Altern ist ein Prozess, welcher nicht umgangen werden kann. Ist es möglich, das Altern zu verzögern? Inwiefern spielt mein Lebensstil eine wichtige Rolle? Viele dieser Fragen habe ich mir selber gestellt und bin auf die Suche gegangen. Es gibt viele ungelöste Fragen und in Zukunft werden immer mehr Antworten kommen. Nichtsdestotrotz bietet meine Facharbeit Ihnen einen kleinen Einblick in dieses umso größere Thema. Auf der biologischen Ebene bedeutet Altern, dass die Sterberate der Zellen höher ist als die Erneuerungsrate. Das natürliche Gleichgewicht innerhalb des menschlichen Körpers kippt und das Mortalitätsrisiko nimmt zu. Jetzt stellt sich die Frage, inwiefern der Alterungsprozess ein genetischer Prozess ist.
Inhaltsverzeichnis
1.Einleitung...3
2. Begriffsdefinitionen...4
2.1. Das biologische Altern...4
2.2. Genetik...5
2.3. Epigenetik...5
3. Die Genetik...5
3.1. Epigenetik...6
3.2. Genmutationen...6
3.2.1. Werner-Syndrom...7
3.3. Gerontogene...7
4. Theorien...8
4.1. Theorie der freien Radikale und das mitochondriale Altern...8
4.2. Theorie der antagonistischen Pleiotropie...9
4.2.1. Evolution...10
4.3 Theorie der Telomere...10
5. Natürliche Zellalterung...11
5.1. Verlust der Stammzellenaktivität...12
5.2. Zelluläre Seneszenz...12
5.3 Instabilität des Genoms...13
5.3.1 Verlust der Proteostase...13
6. Fazit...14
7. Literaturverzeichnis...16
1.Einleitung
Altern ist ein Prozess, welcher nicht umgangen werden kann. Jeder Mensch altert, was zur Folge hat, dass man dem Sterben näher kommt. Das Altern kann sich unterschiedlich bemerkbar machen. Dazu zählen sowohl phänotypische (äußeres Erscheinungsbild), als auch genotypische (genetische/ Erscheinungsbild des Erbguts) Merkmale.
Auf der biologischen Ebene bedeutet Altern, dass die Sterberate der Zellen höher ist als die Erneuerungsrate. Das natürliche Gleichgewicht innerhalb des menschlichen Körpers kippt und das Mortalitätsrisiko nimmt zu. Jetzt stellt sich die Frage, inwiefern der Alterungsprozess ein genetischer Prozess ist.
Zuerst werden die wichtigsten Oberthemen erläutert. Als erstes wird die Frage geklärt, was das biologische Altern genau ist und was man unter diesem Begriff versteht. Im weiteren Verlauf folgen die Definitionen der Genetik und Epigenetik, da diese einen essentiellen Teil dieser Arbeit darstellen. Nach der Begriffserklärung folgt der Einstieg in die Thematik und die Verbindung zwischen Epigenetik, Mutationen und dem Altern wird erläutert. Daraufhin folgen Beispiele für die vorherigen Themenfelder, zum einen das Werner-syndrom, welches ein Beispiel für Genmutationen bietet und zum anderen die Gerontogene, welche als Beispiel für Langlebisgkeitsgene fungieren. Darauf folgen drei bekannte Theorien, die mit dem Alterungsprozess in Verbindung stehen. Dazu zählt die Theorie der freien Radikale in Verbindung mit dem mitochondrialen Altern und die antagonistische Pleiotropie. Mit ihr erfolgt ein kurzer Einstieg in die Evolution, damit die Theorie der antagonistischen Pleiotropie verständlich wird. Die letzte Theorie, auf die eingegangen wird, ist die der Telomere. Um diese Theorien verknüpfen zu können, wird auf die natürliche Zellalterung beleuchtet. Zu der natürlichen Zellalterung gehört der Verlust der Stammzellenaktivität, die zelluläre Seneszenz, die Instabilität des Genoms und zuletzt der Verlust der Proteostase. Diese Bereiche erklären das Altern in Verbindung mit den Theorien und der Genetik. Ganz zum Schluss folgt das Fazit, in dem die Fakten ein weiteres Mal kurz aufgegriffen und zusammengefasst, um schlussendlich durch die Leitfrage mit den herausgearbeiteten Bereichen beantwortet und begründet zu werden. Das Ziel ist es, dass der Leser abschließend für sich die Leitfrage beantworten kann, ob Altern ein genetischer Prozess ist. Dieses sehr komplexe Thema ist nicht ausreichend erforscht und der Wissensstand uneindeutig beziehungsweise niedrig. Deshalb ist die Bedeutsamkeit des Themas und das Interesse daran hervorzuheben. Zu wissen, dass die Wissenschaft und die einhergehende Forschung noch keine eindeutige Antwort auf diese Fragestellung haben, ermöglicht einem, Hypothesen aufzustellen und die Aktualität mit einzubringen. Da das Altern lange Zeit als Krankheit angesehen wurde, ist der Aspekt umso interessanter, dass es heutzutage als unumgehbar und zum Leben gehörig gilt.
Bezüglich der obig genannten Fakten und der stetigen Aktualität wurde die Thematik im Rahmen dieser Facharbeit ausgesucht, was jedoch aufgrund der noch lückenhaften Forschungen eine deutliche Herausforderung darstellt.
Eine weitere Herausforderung ergibt die Literaturrecherche, welche aufgrund der aktuellen Corona Pandemie und der nicht vollendeten Forschung in dem Bereich des Alterns und der Genetik, zunächst ein Hindernis ist.
2. Begriffsdefinitionen
Um einen Einblick in die Thematik zu bekommen, muss zunächst der Begriff des biologischen Alterns definiert werden. Des Weiteren werden die Begriffe Genetik und Epigenetik erklärt.
2.1. Das biologische Altern
In der Biologie versteht man unter Alterungsprozessen, das Altern auf molekularer und zellulärer Ebene, welches unter einer „Störung physiologischer Aktivitäten“ gesehen wird (WURM, WIEST, TESCH-RÖMER 2010 S.499). „Die Alterung ist der allgemeine Verlust von Funktionen des Organismus, der zu einem sich progressiv erhöhendem Sterberisiko führt“ (SCHOSSERER, GRILLARI 2017, S.5). Des Weiteren ist der Organismus von altersbedingten Veränderungen auf genetischer und zellphysiologischer Ebene betroffen. Die Fähigkeit zur Homöostase, also zur Selbstregulation in Abgleich mit äußeren Informationen, verändert sich. Darunter fallen unter anderem die Anfälligkeit für Krankheiten und Infektionen, was zur Folge hat, dass das Mortalitätsrisiko steigt. Das biologische Altern ist ein Wechselspiel aus Degeneration und Regeneration. Die Degeneration zeigt den Zerfall von Zellen bis hin zu einem Ganzen Organismus. Im Gegenteil dazu bewirkt die Regeneration die Erneuerung von Zellen (vgl. HÖHN 2002, S. 237,238).
Unter dem Begriff Altern versteht man zwei unterschiedliche Abläufe, das primäre und das sekundäre Altern. Das primäre Altern ist der zelluläre Alterungsprozess, welcher in Abwesenheit von altersbedingten Krankheiten abläuft und die maximale Lebensspanne umfasst. Das sekundäre Altern hingegen ist geprägt durch äußere Umweltfaktoren, welche die maximale Lebensspanne verkürzen.
2.2. Genetik
Der Begriff Genetik stammt ursprünglich aus dem griechischen und lässt sich sinngemäß als „Wissenschaft von der Erzeugung“ übersetzten. 1905 wurde der Begriff von William Bateson geprägt. Üblich war es, dass die Genetik die Regeln und Mechanismen der Vererbung erklärte, jedoch stellt dies nicht mehr das alleinige Ziel dar. Darüber hinaus versucht die Genetik funktionell herauszukristallisieren, wie die Unterschiede in der Ausstattung verschiedener Organismen aussehen. Die Bereiche Zellbiologie, Entwicklungsbiologie und Molekularbiologie sind eng verknüpft mit der Genetik, welche durch ihre methodischen Ansätze diese beeinflusst. Sie wird als universelle biologische Disziplin angesehen (vgl. JANNING, KNUST 2008, S. 1-3).
2.3. Epigenetik
Der Begriff Epigenetik stammt ebenfalls aus dem griechischen und bedeutet sinngemäß „auf die Genetik drauf“. 1942 wurde dieser Begriff das erste Mal von Conrad Hal Waddignton benutzt (vgl. WALTER, HÜMPEL 2016, S. 46). Der Bereich der Epigenetik wurde beim Menschen noch nicht ausreichend erforscht und es können nur Vermutungen angestellt werden. Die Epigenetik ist ein Bereich der Genetik, der sich mit den Veränderungen von Genfunktionen beschäftigt, die nicht auf der Änderung der Basensequenz der DNA beruhen. Im Bereich der Epigenetik geht es darum, wie sich Umweltfaktoren auf die Aktivität der Gene auswirken können. Die Epigenetik versucht den Zusammenhang zwischen Genen und ihren Produkten zu beschreiben, woraus sich der Phänotyp ergibt. Geprägt wurde dieser Begriff Anfang der 2000er, welcher besagt, dass es „vererbbare Veränderungen in der Genexpression gibt, die nicht in der DNA-Sequenz selbst codiert sind“. (REINHOLD 2018, S.246) Dabei ist zu beachten, dass die Vererbbarkeit immer wieder in Frage gestellt wird.
3. Die Genetik
Die Genetik ist ein essentieller Bestandteil im Prozess des Alterns, welcher jedoch noch nicht zu Ende erforscht wurde. Forscher vermuten, dass die Genetik beim Alterungsprozess ungefähr 20-30 Prozent ausmacht. Im weiteren Verlauf werden die Genmutationen im Zusammenhang mit dem Wernersyndrom dargelegt und zusätzlich wird auf die Epigenetik eingegangen und dargestellt, wie sehr unser Lebensstil unseren Alterungsprozess beeinflusst. Darüber hinaus wird auch auf die Gerontogene eingegangen.
3.1. Epigenetik
Da die Epigenetik ein Bereich ist, welcher in den letzten 30 Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat, ist es essentiell, dieses Fachgebiet im Bezug auf die Thematik „Altern“, miteinzubeziehen. Die Frage, wie sehr die Umwelt und auch unser Lebensstil unseren Alterungsprozess beeinflussen, beantwortet zum Teil die Epigenetik.
Das Methyllierungsmuster unserer Gene ist reversibel und wird durch unsere Vorfahren geprägt. Es wird auch als das Aktivitätsmuster bezeichnet, da es die Aktivität unserer Gene steuert (an- und abschalten). „Im Gegensatz zu genetischer Vererbung sind epigenetische Prozesse umkehrbar“ (WALTER, HÜMPEL 2017, S. 40, 41). Die Epigenetik ist die Ursache der Variationsbreite genetisch bedingter Phänotypen. Durch die Veränderung des Methyllierungsmusters können Krankheiten auftreten, welche den Alterungsprozess beschleunigen. Somit führt ein gesunder Lebensstil zu einem gesünderen Alterungsprozess und zu einer längeren Lebenspanne (Ebd.) .
„Die Epigenetik beeinflusst ein breites Spektrum zell- und entwicklungsbiologischer Prozesse. Diese sind einerseits grundlegende Funktionen in der Zelle, aber auch sehr spezifische Funktionen in differenzierten Zellen bis hin zu einem langlebigen Funktions-Gedächtnis von Genen und Chromosomen im gesamten Organismus. Einige epigenetische Prozesse treten nur zeitlich begrenzt auf, andere dagegen sind sehr langfristig und werden über Zellteilungen und Generationen hinweg vererbt“ (WALTER, HÜMPEL 2017 S. 40).
3.2. Genmutationen
Der Begriff „Genmutation“ kommt ursprünglich aus dem Lateinischen (Mutare) und bedeutet „verändern, verwandeln“. Genmutationen spielen im Alterungsprozess eine wichtige Rolle, da diese krankheitsassoziierte Veränderungen des Genoms bewirken können. Sie können einerseits vererbt werden, andererseits können andere Faktoren, wie die Umwelt, Genmutationen hervorrufen. Je nach Größe, Art, Häufigkeit und Lokalisation können diese erhebliche Folgen für den gesamten Organismus haben. Genmutationen sind Veränderungen der Genstruktur und beeinflussen somit den Alterungsprozess. Um dies an einem Beispiel festzumachen und im Kontext des Themas zu erläutern, wird im Folgenden das Wernersyndrom beschrieben, welches auf einer Genmutation beruht (vgl. PISCHIMAROV 2016, S.9).
3.2.1. Werner-Syndrom
Im vorherigen Verlauf wurden die Genmutationen schon angerissen. Um nun eine Verbindung mit der Thematik des Alterns herzustellen, wird im Folgenden das Werner Syndrom dargelegt.
Das Werner-Syndrom gehört zu einer Gruppe angeborener Krankheiten, welche jeweils auf einer Mutation eines bestimmten Gens zurück zu führen sind. Dabei haben diese Krankheiten eine Gemeinsamkeit. Sie beschleunigen den Alterungsprozess erheblich. Diese Krankheiten bezeichnet man auch als Progerie (verfrühtes Altern). Man kann sie in zwei unterschiedliche Arten unterteilen. Zum einen die Progeria Infantum, welche zu einem verfrühten Alterungsprozess bereits im Kindesalter führt. Zum anderen die Progeria Adultorum, zu denen das Werner-Syndrom zählt, bei dem das übermäßige Altern erst mit 20 Jahren jedoch einsetzt und dann in einem rapiden Verfallprozess verläuft. Die Lebenserwartung eines Erkrankten mit der Form Progeria Infantum liegt bei 14 Jahren und bei der Form Progeria Adultorum bei 47 Jahren (vgl. ZSCHOCKE 2018, S.125). Die bekannteste Form der Gruppe von Progeria Adultorum ist das Werner-Syndrom. Diese Krankheit wird autosomal-rezessiv vererbt, was bedeutet, dass es weder geschlechtsabhängig, noch häufig vertreten ist. Das Gen WRN ist mutiert, dies führt zu einem Ausfall der Werner-Helikase. Diese Helikase spielt bei der Replikation und Reparatur unserer DNA eine wichtige Rolle. „Im Chromosomensatz dieser Menschen manifestiert sich der Helikase-Defekt in multiplen Chromosomenumbauten (Translokationen), welche durch die fehlerhafte Replikation der DNA entstehen“ (HÖHN 2002, S. 245). Aufgrund eines Gendefekts leiden diese Menschen unter einem beschleunigten Alterungsprozess.
3.3. Gerontogene
Forscher entdeckten Gene, welche die maximale Lebensspanne eines Tieres verdoppeln. Im Laufe der Jahrzehnte fand man diverse Langelebigkeitsgene, die auch Gerontogene genannt werden. Mit dieser Entdeckung eröffneten sich der Forschung reelle Chancen, den Alterungsprozess bei Menschen mit Medikamenten zu verzögern. Ob es in den nächsten Jahrzehnten solche Medikamente gibt, ist fragwürdig, jedoch nicht auszuschließen. Vielmehr ist es eine ethische und moralische Frage, ob der Eingriff in den natürlichen Prozess vertreten werden kann (vgl. STIPP 2018, S. 268, 269).
4. Theorien
Im weiteren Verlauf werden drei Theorien dargelegt, welche im Kontext des Themas relevant erscheinen. Diese Theorien stellen auf unterschiedliche Art und Weise den Alterungsprozess dar. Man muss dabei beachten, dass es keine Theorie gibt, welche den Alterungsprozess im Ganzen darlegen kann. Dies ist sowohl im Kapitel der „Theorien“, als auch im Kapitel „Das biologische Altern und Genetik“ berücksichtigt. Die Theorien lassen sich in zwei unterschiedliche Kategorien aufteilen. Zum einen die Schadenstheorien, welche sich mit der Thematik, wie der Mensch altert, befassen. Zum anderen die Evolutionstheorien, welche sich damit beschäftigen, warum der Mensch altert. Diese werden im Folgenden dargestellt.
4.1. Theorie der freien Radikale und das mitochondriale Altern
Die nächsten Punkte stützen sich auf die freien Radikale und das mitochondriale Altern, welche zu Schadenstheorien gehören. Die Theorie der freien Radikale wurde von dem US-amerikanischen Biogerontologen Denham Harman 1956 entwickelt. Sie besagt, dass freie Radikale durch Stoffwechselprozesse innerhalb der Zellen aus molekularem Sauerstoff entstehen. Mit zunehmendem Alter verlieren Mitochondrien an Effizienz und schädigen durch das Austreten von freien Radikalen die Zelle. Freie Radikale bezeichnet man auch als Oxidantien. Es existieren zwei unterschiedliche Varianten der freien Radikale, einerseits die exogenen, welche von außen auf den Körper einwirken und andererseits die endogenen, welche der Körper selbst herstellt. Diese hoch aktiven Radikale leiten Oxidationsprozesse ein, was zur Folge hat, dass Schäden an der DNA, Enzymen und an den Lipiden der Zellmembrane entstehen. Diese Folgeschäden können dazu führen, dass die Zelle einen funktionalen Verlust erleidet. Durch die Ansammlung geschädigter Zellkomponenten, kann dies zu einem Funktionsverlust des Organs kommen, bis hin zu einer Schädigung des gesamten Organismus (vgl. NIKOLAUS, ZAHN 1995, S. 709, 711).
Die Zelle besitzt notwendige Enzyme (Superoxid-Dismutase, Katalase, Glutathion-Peroxidase etc.), welche die toxischen Radikale neutralisieren. Im Laufe des Lebens nehmen diese notwendigen Enzyme ab. Diesbezüglich steigt der Anteil der toxischen, beziehungsweise freien Radikale (vgl. NIKOLAUS, ZAHN 1995, S,711).
Im Folgenden wird der Prozess der Entstehung der freien Radikale beschrieben. Freie Radikale entstehen während der Energiegewinnung durch oxidative Phosphorylierung in den Mitochondrien. Freie Radikale sind Sauerstoffverbindungen, denen jeweils ein Außenelektron fehlt. Dies führt dazu, dass diese sehr reaktiv sind und schnell mit anderen wichtigen Molekülen in ihrer Umgebung reagieren. Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zelle und benötigen zur Energiegewinnung Sauerstoff. Bei diesem Prozess entstehen freie Radikale. Treten Schäden der mitochondrialen DNA (mtDNA) auf, welche Mutationen mit sich bringen, könnte dies zu einer gestörten oxidativen Phosphorylierung führen. „Ein zellulärer Energieverlust als Folge einer gestörten oxidativen Phosphorylierung kann die Fähigkeit der Zelle, auf Störungen des physiologischen Gleichgewichts adäquat zu reagieren, deutlich einschränken“ (MEISSNER et al 2001, S.447,448).
Diese gestörte oxidative Phosphorylierung wird bei jeder Zellteilung den Tochterzellen mitgegeben, da die Mitochondrien keinen DNA- Reparaturmechanismus besitzen. In Folge dessen entstehen immer mehr freie Radikale, welche die Gesundheit des gesamten Organismus beeinflussen und somit auch das Altern (vgl. MEISSNER et al 2001, S. 448).
4.2. Theorie der antagonistischen Pleiotropie
Die Theorie der antagonistischen Pleiotropie gehört zu den Evolutionstheorien, welche 1957 von dem US-amerikanischen Evolutionsbiologen George C. Williams aufgestellt wurde. Pleiotropie kommt aus den altgriechischen und bedeutet „Veränderungen und Wechsel“ (vgl. HÖHN 2002, S.243).
Die Hauptthese ist, „dass wir krankheitsverursachende Gene niemals aus unserem Genom entfernen können, da viele dieser Gene dem Prinzip der antagonistischen Pleiotropie folgen und in der Jugend für unser körperliches Wohlergehen und unsere Fitness unentbehrlich sind“ (HÖHN 2002, 243).
Das Prinzip der antagonistischen Pleiotropie besagt, dass ein und dasselbe Gen, welches sich in der Jugend positiv auswirkt, im Alter negative Folgen mit sich führt. Warum hat die Evolution diese Gendefekte nicht ausselektiert? Um diese Frage beantworten zu können, bedarf es eines näheren Einblicks in die Evolution, welche im nächsten Unterpunkt kurz erläutert wird. Zuvor muss jedoch der Blick weiterhin auf die antagonistische Pleiotopie gerichtet werden (vgl. HÖHN 2002, S. 242). Die antagonistische Pleitotropie bietet die Möglichkeit zur Erklärung des sekundären Alterns, da altersbedingte Erkrankungen teilweise auf die krankheitsverursachenden Gene zurückzuführen sind, welche nie aus dem Genom ausselektiert werden. Die Evolution selektiert diese Gene nicht aus, weil unsere Lebensspanne bis zu dem 30. Lebensjahr erheblich bedeutender ist, um unsere Art, beziehungsweise Spezies zu erhalten. Bis zum 30. Lebensjahr befinden wir uns in der Fortpflanzungsphase. Der wesentliche Grund des Alterns und das mit ihm verbundene Sterben liegt neben der wachsenden Population darin, dass die älteren Menschen ihren Sinn des Lebens nach der Evolution (Fortpflanzung) schon erfüllt haben und somit nur unnötige Ressourcen aufbrauchen, welche die jüngeren zum Leben benötigen (vgl. NIKOLAUS, ZAHN 1995, S. 712).
4.2.1. Evolution
„Die Evolution ist ein zweistufig hintereinander ablaufender Prozess, in dem Zufall und Notwendigkeit vorteilhaft miteinander verknüpft sind“ (DANDEKAR 1999, S. 260). Die Evolution kann man in zwei Stufen einteilen. Zum einen werden zufällige Änderungen genetischer Varianten durch Mutationen und Kreuzungen erzeugt. Zum anderen stellt die zweite Stufe die natürliche Selektion dar, welche Ordnung schafft. Durch die erste Stufe bekommen Individuen statistisch höhere Überlebenschancen und können mehr Nachkommen zeugen. Die zweite Stufe sorgt für einen Anstieg der Häufigkeit von Genen und Genkonstellationen, welche dem Individuum und deren unterschiedlichen Generationen vorteilhafte Anpassungsfähigkeit oder auch andere Vorteile bieten. „Evolution ist auch der Prozess, der im Laufe der Generationen zu Veränderungen der Arten führt“ (DANDEKAR 1999, S.260).
4.3 Theorie der Telomere
Die Theorie der Telomere gehört neben der antagonistischen Pleiotropie auch den Evolutionstheorien an. Die Hauptthese bezieht sich auf die Aussage, dass „Telomere eine wichtige Funktion bezüglich der Stabilisierung der Chromosomenstruktur erfüllen, (…)“ (ZSCHOCKE 2018, S. 124).
Telomere befinden sich an den Enden der DNA, welche dort aus mehreren Tausend hintereinander angeordneten Wiederholungen der Sequenzen 5´-TTAGGG-3´ bestehen. Die Funktion der Stabilisierung der Chromosomenstruktur spielt deswegen eine entscheidende Rolle beim Altern, weil die Telomere die Fusion oder auch Interaktion zwischen anderen Chromosomen verhindern. Kommt es dazu, dass im Laufe des Lebens die Telomere ihrer Funktion nicht mehr nachkommen können, da bei jeder Zellteilung etwa 50 Nukleotide am Ende jedes Chromosoms verloren gehen, kann dies dazu führen, dass die Zelle einen permanenten Wachstumsstopp erleidet und es früher oder später zu einer Apoptose (Zelltod) kommt (vgl. ZSCHOCKE 2018, S. 125).
Die Telomerase, welche ein Enzym ist, das die Verkürzung der Telomere verhindert, ist nur in einer bestimmten Anzahl und nur in Stamm- oder Keimzellen vorhanden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass man die Aktivität der Telomerase nicht in normalen Körperzellen nachweisen kann. Man kann sich bildlich einen Schnürsenkel vorstellen, welcher ein ausgefranztes Ende hat und somit kaputt ist. Die Schutzkappe des Schnürsenkels trägt dafür Sorge, dass er eben nicht ausfranzt und deshalb ganz bleibt. So ist es auch mit der DNA (vgl. ZSCHOCKE 2018, S. 124) .
5. Natürliche Zellalterung
Es ist schwierig eine passende Definition für die natürliche Zellalterung zu finden, da jedes Individuum einen unterschiedlichen Alterungsprozess hat. Nichtsdestotrotz gibt es Kennzeichen der zellulären Alterung, welche auftreten können, aber nicht müssen. In diesem Abschnitt wird auf die obigen Theorien eingegangen, welche den Alterungsprozess kennzeichnen können, jedoch werden noch andere Faktoren erwähnt (vgl. SCHOSSERER, GRILLARI 2017, S. 6). Unser Gehirn übernimmt beim Alterungsprozess eine wichtige Rolle, da ein Bereich des Gehirns, der Hypothalamus, die neuronale und hormonale Aktivität steuert und somit die biologische Uhr unseres Körpers darstellt. Je älter der Mensch ist, desto langsamer sind die Steuersignale des Hypothalamus. Dies hat zur Folge, dass die Homöostase gestört ist und somit die Regenerations- und Leistungsfähigkeit der Zelle abnimmt (vgl. NIKOLAUS, ZAHN 1995, S. 710). Des Weiteren befindet sich die Zelle in einem Zellzyklus, welcher immer wieder den gleichen Ablauf vollzieht. Der Zellzyklus wird in zwei Abschnitte unterteilt. Die Mitose (Kernteilung) und in ihr folgende Zytokinese (Zellteilung), die Interphase, in der die Zelle sich auf die vorstehende Zellteilung vorbereitet, stellen den Zellzyklus dar. In der Interphase wird die Zelle samt ihrer Zellorganellen und des Erbguts verdoppelt. Diese Phase ist die sensibelste, da hier die größten Schäden entstehen können. Ist die Zelle teilungsunfähig, gelangt sie in einen sogenannten G0-Zustand, in der sie sich nicht mehr auf die Zellteilung vorbereitet und sich somit auch nicht mehr teilen wird. Nervenzellen sind das Beispiel für Zellen, bei denen der G0-Zustand erwünscht ist. Erreichen jedoch Zellen unerwünscht diesen Zustand, kann dies erhebliche Folgen für den Organismus haben, welche im folgenden Abschnitt dargelegt werden (vgl. BUSELMAIER 2018, S. 76,77). Damit es keine Fehler in dieser sensiblen Phase gibt, gibt es Kontrollpunkte, welche Gendefekte erkennen, sie entweder beheben oder zur Apoptose (Zelltod) führen. Fällt ein Gen aufgrund von Mutationen aus, kommt es zu einer unkontrollierten Zellteilung schädlicher Zellen. (vgl. BUSELMAIER 2018, S. 77, 78).
5.1. Verlust der Stammzellenaktivität
Organe des Menschen altern aufgrund ihres Regenerationspotentials unterschiedlich schnell. Stammzellen haben die Möglichkeit, sich in unterschiedliche Gewebe oder auch Organe zu differenzieren. Ihre Aufgabe ist es, die Selbsterneuerung und die Regeneration von Geweben oder Organen einzuleiten, in dem sie das Gewebe mit neuen Zellen auffüllen. Des Weiteren gibt es verschiedene Arten von Stammzellen. Je nach deren Potential, sich in unterschiedliche Zelltypen zu differenzieren, spricht man von omni-, pluri- und multipotenten Stammzellen. Stammzellen haben somit zwei Möglichkeiten. Entweder sie vermehren sich oder sie differenzieren sich in andere Zelltypen. Das umgebende Milieu, welches Nische genannt wird, entscheidet, welcher Funktion die Stammzelle nachgehen soll. „Durch die Abnahme der Selbsterneuerung und des Differenzierungspotentials von Stammzellen baut die Regenerationsfähigkeit von Geweben im Alter ab“ (SCHOSSERER, GRILLARI 2017, S.7). Je älter Stammzellen sind, desto schwächer werden sie und je älter der Körper ist, desto mehr ist er auf die Regenerationsfähigkeit der Stammzellen angewiesen. Dies bedeutet, dass im Laufe des Lebens immer mehr Schäden innerhalb von Organen auftreten, welche nicht mehr reversibel sind und somit den Alterungsprozess nicht mehr verhindern können.
5.2. Zelluläre Seneszenz
Durch die Abnahme oder auch den Verlust der Regenerationsfähigkeit von Organen kommt es zu einer Ansammlung teilungsunfähiger Zellen. Dieser irreversible Wachstumsstopp wird auch zelluläre Seneszenz genannt. Die Teilungsunfähigkeit einer Zelle kann unterschiedliche Ursache. Entweder die Zelle hat ihre maximale Anzahl an Teilungen erreicht oder Stressreaktionen durch freie Radikale lösen diese Seneszenz aus. In Bezug auf die antagonistische Pleiotropie vermuten Forscher, dass die zelluläre Seneszenz evolutionär deshalb entstanden sei, um in jungen Individuen die Entstehung von Tumoren zu verhindern. Seneszente Zellen würden ebenfalls im Jugendalter positive Auswirkungen auf das Individuum und im Laufe des Lebens negative haben. (vgl. SCHOSSERER, GRILLARI 2017, S. 7). Gründe für die negative Auswirkung seneszenter Zellen sind veränderte Signalverhalten. Zudem scheinen seneszente Zellen einen veränderten Differenzierungszustand aufzuweisen und können somit nicht mehr der Zelltyp-spezifischen Funktion nachgehen. „Seneszente Zellen, die entweder durch erreichen der maximalen Anzahl an Teilungen oder durch Stress entstehen können, akkumulieren im Alter und schädigen umliegende Gewebe“ (SCHOSSERER, GRILLARI 2017, S,8).
5.3 Instabilität des Genoms
Die Instabilität des Genoms ist eine Folge der obig genannten Theorien. Geprägt ist diese durch die Fusionen von Chromosomen (Theorie der Telomere) und durch den alltagbedingten Verlust der zellulären Reparaturkapazität sowie die zelleigene Herstellung von Antioxidantien, welche freie Radikale detoxieren. Durch den Verlust der Reparaturkapazität nehmen die Schäden der entstehenden Mutationen durch die freien Radikale stetig zu. „Der Verlust der DNA-Reparaturkapazität im Alter trägt zur Akkumulation von DNA-Schäden durch freie Radikale bei. Mutationen in DNA-Reparaturgenen lösen Erkrankungen aus, (…)“, welche den Alterungsprozess beschleunigen. Beispiel dafür ist das vorherig erklärte Wernersyndrom (SCHOSSERER, GRILLARI 2017, S. 8, 9).
5.3.1 Verlust der Proteostase
Die Ursache eines instabilen Genoms ist unter anderem die Folge einer fehlerhaften Faltung von Proteinen, welche durch den Aktivitätsverlust verschiedener Kontroll- und Abbauprozesse entstehen. Durch das Ubiquitin-Proteasom-System und durch Autophagie können diese falsch gefalteten Proteine abgebaut werden. Die Aktivität dieser Kontrollen und Abbauprozesse nimmt im Laufe des Lebens ab. Dies bedeutet, dass große unlösliche Proteinaggregate entstehen, die im schlimmsten Fall das Proteasom stilllegen können. Aggregieren die Ansammlungen falsch gefalteter Proteine, kann dies diverse altersassoziierte Pathologien zur Folge haben (vgl. SCHOSSERER, GRILLARI 2017, S. 9, 10).
6. Fazit
Um die Leitfrage zu beantworten, ob das biologische Altern ein genetischer Prozess sei, werden im weiteren Verlauf, die Erkenntnisse der zuvor erläuterten Fakten, im Zusammenhang dargelegt.
Altern ist kein genetischer Prozess. Die Genetik ist lediglich ein Bestandteil des Alterungsprozesses, welche bei jedem Individuum einen unterschiedlichen Anteil hat. Das liegt daran, dass jeder Mensch individuelles Erbgut und weitergehende Einflussfaktoren hat, die den Alterungsprozess beeinflussen. Nichtsdestotrotz spielt die Genetik eine wichtige Rolle, wenn es um altersassoziierte Erkrankungen geht. Beispielhaft dafür sind Krebserkrankungen. Das primäre Altern bezieht sich mehr oder weniger auf den Alterungsprozess, welcher aussagt, ob man „gute Gene“ besitzt, die einem ermöglichen, die maximale Lebensspanne zu erreichen. Das sekundäre Altern hingegen befasst sich mit allen Theorien, welche die maximale Lebensspanne verkürzen.
Angeborene Gendefekte sind seltener. Trotzdem gibt es sie, zum Beispiel in Form des Werner-Syndroms. Es gibt jedoch auch Gendefekte, die durch Mutationen im Laufe des Lebens auftreten und den Organismus altern lassen. Des Weiteren gibt es bis zu 300 Alterungstheorien, welche versuchen, den Alterungsprozess darzustellen. Vorherig wurden drei bekannte Theorien erläutert und die Relevanz in Bezug auf die Thematik dargelegt. Durch einen Gendefekt in der mitochondrialen DNA (mtDNA) entstehen freie Radikale, welche die Zelle schädigen. Es existieren Gene, welche im Jugendalter vorteilhaft sind, jedoch im späteren Leben Nachteile mit sich führen. Telomere, welche die Zelle stabilisieren und Chromosomen vor der Interaktion mit anderen schützen, verkürzen sich im Laufe des Lebens und führen somit auch zum Altern. Somit kann man sagen, dass diese Theorien von der Genetik geprägt sind und jeder Mensch individuell altert, da jede DNA unterschiedlich ist. Manche Individuen haben die Kapazität in der DNA verankert, gegen Schäden und Angriffe länger Stand zu halten als andere und somit den Alterungsprozess hinauszuzögern. Ob es in den nächsten Jahrzehnten Medikamente zur Verjüngung gibt, die den Alterungsprozess um das doppelte hinauszögern, kann man zu diesem Zeitpunkt noch nicht beantworten. Fest steht jedoch, dass Stammzellen eine wichtige Rolle beim Alterungsprozess spielen, weil diese Organe regenerieren und diesbezüglich das Altern hinauszögern. Das Altern und mit ihm verbundene Sterben wird durch die Evolution nicht aufgehoben, damit die Spezies fortbestehen bleibt, ohne dass die Weltbevölkerung ein enormes Maß annimmt und die Individuen, welche sich in der Reproduktionsphase befinden, keine Ressourcen mehr zur Verfügung haben. Altern ist somit ein essentieller Teil unseres Lebens, welcher früher oder später eintreten wird.
Das biologische Altern wird durch die Genetik geprägt, indem unser Erbgut entscheidend dafür ist, wie unser Alterungsprozess abläuft. Die Genetik stellt somit nicht den alleinigen Alterungsprozess dar, ist jedoch ein essentieller Faktor. Altern ist ein noch sehr unerforschter Bereich, weshalb man keine allgemeingültige Aussage treffen kann. Dies bedeutet, um diese Fragestellung beantworten zu können, bedarf es eines abgeschlossenen Forschungsprozesses und einer weitaus größeren Arbeit.
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ZSCHOCKE, Johannes (2018): Altern und Genetik. In: SCHAAF, Christian P., ZSCHOCKE, Johannes (Hrsg.): Basiswissen Humangenetik Berlin, Heidelberg: Springer (S.123-126).
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2021, Wie Altern und Genetik sich gegenseitig beeinflussen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1470033
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