"Für die Bundesrepublik dürfte die Entstehung einer patriarchischen Demokratie nach der Hitlerschen Diktatur und dem Chaos der unmittelbaren Nachkriegszeit die glücklichste Lösung gewesen sein." Alfred Grosser Franzosischer Publizist und Politologe (Knopp 1999: 31)
Alfred Grosser beschreibt mit seinem Zitat die Politik der ersten Zehn Jahre der Bundesrepublik Deutschland, die Ära Konrad Adenauers, der von 1949 bis 1963 Bundeskanzler war. Konrad Adenauer trug wesentlich zum Wiederaufbau Deutschlands bei. Aber nicht nur in seiner Funktion als Bundeskanzler sondern schon vorher, als Vorsitzender des Parlamentarischen Rates. Denn in dieser Funktion hatte er maßgeblichen Anteil an der Gestaltung der deutschen Verfassung. Der Parlamentarische Rat beschloss als Lehre aus der instabilen und schließlich folgenreich gescheiterten Weimarer Republik im Grundgesetz dem Bundeskanzler eine tragende und bedeutsame Rolle im politischen System der Bundesrepublik zuzuweisen.
Durch diese Entscheidung und Adenauers patriarchischem Regierungsstil entstand zunächst im Mundgebrauch, später bei Journalisten, letztendlich auch in der Wissenschaft der Begriff der "Kanzlerdemokratie".
Inhaltverzeichnis
1. Einleitung
2. Vom Reichskanzler zum Bundeskanzler
3. Der Begriff der Kanzlerdemokratie
4. Der persönliche Faktor
5. Institutionelle Vorraussetzungen
6. Moderne Entwicklungen in der Politik
7. Der moderne Kanzler
8. Fazit
9. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
,,Für die Bundesrepublik dürfte die Entstehung einer patriarchischen Demokratie nach der Hitlerschen Diktatur und dem Chaos der unmittelbaren Nachkriegszeit die glücklichste Lösung gewesen sein." Alfred Grosser Franzosischer Publizist und Politologe (Knopp 1999: 31)
Alfred Grosser beschreibt mit seinem Zitat die Politik der ersten Zehn Jahre der Bundesrepublik Deutschland, die Ära Konrad Adenauers, der von 1949 bis 1963 Bundeskanzler war. Konrad Adenauer trug wesentlich zum Wiederaufbau Deutschlands bei. Aber nicht nur in seiner Funktion als Bundeskanzler sondern schon vorher, als Vorsitzender des Parlamentarischen Rates. Denn in dieser Funktion hatte er maßgeblichen Anteil an der Gestaltung der deutschen Verfassung. Der Parlamentarische Rat beschloss als Lehre aus der instabilen und schließlich folgenreich gescheiterten Weimarer Republik im Grundgesetz dem Bundeskanzler eine tragende und bedeutsame Rolle im politischen System der Bundesrepublik zuzuweisen.
Durch diese Entscheidung und Adenauers patriarchischem Regierungsstil entstand zunächst im Mundgebrauch, später bei Journalisten, letztendlich auch in der Wissenschaft der Begriff der ,,Kanzlerdemokratie".
Heut zu Tage ist dieser Begriff in der Politikwissenschaft umstritten. Es ist unklar inwiefern diese Bezeichnung „Kanzlerdemokratie“ in Bezug auf die heutigen Rahmenbedingungen politischer Führung noch relevant ist. Denn auch wenn die Bestimmungen des Grundgesetzes die Grundlage für eine dominante Stellung des Kanzlers im deutschen Regierungssystem bilden, scheint die Bezeichnung „Kanzlerdemokratie“ nur bedingt auf das gegenwärtige deutsche Regierungssystem anwendbar zu sein. Zwar kann einerseits davon ausgegangen werden, dass dieser Begriff als Bezeichnung für einen „Regierungstyp“ (Niclauß 1990: 134) noch von Bedeutung ist. Auf der anderen Seite steht jedoch die Meinung, dass er ausschließlich die Bedingungen der Adenauer-Ära und den darauf basierenden starken Führungsstil des Kanzlers widerspiegelt.
Diese unterschiedlichen Standpunkte sind bedingt durch unterschiedliche Begriffsdefinitionen, es gibt leider keine eindeutige Definition, so dass Anselm Doering-Manteuffel von einem „unscharfen Begriff“ spricht. Deshalb wird der Begriff „Kanzlerdemokratie“ häufig vor allem mit dem persönlichen Ansehen des Kanzlers in Verbindung gebracht. Wird allerdings versucht über den „persönlichen Faktors“ hinaus zu Differenzieren, bedarf es einer genaueren Begriffsbestimmung, um zu erörtern, welche Merkmale diese „suggestive Wortprägung“ (Niclauß 1990: 133) beinhaltet. Daraus lässt sich dann auch mit Leichtigkeit erkennen ob der Begriff „Kanzlerdemokratie“ von der Person als zeitgemäße Interpretation des Regierungsmodells erachtet wird oder nicht.
2. Vom Reichskanzler zum Bundeskanzler
Die Herausragende Stellung des Bundeskanzlers ist begründet mit Geschehnissen in der deutschen Vergangenheit. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs musste sich die Deutsche Führungselite um Konrad Adenauer mit den schweren Aufgaben der Regierungsorganisation und der politischen Führung befassen. „Während das NS Regime in jeder Hinsicht zu verurteilen war gab es auf der Ebene demokratischer politischer Führung vor 1933 wenige historische Errungenschaften an denen man hätte anknüpfen können.“(Helms 2005: 59) Denn aus der Nachkriegsperspektive hatte auch die Weimarer Republik ihren Anteil an der Machtergreifung Hitlers. Deshalb trägt das Bonner Grundgesetz „unübersehbare Züge einer Anti-Verfassung sowohl gegenüber der Weimarer Republik als auch gegenüber der NS-Diktatur“ (Andersen/Woyke 2000: 48) Der markanteste Unterschied zwischen der Bundesrepublik und der Weimarer Republik ist die Stellung des Kanzlers. Auch in der Weimarer Republik wurde der Reichskanzler vom Reichspräsidenten ernannt und entlassen. Ferner musste er zurücktreten, wenn der Reichstag ihm das Vertrauen entzog. Der Reichskanzler war damit sowohl vom Reichspräsidenten als auch vom Reichstag abhängig. Es galt zwar wie nach dem zweiten Weltkrieg, dass „der Reichskanzler, nicht der Reichspräsident die Richtlinien der Politik“ (Helms 2005: 54) bestimmte. Doch wegen Mangelnder Entscheidungsbefugnisse konnte der Kanzler von seiner Richtlinienkompetenz keinen effektiven Gebrauch machen: „Die Unfähigkeit des Kanzlers zur Führung wurde gewissermaßen verfassungsrechtlich verankert“ (Schöne 1968: 99).
Durch die starke Abhängigkeit vom Vertrauen des Reichspräsidenten und durch die Abwahlmöglichkeit des Reichstages, der nicht gleichzeitig einen Nachfolger bestellen musste, saß der Reichskanzler zwischen allen Stühlen. Dieses Dilemma war Anlass dafür die Bedeutung der Position des Bundeskanzlers grundsätzlich zu ändern.
„Das Problem bestand folglich ein Modell politischer Führung zu kreieren, dass (…) einerseits durch das Prinzip größtmöglicher demokratischer Machtteilung und Einhegung von Exekutivgewalt gekennzeichnet sein sollte, andererseits die Position des Regierungschefs im Verfassungsgefüge so stark machte, dass dieser dem verbreiteten Wunsch nach einer starken politischen „Identifikationsfigur“ zumindest potentiell gerecht zu werden vermochte.“ (Helms 2005: 60)
Mit verschiedenen verfassungsspezifischen Grundlagen versuchte der Parlamentarische Rat die Position des Kanzlers zu stärken, ihm wurde das alleinige Recht zur Ernennung und Entlassung der Minister (Art 64 GG) sowie die Bestimmung der Richtlinien der Politik zugesprochen (Art 65 GG). Zwar wurde der Art. 65 des GG fast wörtlich aus dem Art.56 der Weimarer Reichsverfassung übernommen jedoch wurde die Position des Kanzlers durch das „konstruktive Misstrauensvotum“ (Art 67 GG) gestärkt, indem ein Sturz der Regierung durch das Parlament nur möglich ist, wenn gleichzeitig ein neuer Regierungschef gewählt wird. Außerdem hat der Bundeskanzler mit der in Artikel 68 des Grundgesetzes festgelegten „Vertrauensfrage“ die Möglichkeit eine Auflösung des Parlaments herbeizuführen, falls es der Regierung die Unterstützung verweigert und kein konstruktives Misstrauensvotum zustande kommt. Zudem beschränkte man das Amt des Bundespräsidenten auf weitgehend repräsentative Aufgaben. Von großer Bedeutung ist die Befugnis des Bundeskanzlers laut Grundgesetz die Kompetenzen der Ministerien festzulegen sowie neue Ministerien zu schaffen.
Vor dem Hintergrund dieser verfassungsrechtlichen Bestimmungen ist der Begriff des Kanzlerprinzips zu sehen, der die charakteristische „starke“ Stellung des Kanzlers und damit die verfassungsrechtliche Besonderheit des Grundgesetzes beschreibt. Außer dem Kanzlerprinzip gibt es noch zwei anderen Organisationsprinzipien, dem Ressort- und dem Kabinettsprinzip, um die theoretische Bandbreite von Regierungstätigkeit zu beschreiben.
3. Der Begriff der Kanzlerdemokratie
„Wann das Wort Kanzlerdemokratie entstanden ist, lässt sich heute nicht mehr genau feststellen. Benutzt wurde es zunächst in kritischer Absicht, um das unerwünschte Übergewicht der Exekutive und ihre autoritären Neigungen kenntlich zu machen.“ (Zeit, 1989: 3) Die Regierungszeit Adenauers spielt für die Entstehung des Begriffes „Kanzlerdemokratie“ eine bedeutende Rolle. Allerdings resultiert hieraus auch die Auffassung, der Begriff sei veraltet und beziehe sich ausschließlich auf die Regierungszeit Adenauers. Hierbei werden die besonderen historischen Rahmenbedingungen dieser Ära betont und die charakteristische Regierungstechnik Adenauers als historische Besonderheit dargestellt, welche die „starke“ Amtsführung Adenauers erst ermöglichte. Als besonders ausschlaggebender Faktor wird dabei Adenauers Entscheidungsmonopol über die Außenpolitik gesehen, sie war ein besonderes Resultat der Nachkriegsbedingungen. Da die Bundesrepublik Deutschland noch nicht souverän war und die Außenpolitik laut Besatzungsstatut Sache der Besatzungsmächte war, siedelte Adenauer die Dienstelle für Auswärtige Angelegenheiten zunächst im Bundeskanzleramt an. Zudem konnte Adenauer bei der Neueinrichtung der Verfassungsorgane und dem Aufbau der Bundesverwaltung nach dem Zweiten Weltkrieg als „Verwaltungsfachmann“ Bundesministerien und Bundeskanzleramt seinen Interessen gemäß gestalten, wobei besonders auch seine Position als Präsident des Parlamentarischen Rats eine maßgebliche Rolle spielte. Diese Beispiele zeigen, auf welche Weise Adenauer Maßstäbe setzen konnte und so das Amtsverständnis prägte. Maßgeblich mitbestimmend war hierbei die Politische Kultur der Nachkriegszeit, denn „im Politikverständnis der Menschen spielten damals autoritäre Formen der Herrschaftsausübung die dominierende Rolle.“(Doering-Manteuffel, 1991: 13) Auch die Entwicklung der Union zur Volks- und Mehrheitspartei sowie die Ost-West-Konflikt, der dafür sorgte das in Deutschland die SPD ideologisch in die Nähe des „Ostens“ gerückt wurde, werden in diesem Zusammenhang erwähnt. Vor dem Hintergrund des „Wirtschaftswunders“ können die beschriebenen Faktoren damit als spezielle Umstände bezeichnet werden, welche die „Kanzlerdemokratie“ als eine „spezifisch bundesdeutsche Erscheinungsform demokratischer Regierung“ (Doering-Manteuffel, 1991: 13) erscheinen lassen und als eine „politisch-soziale Form“ (Doering-Manteuffel, 1991: 13), die dazu verhalf, die Bundesrepublik Deutschland als Staat zu stabilisieren. In diesem Zusammenhang beschreibt der Begriff „Kanzlerdemokratie“ zunächst vor allem eine bestimmte Zeitperiode, nämlich die Anfangsjahre der Republik. „Adenauer jedenfalls lieferte das Modell der Kanzlerdemokratie, und gemessen daran sahen alle Nachfolger bescheidener aus.“ (Zeit, 1989: 3) Wenn aber seine Geltung darüber hinaus bewiesen werden soll muss die Frage im Vordergrund stehen, welche Gemeinsamkeiten die Regierungspraxis Adenauers und die seiner Nachfolger aufweisen.
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