Beispiel standen in diesem Fall für die „Dextera Dei“[176], also der rechte, waltende, ausführende Arm Gottes. Noch komplexer verhält es sich mit Sammel-Reliquiaren wie etwa dem Trierer Andreas-Tragaltar, welcher zugleich Reliquiar und Altar ist:
Auf einem rechteckigen, äusserst reich und vielschichtig verzierten erhebt sich die vollplastische Darstellung eines goldenen Fusses mit edelsteinbesetzten Sandalriemen. Eine Inschrift am Rand der Deckplatte verweist darauf, dass der von Erzbischof Egbert gestiftete Schrein folgende Reliquien enthielt: einen Nagel vom Kreuz Christi, Barthaare und ein Glied der Kette Petri, die Sandale des Apostels Andreas sowie weitere Heiligenreliquien. [177]
Gia Toussaint (2003) weist auf ein Paradoxon im Reliquienkult hin, der seit dessen Anbeginn besteht: ein Reliquiar besteht zum einen aus sterblichen menschlichen Überresten und andererseits aus einem im Laufe der Zeit immer kunstvoller verzierten Behälter. [178] Es treffen grundverschiedene Materialien zusammen: Knochen und Edelstein sowie Edelmetall. Ein schnell zerfallendes Material und ein lange bestehendes, ein scheinbar wertloses und ein vermutlich sehr wertvolles. [179] Wo die Knochen lediglich haltbar gemacht und werden und ansonsten ihre natürliche Form behalten, da werden die Edelsteine mühevoll bearbeitet und kunstvoll verziert.Das Vergängliche trifft auf das Bestehende, organische Überreste auf Kunsthandwerk aus mineralischen Materialien. [180] Nach Toussaint (2003) stammt der Usus, das tote Gebein „der Märtyrer und Heiligen“ [181] auszustellen, aus dem frühen Christentum. Weder die antike noch die jüdische Kultur kennen diese Art von Verehrung. Im Gegenteil galt in der Antike das Betrachten der sterblichen Überreste als „verpönt“[182], in der jüdischen Kultur bis heute als „unrein“[183]. Im frühen Christentum dagegen nahm die Verehrung der toten Märtyrer zum Teil ekstatische Züge an, indem der Leichnam berührt und geküsst wurde. [184] Der Glaube besagt, dass jeder organische Teil eines Märtyrers heilbringend war im Sinne des pars pro toto:
Sind auch die Leiber zerteilt, so wohnt ihnen doch ungeteilt Gnade inne, und jede unscheinbare und winzige Reliquie hat die gleiche Kraft wie der in keiner Weise und in keinem Teil zerstückelte Märtyrerleib. [185]
Diese Idee des pars pro totosetzte sich ab dem Jahre 1000 im Reliquienkult durch. So konnten nun ein Tropfen Milch, Haare, Blut, ein Stück Windel Jesu zu wertvollen und hochverehrten Einzelreliquien werden oder aber Kleinst-Reliquien in Sammelreliquiaren einer Kirche zu einer erheblichen Veränderung in ihrem Rang verhelfen. [186] Über je mehr und je gewichtigere Reliquien ein Gotteshaus verfügte, desto mehr – kirchlichen wie weltlichen – Einfluss besass diese Stätte. Umgekehrt wurden natürlich auch die wichtigsten Reliquien an die zu ihrer Zeit einflussreichsten Orte gebracht. [187] Der Zweck heiligte dabei im wahrsten Sinne des Wortes die Mittel und die Reliquien verschwanden zum Teil unter mysteriösen Umständen tauchten andernorts wieder auf oder wurden von entsprechenden kirchlichen Oberhäuptern oder weltlichen Herrschern eingefordert. [188]
Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass die Reliquien im Laufe der Jahrhunderte einen gesteigerten Stellenwert erhielten. Sie wandelten sich von privaten zu öffentlichen Kultobjekten. [189] Ihnen wurde dabei nicht nur sakrale Heilskraft sondern auch weltliche Macht zugesprochen. Seine Blütezeit erlebte der Reliquienkult dabei im Hochmittelalter. Wie jeder Blütezeit verfiel auch der Reliquienkult in seine Dekadenz durch einen florierenden Handel mit heiligen Gebeinen bis hin zur Fälschung von Reliquien. Dieser Dekadenz folgt ein Erlass zur besseren Kontrolle der Echtheit von Reliquien auf dem Laternkonzil 2015. [190]
Während der Reformation kam es zu einer vehementen Kritik an dem Reliquienkult. Reformatoren forderten, dass das heilige Wort an Stelle der heiligen Gegenstände gestellt werden sollte. [191] Das sinnliche und allzu sehr dem Irdischen zugewandte Erleben des Glaubens erhielt fortan einen geringeren Stellenwert, wurde als nieder, triebhaft und geradezu tierisch betrachtet. Statt dessen erlebte das abstrakte Wort und seine geistig-mentale Botschaft eine absolute Aufwertung. [192] Damit liefen die wertvollen Ansammlungen von Reliquien und Behältnissen Gefahr aus den Kirchen verbannt und ungesehen archiviert zu werden. Doch viele Kirchenschätze erfuhren Schutz durch einflussreiche Katholiken und erhielten sich so bis heute. Ähnlich wie es dem ehemaligen Stiftschatz widerfuhr, der zum Domschatz umbenannt wurde, so erhielten auch andere Kirchenschätze eine neue Benennung und konnte so in den Kirchengemeinden, oft im Ganzen, erhalten bleiben. [193]
4. Das fatimidische Bergkristallgefäss und seine Herkunft
4.1 Die Herkunft des Objektes
Um eine Idee zu vermitteln, welchen geschätzten finanziellen und kunstgeschichtlichen Wert das hier vorliegende Bergkristallgefäss haben mag, sei hier kurz die Anekdote eines verwandten fatimidischen Kunsthandwerkstückes beschrieben:
2008 wurde ein vermeintlicher französischer Weinkrug für rund 200 Pfund im Auktionshaus Lawrence in England angeboten. [194] Kurz darauf wurde die tatsächliche Herkunft des Kruges bekannt. Es war ein über tausend Jahre altes fatimidisches Gefäss aus Bergkristall. Das Objekt wurde von der Presse als sogenannter „Schläfer“ [195] betitelt und machte Schlagzeilen. Die finale Auktion fand im Auktionshaus Christie's statt und der Krug ging für 2,8 Millionen Pfund an die Familie de Unger. [196]
Labusiak (2011) spricht von rund 170 Bergkristallgefässen fatimidischen Ursprungs, die noch heute in Kirchenschätzen als Reliquiare dienen. Diese erstaunlich hohe Anzahl der seltenen und hochgeschätzten Gefässe bezeugt einmal mehr den Wert, der ihnen damals wie heute beigemessen wurde. [197] Dies lag in jener Zeit des frühen Mittelalters auch daran, dass es diese Art von Kunsthandwerk auf diesem Niveau nicht mehr gab oder vielleicht nie gegeben hatte. Die hohe handwerkliche Kunst des Steinschneidens erlebte im Abendland seine Blütezeit in der Antike und verschwand im Laufe der Jahrhunderte zunehmend aus dem christlichen Kunsthandwerk. [198] Im Mittelalter erlebten die antiken Edelsteinobjekte eine Renaissance, als sie als Reliquiare und sakrales Geschirr Einzug in die Kirchenschätze hielten. Merkwürdigerweise wurde trotz der offenbar hohen Nachfrage die Kunst des Bergkristallschliffs-und schneidens nicht wieder in das hiesige Kunsthandwerk aufgenommen. So lässt sich die Vorliebe für islamische Kunsthandwerke dieser Art erklären. [199]
Als klare Hinweise für den fatimidischen Ursprung gelten generell die in den Stein markierten Symbole und Inschriften. [200] Als markantes Beispiel fand man einen typischen „grossen, mondsichelförmigen Steinschliff, der nach Stationen im Schatz von San Marco in Venedig und der Geistlichen Schatzkammer des Wiener Hofs 1887 im Germanischen Nationalmuseum zu Nürnberg aufbewahrt wird“[201]Auffällig ist dabei eine gebogene Inschrift, die den Namen des Ali az Zahir darstellt. Er war zwischen 1021 und 1036 amtierender Kalif der Fatimiden. Erst seit 1350 wurde der geschnittene Edelstein zum Reliquiar erhoben. Das besondere an dem Edelstein als Reliquiar sei nach Labusiak (2011) seine Erscheinung eines „strahlenden Nimbus“[202].
Vorweg soll ein kurzer Überblick über die fatimidische Kunst gegeben werden. Die Kunst des Islam ist stets zurückzuführen auf Inhalte des Koran. Der Koran wird im Gegensatz zu anderen Religionen nicht nur in religiösen sondern auch in allen Lebensfragen konsultiert. Zugleich wurde der Koran in seiner Originalsprache Arabisch und in arabischer Schrift verbreitet. [203] Diese Faktoren trugen dazu bei, dass es zu einer starken kulturellen Verbindung zwischen den muslimischen Ländern untereinander kam und somit zu einer grossen Übereinstimmung in der Kunst. So gibt es in der arabischen Kunst keine explizite Trennung zwischen profaner und sakraler Kunst. [204] Realistische Darstellungen wurden durch alle Zeiten ob religiösen Gebots vermieden. So ist die arabische Ornamentik nicht generell auf Allegorie oder Symbolik zurückzuführen. Durch die Unterbindung realistischer Ausdrucksformen und die fehlende Trennung zwischen religiöser und profaner Kunst lag der Fokus hauptsächlich auf zwei Kunstformen, die keine persönliche Expression des Künstlers oder eine realistische Darstellung benötigten: die Architektur und das Kunstgewerbe[205]:
Es ist darum durchaus berechtigt und zum Verständnis der allgemeinen Steilgestaltung notwendig, dass bei der Betrachtung der einzelnen Entwicklungsphasen die ornamentalen Bestrebungen dieselbe Beachtung finden wie die struktiven Probleme. Durch das Fehlen einer grossen Malerei und Plastik, wie sie im europäischen Kunstschaffen im Vordergrunde standen, wurde das Kunstgewerbe von vornherein aus seiner dienenden Rolle emporgehoben und in der technischen Verfeinerung wie im formalen Ausdruck zu den glänzendsten Leistungen geführt. [206]
Besondere Blütenzeiten der Kunst waren stets abhängig von der Unterstützung durch Herrscher und Aufträge durch Adlige. Doch trotz dieser zum Teil nationalen Bewegungen kann ob der oben genannten Vereinheitlichung nicht von einer stringent einem Land zuzuordnenden Kunst gesprochen werden. [207]
Von der Gestaltung her wurde stets auf massvolle Formen und gleichmässige Dekoration geachtet. Kein Ornament sollte hervorstechen oder die Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Stelle lenken. Als Lösung bot sich hierzu die „absolute Flächenfüllung“ [208] an. Grundsätzlich gab es in der arabischen Tradition keine „Ziergegenstände ohne Bedeutung“[209]. Die Funktion musste zumindest angedeutet sein. Ein l'art pour l'art existierte in dieser Form nicht. [210]
Nordafrika und Spanien erfuhren eine eigene Entwicklung, da diese Regionen bereist seit dem 8. Jahrhundert politisch andere Wege beschritten als die restlichen muslimischen Länder. Die in diesen Regionen florierende Kunst wurde fortan der maurischen Kultur zugeordnet. [211] Die persische Kunst dagegen unterschied sich von der restlichen islamischen Kunst durch die konfessionellen Gegebenheiten. Persien ist von der Schia geprägt und erkennt dadurch nicht die Sunnaan, jene Überlieferung, die für orthodoxe Muslime bindend ist. Somit waren in der persischen und generell schiitischen Kunst eine von der Sunna unabhängige Entwicklung festzustellen. Auch Ägypten und die Fatimiden waren zeitweise schiitisch und damit, wie alle schiitischen Länder unabhängig von ihrem geographischen Sitz, mit Persien kulturell verbunden. [212]
Die Fatimiden eroberten im Jahre 969 Ägypten. Fortan entwickelte sich die ägyptische Kultur unabhängig von dem Khalifat von Bagdad. Die Fatimiden waren Berber und besassen eine „an omayadisch-maurischen Werken geschulte Kunstanschauung“ [213] Doch von der religiösen Prägung her waren sie Schiiten und brachten daher gleichzeitig starke persische Einflüsse mit. [214] Diese besondere kulturelle und weltanschauliche Mischung liess in dem von den Fatimiden gegründeten Kairo neue künstlerische Impulse zu. Ausserdem war Alexandrien zu jener Zeit der für Europo wichtigste südliche Handelshafen, durch den ein reger Austausch an Waren, Kunst-und Kulturgütern möglich wurde. [215] Bereits vor 1014 weist der Schatz des Königs Heinrich II von Aachen kunsthandwerkliche Gegenstände – wie etwa ein ganzes Geschirr - aus Edelstein und mit dem typischen fatimidischen Kufenschnitt auf. Dieser Umstand deutet darauf hin, dass es bereit vor dem neuen Jahrtausend zu einem verstärkten kulturellen Austausch zwischen Kairo und Europa kam. [216]
Der Fatimidenstaat erlebte 1171 sein Ende, doch trotz der politischen Änderungen trug die kulturelle Saat des Fatimiden in Kairo weiterhin ihre Früchte in der Kunst. [217]
Nahezu unermesslich soll die Menge kostbarer Bergkristallschnitte im Reich der Fatimiden gewesen sein. In den Jahren 1061-1069 wurde der mit zehntausend Stücken als überaus reich beschriebene Schatz des fatimidischen Kalifen aufgrund massiver wirtschaftlicher Probleme der Dynastie verkauft, geplündert und zerstreut; es ist wahrscheinlich, dass viele Stücke daraufhin in den Westen gelangten. [218]
Geschichtsschreiber und Dichter berichten gleichermassen von der Pracht des Fatimidenschatzes und dem Reichtum der fatimidischen Kalifen [219] In deren Schatzkammern sollen sich unter anderem tausende der hier untersuchten Bergkristallgefässe befunden haben. [220] Die besagten Bergkristallschnitte galten ob ihrer schwierigen, kunstfertigen Herstellung und dem wertvollen, seltenen Material als Krönung des Schatzes der Fatimiden. [221]
4.2 Die Herstellung des Objektes
Der fatimidische Stil oblag, wie bereits erwähnt, verschiedenen kulturellen Einflüssen wie etwa der persischen, der christlichen, der maurischen, der tulunidischen Kultur. [222] Dabei überrascht die fatimidische Kunst durch eine überaus undogmatische Integration der Einflüsse und zugleich eine äusserst kunstfertige technische Weiterentwicklung in der Herstellung. Generell zeichnete sich die fatimidische Kunst im Gegensatz zum maurischen Stil als klarer und schlichter in der Ornamentik aus. [223]
Die in fatimidischer Zeit errichteten Stadtmauern, Strassenzüge und Moscheen prägten bis heute das Stadtbild Kairos. Die Pracht der zwei grossen, von den Fatimiden errichteten Paläste kann heute allerdings nur noch anhand von Schriftquellen nachvollzogen werden. [224]
Die Kunstwerke aus jener Epoche seien geprägt durch „grossen Einfallsreichtum im Dekor“ [225] und vor allem auch „technische Brillanz“[226]. Dichter und Geschichtsschreiber beschreiben das Leben am Hof der fatimidischen Kalifen als „ausschweifend“ [227] und „luxuriös“[228]. Die figürliche Abbildung von „Bankett-, Musik- und Gauklerszenen“[229]zeigen Augenblicke jener Blütezeit des fatimidischen Reiches. [230]
Sie bleibt, trotz der persischen und also schiitischen Unabhängigkeit von der Sunna,in der inhaltlichen und realistischen Darstellung allegorisch im Vergleich zur christlichen Kunst und setzt auf Schlichtheit, klare Linien und die kunstvolle Oberflächenbearbeitung spezifischer, feiner Materialien. So entwickelten die Fatimiden Schliff und Verzierung des Bergkristalls zu seiner kunsthandwerklichen Blüte, wie sie nicht einmal in der christlichen Antike bekannt war. [231]
Die Bergkristallgefässe waren die Prunkstücke der fatimidischen Kunst. Das Material wurde später so nicht mehr in Ägypten verarbeitet und auch in der islamischen Kultur war es lediglich im heutigen Irak bekannt. [232]
Die aufwendige Bearbeitung vom Schliff, Schnitt bis hin zur filigranen Ornamentik des Halbedelsteines war eine von den Fatimiden entdeckte und zur Präzision entwickelte kunsthandwerkliche Technik. Generell wurde der Stein mit flachem Reliefschnitt verziert. [233] Thematisch wurde neben den bereits genannten Tanz-, Bankett- und Gauklerszenen immer wieder „die Jagd als höfischer Zeitvertreib“[234]wiedergegeben. Ebenso beliebt waren als Motive bestimmte Tiere, die Schönheit und Kraft symbolisierten wie etwa der Löwe, das Pferd, der Falke, um nur
einige zu nennen,[235]sowie „Pflanzen, Ranken und Inschriften“,[236]Als typisch für die dekorierte Oberfläche fatimidischer Bergkristallkrüge nennt Weber (2011) „die kleinen, geschnittenen Linien oder gepunkteten Vertiefungen in dem leicht hervorstehenden, reliefierten Dekor“.[237]Über die explizite Anfertigung der Gefässe schreibt Weber (2011):
Über die Herstellung dieser bedeutenden Werke wissen wir noch zu wenig. Wahrscheinlich wurden in einem ersten Schritt grosse Bergkristallblöcke grob zu der entsprechenden Form gehauen, um dann zunächst das Innere des Gefässes auszuhöhlen. [238]
Dann hätte man vermutlich das Innere des Gefässes mit Wachs gefüllt, „um das sehr harte Material aufwendig von aussen her so fein“ [239] zu bearbeiten, dass danach die „Wandungen oft nur ein bis zwei Millimeter dick wurden“[240]. Allein das ungewöhnliche und seltene Material, denn „Bergkristalle in dieser Grösse sind äusserst selten“,[241]macht das vorliegende Objekt zur Besonderheit.[242]Die Herstellung lässt sich aufgrund der Inschriften zurückdatieren. Generell wurde der Name des Auftraggebers, des amtierenden Khalifen, mit in das Dekor eingearbeitet. [243]
Als Ersatz für den teureren Bergkristall wurde später „schwere Glasmasse“ [244] verwendet. Dieses Ausweichen auf Glas markierte das baldige Ende der Bergkristallproduktion, fast zeitgleich mit dem Untergang der fatimidischen Herrschaft in Kairo. [245] Inspiriert wurden die Hersteller der Gebrauchsgegenstände unter anderem durch das importiere chinesische Kunsthandwerk. Die Faszination für das transparente Material – Bergkristall oder Glas – ging soweit, dass man zeitweilig versuchte das Keramik der Teller durch durchsichtige Materialien zu ersetzen. [246] Dabei erhielt die Transparenz eine gesteigerte Bedeutung: je durchscheinender und klarer, desto reiner, herrlicher und wertvoller galt das Objekt. Der Hang zur Perfektion in dieser Verarbeitung sucht nach nahtloser, ununterbrochener und somit unverletzter Fläche des Bergkristalls. Dies zu bewerkstelligen bedurfte Geduld, Fingerspitzengefühl und exakt bemessenes Werkzeug. [247]
4.3 Die Verbreitung der fatimidischen Bergkristallgefässe durch Transport und Handel
Wie bereits im Vorfeld angesprochen gelangte ein Grossteil des fatimidischen Schatzes im Allgemeinen und die Bergkristallgefässe im Speziellen durch den Handel über Kairo und Byzanz in die mitteleuropäischen Kirchenschätze. Die Verbreitung führte das hier untersuchte Gefäss vermutlich zunächst in den Mittelmeerraum. [248]
Toussaint (2010) betont, dass es hier noch immer Forschungsbedarf gebe:
Bis heute ist kaum nachvollziehbar, wann, wo und zu welchem Anlass die unterschiedlichen Kristallfläschen, Ampullen und Stofffragmente in den Westen gelangten. [249]
Doch auch der Einfall der Kreuzritter und die Plünderung von Konstantinopel könnten das Gefäss, so wie auch die Reliquien selber, nach Europa gebracht haben. [250] Die von Reich und Kirche ausgesandten Krieger, welche nach Jerusalem zogen, um das heilige Land zurückzuerobern, nutzen oftmals die feinen Flakons der islamischen Handwerkskunst, um heiliges Wasser oder heilige Erde mit nach Europa zu transportieren, zum einen als persönliches Kleinod und zum anderen oft auch im Auftrag ihres Herrschers.[251]Zu jener Zeit führten die Ottonen regen Handel mit Byzanz und mit den ägyptischen Fatimiden. Um 1067 wurde der Schatz der Fatimiden über Kairo an den mitteleuropäischen Markt verkauft. Dies ist eine dritte Möglichkeit, wie das Gefäss letztlich in den Bestand des Kirchenschatzes zu Quedlinburg gelangt mögen ist. [252]
In einem Bericht von Widukind von Corvey wir bestätigt, dass Otto der Grosse Geschenke aus Byzanz erhielt. Unter den vielen Kostbarkeiten befanden sich „neben kostbaren Gefässen, Teppichen, fremdartigen Tieren auch Balsam und Gewürze“ [253]
Bereits bei dieser Aufzählung von Corvey erhielten die Bergkristallgefässe einen ganz besonderen Stellenwert, den ihnen der Verfasser beimass. Auch in den Kirchenschatzbeschreibungen um 1060 sind bereits Bergkristallgefässe als Reliquiare
dokumentiert. [254]
5. Das fatimidische Bergkristallgefäss und seine Symbolik
5.1 Das fatimidische Edelsteingefäss in der Edelsteinallegorese im Allgemeinen
Der Gebrauch der Edelsteine als Behältnis und die Zuschreibung von Heil-und Wunderwirkung ist auf die Antike zurückzuführen. So berichtet Toussaint (2003): „Von alters her wurden geschnittene und geschliffene Edelsteine in magische Handlungen einbezogen“[255]. Seit dem frühen Christentum trat die Reliquienverehrung zunächst einmal in eine gewisse „Konkurrenz“ [256] mit der Verehrung der Edelsteine. Doch bereits im frühen Mittelalter hatte sich die Überzeugung von der „Lebendigkeit und Wirkmächtigkeit (virtus)“ [257] der Edelsteine auch im christlichen Glauben etabliert. Marbod von Rennes (1977) beschreibt in seinem Lapidarium „quin sua sit gemmis divinitus insita virtus“[258]was Toussaint (2003) sinngemäss übersetzt mit „die Gottheit selbst habe ihre Kraft den Steinen eingepflanzt“ [259] .
Einer durch Hildegard von Bingen überlieferten Legende nach wurden die Edelsteine durch paradiesische Flüsse, die im Osten entsprangen, ans Ufer geschwemmt. [260]
Zentral für die Nutzung der Edelsteine als Reliquienbehältnisse war die Weihe der Steine. Hiervon berichtet Gervasius von Tilbury wie folgt:
Und nun etwas über die Weihe [edler] Steine, gibt es doch keinen Edelstein, der nicht . geweiht werden könnte, damit er eine von aussen kommende Kraft (virtus extrinseca) ausstrahlt, wobei die Weihe mit einem Kraut gleichen Namens oder mit dem Blut eines Vogels oder Tieres unter Aussprechen von Beschwörungsformeln geschieht, deren Kenntnis uns von Salomon vermittelt ist. […] Dabei geht die Wirkung nicht von den Steinen selbst und dem in sie Eingravierten aus, auch nicht von den Kräutern und der Verbindung mit Kräutern; vielmehr ist es Gott selbst, der höchste Urheber aller Dinge, der durch Worte, Kräuter und Steine allerlei Wirkungen hervorbringt. […] Die einem Stein durch die Worte der Weihe vermittelte Energie (natura) verstärkt und bestätigt die ihm innewohnende Kraft (innata virtus). [261]
Doch nicht jeder, so Tilbury, könnte die geweihten Edelsteine benutzen, Man „muss am Leibe ehrbar und reinen Sinnes sein“[262], sonst verliere der Stein seine „ dignitas“ (ebd.). Die kostbare Ummantlung der Reliquie zeigt eine unmittelbar erlebbare Schönheit. Im Gegensatz dazu steht die „virtus“[263]der sakralen Gebeine, die für das blosse Auge nicht sichtbar und somit für die Sinne nicht wahrnehmbar ist.
In den Lapidarien – auch als Steinkundliche Bücher bekannt - aus den christlichen Anfängen bis hin zum Mittelalter werden neben der Ästhetik der Steine auch die „physikalischen, medizinischen und magischen Eigenschaften der einzelnen Edelsteine“ [264] detailliert dokumentiert. Zudem werden den Steinen Allegorien und Zahlen zugeschrieben. Ein Grossteil dieses Wissens übernahmen die frühen Christen von den heidnischen Gebräuchen und Überlieferungen. [265] So liegt die Vermutung nahe, dass die Art der Edelsteinverzierung ganz bewusst entsprechend ihrer Bedeutung ausgewählt wurde. Leider liegen viele Reliquien nicht mehr in ihrer Originalfassung vor. Doch die wenigen Beispiele sowie Objekte aus der Goldschmiedekunst lassen Rückschlüsse auf die Konzeption der Verwendung von Edelsteinen gemäss ihrer Allegorese zu. [266]
Als Beispiel für eine solche Verbindung von Goldschmiedekunst und Edelsteinallegorese dient die Burse aus Enger - wobei „Burse“ [267] einen rechteckige Tragaltar beschreibt: „Das Reliquiar ist auf der Vorderseite mit 13 Edelsteinen und Gemmen geschmückt, deren Anordnung eindeutig auf eine klar entschlüsselbare kosmologische Kreuzsymbolik zielt“[268]. Interessant ist hierbei, dass die Zahl 13 noch im christlichen Gebrauch war. Die wurde wenige Jahrhunderte später zu einer Unglückszahl proklamiert. [269]
Toussaint (2003) betont die Wichtigkeit der Allegorese, welche die Edelsteine im Laufe der Jahrhunderte erfuhren und den besonderen Dienst, den die Edelsteine dabei den Reliquien erwiesen, in dem sie deren Bedeutung unterstrichen und sichtbar machten. [270] Die kunstvolle und sublime Wechselwirkung und letztlich auch die gegenseitige Aufwertung bindet die Reliquie und den Edelstein als Teil des Reliquiars zu einer Einheit und einem kunstgeschichtlichen Phänomen. [271]
5.2 Die Theorie der Verklärung und Auferstehung im Speziellen
Nach altchristlicher Vorstellung verfügen die Heiligen über den „corpus spiritale“[272], man spricht dabei auch von dem „himmlischen Auferstehungsleib“[273], welcher besonders reinen Seelen sofort nach dem Tod anstatt erst „am Ende der Zeiten“ [274] verliehen wurde. Toussaint (2003) formulierte hierzu:
Den Zusammenhang zwischen irdischem und himmlischem Leib hat Paulus grundlegend erläutert. Er beschreibt das corpus spiritaleals verwandelten, pneumatischen Leib, der mit dem irdischen Leib nicht mehr viel gemein hat (1 Kor 15, 35-50). Herausragendes Merkmal des Auferstehungsleibes ist seine Unversehrtheit, er ist der corpus incorruptum, mit Gnadenkraft (virtus) gesegnet und mit blendender Leuchtkraft (claritas) ausgestattet. [275]
Dieselben Eigenschaften, die dem Auferstehungsleib zugeschrieben werden, werden mit Edelsteinen in Verbindung gebracht., allen voran die „virtus“ [276] und die „claritas“[277] . Virtus stammt vom lateinischen Wort für Tugend und steht ebenso für
Fähigkeit und Heilskraft.[278] Claritas dagegen ist die Klarheit und Helligkeit. [279] Auf die Edelsteine bezogen spricht man hier auch von „Leuchtkraft“[280], die dem Menschen durch den Sehsinn „himmlische Herrlichkeit“[281]und „Paradies und himmlischen Jerusalem [282] vermitteln soll. Einen besonderen Stellenwert in der Allegorese nehmen dabei die Farben der Edelstein ein. So nimmt man unter anderem die allegorische Einheit der 12 Aposteln und der 12 allegorischen Grundsteine an. [283] Ebenso wurde das „Leuchten der heiligen Leiber“ [284] mit dem Leuchten der Edelsteine gleichgesetzt. So berichtet man von Edelsteinen, denen man die Fähigkeit zuschrieb, nachts ganze Kirchenflügel auszuleuchten. [285]
Ebenso heisst es, dass Edelsteine in einer Schutzform auf Sakrilege reagierten. So beschreibt Toussaint (2003) eine solche Situation:
Auch können die Steine, ihre virtusbeweisend, sich selbsttätig einer sündhaften Handlung entziehen, wie die Legende vom heiligen Martial berichtet. Als in Gegenwart des Heiligen ein Sakrileg begangen wurde, sprangen, diesen Augenblick nicht ertragend, die Edelsteine seiner Handschuhe aus ihren Fassungen und fielen zu Boden. [286]
Auch die allgemein übliche „goldene Fassung“ [287] der Steine besass eine „doppelte Funktion“[288]. Zum einen erhöhte sich so der Wert des Steines noch durch das wertvolle Edelmetall, zum anderen bot Gold auch dem Heilstein eine schützende
Fassung und dies nicht nur in physischer Hinsicht. Auch auf der Wirkungsebene
schrieb man Gold als Material eine schützende Eigenschaft zu. [289]
Toussaint fasst die Bewandtnis von Edelstein und Reliquie wie folgt zusammen:
Der Edelsteinschmuck der Reliquiare setzt die Ablehnung antiker Vorstellungen von der Unreinheit toter menschlicher Materie ebenso voraus wie die Rezeption antiken, mit Edelsteinen verbundenen Gedankenguts. Aber auch neue, genuin christliche Zusammenhänge können sich im Steinbesatz von Reliquiaren ausdrücken und so die skizzierte Wahrnehmungsgeschichte ergänzen, fortführen und differenzieren. [290]
Demnach lassen sich nach Toussaint (2003) „mehrere Arten einer Zuordnung“ [291] und sogar eine „Allianz von heiligem Gebein und edlem Stein“ [292] erkennen, worauf schon der Titel der Untersuchung von Toussaint (2003) hindeutet. [293]
Im Allgemeinen sind folgende Hauptallegorien für Edelsteine als Reliquiar-Verzierung auszumachen: sie symbolisieren 1) den Auferstehungsleib allgemein, also den Körper, der durch Askese, Gebet oder Schmerzerfahrung zu einem sogenannten Lichtkörper transzendierte 2) das Himmelreich oder das, was allgemein als Topos des Paradieses angesehen wird 3) den Reichtum und metaphorischen Wert der heiligen Gebeine, also der sterblichen Überreste von Heiligen 4) den Stellenwert des Heiligen selbst, 5) das göttliche, schützende Licht und 6) den Leib Christi selbst. [294]
Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei der Begriff des Heiligenleibes ein, der sich im Diesseits in Form eines Edelsteines oder einer Perle manifestiert. So versuchten Gläubige unter anderem durch Askese schon im Diesseits einen göttlichen Leib zu erlangen. [295] So kann der Körper durch ein achtsames Leben die Metamorphose zum „heiligen Schrein (arca)oder Tempel “[296] erleben. Allgemein galt unter Gläubigen die Annahme, dass man durch Askese, also Enthaltsamkeit in der Sexualität, Ernährung bis hin zum Schweigegelübde sowie durch reine Gedanken und Gebet noch im Leben körperlich transzendieren könnte.Dabei fällt der Vergleich des Körpers mit einem Schrein oder Altar, einem sakralen Ort auf, der offenbar ein noch kostbareres Innenleben umhüllte. [297]
In der Vita Ailredi ist die Verwunderung des Leichenwäschers belegt, der den nach jahrelanger Askese geprägten Leib des Aelred wusch und dabei feststellte, das der Leib dem „makellosen Leib eines fünfjährigen Knaben“ [298] glich: „Sein Leib ist klarer als Glas (caro uitro purior) und weisser als Schnee (niue candidor)“[299]. Tatsächlich gibt es zahlreiche vergleichbarer Berichte von Gläubigen, die nach einem langen Prozess der Askese zu einem mageren, kindlichen und vermeintlich reinen Leib gelangten, dessen Haut blass, sehr weiss und durchscheinend schien.[300]Die
Der Prozess der Askese, der verminderten und vereinfachten Nahrungsaufnahme, des Schweigens, Konzentrierens und Meditierens zeigte anscheinend eine nachhaltige Wirkung. Das entscheidende Moment, nämlich die Metamorphose zu einem höheren Sein, also dem Heiligwerden ging einher mit der Transformation des Körpers zu einem reinen Lichtkörper. [301]
Dies Reinwerdung und vermeintliche Transparenz des Leibes durch Askese spielt auf die Idee des Auferstehungleibes an. Der Leib des auferstandenen Jesus war in diesem Sinn kein sterblicher Leib mehr sondern sein wahrer Leib, aus Licht beschaffen.
Wie bereits in dem Kapitel 3.2 berichtet, stehen im Reliquienkult Behältnis und Inhalt in metaphorischer Verbindung.[302]Im Falle des Bergkristallgefässes ist die Allegorese vielfältig: zum einen besteht natürlich die direkte Metapher von transparentem Material im Aussen zu dem lichtdurchfluteten Auferstehungsleib Christi. Gleichzeitig birgt das Reliquiar ein Stück Windel Christi [303] und ein Stück Stoff mit einem Tropfen Milch der Jungfrau Maria[304]. Diese beiden offensichtlich aus der Säuglingszeit Christi stammenden Reliquien sprechen ebenso von einem Moment der Reinheit und Unschuld. Sie malen sozusagen ein Bild vor dem inneren Auges des Betrachter von einer das gewickelte Kind stillenden Mutter Gottes. Aus dem wahren Leben weiss manch einer zu berichten, dass dies tatsächlich ein seltener Moment des absoluten Friedens ist in der frühen Säuglingsphase. [305]
Doch auch Maria erfährt eine Himmelfahrt mit ihrem Leib, muss also auch über einen Auferstehungsleib verfügen. Die Assumptio Mariae erhielt einen eigenen Feiertag im Jahre 813. [306] Dabei heisst es Maria sei „mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden“ [307] Die Allegorie des lichten Leibes in Verbindung mit dem transparenten Bergkristall-Körper bezieht sich also sowohl auf den Sohn als auch auf die Mutter. Gleichzeitig sind Mutter und Kind durch das aus einem Stein geformte Flakon und die Reliquien beider wieder in einem Leib vereint. [308] Diese Metapher des einen Körpers steht zugleich für den Moment vor der Geburt als auch den Moment nach dem Tod, wenn beide in diesem Sinne wieder vereint sind auf der jenseitigen Ebene. [309]
Dementsprechend ist auch hier eine Allegorie mit dem transparenten Bergkristall zu erkennen, der als Heilstein für Reinheit und Klarheit steht. Ebenso steht der Edelstein für Kostbarkeit und Seltenheit insbesondere zu Beginn des Mittelalters. [310] Die beiden spiegelsymmetrisch angeordneten Vögel laden ebenfalls ein zur Interpretation. Der Vogel als Bild steht in der abendländischen Allegorie für die Seele, den heiligen Geist oder Friedensengel in Form einer Taube. Hier sind es allerdings, wie Labusiak (2011) vermutet, orientalische Raubvögel, die in christlichem Sinne umgedeutet werden. [311] Diese Umdeutung jedoch war oft nicht einmal notwendig, wie bereits vorab erwähnt. Der Wert und die Kunstfertigkeit des Gefässes selbst genügte, um das Gefäss zum Reliquiar zu erheben. [312]
Das Symbol der zwei Vögel mag zu verstehen sein als die zwei Sphären, in denen sich der Mensch bewegt: die irdisch-endliche und die jenseitig-unsterbliche. In diesem Sinne könnten die beiden Vögel von diesem Moment der Transformation sprechen und diesem Moment wiederum begegnen wir in zwei Momenten unseres Lebens: im Augenblick der Geburt und im Augenblick des Todes.
Ebenso kann diese Zweifachdarstellung zusätzlich eine Allegorie auf Maria darstellen, die in vielen mittelalterlichen Darstellungen zweifach dargestellt wird: einmal als Mutter Gottes und andererseits als Heilige und Fürbitterin für die Menschen. [313]
Der Bergkristall als transparenter Edelstein lässt die Reliquie, oder zumindest den Schutzstoff, sehen und erlaubt so einen irdischen Blick auf das Mysterium. [314]
Toussaint (2010) erläutert eine geradezu pragmatische Möglichkeit der Nutzung jener Reliquiare: „Das in der Menge geringe aber umso höher geschätzte Blut Christi war als Substanz ästhetisch wenig vermittelbar“[315], doch der steigende Kult des Reliquienschauens, also des Sichtbarmachen der Reliquien verlangte nach transparenten Reliquiaren weswegen die Bergkristallflakons zunehmend favorisiert wurden. Es waren „auswendig, geschliffene, orientalische, in Metall gefasste Bergkristallgefässe, deren äusserer Materialwert dem ideellen Wert der Reliquie in nichts nachstand“[316]. So übernahmen sie „die Aufgabe, den mittelalterlichen Betrachter die Exklusivität des Inhalts visuell zu vermitteln“[317].
Doch noch eine weitere, tiefgreifende Allegorie birgt die Nutzung von Edelsteinen, nämlich das „Symbol des Lebensbaumes“ [318] und dieser „vermittelt die Hoffnung auf ein zukünftiges Paradies, die Edelsteine sind ein Symbol der Herrlichkeit Christi“[319].
Der transparente Bergkristall erlaubt ein metaphorisches Wechselspiel zwischen Präsentieren und Verhüllen, von Glauben und Beweisen, von Symbol und Bild, von biblischer Geschichte, Gegenwart und Heilserwartung[320].
Generell gab es zwei Darstellungen Christi seit dem frühen Mittelalter: die sich bis heute durchgesetzte Darstellung der Kreuzigung und die andere, deutlich weniger rezipierte von Jesus, der über die Ungeheuer wie Löwen und Schlangen und Fabelwesen wie Drachen, Aspis und Basilisk triumphiert. [321]
Einen interessanten Umstand beschreibt Andrea Schaller (2009): Maria ist noch vor Jesus die am meisten auf Bildern dargestellte Heilige in der gesamten christlichen Rezeption. [322] In dem Bergkristallflakon vermutet man als Reliquie einen Tropfen Milch von Maria und eine Stück Windelstoff Jesu. So sind Primär-und Sekundärreliquien der zwei wichtigsten Heiligen der christlichen Religion überhaupt in einem einzigen Reliquiar vertreten. Es ist daher anzunehmen, dass das Gefäss das mit wichtigsten Reliquiar überhaupt im Kirchenschatz zu Quedlinburg ist.
Den entscheidenden Hinweis allerdings erfahren wir durch Angenenth(2002):
Der „leuchtende Leib in seiner Verklärtheit“ [323] sei wie ein „Kristall“[324]oder „Glas“[325], man könne wortwörtlich durch ihn hindurchsehen. Wozu aber diese Art der Transparenz? Zum einen mag es wieder der Licht-Allegorese entsprechen, dass der Wiederauferstehungsleib durchscheinend wird und sich als Material vom organischen zum geistigen wandelt. Der Hauptaugenmerk Angenenths (2002) aber liegt auf einem anderen Punkt: durch die Transparenz kann man in den Körper sehen. Es gibt keine dunklen Stellen mehr, alles wird beleuchtet. [326] Durch das Eindringen des Lichtes wird es dem Gegenüber, dem Betrachter, dem Gläubigen erlaubt die reine Essenz zu sehen, es ist ein Moment des vollkommenen Sehens. Mit Sehen ist hier ähnlich wie bei der Bekehrung des Saulus ein Sehen des im Sinne der Erkenntnis gemeint. Letztlich, so Angenenth (2002) könne man im durchscheinenden Auferstehungsleib, im Inneren des Leibes die Seele sehen.[327]Das wahrhaftig Sehen der unendlichen Seele mit irdischen Augen ist ein Paradoxon. Dieses Paradoxon ist in dieser Arbeit bereits in anderem Kontext erschienen, nämlich in dem Zusammentreffen von den irdischen Gebeinen der Heiligen, denen eine unsterbliche Heilkraft innewohnen soll. [328] Ebenso erschien das Paradoxon in Form der organischen, von Verwesung bedrohten Reliquie und dem Reliquiar aus einem Edelstein, nämlich dem Bergkristall, welcher eine erstaunlich hohe Halbwertzeit besitzt, ein Mineral, das für die Ewigkeit gemacht zu sein scheint.[329]Angenenth (2002) führt aus, dass die „Vorstellung vom Licht-Leib“ [330] sich insbesondere in der Kunst widerspiegele.Hierzu sei als erstes der Heiligenschein zu nennen.[331]Das Phänomen des Heiligenscheines ist auch als „Mandorla“ [332] bekannt und bezeichnet „jene die heiligen Personen umgebende Lichthülle“[333]. Noch in der Antike nannte man dies „Nimbus“[334]. Es sei dies der „Lichtschein, der die Götter umstrahlte“[335]. Angenenth (2002) verweist auch auf die im Neuen Testament genannten „Kronen der Herrlichkeit“[336], auch bekannt als die „Kronen des Lebens“[337].
Die Krone ist dabei Symbol von Ehre und Auszeichnung. Und so schlussfolgert Angenenth (2002), ob das sukzessive Öffnen der Reliquiare – zunächst mit kleineren, mit der Zeit immer grösser werdenden Sichtfenstern - bis hin zur Verwendung von durchscheinenden Behältnissen nicht im direkten Zusammenhang mit der ihnen zugeschriebenen Lichtwirkung begründet sein könnte.[338]Nach dieser Interpretation von Angenenth (2002) wäre das Reliquiar aus durchsichtigem Bergkristall und sein heiliger Inhalt eine Versinnbildlichung des durchscheinenden Auferstehungsleibes, der den Blick frei gibt auf die unsterbliche Seele. [339]
Angenenth (2002) nimmt weiter an, dass das Verhüllen der Reliquie durch einen – meist roten- Mantelstoff zwar einerseits dem Schutz der Reliquie gelten mochte. Doch andererseits war es wohl eher ein dogmatisches Gebot, denn noch das 4. Latern-Konzil schrieb als Gebot nieder, dass „altehrwürdige Reliquien“ [340] nicht dem Reliquiar entnommen werden sollten.[341]Gleichzeitig stieg aber das Bedürfnis nach dem Schauen, dem Sichtbarmachen der Reliquie in den Gemeinden und in Volksglauben an, die Gläubigen wünschten sinnlich erfassbare Beweise für das Wunder der Heilkraft, die den heiligen Überresten innewohnen sollte. Um mindestens dieses Bedürfnis des Schauens zufrieden zu stellen, wurde schliesslich die wichtige Reliquien in transparenten Behältnissen, in dieser Form bekannt als Bergkristallgefässe, verwahrt. Um aber die Reliquie nicht zu profanisieren, wurde sie zugleich wieder verhüllt in eine Schutztuch. [342]
Bemerkenswerter Weise besitzt das Bergkristallgefäss drei Bohrungen.[343]Zwei dieser drei Bohrungen, nämlich die linke und rechte, sind befüllt mit den oben genannten Reliquien. Die mittige, dritte Bohrung ist leer und lädt ein zur metaphorischen Interpretation. [344] Denn wenn links und rechts Maria und Jesu angesiedelt sind, so liegt die Vermutung nahe, das die dritte Bohrung einen symbolischen Raum für den göttlichen Geist - eben jenes nicht sichtbare Sein, die Kraft, die sich eigentlich nur im Licht wiederfindet - bereit hält.
6. Auswertung der Untersuchung
Die Reliquiare im Allgemeinen repräsentieren durch ihre Form den sakralen Inhalt. Dabei werden bewusst Symbole und Metaphern verwendet, um den Wert, die Bedeutung und die Heilkraft der Reliquie zu versinnbildlichen. Dabei bedienten sich die Auftraggeber und Hersteller der Gefässe und Verzierungen vielfältiger und ausdrucksstarker Formen. [345]
In diesem Sinne sind Reliquien und ihre Reliquiare gut lesbare Aspekte der abendländischen Kulturgeschichte und künstlerischen Tradition des Christentums. Je nach Epoche sich die Reliquiar-Arten zwischen extremer Verhüllung und absoluter Sichtbarmachung, zwischen intimer, privater Verwendung und öffentlich-entrückter Handhabung der Kultobjekte. Das kostbare, ästhetisch hoch angesiedelte und aus langlebigen Materialien gearbeitete Äussere des Reliquiars kommuniziert mit seinem sakralen, organischen Inhalt. Diese beiden Elemente wiederum wenden sich im Dialog an den Betrachter. In diesem Sinne agiert das Reliquiar als ein Medium zwischen Betrachter und Reliquie, zwischen Sakralem und Profanem, zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und dem Menschen. [346]
Kulturelle Verschmelzungen wie etwa nach der Plünderung von Konstantinopel und der zeitbedingte Mentalitätswandel wirkten sich ebenso auf die Form und Ausschmückung der Reliquiare aus. Dabei ging die Entwicklung von Reliquiaren und Reliquienkult stets einher. Sowohl auf der Metaebene repräsentierten die kostbaren Reliquiare den Glanz des Himmelreichs und spezifische Tugenden und Glaubensgrundlagen als auch auf der politischen Ebene die herrschende Macht. [347]
Das hier untersuchte Reliquiar war ursprünglich vermutlich eines der wertvollsten Gegenstände aus dem Schatz der Fatimiden und wurde dann eines der bedeutungsvollsten Reliquiare im Domschatz zu Quedlinburg. Unklar bleibt, ob sich tatsächlich die vermuteten Reliquien in dem Gefäss befinden. [348] Ebenso unklar ist, wie das Flakon nach Europa geriet. Auch hier wurden bereits verschiedene Möglichkeiten genannt: durch Handel oder Raub, durch den Verkauf des Fatimidenschatzes oder durch Plünderungen, über Kairo, Byzanz oder eine andere Stadt, durch Händler oder Kreuzritter. Klar ist aber, dass das Bergkristallgefäss sich einen ganz besonderen Platz sicherte in einem der bedeutendsten Kirchenschätze Deutschlands. [349]
Dieser Kirchenschatz samt dem Bergkristallgefäss lief im Verlauf der Geschichte mindestens drei Mal Gefahr – diese zumindest sind dokumentiert zur Zeit der Reformation, im 18. Jahrhundert und nach der Wende, wenn auch in letzterem Fall ohne das Bergkristallflakon – aufgelöst zu werden. [350]
Wer weiss, wohin es das Bergkristallgefäss dann verschlagen hätte, ob es von der Landkarte der Reliquiare verschwunden wäre. Schliesslich wurde es geraubt, zusammen mit elf weiteren Gegenständen aus dem Domschatz zu Quedlinburg. Es wurde nach Texas versandt und tauchte erst zum Ende des 20. Jahrhunderts wieder auf. [351]
Die Allegorese des Bergkristallgefässes als Reliquiar ist vielfältig interpretierbar doch letztlich sicher ist lediglich, dass das wertvolle transparente Material als Metapher für den Auferstehungsleib, also einem der höchstgestellten transzendenten Phänomene überhaupt, gehandelt wurden.[352]So ist diese Gefäss ohne Frage als Reliquiar ein wichtiges Unikat und erlaubt es wertvolle Rückschlüsse auf den Reliquienkult im Wandel der Zeit zu ziehen. Das Phänomen des Auferstehungsleibes als solches beinhaltet, wie bereits erörtert, den Wunsch nach der Unsterblichkeit, also dem Transzendieren zu einem geistigen Ebene, auf der man einen überirdischen Lichtleib besitzt. [353] Es ist nach dem katholischen Glauben die höchste Form der Veredelung, die ein Mensch erleben kann und gleichzusetzen mit seiner Heiligwerdung. Das Streben danach, das körperliche-irdische Sein zu überwinden und Fleisch und Blut i n ein göttliches Material, nämlich das Licht, zu verwandeln, rührt von den Anfängen des Christentums her, um ganz genau zu sein findet es seinen Ursprung in den Gleichnissen von Abendmahl, Kreuzigung und Auferstehung. Tatsächlich wurde das Abendmahl als frühchristliche Tradition fortgesetzt, die die Brief von Paulus aus Ephesus 52 und 54 v. Chr. beweisen. Nach alter, bereits aus der griechischen Antike überlieferten Sitte wurden bei einem Gastmahl Regeln ausgestellt, um den friedlichen Verlauf des Zusammentreffens zu versichern: [354]
Eine der geläufigsten Regeln, die für das Verhalten beim Bankett eines Vereins in der griechisch-römischen Welt galten, fordert den freundschaftlichen Umgang aller
Teilnehmer miteinander, niemand durfte Frieden und Ordnung stören. [355]
Die von Paulus niedergeschriebenen Verhaltensregeln in eben dieser Tradition befinden sich heute im Ersten Korintherbrief.[356]Die Beiläufigkeit, mit der in den genannten Regeln von der bekannten Abendmahl-Liturgie gesprochen wird, beweist, dass dieser Brauch ein regelmässig gepflegter des frühen Christentums war. [357] Dabei wurden Brot und Wein mit Leib und Blut Christi gleichgesetzt, man erinnerte sich an die Bedeutung seines Todes – nämlich die Sünden aller Menschen reinzuwaschen und eben über den Tod hinaus zu transzendieren. In den Leib und das Blut Christi, die symbolisch durch die Mitglieder des Abendmahls einverleibt wurden, ging sozusagen die unsterbliche Kraft Christi in die Leiber der Gläubigen über. Diese Tradition, sich mit dem Unsterblichen zu verbinden und an dem Auferstehungsleib teil zu haben, wirkte später auf den Reliquienkult und erklärt die hohe Stellung der Reliquien, insbesondere der Primärreliquien. [358] Paulus warnte in seinem Regelwerk all diejenigen, die das Blut und den Leib Christi „unwürdig verzehrt“, denn dieser wird „schwach und krank und mag sterben“[359]. Dabei spricht Lang (2010) immer wieder von dem „neuen Bund“, der durch das Vergiessen des Blutes Christi eingegangen wird. [360] Das Blute wirkt hier als besiegelndes Element, ähnlich wie bei Faust, wenn es sich auch dort um einen Bund mit dem Mephisto handelt. Doch letztlich ist auch Mephisto, oder eben Luzifer, nur ein gefallener Engel Gottes. [361]
Um wirklich den Grund jenes Rituales zu verstehen, muss man bis in die frühjüdische, alttestamentarische Zeit zurück blicken: Leib und Blut waren in diesem Sinne immer Begriffe aus dem Kult des Opfers, im Speziellen des Tieropfers. [362]
„Die Beziehung zwischen Gott und Mensch beruht in den alten Kulturen ganz wesentlich auf der Institution des Opfers“[363], so betont Lang (2010). Ein Opfer kann definiert werden als „materielle (und seltener auch nicht materielle) Gabe, die der Gottheit übereignet wird“[364]. Als Beispiel hierfür mag dieser überlieferte Brauch dienen:
Der hebräische Bauer des Altertums liefert bei den Priestern des Jerusalemer Tempels einen Korb mit den ersten Feldfrüchten der Ernte ab; als Gabe erwartet er göttlichen Segen; dieser soll den Ertrag der nächstfolgenden Ernte sichern und vielleicht sogar steigern. [365]
Lang (2010) beschreibt hier ein „asymmetrisches Verhältnis“ der Gaben. Die Gabe des Menschen sei „gering und symbolisch, wenn auch regelmässig“[366], die göttliche Gabe dagegen sei „unsicher, da sie nur erhofft wird“ [367] aber eben auch „reichlich und übertrifft stets die Geringfügigkeit der menschlichen Gabe“[368]. Die Gabe, so Lang (2010) sei im antiken und frühchristlichen Kontext ein vielseitiger Begriff gewesen. Die Gaben galten als
Entgelt beim Erwerb materieller Gegenstände auf dem Markt, sie bezahlten geleisteten Dienst, sie werden als Geschenk an Freunde gegeben; als Bestechungsgabe zugesteckt, eröffnen sie Wege und erwirken Gunst und Komplizenschaft; als Abgabe für Pacht und Miete gehen sie an den Besitzer von überlassenem Gut. Dem politischen Herrn sind Steuern zu entrichten. Auch der einflussreiche Patron, das heisst der Herr, dem sich jemand als Klient unterstellt, erhält regelmässig Geschenke. [369]
In der jüdischen Kultur werden noch immer Tieropfer dargebracht. Dabei wir ein Tier ausgewählt, auf seine Gesundheit und Unversehrtheit überprüft. Dann wird ihm die Halsschlagader durchtrennt und das Blut in einer Schale aufgefangen. Fleisch und Blut werden als tatsächlich getrennt. Das Blut wir an den Altar gegossen und so dem Obersten als Opfer dargebracht.[370]Es ist also auch hier wieder das Blut, welches höher gestellt und dem göttlichen Dargeboten wird. [371]
Zur Macht des symbolisch gereichten Blutes seien hier noch Andekdoten berichtet, die Lange (2010) aus der vorchristliche Zeitalter Ein heidnisches Rezept etwa besagte, dass ein Liebhaber seiner Geliebten Wein geben soll mit der Versicherung, es sei sein Blut. Diese Ritual wurde mit einer „ historiola“[372], einer mythologischen Geschichte, besiegelt. Und aus dem alten Ägypten wird berichtet:
Einst hatte Osiris der Göttin Isis Wein gereicht, das als Osiris Blut galt. Die dadurch zustande gekommene Liebe war so stark, dass Osiris von Isis nach seinem Tod wieder ins Leben zurückgerufen werden konnte. Wenn der stärkere Partner (Osiris oder Christus) einem schwächeren Partner sein Blut in Gestalt von Wein zu trinken gibt, entsteht eine feste, den Tod überdauernde und überwindende Bindung. [373]
Mit Lange (2010) kann die erstaunliche Feststellung gemacht werden: die magischen Rituale des altertümlichen Heidentums und die Rituale aus Gleichnissen des frühen Christentums decken sich auf frappierende Weise.[374]Das Abendmahl und die symbolische Einverleibung von Leib und Blut Christi scheint in diesem Licht ein Ritual, das eine Bindung zwischen Christus und seinen Jüngern bis über seinen Tod hinaus besiegelt. [375]
Hier wird nochmals die Motivation jener frühchristlichen Märtyrer klar, die durch das aus ihrem Körper strömenden Blut selbst opferten und durch diesen schier übermenschlichen Akt transzendierten. Das Blut ist also jene höchste lebensspendende und derart machtvolle Flüssigkeit, die neben anderen materiellen Überresten zur Primärreliquie erhoben wurde. Da die Heilswirkung der Primärreliquien eine sich selbst erneuernde sei, scheint die Verbindung mit dem für die Ewigkeit gemachten Gefäss aus Bergkristall perfekt. In einem alchemistisch anmutenden Prozess sollten die Heilswirkung der Reliquien der Heiligen durch die Schutzkraft der Steine konserviert und wieder auferweckt werden.
Nun wird also nochmals deutlich, warum jene transparenten Bergkristallgefässe so begehrt waren als Reliquiare: sowohl die Kraft des Steines als auch seine Allegorie der absoluten Reinheit und des reinen Lichts machen ihn zu dem vollkommenen Sinnbild des Auferstehungsleibes. [376]
7. Konklusion
Wie zu Beginn der Arbeit angekündigt sollte das Objekt im Sinne von Toussaint (2003) wieder mit „unschuldigen Augen“ [377] betrachtet werden, um tatsächlich das Wesen und die Beschaffenheit jenes seltenen Flakons zu durchdringen. [378]
Das Objekt wurde zunächst für sich beschrieben, dann sein Stellenwert und Werdegang im Kontext des Domschatzes zu Quedlinburg untersucht. Daraufhin wurde es eingebettet in seine Funktion als Reliquiar. Dann wurde ein ebenso aufschlussreicher Blick auf die fatimidische Herkunft des Objektes geworfen. Ziel war es, stets vom Objekt die Untersuchung zu führen. Seine ursprüngliche Bedeutung als Teil des Fatimidenschatzes wurde ebenso beleuchtet wie sein neue und bis heute wirkenden Stellenwert in dem Domschatz zu Quedlinburg. Folgt man der Spur des Flakons, so führt es uns durch Jahrhunderte von Krieg und Frieden, Habgier und Unschuld, Macht und Ohnmacht, irdischen Gütern und transzendenten Ereignissen, dem Ost-und Weströmischen Reich.
Welche Sehnsucht steht eigentlich hinter all diesen Begebenheiten, Raub und Zurückerobern von Reliquiaren, dem Sammeln von Schätzen und Kunstwerken, dem Verehren der irdischen Schönheit und damit der sakralen Wahrhaftigkeit im übertragenen Sinne? Ist es dies: der Wunsch, das Unfassbare erfahrbar machen, das Jenseitige ins Diesseits, das Himmlische letztlich auf die Erde zu holen?
Bedenkt man den Weg, den dieses islamischen Flakons zurückgelegt hat, um ein christliches Reliquiar zu werden, so werden die kulturellen Verbindungen offenbar, die ebenso wenig sichtbar sind wie Wurzeln im Erdreich, aber dennoch sind sie existent. Und mit Gia Toussaint möchte diese Arbeit beschliessen mit dem Wunsch,
nach jenem unvoreingenommenen Schauen, dem Sehen, das nicht durch sein Wissen, Erfahrungen und Umstände bereits selektiert und vorinterpretiert, sondern ein Sehen, das tiefer geht und nach einer reinen Essenz sucht, die jedem Ding und jedem Sein innewohnt. [379]
Die Abbildungen sind nicht in der Leseprobe enthalten.
Abbildung 1
Abbildung 2
Abkürzungsverzeichnis
Abb. - Abbildung
8. Literatur und Quellennachweis
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Online:
Toussaint, Gia: Die Kreuzreliquie und die Konstruktion von Heiligkeit. Michael Borgolte, Bernd Schneidmüller (Hrsg.), Akademie Verlag, 2007. S.33- 78
http://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/b/b062530.txt
(15.07.2015)
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1
Labusiak, Thomas: Islamische Pracht an christlichen Heiltümern. Bergkristallgefässe und Reliquien. In: Frauen bauen Europa. Internationale Verflechtungen des Frauenstifts Essen. Schilp, Thomas (Hrsg.), Essener Forschungen zum Frauenstift Band 9, Essen 2011. S. 235
Abbildung 2
Labusiak, Thomas: Islamische Pracht an christlichen Heiltümern. Bergkristallgefässe und Reliquien. In: Frauen bauen Europa. Internationale Verflechtungen des Frauenstifts Essen. Schilp, Thomas (Hrsg.), Essener Forschungen zum Frauenstift Band 9, Essen 2011. S. 240
[1] Vgl. Ernst Kühnel: Die Kunst des Islam. Körner, Stuttgart 1962. S. 63
[2] Ebd.
[3] Vgl. Gia Toussaint: Heiliges Gebein und edler Stein. Der Edelsteinschmuck von Reliquiaren im Spiegel mittelalterlicher Wahrnehmung. In: Das Mittelalter (8) 2003. S. 41
[4] Ebd.
[5] Ebd.
[6] Ebd.
[7] Gia Toussaint: Blut oder Blendwerk? Orientalische Kristallflakons in mittelalterlichen Kirchenschätzen. In: Wendland, Ulrike (Hrsg.) Das Heilige sichtbar machen - Domschätze in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Schnell und Steiner. Magdeburg 201. S. 109
[8] Vgl. Thomas Labusiak: Islamische Pracht an christlichen Heiltümern. Bergkristallgefässe und Reliquien. In: Frauen bauen Europa. Internationale Verflechtungen des Frauenstifts Essen. Schilp, Thomas (Hrsg.), Essener Forschungen zum Frauenstift Band 9, Essen 2011. S. 234
[9] Friedemann Gosslau: Die Stiftskirche zu Quedlinburg. Eine Führung durch den romanischen Sakralbau und den Domschatz. Convent, Quedlinburg 1999. S. 105
[10] Gia Toussaint, Blut oder Blendwerk, 2010. S. 109
[11] Vgl. ebd.
[12] Vgl. ebd.
[13] Vgl. ebd.
[14] Gosslau: Die Stiftskirche zu Quedlinburg, 1999. S. 105
[15] Labusiak, Islamische Pracht an christlichen Heiltümern., 2011. S. 237
[16] Gia Toussaint, Blut im Flakon, 2010. S. 198
[17] Vgl. Gia Toussaint, Blut im Flakon, 2010. S. 198
[18] Gia Toussaint, Blut oder Blendwerk, 2010. S. 109
[19] Vgl. ebd.
[20] Gia Toussaint, Blut im Flakon, 2010. S. 197
[21] Vgl. Gia Toussaint, Blut oder Blendwerk, 2010. S. 108f.
[22] Ebd. S. 109
[23] Vgl. Ebd.
[24] Vgl. Labusiak, Islamische Pracht an christlichen Heiltümern., 2011, S. 234
[25] Ebd. S. 237
[26] Vgl. Gosslau, Islamische Pracht an christlichen Heiltümern., 1999. S. 93
[27] Gosslau, Islamische Pracht an christlichen Heiltümern., 1999. S. 93
[28] Ebd.
[29] Vgl. ebd. S. 105
[30] Vgl. ebd. S. 105
[31] Ebd.
[32] Vgl. ebd.
[33] Vgl. Toussaint, Blut im Flakon, 2010. S. 197
[34] Ebd.
[35] Ebd.
[36] Ebd.
[37] Vgl. ebd.
[38] Gosslau, Islamische Pracht an christlichen Heiltümern., 1999. S. 93
[39] Vgl. ebd.
[40] Ebd.
[41] Ebd.
[42] Vgl. ebd.
[43] Ebd.
[44] Vgl. ebd.
[45] Vgl. ebd.
[46] Vgl. ebd.
[47] Ebd.
[48] Ebd.
[49] Vgl. ebd.
[50] Shakespeare, Romeo and Juliet, II Akt, 2 Szene
[51] Vgl. Gosslau, Die Stiftskirche zu Quedlinburg, 1999. S. 92
[52] Vgl. ebd.
[53] Vgl. ebd.
[54] Ebd.
[55] Vgl. ebd.
[56] Vgl. ebd. S. 92
[57] Vgl. ebd. S. 92
[58] Ebd. S. 12
[59] Vgl. ebd.
[60] Werner Bergengrün: Quedlinburger Abschied. In: Friedemann Gosslau: Die Stiftskirche zu Quedlinburg. Eine Führung durch den romanischen Sakralbau und den Domschatz. Convent, Quedlinburg 1999. S. 13
[61] Vgl. Toussaint, Blut oder Blendwerk, 2010, S. 111ff.
[62] Vgl. ebd.
[63] Labusiak, Islamische Pracht an christlichen Heiltümern, 2011, S. 238
[64] Vgl. ebd.
[65] Ebd.. S. 243
[66] Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz: Zum Geleit. In: Ulrike Wendland (Hrsg): ...das Heilige sichtbar machen. Domschätze in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Schnell&Steiner, Magdeburg, 2010. S. 6
[67] Vgl. ebd.
[68] Ebd.
[69] Ebd.
[70] Ebd.
[71] Ebd.
[72] Ebd.
[73] Vgl. ebd.
[74] Ebd.
[75] Ebd.
[76] Vgl. ebd.
[77] Vgl. ebd.
[78] Vgl. Gosslau, Die Stiftskirche zu Quedlinburg, 1999. S. 92
[79] Ebd.
[80] Vgl. ebd. S. 12
[81] Vgl. ebd.
[82] Ebd.
[83] Ebd.
[84] Vgl. ebd.
[85] Vgl. ebd.
[86] Vgl. ebd. S. 93
[87] Ebd.
[88] Vgl. Gosslau, Die Stiftskirche zu Quedlinburg, 1999. S. 93
[89] Labusiak , Islamische Pracht an christlichen Heiltümern, 2011. S. 227
[90] Vgl. ebd.
[91] Vgl. ebd.
[92] Toussaint, Blut oder Blendwerk , 2010, S. 193
[93] Ebd.
[94] Toussaint, Blut oder Blendwerk, 2010. S. 109
[95] Vgl. ebd.
[96] Vgl. ebd.
[97] Gosslau, Die Stiftskirche zu Quedlinburg, 1999. S. 93
[98] Ebd.
[99] Vgl. ebd.
[100] Schaller, Heilige und ihre Reliquien, 2009. S. 331
[101] Jörg Richter: Der Domschatz zu Halberstadt. Führer durch die Ausstellung. Janos Stekovics, Halberstadt 2010. S. 134
[102] Vgl. ebd.
[103] Vgl. Johann Wolfgang von Goethe: Faust I, Studierzimmer II.
[104] Toussaint, Blut im Flakon, 2010. S. 191
[105] Ebd.
[106] Ebd.
[107] Vgl. ebd.
[108] Vgl. ebd.
[109] Vgl. ebd.
[110] Ebd.
[111] Vgl. ebd.
[112] Ebd .
[113] Vgl. ebd.
[114] Ebd. S. 192
[115] Vgl. ebd. S. 192
[116] Ebd.
[117] Ebd.
[118] Ebd.
[119] Ebd.
[120] Ebd.
[121] Ebd.
[122] Ebd.
[123] Ebd.
[124] Vgl. ebd.
[125] Vgl. ebd.
[126] Vgl. ebd.
[127] Schaller, Heilige und ihre Reliquien., 2009. S. 327
[128] Vgl. ebd.
[129] Vgl. ebd. S. 328
[130] Ebd. S. 327
[131] Ebd. S. 328
[132] Ebd.
[133] Ebd.
[134] Vgl. ebd.
[135] Ebd.
[136] Ebd.
[137] Vgl. ebd.
[138] Schaller, Heilige und ihre Reliquien, 2009. S. 329
[139] Ebd.
[140] Ebd.
[141] Ebd.
[142] Vgl. ebd.
[143] Ebd.
[144] Vgl. ebd. S. 329
[145] Ebd.
[146] Vgl. ebd.
[147] Ebd.
[148] Schaller, Heilige und ihre Reliquien, 2009. S. 338
[149] Vgl. ebd.
[150] Vgl. ebd. S. 329
[151] Vgl. ebd. S. 331
[152] Ebd.
[153] Vgl. ebd. S. 340
[154] Ebd.
[155] Vgl. ebd.
[156] Toussaint, Die Kreuzreliquie und die Konstruktion von Heiligkeit, 2007. S.33
[157] Ebd.
[158] Ebd.
[159] Ebd.
[160] Vgl. Dietrich Kötzsche: Der Welfenschatz im Berliner Kunstgewerbemuseum. Mann Verlag, Berlin 1973, S.15
[161] Vgl. Angenenth, Heilige und Reliquien, 1997. .S. 162
[162] Vgl. ebd.
[163] Vgl. ebd.
[164] Vgl. ebd.
[165] Vgl. ebd. S. 160f.
[166] Vgl. ebd.
[167] Vgl. ebd.
[168] Vgl. ebd.
[169] Vgl. ebd.
[170] Toussaint, 2011, S. 102
[171] Ebd.
[172] Vgl. Gosslau, 1999. S. 93
[173] Schaller, 2009. S. 332
[174] Ebd.
[175] Vgl. ebd.
[176] Ebd.
[177] Ebd.
[178] Vgl. Toussaint, 2003, S.41
[179] Vgl. ebd.
[180] Vgl. ebd.
[181] Ebd. S. 42
[182] Ebd.
[183] Ebd.
[184] Vgl. ebd.
[185] Richter, Der Domschatz zu Halberstadt, 2010. S. 134
[186] Vgl. ebd.
[187] Vgl. ebd.
[188] Vgl. Schaller, Heilige und ihre Reliquien, 2009. S. 338
[189] Vgl. Angenenth, Heilige und Reliquien, 1997. S. 162
[190] Vgl. ebd.
[191] Vgl. Toussaint, Blut oder Blendwerk, 2010, S. 109
[192] Ebd.
[193] Vgl. Jörg Richter: Der Domschatz zu Halberstadt. Führer durch die Ausstellung. Janos Stekovics, Halberstadt 2010. S. 135
[194] Vgl. Weber, Stefan: Ein Objekt aus Stein und Licht. Der tausendjährige Bergkristallkrug aus der Sammlung Edmund de Unger. Museum für Islamische Kunst. Museumsjournal, 2011 (3). S. 34
[195] Ebd,
[196] Vgl. ebd.
[197] Vgl. Labusiak, Islamische Pracht an christlichen Heiltümern, 2011. S. 230
[198] Vgl. ebd.
[199] Vgl. ebd.
[200] Vgl. ebd. S. 231
[201] Ebd.
[202] Ebd.
[203] Vgl. Ernst Kühnel: Die Kunst des Islam. Kröner: Stuttgart 1962. Einführung S.9
[204] Vgl. ebd.
[205] Vgl. ebd. S. 10
[206] Ebd.
[207] Vgl. ebd. S. 11
[208] Ebd. S.13
[209] Ebd.
[210] Vgl. ebd.
[211] Vgl. ebd. S. 13 f.
[212] Vgl. ebd. S. 13 f.
[213] Vgl. ebd. S. 55
[214] Vgl. ebd.
[215] Vgl. ebd.
[216] Vgl. ebd.
[217] Vgl. ebd.
[218] Labusiak, Islamische Pracht an christlichen Heiltümern, 2011, S. 231
[219] Vgl. ebd.
[220] Vgl. Ernst Kühnel: Die Kunst des Islam. Kröner: Stuttgart 1962. S.64
[221] Vgl. Labusiak, Islamische Pracht an christlichen Heiltümern, 2011, S. 231
[222] Vgl. Ernst Kühnel: Die Kunst des Islam. Kröner: Stuttgart 1962. S.60f.
[223] Vgl. ebd.
[224] Stefan Weber: Ein Objekt aus Stein und Licht. Der tausendjährige Bergkristallkrug aus der Sammlung Edmund de Unger. Museum für Islamische Kunst. Museumsjournal, 2011 (3). S. 34
[225] Ebd.
[226] Ebd.
[227] Ebd.
[228] Ebd.
[229] Ebd.
[230] Vgl. ebd.
[231] Vgl. Ernst Kühnel: Die Kunst des Islam, 1962. S.60f.
[232] Vgl. ebd. S. 64
[233] Vgl. ebd. S.60f.
[234] Weber, Ein Objekt aus Stein und Licht, 2011, S. 34
[235] Vgl. ebd.
[236] Ernst Kühnel: Die Kunst des Islam. Kröner: Stuttgart 1962. S.60f.
[237] Weber, Ein Objekt aus Stein und Licht, 2011, S. 34
[238] Ebd.
[239] Ebd.
[240] Ebd.
[241] Ebd.
[242] Vgl. ebd.
[243] Vgl. ebd.
[244] Ernst Kühnel: Die Kunst des Islam. Kröner: Stuttgart 1962. S.60f.
[245] Vgl. ebd.
[246] Vgl. ebd.
[247] Vgl. Ernst Kühnel: Die Kunst des Islam. Kröner: Stuttgart 1962. S.64
[248] Vgl. Toussaint, Blut oder Blendwerk, 2010, S. 109
[249] Toussaint, 2010, Blut im Flakon, S. 193
[250] Vgl. Dietrich Kötzsche: Der Welfenschatz im Berliner Kunstgewerbemuseum, 1973, S.15
[251] Vgl. Schaller, Heilige und ihre Reliquien, 2009. S. 328
[252] Toussaint, Blut oder Blendwerk, 2010, S. 108
[253] Labusiak, Islamische Pracht an christlichen Heiltümern, 2011. S. 242
[254] Vgl. ebd.
[255] Toussaint, Heiliges Gebein und edler Stein, 2003, S. 43
[256] Ebd.
[257] Ebd.
[258] Ebd.
[259] Ebd.
[260] Ebd.
[261] Ebd. S. 44
[262] Ebd. S. 45
[263] Ebd. S. 46
[264] Ebd.
[265] Vgl. ebd.
[266] Vgl. ebd.
[267] Schaller, Heilige und ihre Reliquie,, 2009. S. 329
[268] Ebd. S. 330
[269] Vgl. ebd.
[270] Vgl. Toussaint, 2003, S. 48
[271] Vgl. ebd.
[272] Ebd. S. 50
[273] Ebd.
[274] Ebd.
[275] Ebd.
[276] Ebd.
[277] Ebd.
[278] Vgl. ebd.
[279] Vgl. ebd.
[280] Ebd.
[281] Ebd.
[282] Vgl. ebd.
[283] Vgl. ebd. S. 49
[284] Ebd. S. 50
[285] Vgl. ebd.
[286] Toussaint, Heiliges Gebein und edler Stein, 2003. S. 45
[287] Ebd.
[288] Ebd.
[289] Vgl. ebd
[290] Ebd.
[291] Ebd.
[292] Ebd.
[293] Vgl. ebd.
[294] Vgl. ebd.
[295] Vgl. ebd. S. 52
[296] Ebd.
[297] Vgl. ebd.
[298] Ebd.
[299] Ebd.
[300] Vgl. ebd.
[301] Vgl. ebd.
[302] Vgl. Schaller, 2009. S. 332
[303] Vgl. Toussaint, 2010, S.109
[304] Gosslau, 1999, S. 105
[305] Anmerkung des Verfassers
[306] Vgl. Schaller, Heilige und ihre Reliquie, 2009. S. 335
[307] Ebd.
[308] Vgl. ebd.
[309] Vgl. ebd.
[310] Vgl. Gia Toussaint:, Blut oder Blendwerk, 2010, S. 109
[311] Vgl. Labusiak, Islamische Pracht an christlichen Heiltümern, 2011, S. 234
[312] Vgl. ebd.
[313] Vgl. Schaller, Heilige und ihre Reliquien, 2009. S. 335
[314] Vgl. ebd. S. 334
[315] Toussaint, Blut im Flakon, 2010. S. 201
[316] Ebd.
[317] Ebd.
[318] Schaller, Heilige und ihre Reliquien, 2009. S. 334
[319] Ebd.
[320] Ebd.
[321] Ebd.
[322] Vgl. Schaller, Heilige und ihre Reliquien., 2009. S. 334
[323] Angenendt, Arnold: Der Leib ist klar, klar wie Kristall . In: Klaus Schreiner (Hrsg.), Frömmigkeit im Mittelalter: politisch- soziale Kontexte, visuelle Praxis, körperliche Ausdrucksformen. Verlag Fink, München, 2002. S.397
[324] Ebd.
[325] Ebd.
[326] Vgl. ebd.
[327] Vgl. ebd.
[328] Vgl. ebd.
[329] Ebd.
[330] Ebd.
[331] Vgl. ebd.
[332] Ebd.
[333] Ebd.
[334] Ebd.
[335] Ebd.
[336] Ebd.
[337] Ebd.
[338] Vgl. ebd.
[339] Vgl. ebd.
[340] Ebd. S. 398
[341] Vgl. ebd.
[342] Vgl. ebd.
[343] Vgl. Gia Toussaint, Blut oder Blendwerk, 2010, S. 109
[344] Vgl.ebd.
[345] Vgl. Labusiak , Islamische Pracht an christlichen Heiltümern., 2011. S. 227
[346] Vgl. ebd. S. 243
[347] Vgl. ebd,
[348] Vgl. ebd.
[349] Vgl. Gosslau, Die Stiftskirche zu Quedlinburg, 1999. S. 105
[350] Vgl. ebd.
[351] Vgl. ebd.
[352] Vgl. Angenenth, Heilige und Reliquien, 1997, S. 160f.
[353] Vgl ebd. S. 50
[354] Vgl. Bernd Lang: Das ist mein Leib, das ist mein Blut – Das Rätsel des Abendmahls aus religionsgeschichtlicher Sicht. In: Blut. Die Kraft des ganz besonderen Saftes in Medizin, Literatur, Geschichte und Kultur. Gross, Dominik (Hrsg.). Studien des Aachener Kompetenzzentrums für Wissenschaftsgeschichte. Band 7, Kassel, 2010. S. 177
[355] Ebd.
[356] Vgl. ebd.
[357] Vgl. ebd.
[358] Vgl. ebd.
[359] Ebd. S. 178
[360] Vgl. ebd.
[361] Johann Wolfgang von Goethe: Faust I, Studierzimmer II
[362] Vgl. Lang, Das ist mein Leib, das ist mein Blut, 2010. S. 178
[363] Ebd. S. 179
[364] Ebd.
[365] Ebd.
[366] Ebd.
[367] Ebd.
[368] Ebd.
[369] Vgl. ebd.
[370] Vgl. ebd.. S. 180
[371] Vgl. ebd. S. 180
[372] Ebd.
[373] Ebd.
[374] Vgl. ebd.
[375] Vgl. ebd.
[376] Vgl. Toussaint:, Heiliges Gebein und edler Stein, 2003, S. 41.
[377] Ebd.
[378] Vgl. ebd.
[379] Vgl. ebd.
- Quote paper
- Beat Furrer (Author), 2014, Das fatimidische Bergkristallgefäss im Schatz der Stiftskirche St. Servatius in Quedlinburg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1470317
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