Das neugewonnene Interesse der Geistes- und Kulturwissenschaften am Bild führt dazu, dass sich mehr und mehr eine eigene Bildtheorie oder gar -wissenschaft herauskristallisiert, die versucht, die medialen Grundeigenschaften von Bildern zu klären.
Eine unter bildtheoretisch interessierten Forschern weitverbreiteten Strategie zur Festlegung eines Forschungsfundaments besteht darin, den Begriff des Bildes zunächst von dem der Sprache abzugrenzen.
Doch dabei offenbart sich eine zu naive Auffassung von Sprache. Insbesondere wird kaum zwischen oraler Sprache und Schrift unterschieden. Allzu oft vergleichen Theoretiker Bilder mit Schrift und nicht mit oraler Sprache, ohne dies zu bemerken.
Die These dieser Arbeit lautet, dass gesprochene und geschriebene Sprache zwei verschiedene Medien sind. Dass Medien sich ihrem Inhalt gegenüber nicht neutral verhalten, sondern diesen prägen. Und dass Erkenntnisse, die anhand der Schrift gewonnen werden, nicht auf die Sprache an sich übertragen werden können.
Doch damit noch nicht genug, denn es gilt die besondere Rolle der Alphabetschrift, als nur eines von vielen existierenden Schriftsystemen, zu berücksichtigen.
Argumentationsverlauf
Zunächst werden sowohl die Bildtheorie als auch die Sprachwissenschaft in den Rahmen einer allgemeinen Medientheorie stellen. Es wird also von der Prämisse ausgegangen, dass Bilder und Sprache Medien sind.
Anschließend werden die Medien Schrift und orale Sprache unterschieden und die These von der Medienneutralität der Sprache wird widerlegt.
Die so gewonnenen Begriffe werden mit den Thesen zeitgenössischer Bildtheorien verglichen. Dabei werden die drei Hauptströmungen der Bildtheorie exemplarisch einzeln geprüft.
Anschließend wird untersucht, welche Konsequenzen durch einen revidierten Sprachbegriff für die Theorie vom Bild entstehen. Die Medien Bild, Sprache und Schrift sollen so in ein neues Verhältnis zueinander gesetzt werden.
In einem Nachwort wird noch einmal detailliert auf die – sehr populäre – so genannte „wahrnehmungstheoretische Strömung“ der Bildtheorie eingegangen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Warum Bilder?
- 1.2 Argumentationsverlauf
- 1.3 Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands
- 1.4 Prämisse: Bezugnahme als grundlegende Fähigkeit zum Symbolisieren
- 2. Grundlagen: Medientheorie
- 2.1 Wie hängen die Begriffe „Medium“ und „Zeichen“ zusammen?
- 2.2 Sind Bilder, orale Sprache und Schrift Medien?
- 2.3 Beeinflusst die Wahl des Mediums den präsentierten Inhalt?
- 3. Schrift und Sprache
- 3.1 Fluktuanz und Persistenz
- 3.2 Unterschiede in der kommunikativen Situation
- 3.3 Die Schrift konstituiert die sprachliche Tatsache
- 3.4 Analog und digital
- 3.4.1 Die Theorie der Notation
- 3.4.2 Alphabetschrift und orale Sprache im Spektrum der Symbolsystem
- 4. Bild, Sprache und Schrift
- 4.1 Der semiotische Ansatz
- 4.1.1 Oliver Scholz' Thesen zur Sprache
- 4.1.2 Klaus Sachs-Hombach zur spezifischen Differenz von Bildern und Sprache
- 4.1.2.1 Zur Möglichkeit einer Bild-Syntax
- 4.1.2.2 Klaus Sachs-Hombachs Thesen zur Bild-Semantik
- 4.2 Der wahrnehmungstheoretische Ansatz
- 4.2.1 Das Bild als nursichtbarer Gegenstand
- 4.2.2 Das Bild als wahrnehmungsnahes Zeichen
- 4.3 Der anthropologische Ansatz
- 4.1 Der semiotische Ansatz
- 5. Konklusion: Bild, Sprache und Schrift
- 5.1 Unterschiede in der kommunikativen Situation
- 5.2 Fülle
- 5.3 Dauerhaftigkeit und Starre
- 5.4 Digital und analog
- 5.5 Das Rätsel der Bedeutung
- 5.6 Nicht anwendbare Begriffe
- 5.7 Zum besonderen Verhältnis von Schrift und Bild
- 5.8 Text und Textur in Bezug auf Bilder
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit „Bild, Sprache, Schrift - zum Sprachverständnis in der zeitgenössischen deutschsprachigen Bildtheorie" von Daniel Brockmeier analysiert die Rolle des Bildes im Spannungsfeld von Sprache und Schrift. Ziel ist es, die medialen Grundeigenschaften von Bildern zu klären und ihre epistemologische Relevanz in der zeitgenössischen Bildtheorie zu erforschen.
- Die Bedeutung des „iconic turn“ in der Philosophie und seine Auswirkungen auf das Verständnis von Bildlichkeit
- Die Rolle des Bildes in der Medientheorie und seine Beziehung zu Sprache und Schrift
- Die Analyse von verschiedenen Ansätzen zur Bildtheorie, einschließlich des semiotischen, wahrnehmungstheoretischen und anthropologischen Ansatzes
- Die Erforschung der spezifischen Eigenschaften von Bildsprache im Vergleich zu Schrift und Sprache
- Die Untersuchung der Frage, inwiefern Bilder Bedeutung vermitteln und wie diese Bedeutung im Kontext von Sprache und Schrift zu verstehen ist
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die wachsende Bedeutung des Bildes in der heutigen Zeit beleuchtet und die Relevanz einer eigenständigen Bildtheorie herausstreicht. Im zweiten Kapitel werden die Grundlagen der Medientheorie behandelt, um den Zusammenhang zwischen den Begriffen „Medium“ und „Zeichen“ zu verdeutlichen. Es wird untersucht, ob Bilder, Sprache und Schrift als Medien zu betrachten sind und ob die Wahl des Mediums Einfluss auf den präsentierten Inhalt hat.
Das dritte Kapitel widmet sich der Beziehung zwischen Schrift und Sprache. Es werden die Eigenschaften von Fluktuanz und Persistenz, die Unterschiede in der kommunikativen Situation sowie die Konstituierung der sprachlichen Tatsache durch die Schrift untersucht. Darüber hinaus wird das Verhältnis von analoger und digitaler Darstellung im Kontext der Schrift und Sprache analysiert.
Kapitel 4 befasst sich mit dem Sprachverständnis in der Bildtheorie. Es werden verschiedene Ansätze vorgestellt, darunter der semiotische Ansatz, der wahrnehmungstheoretische Ansatz und der anthropologische Ansatz. Im semiotischen Ansatz werden die Thesen von Oliver Scholz und Klaus Sachs-Hombach zur Sprache und zur Bild-Semantik behandelt. Der wahrnehmungstheoretische Ansatz betrachtet das Bild als nursichtbaren Gegenstand und als wahrnehmungsnahes Zeichen. Der anthropologische Ansatz untersucht das Bild aus der Perspektive der menschlichen Wahrnehmung und Erfahrung.
Im fünften Kapitel werden die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und die Unterschiede zwischen Bild, Sprache und Schrift im Hinblick auf die kommunikative Situation, die Fülle, die Dauerhaftigkeit, die digitale und analoge Darstellung sowie das Rätsel der Bedeutung beleuchtet. Zudem wird das besondere Verhältnis von Schrift und Bild erörtert und der Begriff der Textur in Bezug auf Bilder analysiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Schlüsselwörter „Bildtheorie“, „Bildlichkeit“, „Sprache“, „Schrift“, „Medium“, „Semiotik“, „Wahrnehmung“, „Anthropologie“, „iconic turn“, „kommunikative Situation“, „Textur“. Die zentrale Fragestellung ist die Klärung des Sprachverständnisses in der zeitgenössischen deutschsprachigen Bildtheorie.
- Quote paper
- Daniel Brockmeier (Author), 2009, Bild, Sprache, Schrift - Zum Sprachverständnis in der zeitgenössischen deutschsprachigen Bildtheorie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146684