„L’évènement de la rentrée littéraire cette année, pour les Français comme pour
les Algériens, c’est l’extraordinaire L’enfant fou de l’arbre creux de Boualem
Sansal“ (Ghanem 2000). Dieses teilweise sehr hochgelobte Buch wird jedoch
von anderer Seite kritisiert, denn es beschreibt, verpackt in vielfältige Symbole,
schonungslos die Zustände in Algerien ohne ein Blatt vor den Mund zu
nehmen.
In dieser Hausarbeit soll auf die wichtigsten Symbole des Romans eingegangen
werden: Der arbre creux, symbolisiert Algerien, das enfant fou das vom Regime
wie ein Kind behandelte Volk, die Strafvollzugsanstalt von Lambèse ist Zeichen
für das, was seit 1962 aus Algerien geworden ist: ein Gefängnis. Farid und
Pierre schließlich versinnbildlichen die Beziehung zwischen Frankreich und
Algerien und zeigen die unterschiedlichen Facetten Algeriens.
Zuerst aber wird der Autor des Romans, Boualem Sansal, vorgestellt und
danach die geschichtliche Entwicklung Algeriens seit der Unabhängigkeit näher
beleuchtet, um die aktuelle Situation vor diesem Hintergrund besser verstehen
zu können.
Inhalt
Einleitung
Boualem Sansal
Geschichtlicher Abriss
Die FLN
1962-1961
Arabisierung
Machtwechsel
Erste Demonstrationen
Die Wahlen von 1991 und ihre Folgen
Die Plattform von Rom (1994, 1995)
Die Wahl
Algerien im Jahr
L’Arbre creux
L’enfant fou
Lambèse
Farid und Pierre
Schluss
Literaturverzeichnis
Einleitung
„L’évènement de la rentrée littéraire cette année, pour les Français comme pour les Algériens, c’est l’extraordinaire L’enfant fou de l’arbre creux de Boualem Sansal“ (Ghanem 2000). Dieses teilweise sehr hochgelobte Buch wird jedoch von anderer Seite kritisiert, denn es beschreibt, verpackt in vielfältige Symbole, schonungslos die Zustände in Algerien ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.
In dieser Hausarbeit soll auf die wichtigsten Symbole des Romans eingegangen werden: Der arbre creux, symbolisiert Algerien, das enfant fou das vom Regime wie ein Kind behandelte Volk, die Strafvollzugsanstalt von Lambèse ist Zeichen für das, was seit 1962 aus Algerien geworden ist: ein Gefängnis. Farid und Pierre schließlich versinnbildlichen die Beziehung zwischen Frankreich und Algerien und zeigen die unterschiedlichen Facetten Algeriens.
Zuerst aber wird der Autor des Romans, Boualem Sansal, vorgestellt und danach die geschichtliche Entwicklung Algeriens seit der Unabhängigkeit näher beleuchtet, um die aktuelle Situation vor diesem Hintergrund besser verstehen zu können.
Boualem Sansal
Boualem Sansal lebt in Algerien und hat einen Posten als Directeur général de l’industrie. Er genoss eine klassische Ausbildung: Er lernte Latein und Griechisch auf dem Lycée, was ihn auf den Geschmack für Sprache und Etymologie brachte (vergl. Ghanem 2000).
Er schrieb schon immer gerne und viel, beschränkte sich aber anfangs inhaltlich auf seinen Arbeitsbereich. So verfasste er z. B. ein Buch über ein Triebwerk.
Dann versank Algerien im Bürgerkrieg; ein Umstand, der auch ihn tangierte und sein Leben veränderte. Er versuchte die plötzliche allgemeine Gewaltbereitschaft zu verstehen: „On a cherché à comprendre: comment se fait-il que collectivement nous ayons basculé dans la violence?“ (Sansal; in: Ghanem 2000).
Sansal entwickelte mit der Zeit seinen eigenen Standpunkt zur Situation in Algerien und wollte, dem Beispiel seines Freundes Mimouni folgend, diesen publik machen. Da ihm das methodologische Wissen zur Verfassung eines Essais fehlte, entschied er sich für den Roman (vergl. Ghanem 2000): 1999 wurde Le serment des barbares und ein Jahr später L’enfant fou de l’arbre creux bei Gallimard publiziert; zwei Romane, die weltweit großen Erfolg hatten. So erhielt er beinahe den Prix Goncourt und war selbst erstaunt über das Interesse an seinem Roman in Europa, Kanada und den USA: „Je suis moi-même surpris de l’accueil reçu par mon livre dans de nombreux pays européens, ainsi qu’aux Etats-Unis et au Canada.“(Sansal; in: Ghanem 2000)
Im eigenen Land erntete er allerdings nicht nur Anerkennung. Mit seiner regimekritischen Einstellung machte er sich viele Feinde in Algerien (vergl. Frachon 2001). Auch die Presse kritisierte ihn z. T. heftig. Trotzdem verließ er nicht das Land, blieb auch während der schlimmsten Zeiten in Algier und arbeitete tagtäglich in seinem Büro und schrieb parallel dazu an seinen Romanen, „car c’est en Algérie qu’il faut écrire, c’est en Algérie qu’il faut mener le combat“ (Sansal; in: Ghanem 2000). Einen Kampf den er führt, um Algerien zu helfen die Krise zu überwinden. Nach 40 verlorenen Jahren, grenzenloser Geld- und Energieverschwendung sinnloser Opferung unzähliger Menschenleben ist es seiner Meinung nach an der Zeit, den Tatsachen in die Augen zu schauen; die Arbeit muss wieder aufgenommen werden. Dafür kämpft er, deswegen schreibt er (vergl. Ghanem 2000). Er möchte seinen Teil zur Aufdeckung der Zustände beitragen: „Je ressens comme un devoir d’apporter ma pierre à la mise à nu du système.“ (Sansal; in: Frachon 2001)
Mitschuld an der Misere ist seiner Meinung nach die Art und Weise wie mit der Geschichte, der Vergangenheit des Landes umgegangen wird: die offizielle Version verdreht viele Tatsachen, verändert die Geschichte im Sinne des Regimes. (vergl. Frachon 2001)
Sansal möchte sich aber auch in Zukunft nicht ausschließlich der Literatur widmen, sondern weiterhin im Ministerium arbeiten, um einen Bezug zum wirklichen Leben zu behalten, nicht in einer fiktiv-romanesken Welt ohne Realitätsbezug zu leben (vergl. Ghanem 2000).
Realität ist auch die französische Sprache in Algerien. Aus diesem Grund sind auch die Romane Sansals in dieser Sprache abgefasst: „Le français, malgré la loi sur l’arabisation (...) reste la langue de travail(...). Vivre en français est une des réalités de l’Algérie. Ecrire en français va donc de soi, envers et contre tout.“ (Sansal, in: Bermond 2000)
Geschichtlicher Abriss
In diesem Abschnitt werden nach einigen kurzen Ausführungen zur FLN (Front de Libération Nationale) die wichtigsten Ereignisse von 1962 bis 1991 zusammengefasst, die Wahlen von 1991 und ihre Folgen thematisiert, kurz auf die Plattform von Rom und die Wahl 1995 eingegangen und abschließend anhand des Jahresberichts von Amnesty International Deutschland die Situation in Algerien im Jahr 2001 untersucht.
Die FLN
1954 beginnt der algerische Unabhängigkeitskrieg, la guerre de la libération nationale, und die FLN wird gegründet. Das Militär treibt die Revolution voran.
Die FLN tritt zunächst als eine neue, fortschrittliche Partei auf, die die Abschaffung des Kolonialsystems proklamiert und verspricht religions- und rassenbegründete Diskriminierungen nicht mehr zu dulden (vergl. Ahmed-Oumar 1989/214) .
Allerdings hält die FLN nicht immer, was sie verspricht: So sollte der Umgang mit der Frauenrage („kämpfende Frauen“) den Eindruck eines tiefgreifenden Wandels erwecken, doch in der Realität ist von diesem Wandel wenig zu spüren (verg. Ahmed-Oumar 1989/215f)
1962 wird Algerien unabhängig und viele Franzosen verlassen das Land.
1962-1991
Als Reaktion auf die Unabhängigkeit kommt es zu fluchtartiger Auswanderung von 1,5 Millionen Algerienfranzosen; viele Franzosen verlieren ihre Häuser bzw. Villen durch private Aneignungen(vergl. Ahmed-Oumar 1989/212 f).
Nach einigen Monaten des Konfliktes, die auf die Vertragsunterzeichnung mit Frankreich folgen, übernimmt Boumedienne die Macht und übergibt Ben Bella die politische Führung. Ziel der Regierung ist es, einen sozialistischen Staat und eine arabische Einheit unter der Führung der FLN zu schaffen (vergl. Ahmed-Oumar /8). Das Regime desorganisiert moderne Wirtschaftszweige und initiiert eine Sittenkampagne gegen die der Verwestlichung beschuldigten unverschleierten Frauen (vergl. Ahmed-Oumar 1989/212 f). Die Arabisierung der Gesellschaft wird forciert und der Islam zur Staatsreligion erklärt(vergl. Ahmed-Oumar 1989/233) .
Arabisierung
Die Arabisierung der Bevölkerung wird als Voraussetzung für die Verwirklichung der arabischen Einheit zum strategischen Ziel erklärt. Schulen dürfen jedoch anfangs noch Französisch unterrichten, da diese Sprache als unumgänglich für das Erlernen der moderne Technik gilt. Da das Arabische aber von den Schülern zugunsten des Französischen vernachlässigt wird, reagiert das Regime indem es einsprachige, d. h. arabische Klassen einführt. Die Volkssprachen (Volksarabisch und Tamazight) werden aus dem öffentlichen Leben verbannt, eine Maßnahme, die eine Fortführung des Analphabetismus für die bäuerlichen Massen bedeutet, da eine Alphabetisierung in klassischem Arabisch nicht umsetzbar ist. (Vergl. Ahmed-Oumar 1989/222f)
Auch aktuell sind die Folgen dieses Prozesses noch zu spüren, vor allem in den Schulen: „Celle-ci (l’école) est arabisée à cent pour cent, l’enseignement religieux le plus rétrograde y est prodigué à forte dose, elle forme des analphabètes, des racistes, des intégristes, des désorientés. C’est autour de ce bastion que se radicalisent les positions entre francophones, arabophones, berbérophones, islamistes, laïcs, modernistes, conservateurs. C’et là que se rencontrent et s’affrontent toutes les contradictions de la société algérienne. Les enfants paient les pots cassés de leurs pères“(Sansal; in: Bermond 2000)
Machtwechsel
1965 übernimmt Boumedienne von Ben Bella die Macht und setzt ein mächtiges Militärregime ein. Sein Vorhaben einen sozialistischen Staat zu gründen und eine ultramoderne Industrie zu schaffen steht im Gegensatz zu seinem im vorigen Absatz bereits erwähnten Bildungsprogramm, das auf die Arabisierung der Schule und Gesellschaft ausgelegt ist. (vergl. Ahmed-Oumar /8f)
1979 löst der von der Armee bestimmte Colonel Chadli Bendjedid Boumedienne ab. Er wendet sich von der Idee des sozialistischen Staates ab und legt seinen Schwerpunkt auf arabisch-muselmanische Werte und Normen. Im Zuge einer Sittenkampagne wird u. a. der Alkohol verboten.
Erste Demonstrationen
1980 kommt es zu den ersten Demonstrationen gegen das Regime seit der Unabhängigkeit Algeriens. Die Regierung jedoch ist darauf bedacht, den Demokratisierungsversuchen Paroli zu bieten und diese gering zu halten. „Le régime adopte un langage obscurantiste et xénophobe, dominé par le souci de marginaliser les courants démocratiques.“(Ahmed-Oumar /9)
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- Citation du texte
- Dr. Florian Krick (Auteur), 2002, Abriss der Geschichte Algeriens nach 1962 und Analyse des Symbolismus in B. Sansals "L'enfant fou de l arbre creux" in Bezug zur aktuellen Situation in Algerien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14591
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