Die Arbeit konzentriert sich auf die Arbeitsmotivation im Kontext der Gesprächskultur, konkreter auf das Mitarbeitergespräch, wobei die folgende Forschungsfrage bearbeitet wird: Inwiefern wirken sich Mitarbeitergespräche auf die Arbeitsmotivation aus?
Der Gegenstand der Arbeits- und Organisationspsychologie ist die Arbeit im Zusammenhang mit dem menschlichen Erleben und Verhalten. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, wie sich Erleben und Verhalten vorhersagen, erklären und verändern lassen. Der größte Teil der Arbeitspsychologie beschäftigt sich mit der Erwerbstätigkeit, während sich die Organisationspsychologie auf die Einbindung der Personen in eine Organisation konzentriert. Zur Organisationspsychologie, oft auch als 'Personalpsychologie' bezeichnet, zählen auch Personalauswahl und Personalentwicklung.
Der Arbeits- und Organisationskontext verändert sich grundlegend durch die Integration neuer Kommunikations- und Informationsmedien, die Trends wie Digitalisierung und Globalisierung widerspiegeln, sodass Menschen in veränderten Arbeitszeitmodellen in Präsenz, remote, hybrid und ortsunabhängig miteinander arbeiten können. Durch den bewussten Umgang mit Veränderungen werden immer mehr flexible Lösungen geschaffen. Die Forderungen der Mitarbeitenden nach Autonomie, Partizipation und Sinnstiftung erfordern intensive Kommunikation und regelmäßigen Austausch auf allen Ebenen. Eine der Kernkompetenzen im agilen Arbeitskontext ist die Fähigkeit, Feedback zu geben und anzunehmen.
INHALTSVERZEICHNIS
1Einleitung
2Motivation und Motive
2.1 Definition Motivation und Motive
2.2 Eigenschaften von Motiven
2.3 Personalmotivation und Personalbindung
3Gespräche im Arbeitskontext
3.1 Gesprächsverhalten im internationalen Vergleich
3.2 Mitarbeitergespräche
3.3 Alternativen und Veränderungen
4Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
1 Einleitung
„Motivation ist die Kunst, Leute dazu zu bringen, das zu tun, was du willst, weil sie es wollen.“ Dwight D. Eisenhower
Der Gegenstand der Arbeits- und Organisationspsychologie ist die Arbeit im Zusammenhang mit dem menschlichen Erleben und Verhalten, wobei die Frage im Mittelpunkt steht, wie sich Erleben und Verhalten vorhersagen, erklären und verändern lassen. Der größte Teil der Arbeitspsychologie beschäftigt sich mit der Erwerbstätigkeit, während sich die Organisationspsychologie auf die Einbindung der Personen in eine Organisation konzentriert. Zur Organisationspsychologie, oft auch als ,Personalpsychologie’ bezeichnet, zählen auch Personalauswahl und Personalentwicklung (Wiese & Stertz, 2019, S. 1).
Der Arbeits- und Organisationskontext verändert sich grundlegend durch die Integration neuer Kommunikations- und Informationsmedien, die Trends wie Digitalisierung und Globalisierung widerspiegeln, sodass Menschen in veränderten Arbeitszeitmodellen in Präsenz, remote, hybrid und ortsunabhängig miteinander arbeiten können. Durch den bewussten Umgang mit Veränderungen werden immer mehr flexible Lösungen geschaffen. Die Forderungen der Mitarbeitenden nach Autonomie, Partizipation und Sinnstiftung erfordern intensive Kommunikation und regelmäßigen Austausch auf allen Ebenen. Eine der Kernkompetenzen im agilen Arbeitskontext ist die Fähigkeit, Feedback zu geben und anzunehmen (Rödel & Krach, 2023, S. 232). Ausgehend von dieser aktuellen Perspektive konzentriert sich die vorliegende Arbeit auf die Arbeitsmotivation im Kontext der Gesprächskultur, konkreter auf das Mitarbeitergespräch, wobei die folgende Forschungsfrage bearbeitet wird: Inwiefern wirken sich Mitarbeitergespräche auf die Arbeitsmotivation aus?
Um der Frage nachzugehen, wird der Begriff ,Motivation’ in Kapitel 2 unter Zuhilfenahme des Modells der Mitarbeitermotivation und Personalbindung von Sass (2019) definiert. Demnach grenzen sich die Begriffe ,Motiv’ und ,Werte‘ voneinander ab und führen zu den Eigenschaften von Motivation. Darauf folgt eine Darstellung der Gründe für Motivationsbehinderungen. Kapitel 3 betrifft zuerst übergeordnet die Gespräche im Arbeitskontext, wobei ein Vergleich zwischen den Gesprächskulturen in China und Deutschland gezogen wird (Seidel & Macht, 2023). Um den beginnenden Wandel im Westen zu veranschaulichen, wird die ,humorvolle Gesprächsführung’ nach Ullmann (2023) dargestellt. Im Anschluss werden das Mitarbeitergespräch und dessen Aufgaben im Arbeitskontext behandelt. Es werden Beweggründe für ein Mitarbeitergespräch von Brenner (2020) und Gesprächsmerkmale (Mentzel et al., 2022) vorgestellt. Im Kontext der
Arbeitsmotivation werden in der Folge die Notwendigkeit und der Mehrwert einer gründlichen Vorbereitung eines Mitarbeitergesprächs erläutert. Danach wird die Asymmetrie als besonderes Merkmal des Mitarbeitergesprächs betrachtet. Als mögliche Alternative zur asymmetrischen Gesprächsführung dient das agile Mitarbeitergespräch (Stiglmaier & Rasche, 2020), das ohne Führungskraft in Dreiergruppen von den Mitarbeitenden selbst geführt wird. Unter Bezugnahme auf Rödel und Krach (2022) wird anschließend der Zusammenhang zwischen Arbeitsmotivation und Feedbackkultur dargestellt, bevor auf die veränderten Arbeitsbedingungen durch das Homeoffice und deren Auswirkungen auf die Arbeitsmotivation eingegangen wird. In Kapitel 4 wird die Arbeit zusammengefasst, die Forschungsfrage wird beantwortet und weiterführende Forschungsmöglichkeiten werden genannt.
2 Motivation und Motive
2.1 Definition Motivation und Motive
Während Motivation im alltäglichen Sprachgebrauch häufig mit Willenskraft, Anstrengung, Fleiß, Leidenschaft, Hingabe oder Begeisterung assoziiert wird, lautet die wissenschaftliche Definition, dass Motivation die Richtung, Intensität und Ausdauer einer Verhaltensbereitschaft hin zu oder weg von Zielen darstellt (Becker, 2019, S. 19).
Davon abgegrenzt sind die Motive, die als isolierte Beweggründe menschlicher Verhaltensbereitschaft definiert werden. Beispiele isolierter Motive sind soziale Anerkennung sowie die Anerkennung der Leistung. Haben Personen ungleiche Motive (und Ziele), drückt sich dies in unterschiedlichen Verhaltensweisen und deren Wirkung aus. Nach Leistung strebende Menschen etwa werden eher Verhalten und Ziele nach Erfolg ausrichten, während andere, die nach sozialer Anerkennung streben, ihr Verhalten nach der Bestätigung durch und der Wahrnehmung von anderen Personen ausrichten. Die Motivation eines Menschen ist von seinen aktuellen Motiven abhängig. Das spiegelt sich in der Arbeitsmotivation, die aus Motiven wie Leistung, Macht, Selbstverwirklichung etc. hervorgeht. Mit Motiven verwandt sind persönliche Werte, die im psychologischen Sinn als erstrebenswerte Zielzustände definiert sind. Anders als Bedürfnisse sind Werte nicht an Defizit oder Mangel orientiert, sondern an Entwicklung und Normierung. Die Werte einer Person können von mehreren Personen (soziale Normen) geteilt werden. (Becker, 2019, S. 20).
2.2 Eigenschaften von Motiven
Um die verschiedenen Motive von Mitarbeitenden besser einzuordnen, können die Motive nach ihren Eigenschaften eingeteilt werden. Zu den zentralen Eigenschaften zählen laut Becker (2019) die folgenden:
Nach deren Herkunft: Hierbei wird unterschieden, ob Motive angeboren oder erlernt sind.
Stärke: Je nachdem, ob ein Motiv stark oder schwach ausgeprägt ist, wird das Verhalten entsprechend beeinflusst. Ein starkes Motiv fokussiert das Denken und lenkt die Aufmerksamkeit.
Persistenz: Motive wie Hunger oder Durst bestehen nur kurz. Im personalpsychologischen Sinn geht es jedoch darum, langfristige Motive anzusprechen und die Mitarbeitenden im Idealfall auf lange Sicht zu motivieren und zu binden.
Frequenz und Kontext: Während manche Motive (beispielsweise das Atmen) stark frequentiert sind, sind es andere (beispielsweise das Schlafengehen) weniger. Im Personalwesen ist die Verknüpfung zum Kontext von Interesse, wenn es um das Betreten von Gefahrenzonen, das Arbeiten mit Gefahrengut, das Einhalten von Sicherheitsvorkehrungen und dergleichen geht.
Auslösende Anreize: Der Anblick von Hakarl, einem isländischen fermentierten Fisch, wird in Island Hunger auslösen, während er in Deutschland vermutlich bei den meisten Ekel hervorruft. Eine Analyse von auslösenden Motivanreizen der einzelnen und/oder eines Teams/einer Abteilung kann zur Beeinflussung der Arbeitsmotivation beitragen.
Hierarchie: Motive können hinter anderen Motiven verborgen sein, wenn beispielsweise ein Manager hinter seinem Machtmotiv das Statusmotiv auslebt, um damit anziehender auf Frauen zu wirken.
Bewusstsein: Bis Motive das eigene Bewusstsein erreichen, liegen sie meist unterhalb einer Schwelle. Zum Beispiel geht dem Durst nicht der durchgängige Gedanke voraus, etwas zu trinken. Am Arbeitsplatz können diese unbewussten Motive Herausforderungen für Veränderungen darstellen, wenn dadurch Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten werden oder Ähnliches (Becker, 2019, S. 22-24).
2.3 Personalmotivation und Personalbindung
In Kontext der Arbeitsplatzleistungsmotivation und Arbeitsplatzbindung steht das Führungsverhalten im Vordergrund, wobei die Führung einerseits durch die Führungsperson beeinflusst wird und andererseits durch die Unternehmensstruktur und Unternehmenskultur. Um zentrale Faktoren mit unterschiedlichen Anreizwirkungen (positiv, negativ, ausbleibend) darzustellen, folgt das Modell der Mitarbeitermotivation und Mitarbeiterbindung von Sass (2019) in Abbildung 1:
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1:Modell der Mitarbeitermotivation und Mitarbeiterbindung (eigene Darstellung nach Sass, 2019, S. 129)
Anreizkern: Diese Faktoren beeinflussen das Individuum unmittelbar und explizit. Interaktionsumfeld: Ist abhängig von sozialen Einflüssen und den gelebten Normen und Werten im gemeinsamen Umgang.
Stimulationsumfeld: Betrifft essenzielle Rahmenbedingungen, die über die Attraktivität des Arbeitsplatzes bestimmen (Sass, 2019, S. 128-133).
Über die dargestellten Anreizfaktoren hinaus hat sich Sass (2019) mit Ausschlusskriterien in Bezug auf die Arbeitgeberbindung auseinandergesetzt. Er stellt dabei neun Gründe vor, die eine Arbeitgeberbindung und dementsprechend die längerfristige Arbeitsmotivation deutlich behindern oder verhindern können:
1. unzureichende Entlohnung,
2. kein Angebot langfristiger Arbeitsverträge,
3. schwierig zu erreichende und häufig wechselnde Arbeitsstandorte,
4. nicht vorhandene Aufstiegs- und Weiterbildungschancen,
5. nicht professionelle Führungskräfte,
6. nicht vorhandene Wertschätzung und Bestätigung,
7. Langeweile, Gleichförmigkeit, fehlende Herausforderung,
8. unzureichende Zusammenarbeit und schwierige Arbeitsatmosphäre sowie
9. ungleiche Moral und Werte im Arbeitsumfeld (Sass, 2019, S. 105).
Der größte Fehler im Zusammenhang mit der Personalmotivation und dem Führungspersonal besteht laut Becker (2019) jedoch im Verzicht auf die Mitarbeitermotivation. Dadurch wird eine Leistungssteigerung von bis zu 30 Prozent versäumt. Die Hauptursache durch den Verzicht auf Motivationssteigerung ist in den unzutreffenden Menschenbildern der Führungskräfte zu suchen. Aus dem eigenen Weltbild heraus (Erziehung, Erfahrung, Überzeugung, Ideologie) machen sich Führungskräfte ihr Bild davon, welche Sichtweise die Mitarbeitenden haben. Erfolgreiche Mitarbeitermotivation hängt daher auch von der Übereinstimmung des (idealisierten) Menschenbilds der Führungskraft mit dem des vor Ort arbeitenden Personals ab (Becker, 2019, S. 35).
3 Gespräche im Arbeitskontext
Vorgesetzte übernehmen vielfältige Teilaufgaben, die sich in zwei Gruppen gliedern lassen: sachbezogene Aufgaben (= sachliche Führungsaufgaben), die sich aus dem Betriebsgeschehen ergeben, und mitarbeiterbezogene Aufgaben (= personelle Führungsaufgaben), die nur durch die Beteiligung von Personen vollzogen werden können. Üblicherweise werden arbeitsplatzabhängige (sachliche) Aufgaben und daran geknüpfte Bedingungen gut wahrgenommen, da diese bereits in der Ausbildung und im Studium erlernt und erprobt werden, während die Ausbildung der mitarbeiterbezogenen Aufgaben zu wenig geschult und praktiziert wird (Mentzel et al., 2022, S. 13).
3.1 Gesprächsverhalten im internationalen Vergleich
Das für die Motivation bedeutsame Gesprächsverhalten ist in der Arbeitspraxis in westlichen Ländern ganz anders als in China: Um einen Eindruck davon zu gewinnen, beschreibt Forest (Seidel & Macht, 2023) kulturelle Unterschiede in der Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen und stellt dabei fest, dass in den Bereichen ,Beziehungen und persönliche Interaktion’, ,Verhandlungsführung‘, ,Führungskultur’ und ,Sprache’ die meisten Unterschiede zu verzeichnen sind. Die nachfolgende Tabelle 1 stellt Vergleichskriterien einander gegenüber:
Tab. 1:Gesprächsverhalten und Verhandlungsführung im westlich-chinesischen Vergleich (eigene Darstellung nach Seidel & Macht, 2023, S. 5)
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Aktuell ist in Europa eine Abkehr von der starren und streng hierarchischen Führungspolitik auszumachen; es werden Strategien zur Verbesserung der Personal- und Gesprächsführung entwickelt. Ullmann (2023) beschreibt, dass sich Menschen in der Unternehmenskultur durch Humor erreichen lassen und sich dadurch besser öffnen. Mehr als Luxus ist Humor, wenn er die Leistungsbereitschaft positiv beeinflusst und der Job dadurch mehr Spaß macht. Sinnvoll eingesetzt, ergänzt Humor die fachliche Kompetenz, da beispielsweise durch die entstehende Leichtigkeit Themen und Konflikte in Besprechungen leichter gelöst werden können. Dabei ist auf situationsgerechten Humor zu achten, der Mitgefühl erfordert, keine Abwertung. Viele Führungskräfte unterliegen dem Irrglauben, immer im unnahbaren Status verharren zu müssen, und haben Angst vor dessen Verlust, wenn sie Humor zulassen. Humor ist jedoch von Vorteil, wenn die Führungskraft beispielsweise über längere Zeit die Aufmerksamkeit sicherstellen muss, Widerstände und Störungen auflockern möchte, erfolgreich Geschäfte machen und den Führungsalltag souverän managen will (Ullmann, 2023, S.11).
3.2 Mitarbeitergespräche
Wie bisher dargelegt wurde, können kulturelle, persönliche und ausbildungstechnische Faktoren zu einer unzureichenden Gesprächskultur beitragen. Die Motivation und die Zufriedenheit von Mitarbeitenden werden laut Mentzel et al. (2022) dabei regelmäßig vernachlässigt. Mitarbeitende erwarten jedoch von ihren Vorgesetzten Gesprächsbereitschaft in Bezug auf deren Ziele, Aufgaben, Leistungen, Stärken und Schwächen. Daraus resultiert der hohe Stellenwert von Mitarbeitergesprächen. Sie dienen der Verbesserung des Arbeitsverhältnisses, fördern die Offenheit sowie das gegenseitige Verständnis und erleichtern das Zusammenarbeiten. Aus Mitarbeitersicht könnten durch regelmäßige Mitarbeitergespräche unter anderem folgende Faktoren positiv beeinflusst werden: zeitgerechter Informationsfluss, Kritik wird persönlich adressiert, Förder- und Weiterbildungsmaßnahmen, Mitsprachemöglichkeiten, Einschulung und Unterweisung, Stress und Termindruck und die Autoritätswahrnehmung (Mentzel et al., 2022, S. 13).
Laut Brenner können Mitarbeitergespräche, die eine Verhaltensrückmeldung, Ziele oder Entwicklungsmöglichkeiten beinhalten, aus unterschiedlichen Beweggründen geführt werden (Brenner, 2020, S. 6-8):
In der Probezeit: Da die Zusammenarbeit noch ungewohnt ist, haben Gespräche in der Probezeit eine besondere Bedeutung. Der vorgesetzten Person ermöglichen sie eine Orientierung bezüglich der Erwartungen und eine erste Verhaltenseinschätzung. In dieser Zeit kann entweder ein gemeinsames Grundverständnis entwickelt werden, das sich in Zukunft gewinnbringend auswirken kann, oder das Ende der Zusammenarbeit wird absehbar.
Zu einem Projektabschluss: Ein Projektabschluss bietet die Möglichkeit, zum einen erbrachte Leistungen zu beurteilen und zum anderen über neue Aufgaben zu reden.
Das Audit: Damit ist ein Gespräch gemeint, das meist externe Berater oder Mitarbeitende aus dem Personalbüro mit Personen aus dem direkten Umfeld einer zu beurteilenden Führungskraft führen. Es werden dabei Befragungen vorgenommen, um festzustellen, wie die Führungsqualität wahrgenommen und allenfalls verbessert werden kann.
Konkrete Anlässe: Hierzu zählen Reflexionsgespräche in Bezug auf leichte oder fortlaufende Arbeitsmängel bis hin zu Verhaltensverstößen wie Diebstahl oder Alkoholmissbrauch am Arbeitsplatz, aber auch Erfolge, die sowohl positive (Beförderung, Gehaltserhöhung) als auch negative Konsequenzen (Abmahnung, Kündigung) haben können.
Veränderungen: Zu dieser Kategorie gehören sogenannte ,Exit-Gespräche‘; gemeint sind die letzten Gespräche vor der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, wobei gleichzeitig Aspekte in Bezug auf das Verbesserungspotenzial einfließen können.
Das regelmäßige Mitarbeitergespräch: Das regelmäßig stattfindende Gespräch zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften findet meist jährlich statt. In manchen Organisationen ist ein solches Jahresgespräch ein festes personalpolitisches und institutionalisiertes Mittel. Wo vorhanden, ist der Betriebs- oder Personalrat an der Ausgestaltung der Mitarbeitergespräche, beispielsweise durch Gesprächsleitfaden, Formulare und dergleichen, maßgeblich beteiligt. Wenig Erfolg versprechend ist es, ein Mitarbeitergespräch in partnerschaftlicher Form zu gestalten, wenn das ganze Jahr hindurch ein autoritärer Stil vorherrscht. Für ein erfolgreiches, lösungsorientiertes Gespräch sind vorherige Überlegungen angezeigt und vorbereitende Maßnahmen zu treffen. Ebensolche Bedeutung hat die Verantwortung den einzelnen Mitarbeitenden gegenüber, insbesondere, wenn mehrere Mitarbeitergespräche anstehen, denn für die einzelne Person ist das eigene Mitarbeitergespräch gewichtig (Brenner, 2020, S. 6-8).
Mitarbeitergespräche grenzen sich durch die folgenden Merkmale von anderen Gesprächsformen ab (Mentzel et al., 2022, S. 17):
- Mitarbeitergespräche werden regelmäßig geplant oder anlassbezogen durchgeführt.
- Üblicherweise wird mit dem direkten Vorgesetzten gesprochen, nur selten mit den nächsthöheren Vorgesetzten oder Mitarbeitenden aus dem Personalbüro.
- In den meisten Fällen handelt es sich um Vieraugengespräche.
- Mitarbeitergespräche weisen stets einen sachlichen Inhalt sowie eine Zielsetzung auf.
Anhand der Merkmale wird ersichtlich, dass sich Mitarbeitergespräche von Unterhaltungen, die der Kontaktpflege dienen, unterscheiden. Sie zählen zu den Führungsaufgaben und sind nicht delegierbar (Mentzel et al. 2022, S. 18).
Außer auf den Informationsaustausch über den alltäglichen Arbeitsablauf, die längerfristigen Ziele, die Güte der Zusammenarbeit sowie die Planung der beruflichen Entwicklung zielen Mitarbeitergespräche im Idealfall darauf ab, die berufliche Orientierung der Mitarbeitenden, ihr Engagement und ihre Identifikation mit den Unternehmenszielen zu beeinflussen. Der Inhalt und der Ablauf sind daher nicht dem Zufall zu überlassen. Dabei ist die Akzeptanz von Veränderungen bei solchen Strategieimplementierungen notwendig. Mitarbeitende werden Veränderungen nur dann mittragen, wenn sie diese auch selbst anstreben (Eberle & Racky, 2003, S. 22).
Welk (2016) verbindet mit einem guten und erfolgreichen Mitarbeitergespräch aktives Zuhören, das Stellen von Verständnisfragen seitens der Führungskraft sowie eine gegenseitig wertschätzende und rücksichtsvolle Gesprächsatmosphäre. Wenn unerwartet ein Termin ausgefallen ist und dadurch 30 Minuten frei wurden, empfiehlt es sich nicht, die Zeit unvorbereitet mit einem Ad-hoc- Mitarbeitergespräch zu füllen. Ein ausreichendes Zeitbudget und eine solide Gesprächsvorbereitung sind Voraussetzungen für ein erfolgreiches Mitarbeitergespräch (Welk, 2016, S. 47). Für die Gesprächsvorbereitung stehen diverse Vorlagen oder Baukastensysteme zur Verfügung, mit deren Hilfe ein Gesprächsleitfaden für ein Mitarbeitergespräch erstellt werden kann (Muster im Anhang).
Das Besondere an Mitarbeitergesprächen ist die Asymmetrie. Das Wissen um den bestehenden Rangunterschied ändert sich auch dann nicht, wenn sich die Führungskraft um einen kooperativen (partnerschaftlichen) Führungsstil bemüht. Den beiden Gesprächsteilnehmenden ist stets bewusst, dass letztendlich die Führungsperson die Entscheidungen trifft, die mitarbeitende Personen akzeptieren und ausführen müssen. Das kann Hemmungen oder Schweigen verursachen. Ebenso kann dem Mitarbeitergespräch eine Alibifunktion zukommen, wenn die Führungskraft Entscheidungen bereits getroffen hat. In ungünstigeren Fällen halten Vorgesetzte Monologe, ein echter Meinungsaustausch kommt dabei nicht zustande oder es werden Suggestivfragen gestellt, damit die Meinung des Vorgesetzten übernommen wird (Mentzel et al., 2022, S. 19).
3.3 Alternativen und Veränderungen
In Anbetracht der genannten Asymmetrie bieten sich alternative Möglichkeiten für eine Gesprächsführung an. Stiglmaier und Rasche (2020, S. 1) berichten, dass einige Mitarbeitende das klassische Jahresgespräch als sinnfreies Ritual empfinden, das sie in erster Linie unter Druck setzt. Sie empfehlen daher das agile Mitarbeiter-gespräch. Ein solches Gespräch findet mit drei Mitarbeitenden statt, ohne Vorgesetzte oder Personen aus der Personalabteilung. Eine kollegiale Person übernimmt dabei die Interviewführung, eine andere Person wird interviewt, die Dritte achtet auf die Einhaltung einer positiven, potenzialorientierten Haltung. Im Anschluss werden die Rollen gewechselt. Ein solcher Gesprächszyklus dauert rund zwei Stunden (Stiglmaier & Rasche, 2020, S. 5-13). Es folgt ein Auszug der Aufgaben der interviewenden Person und der beobachtenden Person:
- Rolle der interviewenden Person: Phase 1 bildet den persönlichen, positiven Jahresrückblick, in dem die interviewende Person fragt, was im vergangenen Jahr ausgeführt und erreicht wurde, was einerseits besonders viel Freude bereitet und andererseits zu den Zielen der Organisation beigetragen hat. Phase 2 beinhaltet die Ziele für das kommende Jahr inklusive der Nachfrage nach persönlichen, team- und organisationsbezogenen Entwicklungsschritten (hier fließen die Unternehmensziele ein). Phase 3 betrifft die Formulierung von persönlichen und Organisationszielen. Während des Gesprächs sollen Hindernisse oder Probleme identifiziert werden. Gemäß dem Appreciative- Inquiry-Ansatz soll sich das Gespräch stets am Potenzial orientieren. Demnach werden Ursachen, nicht Schwächen analysiert, der Fokus bleibt auf den Stärken und dem Nutzen.
- Rolle der beobachtenden Person: Die beobachtende Person greift nur dann ein, wenn die positive oder potenzialorientierte Haltung nicht eingehalten wird, die Orientierung im Gespräch verloren geht oder ein Gespräch länger als 45 Minuten dauert.
In Organisationen mit flachen Hierarchien konzentrieren sich Führungskräfte dann anhand der Ergebnisse solcher Interviews auf die Umsetzung und Unterstützung der persönlichen und unternehmerischen Ziele. Sie schaffen dafür die geeigneten Rahmenbedingungen. Agile Mitarbeitergespräche sollen das klassische Jahresgespräch nicht ersetzen, dienen jedoch der sinnvollen Ergänzung und fördern die Arbeitsmotivation sowie das Commitment der Mitarbeitenden (Siglmaier & Rasche, 2020).
Welche Wirkung alternative Gesprächsmethoden wie das agile Mitarbeitergespräch auf die Arbeitsmotivation und die Arbeitszufriedenheit haben, zeigen die Ergebnisse der Studie von Ganserer et al. (2021). Die psychologischen Erlebniszustände korrelieren demnach stark mit der Arbeitszufriedenheit, weniger mit den Arbeitsbedingungen. Das Zufriedenheitserlebnis erhöht sich durch die Unterstützung von vorgesetzten Personen, durch Klarheit in Bezug auf Zielvereinbarungen und ein gutes Verhältnis zum Kollegium. Zwar hat das Einkommen eine hohe Bedeutung, kann aber verbesserte Beziehungen und ein größeres Wohlbefinden nicht ersetzen (Ganserer et al., 2021, S. 32-33).
Ähnlich empfehlen Rödel und Krach (2022) regelmäßiges Feedback für die strukturelle und inhaltliche Vernetzung in der Organisations- und Personalentwicklung und einen gelungenen Kompetenzaufbau. Ideal sind agile Führungskräfte, die einen Orientierungsrahmen für die Zielvereinbarung vorgeben, worin die Mitarbeitenden selbstverantwortlich handeln können. In einem dialogorientierten Führungskontext müssen Führungskräfte die Verantwortung und Entscheidungskompetenzen delegieren können und den Mitarbeitenden Freiräume für kreative Ideen schaffen. Vertrauensvolle, teamorientierte Zusammenarbeit erfordert wertschätzendes Feedback und hohe Kommunikationsfähigkeit. Auf der Grundlage von Offenheit, Partizipation und Autonomie verändert sich hierarchische und machtorientierte Führung zu erfolgreichem und Motivation förderndem Shared Leadership (Rödel & Krach, 2022, S. 231).
In Anbetracht des Wandels durch die Beschäftigung im Homeoffice untersuchten Ilter et al. (2023) die veränderten Beziehungen zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden. Dabei wurden drei zentrale Elemente festgestellt: der seltene Kontakt zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden, die erschwerte Emotionswahrnehmung und die eingeschränkte Feedbackmöglichkeit. Werden diese Elemente nicht adressiert, wird die Mitarbeiterbindung im Zusammenhang mit sinkender Arbeitsmotivation, Zufriedenheit und Arbeitsleistung geschwächt. Mitarbeiterorientierte Führung und regelmäßiger Kontakt können diese negativen Folgen reduzieren (Ilter et al., 2023, S. 268).
4 Fazit
Die vorliegende Literaturrecherche konzentrierte sich auf die Arbeitsmotivation, um der Frage nachzugehen, inwiefern diese durch Mitarbeitergespräche beeinflusst werden kann. Dazu wurde in Kapitel 1 auf die Definition der Motivation eingegangen. Der Begriff ,Motiv’ wurde anhand von Beckers (2019) zentralen Merkmalen genauer untersucht. Zur Veranschaulichung der Motive der Personalmotivation und Personalbindung diente das Modell der Mitarbeitermotivation und Mitarbeiterbindung von Sass (2019). Im Anschluss wurden Faktoren verdeutlicht, die für eine längerfristige Arbeitsmotivation hinderlich wirken können. Kapitel 3 betraf zuerst übergeordnet die Gespräche im Arbeitskontext. Einleitend wurde ein internationaler Vergleich gezogen, wobei die westliche der chinesischen Gesprächskultur gegenübergestellt wurde (Seidel & Macht, 2023). Welche Auswirkungen laut Ullmann (2023) Humor auf die Motivation haben kann, wurde in der Folge erläutert, bevor auf die unterschiedlichen Beweggründe für ein Mitarbeitergespräch eingegangen wurde. Nach der Aufzählung der Merkmale von Mitarbeitergesprächen wurde auf die Notwendigkeit von Mitarbeitergesprächen für eine gesteigerte Arbeitsmotivation eingegangen. Um die Art der Gesprächsvorbereitung zu erläutern, wurden Argumentationen von Welk (2016) vorgestellt. Dass Mitarbeitergespräche asymmetrisch verlaufen, wurde im Anschluss behandelt, wobei das agile Mitarbeitergespräch von Stiglmaier und Rasche (2020) vorgestellt wurde, wodurch der Asymmetrie entgegengewirkt werden kann. Danach wurde die neue Feedbackkultur laut Rödel und Krach (2022) betrachtet, bevor die Recherche mit einer Studie über die veränderten Bedingungen der Arbeitsmotivation im Homeoffice endete. Die vorliegende Arbeit konnte zeigen, dass die Führungsqualität und die Struktur des Unternehmens wesentliche Einflüsse auf die Arbeitsmotivation darstellen. Um das klassische Mitarbeitergespräch motivierend zu gestalten, sind eine solide Vorbereitung und ein ausreichendes Zeitbudget zu empfehlen. Das individuelle Jahresgespräch soll positiv, potenzialorientiert und zielgerichtet geführt werden. Als Erfolg versprechend und besonders motivierend stellen sich alternative Entwicklungen wie das agile Mitarbeitergespräch heraus, die sich in Zukunft auch im Homeoffice und via Videochat etablieren könnten. Abschließend lässt sich festhalten, dass die Art der Gesprächskultur und die Häufigkeit der Gespräche (Mitarbeitergespräche und Feedbackkultur) die Mitarbeitermotivation grundlegend beeinflussen. Die Frage, inwiefern sich Mitarbeitergespräche auf die Arbeitsmotivation auswirken, wurde durch die Erhöhung der Arbeitszufriedenheit, das gesteigerte Engagement und die verstärkte Arbeitsplatzbindung beantwortet.
Wenn sich alternative Methoden wie das agile Mitarbeitergespräch oder das Führen von Mitarbeitenden mit Humor verbreiten, bieten sich für die zukünftige Forschung Vergleichsstudien an, die den Erfolg und die Schwächen verschiedener alternativer Führungs- und Gesprächsmethoden untersuchen, ebenso wie die Entwicklung von neuen Führungstheorien. Es bleibt in jedem Fall mit Spannung abzuwarten, wie sich die Führungskräfte selbst und in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden entwickeln.
Literaturverzeichnis
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Ganserer, A., Kampfkötter, P. & Steffes, S. (2021).Arbeitszufriedenheit undArbeitsbedingungen. ssoar. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168- ssoar-77173-6
Ilter, Y., Barth-Farkas, F. & Ringeisen, T. (2023). Digital leadership communication and employees’ organizational commitment during home office.Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie,54(2), 259-271. https://doi.org/10.1007/s11612-023-00676-7
Mentzel, W., Grotzfeld, S. & Haub, C. (2022).Mitarbeitergespräche erfolgreich führen: Einzelgespräche, Meetings, Zielvereinbarungen und Mitarbeiterbeurteilungen(13. Aufl.). Haufe.
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Anhang
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
[...]
- Quote paper
- Ingrid Schweitzer (Author), 2023, Arbeitsmotivation im Zusammenhang mit Mitarbeitergesprächen. Arbeitsmotivation und Gesprächskultur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1462190
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