Seit die Menschheit den Sprung in die Industriegesellschaft geschafft hat, zählt die Nutzung von Energie in ihrem weitesten Sinne zu den Primärbedürfnissen jedes Individuums. Die Elektrizitätswirtschaft innerhalb der Energieversorgung kann heutzutage mit dem Zentralnervensystem der modernen Wirtschaft verglichen werden, da die Elektrizität die Basis für Wirtschaftswachstum und Wertschöpfung sowie für die Lebensqualität der Stromkonsumenten in privaten Haushalten darstellt und somit eine fundamentale Bedeutung für die menschliche Existenz besitzt.
Elektrizitätshandel in großen Mengen gab es bereits vor der Deregulierung der Strommärkte. Dabei ging es den großen, internalisierten, national oder regional dominanten Energieversorgungsunternehmen (EVU) weniger um gehedgten oder spekulativen Stromhandel bei dem eine verbrauchsinduzierte physische Belieferung nicht immer zwangsläufig im Vordergrund steht, sondern mehr um Stromhandel zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit und Optimierung des eigenen Absatzes, sodass die Funktion eines wettbewerbsorientierten Stromgroßhandels und somit die des Stromgroßhändlers als solche nicht existierte.
Die von der EU initiierte Liberalisierung der europäischen Energiemärkte führte dazu, dass der früher übliche, auf Langfristverträgen beruhende Stromhandel zugunsten eines kurzfristigen, direkt von Angebot und Nachfrage abhängenden Handels zurückgedrängt wurde. Überall dort, wo sich Wettbewerb entwickelt, entstand im Sinne der Wertschöpfungskette der Elektrizitätswirtschaft mit dem Stromgroßhandel ein neues Geschäftsfeld, das eine Mittelfunktion zwischen der Erzeugung und dem Vertrieb an Endkunden übernimmt. Diese Handelsfunktion gibt den Einzelhändler bzw. Großkunden die Freiheit, ihren Bedarf aus zunehmend liquiden und transparenten Großhandelsmärkten zu beziehen.
Da dem Preis als Wettbewerbsparameter die Schlüsselrolle im neuen Wettbewerb zukommt, sehen sich die Marktteilnehmer erheblich stärkeren Marktpreisrisiken als zuvor ausgesetzt. In diesem Zusammenhang hat die Nutzung von Stromderivaten, wie Futures, Forwards, Optionen sowie Swaps, für Marktteilnehmer indes weitreichende Konsequenzen für das Portfolio- und Risikomanagement herbeigeführt. Dabei werden Stromderivate heutzutage nicht mehr ausschließlich zum Hedging von Marktpreisrisiken, sondern zum Teil auch gezielt zur Erzielung von Arbitrage- und Spekulationsgewinnen, also im so genannten „Prop-Trading“, eingesetzt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Grundlagen des Stromgroßhandels
- 2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen
- 2.1.1 Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie
- 2.1.2 Emissionshandelsrichtlinie
- 2.1.3 Verordnung für den grenzüberschreitenden Stromhandel
- 2.2 Stromspezifisches Charakteristikum
- 2.2.1 Physikalische Besonderheiten
- 2.2.2 Netzbetrieb
- 2.2.3 Lasttypen
- 2.3 Handelsmöglichkeiten auf der Höchstspannungsebene
- 2.3.1 OTC-Stromhandel
- 2.3.2 Börsenhandel
- 2.3.3 OTC- vs. Börsenhandel
- 2.4 Marktplätze im Stromgroßhandel
- 2.4.1 Spotmarkt
- 2.4.1.1 Stromlieferprodukte am Spotmarkt
- 2.4.1.2 Preisermittlung am EEX - Spotmarkt
- 2.4.2 Terminmarkt
- 2.4.2.1 Stromprodukte am Terminmarkt
- 2.4.2.2 Abwicklung von Futures an der EEX
- 2.4.3 Ausgleichs-/Regelenergiemarkt
- 2.4.4 Intra-Day-Markt
- 2.5 Marktteilnehmer
- 3. Strompreisbildungsfaktoren
- 3.1 Einflussfaktoren auf Spotpreise
- 3.1.1 Fundamentale Einflussfaktoren
- 3.1.1.1 Kraftwerksverfügbarkeiten
- 3.1.1.2 Saisonalität und Wetterereignisse
- 3.1.1.3 Einfluss der Windenergie
- 3.1.2 Teilnehmergetriebene Einflussfaktoren
- 3.1.2.1 Anpassungsbedarf von Bandlieferungen an Stundenprofile
- 3.1.2.2 Physikalische Erfüllung finanzieller Futures
- 3.1.2.3 Marktmacht
- 3.2 Einflussfaktoren auf Terminpreise
- 3.2.1 Einfluss der Primärenergieträger
- 3.2.2 Einfluss der CO2-Emissionsrechte
- 3.3 Exkurs: Cross-Border-Trading
- 3.3.1 Explizite Auktionen
- 3.3.2 Market Coupling/Implizite Auktionen
- 4. Risiken im Stromgroßhandel
- 4.1 Marktpreisrisiko
- 4.2 Volumenrisiko
- 4.3 Basisrisiko
- 4.4 Liquiditätsrisiko
- 5. Stromportfolio- und Risikomanagement
- 5.1 Theoretische Grundlagen des Portfoliomanagements
- 5.1.1 Modellannahmen
- 5.1.2 Portfoliobildung und Diversifikation
- 5.1.3 Ermittlung effizienter Portfolios
- 5.2 Stromportfoliomanagement
- 5.2.1 Strukturierte Beschaffung als Dienstleistung der Vertriebsseite
- 5.2.2 Strukturierte Beschaffung in einem EVU
- 5.2.3 Schnittstelle zwischen Beschaffung und Vertrieb in einem EVU
- 5.3 Handels- und Risikostrategien
- 5.3.1 Asset Optimierung durch Spread Trading
- 5.3.1.1 Definitionen von Spreads
- 5.3.1.2 Durchführung des Spread-Tradings
- 5.3.1.3 Kraftwerksausfall und Marktpreisrisiko
- 5.3.2 Hedging
- 5.3.2.1 Long- und Short-Hedge
- 5.3.2.2 Cross-Commodity-Hedge
- 5.3.2.3 Delta-Hedging
- 5.3.3 Prop-Trading/Spekulation
- 5.3.4 Spreading
- 5.3.5 Arbitrage
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht das Portfolio- und Risikomanagement im europäischen Stromgroßhandel. Sie beleuchtet die spezifischen Herausforderungen und Chancen, die dieser Markt für Unternehmen bietet, die mit Stromhandel und -versorgung beschäftigt sind.
- Rechtliche Rahmenbedingungen und Marktstrukturen des Stromgroßhandels
- Strompreisbildungsfaktoren und deren Einfluss auf die Marktentwicklung
- Risiken im Stromgroßhandel und deren Auswirkungen auf die Portfoliooptimierung
- Strategien zur Risikominderung und Portfolio-Optimierung
- Anwendung und Bedeutung von Spread-Trading, Hedging und anderen Handelsstrategien
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Thematik des Stromgroßhandels und erläutert die relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen und die spezifischen Eigenschaften des Strommarktes. Kapitel 2 widmet sich den verschiedenen Handelsmöglichkeiten und Marktplätzen im Stromgroßhandel, einschließlich Spotmarkt, Terminmarkt und Intra-Day-Markt. Kapitel 3 analysiert die wichtigsten Einflussfaktoren auf die Strompreisbildung, sowohl auf Spot- als auch auf Terminmärkten. In Kapitel 4 werden die wichtigsten Risiken im Stromgroßhandel behandelt, wie z.B. Marktpreisrisiko, Volumenrisiko, Basisrisiko und Liquiditätsrisiko. Kapitel 5 befasst sich mit dem Stromportfolio- und Risikomanagement, wobei die theoretischen Grundlagen des Portfoliomanagements sowie verschiedene Handels- und Risikostrategien wie Spread-Trading, Hedging und Arbitrage erläutert werden. Die Arbeit endet mit einem Fazit, das die wichtigsten Erkenntnisse und Schlussfolgerungen zusammenfasst.
Schlüsselwörter
Stromgroßhandel, Portfolio- und Risikomanagement, Strompreisbildung, Marktpreisrisiko, Volumenrisiko, Basisrisiko, Liquiditätsrisiko, Spread-Trading, Hedging, Arbitrage, Marktstrukturen, Rechtliche Rahmenbedingungen, Emissionshandel, Kraftwerksverfügbarkeiten, Windenergie, Saisonalität, Wetterereignisse, Marktplätze, Spotmarkt, Terminmarkt, Intra-Day-Markt, Cross-Border-Trading.
- Quote paper
- Dipl.-Ökonom Andrej Berschadsky (Author), 2009, Portfolio- und Risikomanagement im europäischen Stromgroßhandel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146099
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