Phloretin gehört zu den Flavonoiden, einer großen heterogenen Gruppe von sekundären Pflanzenstoffen mit polyphenolischer Struktur. Auf Grund ihrer weiten Verbreitung im Pflanzenreich werden Flavonoide dem menschlichen Organismus
kontinuierlich mit der Nahrung zugeführt. Eine protektive Wirkung von Flavonoiden wird vor allem im Zusammenhang mit der Prävention bestimmter Krankheitsformen - den so genannten „free radical diseases“ - diskutiert, zu denen Atherosklerose und
damit verbundene Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bestimmte kanzerogene Tumorformen und chronische Entzündungen gerechnet werden. In mediterranen und asiatischen Ländern, die eine ausgewogene und fettarme Ernährung bevorzugen, konnte eine geringere Mortalität an Herz-Kreislauf-Erkrankungen beobachtet werden. Das so genannte „French Paradoxon“, das eine geringere Mortalitätsrate an koronarer Herzkrankheit (KHK) in Frankreich trotz höherer Serumcholesterinspiegel und Blutdruckwerten beschreibt, scheint ebenfalls nahrungsabhängig durch eine hohe
Aufnahme an Polyphenolen über Rotwein, Obst und Gemüse hervorgerufen zu werden. Die Ernährung hat auf Grund dieser Erkenntnisse einen großen Stellenwert in der primären Prävention erhalten.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes starb im Jahr 2004 in Deutschland nahezu jeder Zweite an einer Erkrankung des Herz-Kreislaufsystems, insgesamt über 368.000 Menschen. Auch weltweit mit etwa 17,5 Millionen (30%) Verstorbenen im
Jahr 2005 sind die kardiovaskulären Erkrankungen Todesursache Nummer 1. Prozentual stehen die KHK, einschließlich Myokardinfarkt und Erkrankungen der Hirngefäße, an vorderster Stelle. Nach Schätzungen der World Health Organisation
(WHO) werden im Jahr 2020 etwa 25 Millionen Menschen weltweit an diesen Erkrankungen sterben. Ein stetig zunehmender Wandel der Lebensgewohnheiten mit ungesunder Ernährung, körperlicher Inaktivität und erhöhtem Tabakkonsum stellt die Grundlage dieser Annahme dar. Gegenüber anderen Risikofaktoren der KHK, wie
beispielsweise Hypertonie, Hyperlipidämie und Diabetes mellitus sind diese Gewohnheiten individuell vermeidbar. Aus diesem Grund wird sowohl von der WHO als auch den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie-, Herz- und Kreislaufforschung (DGK) eine konsequente Prävention der Risikofaktoren propagiert. Die nicht-medikamentösen Therapiemöglichkeiten bilden dabei die Grundlage des Risikofaktoren-Managements.[...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Flavonoide
1.1.1 Struktur, Klassifikation und Vorkommen
1.1.2 Resorption und Metabolismus
1.1.3 Flavonoide als Nahrungsbestandteile
1.1.4 Wirkungen von Flavonoiden im menschlichen Organismus .
1.1.5 Phloretin
1.2 Struktur und Physiologie der Thrombozyten
1.2.1 Morphologie
1.2.2 Thrombozytäre Membranrezeptoren
1.2.2.1 Integrine
1.2.2.2 Leuzinreiche Glykoproteine
1.2.2.3 Selektine
1.2.2.4 Rezeptoren vom Immunglobulintyp
1.2.3 Stadien der Primären Hämostase
1.2.3.1 Adhäsion
1.2.3.2 Aktivierung
1.2.3.3 Aggregation
1.2.4 Bedeutung der Thrombozyten in der Atherogenese
2. Fragestellung
3. Material und Methoden
3.1 Durchflusszytometrie
3.1.1 Funktionsprinzip Durchflusszytometer
3.1.2 Monoklonale Antikörper
3.1.3 Studien
3.1.4 Probengewinnung und Aufbereitung
3.1.5 Durchflusszytometrische Messung
3.1.6 Auswertung
3.2 Aggregometrie
3.2.1 Funktionsprinzip Aggregometer
3.2.2 Studien
3.2.3 Probengewinnung und Aufbereitung
3.2.4 Aggregometrische Messung
3.2.5 Auswertung der Aggregationskurven
3.3 Statistik
4. Ergebnisse
4.1 Durchflusszytometrie..
4.1.1 Glykoprotein IIb-IIIa
4.1.2 P-Selektin Freisetzung
4.2 Aggregometrie
4.2.1 Maximale Aggregation
4.2.2 Reversibilität
4.2.3 Slope- Werte
5. Diskussion
5.1 Beurteilung der Messergebnisse
5.1.1 Veränderungen der thrombozytären Oberflächenrezeptoren
5.1.2 Aggregometrie
5.2 Absorption und Bioverfügbarkeit von Phloretin
5.3 Bedeutung und Beurteilung der Durchflusszytometrie
5.4 Methodenkritik
5.5 Relevanz und Ausblick
6. Zusammenfassung
7. Abkürzungsverzeichnis
8. Abbildungsverzeichnis
9. Tabellenverzeichnis
10. Literaturverzeichnis
11. Publikationsliste
12. Danksagung.
13. Lebenslauf
14. Erklärung
1 Einleitung
Phloretin gehört zu den Flavonoiden, einer großen heterogenen Gruppe von sekundären Pflanzenstoffen mit polyphenolischer Struktur. Auf Grund ihrer weiten Verbreitung im Pflanzenreich werden Flavonoide dem menschlichen Organismus kontinuierlich mit der Nahrung zugeführt (50). Eine protektive Wirkung von Flavonoiden wird vor allem im Zusammenhang mit der Prävention bestimmter Krankheitsformen - den so genannten „free radical diseases“ - diskutiert, zu denen Atherosklerose und damit verbundene Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bestimmte kanzerogene Tumorformen und chronische Entzündungen gerechnet werden (38,50,57). In mediterranen und asiatischen Ländern, die eine ausgewogene und fettarme Ernährung bevorzugen, konnte eine geringere Mortalität an Herz-Kreislauf-Erkrankungen beobachtet werden (42). Das so genannte „French Paradoxon“, das eine geringere Mortalitätsrate an koronarer Herzkrankheit (KHK) in Frankreich trotz höherer Serumcholesterinspiegel und Blutdruckwerten beschreibt, scheint ebenfalls nahrungsabhängig durch eine hohe Aufnahme an Polyphenolen über Rotwein, Obst und Gemüse hervorgerufen zu werden (22). Die Ernährung hat auf Grund dieser Erkenntnisse einen großen Stellenwert in der primären Prävention erhalten.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes starb im Jahr 2004 in Deutschland nahezu jeder Zweite an einer Erkrankung des Herz-Kreislaufsystems, insgesamt über 368.000 Menschen (78). Auch weltweit mit etwa 17,5 Millionen (30%) Verstorbenen im Jahr 2005 sind die kardiovaskulären Erkrankungen Todesursache Nummer 1. Prozentual stehen die KHK, einschließlich Myokardinfarkt und Erkrankungen der Hirngefäße, an vorderster Stelle. Nach Schätzungen der World Health Organisation (WHO) werden im Jahr 2020 etwa 25 Millionen Menschen weltweit an diesen Erkrankungen sterben. Ein stetig zunehmender Wandel der Lebensgewohnheiten mit ungesunder Ernährung, körperlicher Inaktivität und erhöhtem Tabakkonsum stellt die Grundlage dieser Annahme dar. Gegenüber anderen Risikofaktoren der KHK, wie beispielsweise Hypertonie, Hyperlipidämie und Diabetes mellitus sind diese Gewohnheiten individuell vermeidbar (84). Aus diesem Grund wird sowohl von der WHO als auch den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie-, Herz- und Kreislaufforschung (DGK) eine konsequente Prävention der Risikofaktoren propagiert (23,84). Die nicht-medikamentösen Therapiemöglichkeiten bilden dabei die Grundlage des Risikofaktoren-Managements (23).
Die Atherogenese umfasst spezifische zelluläre und molekulare Mechanismen, die im Sinne einer Inflammation als Antwort auf Funktionsstörungen unter anderem im Bereich der Endothelzellen verstanden werden. Bekannt ist die zentrale Rolle der Thrombozyten bei der Ausbildung akuter klinischer Ereignisse wie instabiler Angina pectoris, Myokardinfarkt oder plötzlichem Herztod. Physiologische Prozesse der Aktivierung, Adhäsion und Aggregation führen zu einer deutlichen Einengung bis hin zum Verschluss des Gefäßes (29,30,41). Neueren Erkenntnissen zu Folge adhärieren aktivierte Blutplättchen auch an strukturell und funktionell intakte Endothel (30,51,53). Aggregationshemmer sind ein wichtiger Bestandteil in der Therapie kardiovaskulärer Erkrankungen. Sekundäre Pflanzenstoffe mit antithrombozytärer Wirkung könnten auch primärprophylaktisch von großer Bedeutung sein.
1.1 Flavonoide
1.1.1 Struktur, Klassifikation und Vorkommen
Flavonoide sind sekundäre Pflanzenstoffe, die gemeinsam mit den Phenolsäuren zur Gruppe der Polyphenole gehören. Diese auch als „Phytochemicals“ bezeichneten Verbindungen kommen in nahezu allen höheren Pflanzen in variierender Konzentration und Zusammensetzung vor. Sie dienen der Pflanze im Wesentlichen als Schutzmechanismus vor UV-Strahlung und anderen pathogenen Faktoren der Umwelt. Ihre Produktion kann durch eine Infektion oder extreme Witterungsverhältnisse gesteigert werden (50). Als Sekundärmetaboliten sind Flavonoide nicht essentiell für die Entwicklung des pflanzlichen Organismus und befinden sich überwiegend in den Randschichten, äußeren Blättern und Früchten der Pflanzen (83). Die Akkumulierung in peripheren Arealen lässt sich auch dadurch erklären, dass Flavonoide lichtabhängig - in Photosynthese betreibenden Zellen - synthetisiert werden (50).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Grundstruktur der Flavonoide modifiziert nach Manach et al. (50)
Allen Flavonoiden gemeinsam ist die typische Drei-Ring-Struktur. Sie besteht aus den zwei aromatischen Ringen A und B, sowie einem O-heterozyklischen Ring C, wie in Abbildung 1 dargestellt (83). Die Hauptausgangssubstanz in der Synthese der natürlichen phenolischen Substanzen ist Phenylalanin (85). Die Flavonoide lassen sich anhand der strukturellen Unterschiede am C-Ring, sowie seiner Verbindung mit dem B- Ring in die folgenden sechs Hauptgruppen einteilen: Flavone, Flavonole, Isoflavonoide, Anthocyanidine, Flavanole und Flavanone (50,83,85). Daneben existieren weitere kleinere Gruppen, wie bspw. die Dihydrochalcone. In Tabelle 1 sind die Verbindungsklassen der Flavonoide mit deren Hauptvertretern und Vorkommen in verschiedenen Lebensmitteln aufgeführt (50,83).
Tabelle 1: Hauptklassen der Flavonoide
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
modifiziert nach Manach et al. (50) und Watzl et al. (83)
Flavonoide kommen in der Natur nur selten frei als Aglykon vor. Die überwiegenden Verbindungen sind Glykoside - an Zucker gebundene Flavonoide. Mehr als 80 verschiedene Zuckerreste sind in diesem Zusammenhang bereits identifiziert. Die unterschiedlichen Glykosidierungsmuster erklären die große Liste an Einzelverbindungen, die sich bei den Flavonoiden mittlerweile auf über 6500 identifizierte Verbindungen beläuft (83). Weit verbreitete Monosaccharide sind neben Glucose unter anderem Rhamnose, Galaktose, Xylose oder Arabinose, die in Form von Mono-, Di- und Oligosacchariden mit den Aglykonen verknüpft sind (50,83).
1.1.2 Resorption und Metabolismus
Die Aglykone der Flavonoide können auf Grund ihrer hydrophoben Eigenschaft durch passive Diffusion über die Zellmembran im Dünndarm absorbiert werden. In der Leber erfolgt die weitere Metabolisierung durch Sulfatierung, Glukoronidierung und Methylierung, sowie anschließender Ausscheidung über den Urin oder Gallensaft (50,83,85). Die unkonjugierte Form der Polyphenole ist daher nur selten im Plasma nachzuweisen (50). Nach einmaliger Fütterung von Ratten, mit einem Anteil von 0,157% Phloretin, konnten im Plasma lediglich 5% der aufgenommenen Menge als unkonjugierte Form detektiert werden (18). Wie bereits unter 1.1.1 erwähnt, liegt der überwiegende Teil der Flavonoide jedoch in glyk]osilierter Form vor. Dabei wurde zunächst angenommen, dass eine Spaltung von Glykosiden erst im Dickdarm durch Mikroorganismen erfolgt mit anschließender Absorption der Aglykone. Für Quercetinmonoglykoside beispielsweise wird eine schnellere und effizientere Absorption als für das Quercetinaglykon gezeigt, was auf eine Aufnahme im proximalen Darmtrakt zurückzuführen ist (50,83,85). Neuere Studien deuten darauf hin, dass bestimmte Flavonoidglykoside über einen aktiven Transport im Dünndarm absorbiert werden (83,85). Als mögliches Transportmedium wird der natriumabhängige D- Glukosecotransporter SGLT1 in Betracht gezogen (50). In Abhängigkeit von der Art des Zuckerrestes besteht für glykosilierte Flavonoide die Möglichkeit, intakt oder nach Abspaltung des Zuckers, über die Enterozyten aufgenommen zu werden. Die Hydrolyse der Glykoside wird durch -Glukosidasen katalysiert. Dabei steht intrazellulär die zytosolische -Glukosidase und an der apikalen Seite der Enterozyten die Lactat- Phloridzin-Hydrolase (LPH) zur Verfügung. Letztere vermittelt die Deglykosidierung von Phloridzin. Es existieren starke Unterschiede in der Affinität der einzelnen Flavonoidglykoside zu den beiden -Glukosidasen (50). Flavonoide unterliegen zum Teil einem ausgeprägten intestinalen First-Pass-Effekt, was eine erhöhte Metabolisierung in der Leber noch vor Erreichen des Wirkortes bedeutet. Dies zeigt sich durch den Nachweis von entsprechenden konjugierten Formen der Flavonoide im Kreislauf kurz nach oraler Applikation (18,50). Nach einmaliger Fütterung von Ratten mit Phloretin und Phloridzin, wurden vier Stunden nach Aufnahme 95% als konjugierte Formen von Phloretin im Plasma nachgewiesen (18).
Die entstandenen Konjugate werden zum Teil über die Galle erneut in das Duodenum freigesetzt. Aglykone werden danach entweder erneut absorbiert oder weiter zu phenolischen Säuren abgebaut. Durch den enterohepatischen Kreislauf wird eine längere Präsenz der Flavonoide im Körper erreicht (50). Phloretin dagegen wird sehr schnell über den Urin eliminiert. 24 Stunden nach einmaliger Fütterung von Ratten mit Phloretin und Phloridzin kann keines der Flavonoide im Plasma mehr nachgewiesen werden (18). Anhand dieser komplexen Vorgänge wird deutlich, dass nur ein geringer Teil der zugeführten Polyphenole die systemische Zirkulation und damit periphere Gewebe erreicht. Es ist jedoch noch unklar, ob und wo Flavonoide in Körpergeweben gespeichert werden können und welche Konzentrationen bei kontinuierlicher Flavonoidzufuhr im Plasma entstehen.
1.1.3 Flavonoide als Nahrungsbestandteile
Aufgrund der weiten Verbreitung von Polyphenolen im Pflanzenreich, werden die Flavonoide dem menschlichen Organismus kontinuierlich mit der Nahrung zugeführt.
Der heutige Stand der Forschung weist auf zahlreiche biologische Wirkungen der Flavonoide hin, die vor allem auf ihrem hohen antioxidativen Potential basieren (50). In den letzten Jahren wurde die Ernährung zum wichtigen Bestandteil primärpräventiver Strategien kardiovaskulärer Erkrankungen. Eine ausgewogene Aufnahme von Früchten, Gemüse, Fisch und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, sowie gering an Lipiden und rotem Fleisch, sind kennzeichnend für die mediterrane und asiatische Küche. Gegenüber der westlichen Ernährung, die durch exzessive Aufnahme von hochkalorischem Essen geprägt ist, trägt sie signifikant zur Senkung von Mortalität und Ausbildung kardiovaskulärer Sekundärereignisse bei (48). In der Lyon Diet Heart Study untersuchte man etwa 600 Patienten, die einen ersten Herzinfarkt erlitten hatten. Diese wurden in zwei Gruppen mit gleichem Risikoprofil und medikamentöser Therapie randomisiert. Etwa 300 Patienten wurden auf eine mediterrane Ernährung umgestellt und diätetisch geschult. Nach einem Follow up von etwa 46 Monaten zeigten sich eine signifikante Reduktion (50-70%) der tödlichen und nicht tödlichen Herzinfarkte sowie eine verminderte Gesamtsterblichkeit der mediterran-ernährten Patienten (48). Im Vergleich der Todesursachen verschiedener Länder - zusammengefasst 2006 von der American Heart Association - kann das Ergebnis der Lyon Heart Studie indirekt nachvollzogen werden. In Frankreich wurden etwa 11% und in Japan etwa 8% weniger Verstorbene pro 100.000 Einwohner an kardiovaskulären Erkrankungen registriert, als vergleichsweise in Deutschland. In der Gesamtheit gesehen, wurden 30% der Todesfälle in Deutschland im betrachteten Jahr durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursacht. In Frankreich lag der Anteil kardiovaskulärer Todesursachen mit etwa 19% und in Japan mit etwa 24% deutlich darunter (2).
In welchen Konzentrationen Flavonoide im Endeffekt mit der Nahrung aufgenommen werden, hängt von verschiedenen Parametern ab. Die Zusammensetzung der Polyphenole, sowie ihrer Konzentrationen, variieren hinsichtlich Quantität und Qualität sowohl zwischen, als auch innerhalb der Pflanzenspezies zum Teil erheblich. Maßgebliche Faktoren, die den Gehalt an Flavonoiden beeinflussen, sind unter anderem die Sonnenlichtexposition, der Erntezeitpunkt, der Reifegrad sowie der Wachstumsstandort. Weitere, zum Teil beachtliche, Verluste an Polyphenolen entstehen während der Lagerung und Weiterverarbeitung. Durch ihre Akkumulation in den Randschichten geht ein großer Anteil der Flavonoide bereits durch einfaches Entfernen der Schale von Früchten und Gemüse verloren. Auch Erhitzen (Kochen, Backen) oder längere Lagerung bei Raumtemperatur haben erhebliche Auswirkungen auf die Flavonoidkonzentration (50).
Die tatsächlich aufgenommene Menge an Flavonoiden pro Tag zu kalkulieren, ist daher sehr schwierig. Hinzu kommen regionale Unterschiede in Vegetation und Essgewohnheiten, die ebenfalls zu Differenzen führen. In der Literatur wird eine Aufnahme von Flavonoiden bis zu 1 g täglich beschrieben (50,70,85). Das würde eine 10-fach höhere Zufuhr als Vitamin C und 100-fach höher als Vitamin E und Carotinoide bedeuten (70). In einem bayrischen Teilkollektiv liegt der Verzehr von Flavonoiden dagegen nur bei 54 mg/Tag (83). Andere Studien, die lediglich einzelne Gruppen der Flavonoide einbeziehen, ermitteln wesentlich geringere Mengen. Die durchschnittliche Aufnahme von Flavonolen in den USA und Dänemark liegt zwischen 20 und 25 mg/Tag (50). Im Rahmen einer Studie in den Niederlanden wird eine tägliche Flavonol- und Flavonaufnahme von 26 mg errechnet (34) und in dem bayrischen Teilkollektiv werden nur 12 mg Flavonole täglich aufgenommen (83).
1.1.4 Wirkungen von Flavonoiden im menschlichen Organismus
Die Erforschung polyphenolischer Effekte auf die menschliche Gesundheit hat sich in den letzten zehn Jahren stark entwickelt. Das liegt zum einen an der großen Präsenz der Substanzen in unserer täglichen Nahrung und zum andern an ihrer vermuteten Rolle in der Prävention verschiedener Erkrankungen. Die nachfolgend dargestellten Ergebnisse beruhen im Wesentlichen auf in vitro sowie tierexperimentellen Studien.
Zwischen oxidativem Stress und der Entstehung chronischer Erkrankungen, wie Atherosklerose, Tumorerkrankungen und Diabetes mellitus Typ 2, werden seit mehreren Jahren kausale Beziehungen vermutet (50). Die Annahme, dass Flavonoide in diesem Zusammenhang eine entscheidende Funktion übernehmen können, basiert auf ihrem nachweislich ausgeprägten antioxidativen Potential (50,54,62,77,83,85). Viele Flavonoide sind in der Lage, reaktive Sauerstoff- und Stickstoffverbindungen im menschlichen Organismus durch Abgabe von Wasserstoffatomen aus den phenolischen Hydroxylgruppen zu „neutralisieren“. Strukturbedingt gibt es deshalb große Unterschiede im antioxidativen Potential (83). Viele in vitro Studien zeigen eine klare Schutzwirkung der Flavonoide vor Lipidoxidation und Entstehung freier Radikale, die als initiale Ereignisse in der Entwicklung der Atherosklerose gelten (16,54,85). Für Extrakte, reich an Procyanidin, wird ein direkter Einfluss auf die Entstehung früher atherosklerotischer Plaques dargestellt. Es zeigt sich eine verminderte Entwicklung von Plaques unter dem Einfluss von Procyanidin in Hamstern mit Hypercholesterinämie (5). Ähnliche Ergebnisse offenbart die Rotterdam Studie. In dieser prospektiven Studie wird der Einfluss von Tee - als Hauptquelle von Flavonoiden in der westlichen Nahrung - auf die Ausbildung atherosklerotischer Plaques der abdominalen Aorta untersucht. Nach einem Beobachtungszeitraum von zwei bis drei Jahren an insgesamt 3454 Frauen und Männern, kann eine signifikante Reduktion der Plaquegröße in der Gruppe mit schwerer Atherosklerose durch tägliches Trinken von Tee (> 4 Tassen/Tag) eruiert werden. Der Nachweis wird radiologisch anhand der kalzifizierten Areale in der Aorta abdominalis geführt (31).
Es gibt viele Hinweise, dass die endotheliale Dysfunktion ebenfalls zu initialen Schritten der Atherogenese zählt und mit dem Auftreten späterer kardiovaskulärer Ereignisse eng verbunden ist. Da die Dysfunktion des Endothels bereits vor sichtbaren strukturellen Veränderungen der Gefäßwand auftritt, haben Substanzen mit protektivem Einfluss auf die Endothelfunktion große klinische Bedeutung, wie z.B. die Statine (77). Duffy et al. untersuchen in einer Studie den Einfluss von Schwarztee - reich an Flavanolen und Flavonolen - auf die endotheliale Funktion anhand angiographisch ermittelter Vasodilatation der Arteria brachialis bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen. Sowohl die akute Wirkung, gemessen zwei Stunden nach Aufnahme von 450 ml Schwarztee, als auch die chronische Aufnahme von 900 ml Schwarztee täglich für vier Wochen, zeigen eine signifikante Zunahme der Dilatation. In der Kontrollgruppe wird kein Effekt nach Aufnahme von Wasser beobachtet (26).
In mehreren epidemiologischen Studien korreliert die Flavonoidaufnahme invers mit dem Sterblichkeitsrisiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. In der niederländischen Zutphen Studie ist bei älteren Männern eine signifikante Senkung der Mortalität nach kontinuierlicher Aufnahme von Flavonoiden über Tee, Zwiebeln und Äpfel für etwa fünf Jahre nachweisbar. Eine Senkung der Inzidenz für Myokardinfarkte wird ebenfalls gezeigt, allerdings waren diese Effekte nicht signifikant (34). Ein Follow up dieser Studie über insgesamt 10 Jahre kann die signifikante Reduktion der Mortalität bestätigen (35). Eine finnische Studie registriert nach Aufnahme von Zwiebeln und Äpfeln eine Reduktion der Sterblichkeit an KHK von etwa 22% (43). Knekt et al. zeigen in einer weiteren Studie mit insgesamt 10.054 Teilnehmern ebenfalls eine signifikante Senkung des Mortalitätsrisikos von ischämischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen nach Apfelkonsum (44).
Verschiedene Flavonoide weisen eine antiaggregatorische Wirkung auf. Für EGCG - ein Catechin mit hohem Anteil in grünem Tee - wird eine dosisabhängige Hemmung der Thrombin-, TRAP- und Kollagen-induzierten Thrombozytenaggregation in vitro nachgewiesen (21,69). Das antiaggregatorische Potential ist dem von Aspirin vergleichbar (69). Der inhibitorische Effekt der Tee-Flavonoide auf die Aggregation der Blutplättchen scheint zum Teil durch die Hemmung der zytosolischen Calcium- freisetzung bedingt zu sein (21,77). Die Flavonoid-induzierte Unterdrückung der Arachnoidonsäurefreisetzung und Inhibition der Cyclooxygenase, mit verminderter Thromboxan-A2-Bildung, sind vermutlich die zu Grunde liegenden Mechanismen (45, 77,83). Die Hemmung der Cyclooxygenase wird unter anderem für Chrysin, Apigenin und Phloretin nachgewiesen (45).
Eine weitere Studie untersucht die Effekte von Rotwein, Traubensaft und Weißwein auf die Thrombozytenaktivität im Tierexperiment nach intravenöser und intragastraler Applikation. Für die Untersuchung wird eine Koronararterie zu 70% mechanisch stenosiert und die, durch Thrombusformation resultierende, Verlangsamung des Blutflusses gemessen, welche als „Cyclic Flow Reduction“ (CFR) bezeichnet wird. Nach Verabreichung von Rotwein mit durchschnittlich 1,62 ml/kg intravenös und 4 ml/kg intragastral, wird die Verlangsamung des Blutflusses - also die CFR - vollständig aufgehoben. Im Gegensatz dazu zeigt Weißwein nur minimale Effekte, trotz Erreichen vergleichbarer Blutalkoholkonzentrationen. Traubensaft ist nicht so potent in der Wirkung wie Rotwein, bewirkt aber mit etwa 2,5-fach höherer Konzentration bei intragastraler Gabe ebenfalls eine vollständige Aufhebung der CFR. Des Weiteren ermitteln die Autoren die Kollagen-induzierte Thrombozytenaggregation ex vivo vor und nach intragastraler Gabe von 10 ml/kg Traubensaft, mit einer nachweisbaren Reduktion von nahezu 68% nach Applikation. Somit ist der antithrombozytäre Effekt nicht auf den Alkoholgehalt, sondern wahrscheinlich auf den hohen Anteil polyphenolischer Komponenten in Trauben zurückzuführen. In den verwendeten Weinen und dem Traubensaft befinden sich hauptsächlich Quercetin und Rutin. Die enthaltenen Flavonoidkonzentrationen sind sehr unterschiedlich und korrelieren mit den nachgewiesenen Effekten, wobei der Rotwein den größten Anteil an Flavonoiden besitzt (22).
Krebserkrankungen sind Todesursache Nummer 2 mit etwa 7,6 Millionen Verstorbenen weltweit im Jahr 2005 (84). In tierexperimentellen Studien werden antikanzerogene Wirkungen verschiedener Flavonoide nachgewiesen (25,83). Da der Krebsentstehung multifaktorielle Prozesse zu Grunde liegen, werden verschiedene Mechanismen diskutiert, wie Flavonoide protektiv eingreifen können. Einige Flavonoide sind starke Inhibitoren der Cytochrom-P450 abhängigen Monooxygenasen, wie z.B. Quercetin. Weiterhin können Phase-II-Enzyme und Apoptose durch Flavonoide induziert werden. Auch direkte Wechselwirkungen mit der DNA werden für Polyphenole nachgewiesen. Durch strukturelle Ähnlichkeiten mit den Nukleotiden ist eine Anlagerung möglich, was eine Maskierung der Bindungsstellen für Kanzerogene nach sich zieht und auf diese Weise die DNA schützt (83). Apfelextrakte führen zu einer signifikanten Hemmung der Tumorzellproliferation in Leberzellen (27) und der Tumornekrosefaktor (TNF )- induzierten Nuclear-Factor- -B (NF- B) Aktivität in HUVEC Zellen als Kennzeichen maligner oder chronisch entzündlicher Erkrankungen (20). Des Weiteren wird durch kontinuierliche Aufnahme von Apfelextrakten bei Mäusen eine deutlich verminderte Papillomentstehung der Haut nach 20 Wochen beobachtet. Der hemmende Einfluss in dieser Gruppe erstreckt sich ebenfalls auf ein langsameres Wachstum, weniger Vaskularisierung und fehlende Entartung der Tumoren. Darüber hinaus kann auch die Aktivator-Protein-1 (AP-1) Aktivität, die zur malignen Zellproliferation durch Aktivierung von Onkogenen führen kann, signifikant gehemmt werden (25). Flavonoid-reiche Ernährung, beispielsweise mit Äpfeln, könnte daher in Zukunft als Adjuvans in der Chemotherapie bedeutend sein, da Polyphenole selbst in hohen Dosen keinerlei Zytotoxizität gegenüber den Zellen zeigen (20,27).
Die bisher beschriebenen Effekte stellen nur einen Auszug aus den komplexen Wirkmechanismen der Flavonoide dar. Es gibt Hinweise für weitere verschiedenste Effekte der Polyphenole.
Eine kürzlich erschienene prospektive Studie mit 1836 Amerikanern japanischer Abstammung, untersucht über 10 Jahre das Auftreten von Alzheimer Demenz unter diätetischen Aspekten. Eine signifikante Reduktion dieses dementiellen Syndroms, trotz des vorhandenen Risikoallels ApoE- 4, wird nach Aufnahme von 3 und mehr Frucht- und Gemüsesäften pro Woche beobachtet. Sowohl Vitamin C und E als auch Tee Konsum haben keinen Effekt auf die Risikoentwicklung (19).
Eine andere Studie mit 2.512 Männern kann durch regelmäßige Apfelaufnahme eine signifikante Erhöhung der Lungenfunktion, gemessen an der FEV1 (forciertes endexpiratorisches Volumen in 1 Sekunde), nachweisen. Bei Aufnahme von 5 oder mehr Äpfeln pro Woche über 5 Jahre hinweg, erhöht sich die FEV1 um etwa 138 ml im Gegensatz zu der Gruppe ohne Apfelkonsum. Auch nach Anpassung der Risikofaktoren bleiben die Ergebnisse für Äpfel signifikant (13).
Die dargestellten Studien und vielfältigen Effekte der Flavonoide lassen ein extrem hohes Potenzial an Beeinflussung von Stoffwechselvorgängen erkennen, das zum heutigen Zeitpunkt noch nicht überschaubar ist. Auch scheint die Einschätzung dieser Wirkungen durch die unzulängliche Übertragbarkeit von in vitro Studien auf die tatsächliche in vivo Situation schwierig.
1.1.5 Phloretin
Äpfel, als eine der Hauptressourcen von Flavonoiden in der westlichen Nahrung, sind auch die größte Quelle von Phloretin und seinem Glykosid Phloridzin (Phloretin 2`-O- Glucose). Diese, zur Gruppe der Dihydrochalcone gehörenden Flavonoide, sind viele Jahre als charakteristisch für Äpfel angesehen worden. Sie galten als einzige Quelle, bis zur Identifikation von Phloridzin in Erdbeeren 2003 (36) und Phloretin in Tomaten 2008 (76). Dihydrochalcone gehören zur Gruppe der bizyklischen Flavonoide. Ihre chemische Struktur ist in Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.2: Strukturformel von Phloridzin und Phloretin modifiziert nach Manach et al. (50)
Die Konzentration und Zusammensetzung der Phytochemikalien in den verschiedenen Ressourcen variiert sehr stark. Im Vergleich mit 10 anderen Früchten, weisen die untersuchten Äpfel in einer Studie die zweithöchste Konzentration an Gesamtpolyphenolen auf. In den Äpfeln wird jedoch die größte Konzentration an freien Phenolen gemessen, was eine bessere Absorbierbarkeit der Substanzen vermuten lässt (11). Der durchschnittliche Phenolgehalt in Äpfeln beträgt 200 mg/100 g Frischgewicht (FG) und 400 mg/Apfel (49). Die Konzentrationen zwischen einzelnen Apfelsorten können stark voneinander abweichen. Der Polyphenolgehalt variiert je nach Wachstumsperiode, Saison, geographischer Lage und genetischer Vielfalt (81).
In zwei ähnlichen Bestimmungen von insgesamt 14 verschiedenen Apfelsorten aus Trentino, Italien und Ontario, Kanada reicht die Gesamtphenolkonzentration von 66,2 mg/100 g FG (Fuji) bis 300,6 mg/100 g FG (Northern Spy). Die von beiden getestete Sorte „Red Delicious“ variiert stark im Phenolgehalt mit 288,4 mg/100 g FG in Ontario und 131,1 mg/100 g FG in Trentino (80,82). Bei allen Untersuchungen wird festgestellt, dass sich der größte Anteil von Flavonoiden in der Schale befindet. Dihydrochalcone gehören zu den Hauptflavonoiden in Äpfeln. In den verschiedenen Apelsorten beider Studien werden Konzentrationen zwischen 1,99 mg (Royal Gala) und 28,04 mg/100 g FG (Red Delicious) ermittelt, was einem Anteil von 3% bis 11% an den Gesamtphenolen entspricht. Der höchste Gehalt an Dihydrochalconen ist in den Sorten Renetta, Red Delicious und Golden Delicious enthalten (80,82). In Tabelle 2 ist der Gehalt an Dihydrochalconen ausgewählter Apfelsorten aus drei Studien dargestellt.
Tabelle 2: Gehalt an Dihydrochalconen in verschiedenen Apfelsorten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In einer kürzlich veröffentlichten Studie wurde Phloretin erstmals auch in Tomaten nachgewiesen. Mit einem Anteil von 5,0% bis 14,1% an den Gesamtflavonoiden gehört es nicht zu den Hauptvertretern in Tomaten (76). Sowohl Tomaten als auch Äpfel sind in der westlichen Nahrung weit verbreitet. Eine kontinuierliche Aufnahme an Phloretin ist dadurch sehr wahrscheinlich.
„ An apple a day keeps the doctor away. “ Dieses Sprichwort wird von verschiedenen Autoren immer wieder aufgegriffen und veranlasste zu vielen Studien über die Effekte von Äpfeln und deren Inhaltsstoffen. Einige Kohortenstudien zeigen eine deutliche Senkung der Mortalität an kardiovaskulären Erkrankungen nach Flavonoidaufnahme, speziell durch Äpfel (35,43). Weitere Ergebnisse weisen auf eine Risikoreduktion für Bronchialkarzinom, Diabetes mellitus Typ 2 und eine Senkung der Inzidenz für Asthma hin (44,83). Die zahlreichen biologischen Effekte basieren vor allem auf dem hohen antioxidativen Potential der Flavonoide.
Der Hauptanteil an Polyphenolen befindet sich in der Schale des Apfels und nur ein geringer Teil im Fruchtfleisch (14,79). Dementsprechend besteht eine positive Korrelation zwischen der Konzentration dieser sekundären Pflanzenstoffe und der totalen antioxidativen Kapazität, die in der Schale etwa 2,5-mal höher ist (14). Zu diesem Effekt tragen natürlich auch bekannte Antioxidantien wie Vitamin C bei. Es stellt sich daher die Frage, ob die antioxidative Wirkung nicht alleine auf dem Vorhandensein der Vitamine beruht. Eine Studie ging dieser Frage auf den Grund, indem sie die „Total Oxyradical Scavenging Capacity“ (TOSC) von Äpfeln ermittelt. Für 1 g Apfel (Schale und Fruchtfleisch) wird eine TOSC von 83,3 mol Vitamin C Äquivalent ermittelt, für Vitamin C allerdings nur 0,32. Die antioxidative Kapazität von 100 g Apfel ist demnach vergleichbar mit der von 1,5 g Vitamin C (27). Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass die protektive Wirkung durch das Vorhandensein von Flavonoiden zu erklären ist.
Zu den Hauptantioxidantien in Äpfeln gehören Dihydrochalcone, mit dem Hauptvertreter Phloretin. Signifikante antioxidative Effekte werden für das Aglykon und sein Glykosid Phloridzin beschrieben (43,57,71). Mit einer relativen TAC (Total antioxidant capacity) von 1,63 ist Phloretin ein potenteres Antioxidans als Vitamin C mit einer relativen TAC von 1,00 (46). Es wird mehrfach eine stärkere Radikalbindung und Hemmung der Lipidperoxidation für das Aglykon beschrieben (43,63,66). Sein Glykosid Phloridzin hingegen zeigt deutlich schwächere Wirkungen (57,63,71).
Ein sehr häufig beschriebener Effekt von Phloridzin und Phloretin bezieht sich auf die kompetitive Hemmung des Natrium-Glucose-Cotransporters 1 (SGLT1). Der inhibitorische Effekt des Glykosids ist dabei stärker ausgeprägt als beim Aglykon (63). In einem Modell mit diabetischen Ratten führt die Verabreichung von Phloridzin zu einer Reduktion der Plasmaglukosekonzentration, ohne eine Änderung der Insulinsekretion zu bewirken. Bei den mit Phloridzin behandelten Ratten wird durch die Hemmung des Glucose Transportes in der Niere eine 10-fach höhere Glucoseausscheidung im Urin nachgewiesen (68). Diesen Erkenntnissen zu Folge besitzen Phloretin und insbesondere Phloridzin eine antidiabetische Wirkung. Einer neueren Studie zufolge kann Phloretin auch über eine erhöhte Adipozytendifferenzierung die Insulinwirkung beeinträchtigen. In den Versuchen bewirkt Phloretin eine erhöhte Expression und Sekretion von Adiponektin, was zu einer Verminderung der peripheren Insulinresistenz führt. Dadurch kann die Wirkung von Insulin verstärkt werden mit niedrigeren Blutzuckerspiegeln im Verlauf (33).
Studien, die sich mit dem Einfluss von Phloretin auf die Thrombozytenfunktion beschäftigen, deuten darauf hin, dass dieses Flavonoid einen antiaggregatorischen Effekt besitzen könnte. Eine Hemmung der Aggregation in der Aggregometrie wird für die Stimulierung mit Arachnoidonsäure, Thrombin, ADP und Kollagen nachgewiesen. Das Ausmaß der Aggregationshemmung ist dabei abhängig vom gewählten Agonisten (45,59). In beiden Studien wird die Unterdrückung der Cyclooxygenaseaktivität - nachgewiesen durch Hemmung der Abbauprodukte - als verantwortlicher Mechanismus der antithrombozytären Wirkung angenommen (45,59).
Eine kürzlich erschienene Studie deutet auch auf einen kardioprotektiven Effekt durch Phloretin hin. Anhand kardialer Myozyten werden eine 4-fach erhöhte Kontraktilität sowie eine Verlängerung des Aktionspotentials durch den Einfluss des Flavonoids beschrieben. Als Mechanismus ist die Hemmung der sarkoendoplasmatischen Retikulum-ATPase und dem damit erhöhten Ca2 +-Gradienten ermittelt worden. Ein Effekt von Phloridzin kann nicht nachgewiesen werden. Als Ursache wurde eine verminderte intrazelluläre Aufnahme des Glykosids vermutet, da es nicht wie Phloretin über die Membran diffundieren kann sondern wahrscheinlich aktiv über den SGLT1 transportiert wird (58).
1.2 Struktur und Physiologie der Thrombozyten
1.2.1 Morphologie
Die Thrombozyten als kleinste korpuskuläre Bestandteile des zirkulierenden Blutes, mit einem Durchmesser von 2-4 m, sind erstmals 1880 als „äußerst dünne Plättchen in Gestalt von Scheiben“ beschrieben worden (10). Diese Beobachtung entspricht ihrer diskoiden Form im ruhenden Zustand. Die Aktivierung durch Agonisten bedingt eine Formveränderung zu sternförmigen Echinosphärozyten mit charakteristischen Ausstülpungen der Plasmamembran - den Pseudopodien (29).
Thrombozyten sind anukleäre Zellen, deren Ursprung im Knochenmark liegt, wo diese aus Megakaryozyten gebildet werden. Physiologisch zirkulieren etwa 150.000 bis 300.000/ l im peripheren Blut mit einer Überlebenszeit von etwa 7 Tagen. In der Milz werden ein Drittel der Blutplättchen gespeichert, wobei ein ständiger Austausch mit den zirkulierenden Thrombozyten besteht. Der Abbau erfolgt im retikuloendothelialen System der Leber und der Milz. Thrombozyten besitzen eine komplexe Struktur, die morphologisch in vier Bereiche mit jeweils spezifischer Funktion unterteilt werden können (29).
Die periphere Zone wird durch eine trilaminäre Zellmembran gebildet, bestehend aus der außen gelegenen Glykokalyx, reich an verschiedenen Proteinen und Mucopolysacchariden, sowie der Zytoplasmamembran mit typischer Phospholipidschicht (Bilayer) (29). In die Membran ist eine Vielzahl verschiedener Glykoproteine eingebaut, die Rezeptor-, Adhäsions- und Transportfunktionen besitzen (8).
Die strukturelle Zone besteht aus den submembranös gelegenen Mikrotubuli und verschiedenen Strukturproteinen, die das Zytoskelett bilden. Dieses besteht hauptsächlich aus Aktin und Myosin, die ebenso für die Formveränderungen der Thrombozyten verantwortlich sind (29).
Die Zone der Organellen liegt im Zytoplasma und beinhaltet überwiegend Mitochondrien und drei verschiedene Arten thrombozytärer Speichergranula. Die dichte Granula - benannt nach ihrer charakteristischen elektronenmikroskopischen Dichte - enthalten ADP, ATP, Calciumionen und Serotonin, welche die Aggregation beeinflussen. Lysosomen speichern hydrolytische Enzyme, die denen anderer Zellen ähneln. In den zahlenmäßig überwiegenden -Granula befinden sich verschiedene Proteine die Einfluss auf vielfältige biologische Funktionen wie Adhäsion, Aggregation, Inflammation, Chemotaxis und Koagulation ausüben können (29).
Das Membransystem besteht aus dem offenen kanalikulären System und dem dichten tubulären System, welches als Hauptspeicherort der freien Calciumionen maßgeblich an Aktivierung und Regulation des Plättchenmetabolismus beteiligt ist. Das offene kanalikuläre System ist charakterisiert durch seine weit ins Zellinnere reichenden Kanäle, die gleichzeitig mit der Plasmamembran verbunden sind. Daraus resultiert eine enorme Oberflächenvergrößerung der Thrombozyten (29).
1.2.2 Thrombozytäre Membranrezeptoren
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.3: Immunologische Marker modifiziert nach Gawaz et al. (29)
Rezeptoren sind definiert als an der Oberfläche intakter Zellen nach außen orientierte Membranglykoproteine, die einen Liganden oder Agonisten reversibel, spezifisch und einer Sättigungskinetik folgend, binden und dadurch eine (intra)zelluläre Reaktion auslösen (8). Diese Glykoproteine (GP) vermitteln die Interaktion der Thrombozyten untereinander, mit dem Endothel, mit anderen zirkulierenden Zellen und mit plasmatischen Gerinnungsfaktoren. Nach ihrer charakteristischen molekularen Struktur
werden die Adhäsionsrezeptoren in vier unterschiedliche Gruppen eingeteilt. Eine Übersicht stellt die Tabelle 3 dar (29). In Abbildung 3 erfolgt zudem eine graphische Darstellung der immunologischen Marker (29).
Tabelle 3: Übersicht der thrombozytären Membranrezeptoren
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
GP = glykoprotein, ICAM = „intercellular adhesion molecule“, PECAM = „platelet-endothelial cell adhesion molecule“, vWF = von Willebrand Faktor, PSGL = P-selektin glykoprotein ligand
1.2.2.1 Integrine
Diese Gruppe der Rezeptoren ist so benannt worden, da sie Liganden der extrazellulären Matrix mit dem Zytoplasma verbindet. Es sind nicht-kovalent verbundene Heterodimere, bestehend aus einer - und -Untereinheit. Letztere ist maßgeblich für die Einteilung in drei Gruppen (8,29). Die Integrine kommen ubiquitär vor und finden sich auf fast allen Zellen des Körpers. Neben der Plättchenadhäsion und -aggregation sind sie auch an der Gewebeentwicklung, dem Krebszellwachstum und deren Metastasierung beteiligt (9,29). GPIIb-IIIa ist der Hauptvertreter dieser Familie und gehört zu den 3-Integrinen. Als mengenmäßig am häufigsten vorkommender Rezeptor der Plättchen, ist er Bestandteil der Plasmamembran, des offenen kanalikulären Systems und der -Granula (29). Durch die Bindung von Fibrinogen nach Aktivierung des Thrombozyten kommt dem GPIIb-IIIa Komplex eine zentrale Bedeutung in der Plättchenaggregation zu. Im Bereich des Moleküls sind bisher drei Bindungsstellen für Fibrinogen entdeckt worden. Aber auch andere Agonisten können über eine Bindung zur Konformationsänderung mit nachfolgender Aktivierung führen. Massberg et al. untersuchen in ihrer Arbeit die Rolle der Thrombozyten in der Adhäsion und Progression der Atherosklerose in vivo an der ApoE-Knock-out-Maus mittels intravitaler Fluoreszenzmikroskopie (51,53). Eine der Studien zeigt, dass bereits nach 6 Wochen cholesterinreicher Fütterung - ohne Nachweis von atherosklerotischen Läsionen - die Adhäsion von Thrombozyten an das Endothel signifikant erhöht ist (51). Die anschließend durchgeführte Blockade des GPIIb-IIIa Rezeptors durch monoklonale Antikörper (mAK) führt zu einer Hemmung der permanenten Plättchenadhäsion von 95% gegenüber unbehandelten Mäusen (51). In einer Folgestudie an einem erweiterten Mausmodell, welches neben der ApoE- Defizienz zusätzlich eine Defizienz an GPIIb-IIIa aufweist, wird eine drastische Reduktion atherosklerotischer Läsionen detektiert. In der Bifurkation der Arteria Carotis ist die Reduktion mit 74% - nach 12 Wochen cholesterinreicher Fütterung - am stärksten ausgeprägt. Während nach 16 Wochen cholesterinreicher Ernährung in ApoE- defizienten Mäusen eine gesteigerte Thrombozytenadhäsion am Endothel der Carotiden stattfindet, beobachten sie in den GPIIb-IIIa-defizienten Mäusen eine vollständige Blockade der festen Plättchenadhäsion (53).
1.2.2.2 Leuzinreiche Glykoproteine
Diese Gruppe der Rezeptoren ist durch ihre hohe Konzentration an der Aminosäure Leuzin charakterisiert. Die wichtigsten Vertreter sind die zwei Komplexe GPIV und GPIb-V-IX. Letzterer bildet den Adhäsionsrezeptor für vWF (von Willebrand Faktor) und induziert mit dessen Bindung an zirkulierende Thrombozyten den ersten Schritt der primären Hämostase. Der Komplex setzt sich aus vier Untereinheiten zusammen.
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