Die Arbeitszufriedenheitsforschung blickt auf eine umfangreiche theoretische und empirische Geschichte zurück. Dabei kann dieser Forschungszweig grundsätzlich in zwei unterschiedliche Konzeptionen eingeteilt werden. Die eine Ausrichtung ist stark an der Psychologie orientiert und verzichtet in der Empirie hauptsächlich auf quantitative Auswertungen. Der andere Zweig ist dagegen quantitativ geprägt, wobei die Methodenkompetenz oft nicht über Korrelationsanalysen hinausgeht.
Ansatz dieser Arbeit ist es ein theoretisches Konzept zu verwenden, das für mikroökonometrische Methoden anwendbar ist. Darauf aufbauend werden Panel-Daten des SOEP aus den Jahren 2001, 2003, 2005 und 2007 mit insgesamt über 8.000 relevanten Erhebungen ausgewertet. Zur Analyse werden Fixed- und Random-Effect-Modelle vorgestellt.
Multikollinearität lässt trotz hoher Gesamtsignifikanz der Modelle die Aussagekraft der einzelnen Parameter deutlich sinken. Daher wird im letzten Abschnitt die Faktoranalyse zur Lösung dieses Problems kurz vorgestellt.
Inhaltsverzeichnis
Anlagenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition der Arbeitszufriedenheit
3. Theoretische Ansätze der Zufriedenheitsforschung
3.1 Psychologische Theorien
3.1.1 Zweifaktoren-Theorie nach Herzberg
3.1.2 Das Züricher-Modell nach Bruggemann
3.2 Empirisch orientierte Ansätze
3.3 Persönlichkeit und Arbeitszufriedenheit
3.4 Selektionseffekte
4. Verwendete Daten
4.1 Datengrundlage
4.2 Datenmanagement
5. Methodik
5.1 Fixed-Effects-Modell
5.2 Random-Effects-Modell
5.3 Hausman Test
6. Interpretation der Schätzergebnisse
6.1 Fixed Effects versus Random Effects
6.2 Interpretation der Parameter
7. Multikollinearität
7.1 Vorhandene Multikollinearität in den Modellen
7.2 Folgen für das Modell bei imperfekter Multikollinerität
7.3 Lösungsansätze
8. Resümee
9. Literatur- und Quellenverzeichnis
Anlagenverzeichnis
A1: Beispiele für Hygienefaktoren und Motivatoren
A2: Das Züricher-Modell nach Bruggemann
A3: Semantik der Zufriedenheitsmessung
A4: Umweltfaktoren, die einen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit haben
A5: Zuordnung der Variablen entsprechend der Kategorien von Anlage A4
A6: geschätzte Parameter
A7: Hausman Test für Anlage A6
A8: geschätzte Parameter mit logarithmiertem Einkommen
A9: Hausman Test für die Modelle mit logarithmiertem Einkommen
A10: AIC und BIC
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Erwerbstätigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Existenz. Es ist nicht überraschend, dass Arbeitszufriedenheit in der individuellen Entfaltung eine bedeutsame Rolle spielt und dass sich auch die Wissenschaft mit dem Zusammenspiel aus Arbeitsumfeld und persönlicher Bewertung auseinandersetzt. Bei der wissenschaftlichen Analyse der Arbeitszufriedenheit gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten diesen Forschungszweig zu rechtfertigen, die aber nicht widersprüchlich sein müssen.
Nähert man sich der Arbeitszufriedenheit aus Mitarbeitersicht, dann ist die Zufriedenheit mit der Arbeitsstelle eine zentrale Voraussetzung für humane Arbeit.[1] Aus Arbeitgebersicht stellen sich dagegen die Fragen, ob eine höhere Zufriedenheit zu mehr Leistung, zu einer geringeren Krankheitsrate oder zu weniger Fluktuation führen.[2] Es gilt zu berücksichtigen, dass hinreichend Annahmen bestehen, dass Arbeitszufriedenheit in einem bestimmten Rahmen für beide Vertragsparteien eine Win-Win-Situation darstellt.
Viele empirische Ansätze zur Erklärung der Arbeitszufriedenheit sind jedoch methodisch nur bedingt geeignet. Ansätze, die über Korrelationskoeffizienten hinausgehen, bilden die Ausnahme. Diese Berechnungen können nur kontrollieren, ob einzelne Variablen einen Einfluss auf die Zufriedenheit haben. Gerade aber um Win-Win-Situationen effizient und effektiv erzeugen zu können, ist es erforderlich den konkreten Einfluss einzelner Größen zu messen.
Ziel dieser Arbeit ist es, einen Beitrag zu leisten, wie die Bestimmungsfaktoren von Arbeitszufriedenheit gemessen werden können. Hierzu wird ein Panel-Modell herangezogen, um sowohl die Stärken und Schwächen dieses Ansatzes zu präsentieren. Aufgrund der Besonderheiten bei der Erklärung von Arbeitszufriedenheit wird im letzten Teil dieser Arbeit auf eine Ergänzung des Panel-Ansatzes hingewiesen um die in diesem Kontext aufgetretenen Probleme zu reduzieren.
2. Definition der Arbeitszufriedenheit
Die meiste Literatur im Bereich der empirischen Arbeitszufriedenheitsforschung setzt eine ungenannte Definition ihres Forschungsgegenstandes voraus.[3] Dies ist aber nicht nur eine Unzulänglichkeit der neueren Forschung. Das Fehlen einer operationalisierbaren Definition scheint diesem Forschungszweig, insbesondere dem empirisch geprägten Teil, auch historisch inhärent zu sein.[4] Eine Definition ist aber unerlässlich, gerade um eine empirische Antwort auf die Frage zu finden, was zur Zufriedenheit am Arbeitsplatz beiträgt.
Die psychologischen Theorien gehen davon aus, dass es sich bei der Arbeitszufriedenheit um eine alles einschließende Einstellung der Person zu ihrer Erwerbstätigkeit handelt. Dabei findet durch die Person ein Bewertungsprozess statt, zwischen dem was ist, bzw. wie die Wahrnehmung davon ist, und was sein soll. Dabei richtet sich das „Sollen“ nach individuellen Bedürfnissen, die aber nicht nur durch die Person geprägt sind, sondern auch vom Umfeld interaktiv beeinflusst werden.[5] Arbeitszufriedenheit ist folglich das Ergebnis dieses Abwägungsprozesses. Das Individuum berücksichtigt in einem sehr komplexen Vorgang unterschiedliche Dimensionen die in Verbindung zur Arbeit stehen.[6] Auf die Einstellung haben infolgedessen objektive Umweltzustände einen Einfluss. Die damit verbundene Emotion ist aber als durchaus subjektiv zu beschreiben. Die Zufriedenheit ist umso höher, je größer die Intensität von Erfahrungen ist, die als angenehm empfunden werden.
Zum Verständnis von Arbeitszufriedenheit muss noch eine zeitliche Dimension hinzugefügt werden. Arbeitszufriedenheit wird als eine lang anhaltende, tendenziell stabile Bewertung der Arbeitssituation verstanden.[7] Diese Annahme ist für die vorliegende Arbeit von Bedeutung. Die Untersuchung geht der Frage nach, inwieweit stetige Effekte im Arbeitskontext das Wohlbefinden beeinflussen können. Einzelne und spontan auftretende Ereignisse die zur Zufriedenheit führen, lässt sie außer Acht.
Zusammenfassend lässt sich sagen, Arbeitszufriedenheit ist das Ergebnis eines Prozesses, in dem das Subjekt objektive Arbeitsbedingungen bewertet unter Berücksichtigung der eigenen Erwartungen. Die Emotion beinhaltet dabei die Auseinandersetzung mit einem längeren Zeitraum.
3. Theoretische Ansätze der Zufriedenheitsforschung
3.1 Psychologische Theorien
3.1.1 Zweifaktoren-Theorie nach Herzberg
Diese Theorie unterscheidet Hygienefaktoren und Motivatoren. Als Hygienefaktoren werden Einflussgrößen bezeichnet, deren Nichtvorhandensein zur Unzufriedenheit führt. Liegen die Hygienefaktoren hingegen vor, führt dies keinesfalls zur Zufriedenheit sondern lediglich zu einem neutralen Zustand. Zufriedenheit erfolgt in dieser Theorie nur dann, wenn Motivatoren gegeben sind. Das Fehlen dieser führt aber nicht zur Unzufriedenheit.[8]
Die Aussagekraft der Zweifaktorentheorie ist sehr umstritten. Empirisch kann diese Theorie nicht aufrechterhalten werden. Die von Herzberg verwendete Fragemethode zur Stützung des Ansatzes hat das Antwortverhalten so beeinflusst, dass eine starke Verzerrung zu Gunsten der zwei Kategorien stattgefunden hat: Die Untersuchungsteilnehmer sollten sich an besonders positiv oder negativ erlebte Ereignisse erinnern. Bei positiven Erlebnissen korreliert das Antwortverhalten, wegen selbstwertdienlichen Effekten, mit der Person. Negative Emotionen werden dagegen mit externen Effekten in Verbindung gebracht. Das Ergebnis ist mit der Trennung nach Hygienefaktoren und Motivatoren identisch. Die Kausalität hierfür liegt aber nicht in der Psychologie des Menschen, sondern im Frageverhalten.[9] Das Modell von Herzberg eignet sich daher nicht für eine quantitative Untersuchung.
3.1.2 Das Züricher-Modell nach Bruggemann
Untersuchungen zur Arbeitszufriedenheit ergeben meistens Werte von 70 bis 80 % zufriedene oder sehr zufriedene Arbeitnehmer. Jedoch ist es falsch, diese Werte unmittelbar zu interpretieren. Die Nennung von Zufriedenheit ist nicht mit einem befriedigenden Arbeitsverhältnis gleichzusetzen. Gerade hierfür liefert das Züricher-Modell einen Erklärungsansatz.[10]
Ausgangspunkt ist der individuelle Abgleich von Soll- und Ist-Werten. Entspricht die Situation mindestens den Erwartungen, führt das zur Zufriedenheit. Das Individuum strebt dann entweder nach einer Erhöhung des Anspruchniveaus (progressive Arbeitszufriedenheit) oder nach der Aufrechterhaltung (stabilisierte Arbeitszufriedenheit). Entspricht der Status quo hingegen nicht den Erwartungen führt das zuerst zu einer diffusen Unzufriedenheit, die unterschiedlich verarbeitet wird. Zum Ausgleich der Soll-Ist-Differenz kann das Anspruchniveau gesenkt werden (resignative Arbeitszufriedenheit). Wird das Anspruchsniveau aufrechterhalten, führt dies zu einer Pseudo-Arbeitszufriedenheit (bei einer Verfälschung der Situationswahrnehmung), einer fixierten Arbeitsunzufriedenheit (bei fehlenden Problemlösungsversuchen) oder einer konstruktiven Arbeitsunzufriedenheit (bei Problemlösungsversuchen). Ein Unterschied zwischen Erwartungen (bzw. Bedürfnissen) und der Arbeitssituation resultiert immer in einem Rückkopplungsprozess zwischen diesen beiden Komponenten.[11]
Dieses Modell scheint aufgrund seiner dynamischen und wechselseitigen Komponenten den Prozess, wie Arbeitszufriedenheit entsteht, gut abzubilden. Empirische Untersuchungen unterstreichen auch den Erklärungsgehalt des Modells. Jedoch sind diese wegen der schwierigen Operationalisierung entweder qualitativ oder nur deskriptiv.[12] Einem mikroökonometrischen Ansatz stehen keine Paneldaten, die über eine globale Arbeitszufriedenheitsmessung hinausgehen, zur Verfügung. Eine Aufschlüsselung nach den verschiedenen Unterarten der Zufriedenheit ist nicht möglich.
3.2 Empirisch orientierte Ansätze
Im Gegensatz zu den psychologischen Ansätzen sind die meisten empirischen Untersuchungen nur in einem geringen Maße theoriebasiert.[13] Zur Bildung eines empiriegestützten Modells zur Erklärung der Zufriedenheit ist aber eine gewisse theoretische Konzeption erforderlich. Hierzu wird auf die Arbeiten von O. Neuberger und M. Allerbeck zurückgegriffen. Diese erklären Arbeitszufriedenheit anreiztheoretisch. Das Subjekt bewertet einzelne Erlebnisse auf der Dimension „schlecht bis gut“ und speichert dies im Gedächtnis. Dementsprechend werden die an diesem Prozess anschließenden Deutungs-, Zuwendungs- und Meinungsverhalten determiniert.[14]
Hier wird eine Struktur des Urteilsverhaltens unterstellt. Dieser Prozess beinhaltet eine innere Modellbildung des Individuums, in dem die objektive Arbeitssituation durch ein emotionales Urteil verarbeitet wird. Dieses latente Modell trifft bei einer Untersuchung auf ein äußeres. Das Ergebnis des Abgleichs ist die kommunizierte Zufriedenheit, die in einer numerischen Variable erfasst wird.[15] Bei diesem Vorgang sind folgende psychologischen Einflussgößen zu berücksichtigen:[16]
- Die Empfindung über einen Zeitraum in der Vergangenheit bemisst sich einerseits nach den Emotionen gegen Ende des Zeitraums und andererseits nach den stärksten Gefühlen während des gesamten Zeitraums. Dabei hat die Dauer des zu bewertenden Zeitraums keinen Einfluss auf das Urteil.
- Grundsätzlich reicht eine Dimension zur Beurteilung der Arbeitszufriedenheit aus. Trotzdem können nicht immer alle Erlebnisse eindimensional abgebildet werden. So kann es sogar dazu kommen, dass bei einer eindimensionalen Betrachtung sich mehrdimensionale Bewertungen gegenseitig aufheben.
- Durch die Konfrontation des Subjekts mit einem externen Modell kann es in Folge der Befragungssituation zu einer Verzerrung des Antwortverhaltens kommen.[17]
- Da die Arbeitssituationen durch Individuen unterschiedlich stark differenziert wahrgenommen werden, müssen Modelle dies auch ausreichend berücksichtigen. Die Struktur des äußeren Modells muss somit für das Individuum weitestgehend kongruent mit dem inneren Modell sein um Informationsverluste zu vermeiden.[18]
- Bei der Befragung findet unterbewusst ein Vergleich der gegenwärtigen Situation mit dem Beurteilungszeitraum statt. Dabei hat auf die Wahrnehmung der Vergangenheit die gegenwärtige Situation einen nennenswerten Einfluss.
Durch gezielte Fragetechniken und einer angemessenen inhaltlichen Ausgestaltung lassen sich die hier aufgeführten Schwierigkeiten reduzieren.[19] Obwohl Arbeitszufriedenheit in der Regel global gemessen wird – was eine nicht zu vernachlässigende kognitive Leistung für das Individuum darstellt – hat das Messverfahren eine hohe Reliabilität.[20] Zufriedenheitsmessungen nach einzelnen Bereichen sind aber noch reliabler.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Differenzierung der Arbeitssituation wesentlich zur Messung der Zufriedenheit beiträgt. In diesem Zusammenhang sind die Studien von Peter Warr hilfreich, der die Einflussgrößen von Arbeitszufriedenheit empirisch untersucht hat.[21] Darüber hinaus wird für Alter und Geschlecht in der Literatur ein Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit nachgewiesen.[22]
3.3 Persönlichkeit und Arbeitszufriedenheit
Die Persönlichkeit hat sowohl einen direkten als auch einen indirekten Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit. Ein indirekter Zusammenhang erfolgt insbesondere durch eine Selektion der Berufswahl im Vorfeld (vgl. 3.4) und durch die Wahrnehmung, die ebenfalls von der Persönlichkeit determiniert wird. Des Weiteren kann das Arbeitsumfeld systematisch auf bestimmte Persönlichkeiten reagieren und somit auf die Zufriedenheit wirken.[23] Ein direkter Einfluss zwischen Persönlichkeit und Zufriedenheit findet dagegen durch die Bewertung der Arbeitsinhalte und des organisatorischen Umfeldes statt.[24]
Folgende Persönlichkeitsmerkmale wirken sowohl direkt als auch indirekt:[25]
- Kognitive (wie Sprache, Denken, Motorik, Lernen oder Wahrnehmung),
- affektive (wie negative oder positive Affektivität) und
- evaluative (wie Selbstwert oder Selbstwirksamkeit) Merkmale.
Dabei sind alle Persönlichkeitsmerkmale zu einem bestimmten Teil erblich determiniert. Über einen längeren Zeitraum sind alle und nicht nur die vererbten Persönlichkeitsmerkmale als durchaus stabil zu betrachten.[26]
Neben den kognitiven und evaluativen Dispositionen haben bei den affektiven Merkmalen insbesondere Neurotizismus (emotionale Stabilität), Extraversion, positive und negative Affektivität einen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit. Dabei findet eine starke Korrelation zwischen affektiven und evaluativen Dispositionen statt.[27]
Inwieweit die Persönlichkeit einen direkten Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit hat, bleibt in der Literatur strittig. Andrea E. Abele et al gehen z. B. im Gegensatz zu Peter Warr davon aus, dass die Persönlichkeit keinen Einfluss hat.[28]
3.4 Selektionseffekte
Der Zusammenhang Arbeitszufriedenheit und Arbeitsplatz ist durch zwei grundsätzlich mögliche Selektionseffekte gekennzeichnet. Der erste tritt bei der Berufswahl auf. Danach wählen Personen bevorzugt die Berufe, die von ihrer Persönlichkeit, ihren Kenntnissen und Wertvorstellungen abhängen. Deckungsgleiche Person-Berufs-Konstellationen führen zu einer höheren Arbeitszufriedenheit. Rainer Wieland et al gehen davon aus, dass „der wesentliche Effekt von Selektionswirkungen […] demnach darin [besteht], dass zentrale, die AZ determinierende Merkmale der Arbeitssituation […] dadurch weitgehend festgelegt werden.“[29]
Dies setzt aber voraus, dass das Subjekt bezüglich seiner künftigen Stelle weitestgehend über vollständige Informationen verfügt. Durch den umfassenden Vorgang der beruflichen Sozialisation erscheinen exakte Erwartungen über den neuen Arbeitsplatz als eine zu starke Annahme. Dies wird zusätzlich dadurch gestützt, dass eine berufliche Selektion mit einhergehender Pfadabhängigkeit bereits sehr früh in der Erwerbsbiographie stattfindet.[30] Es erscheint theoretisch aber als durchaus plausibel, dass die Selektion ex ante zu einer hohen stabilen Arbeitzufriedenheit führt, wie sie in vielen Untersuchungen beobachtet wird.[31] Ein empirischer Zusammenhang zwischen der Arbeitszufriedenheit und der Kongruenz von Persönlichkeit und Arbeitsplatz ist aber nicht besonders stark gegeben.[32] Hauptsächlich die kognitiven Fähigkeiten entscheiden bei der Selektion am Anfang der beruflichen Laufbahn.[33]
Ein weiterer Selektionseffekt kann bei Unzufriedenheit am Arbeitsplatz auftreten. Das Individuum wechselt dann die Stelle. Dieser Selektionseffekt ist aber nur eine Möglichkeit unter vielen mit der Unzufriedenheit umzugehen. Diese reichen von einem tendenziell destruktiven Verhalten zu einem eher konstruktiven Umgang, der auf eine Verbesserung der Situation abzielt (vgl. 3.1.2).[34] Aufgrund des Umfangs dieser Arbeit wird keine der beiden Selektionsarten im weiteren Verlauf näher untersucht.
4. Verwendete Daten
4.1 Datengrundlage
Als Datengrundlage für diese Untersuchung wurden die Erhebungen des SOEP herangezogen. Ziel war es den quantitativen Ansatz von P. Warr mittels einer Panelerhebung zu untersuchen. Im Rahmen des SOEP wurden seit 2001 jährlich zwischen 11.000 und 15.000 Erwerbstätige zu ihrer Arbeitszufriedenheit befragt, wobei ein Großteil der Befragten über die Jahre identisch ist.[35] Hierdurch können nicht nur Effekte über die Einheiten wie bei einmaligen Erhebungen ermittelt werden, sondern auch über die Zeit.[36]
Da das SOEP nicht zu allen Kategorien von P. Warr Daten erhebt, muss in manchen Bereichen entweder auf eine Auswertung verzichtet werden oder auf Indikatoren zurückgegriffen werden. Eine Übersicht über die verwendeten Daten bietet Anlage A5. Die Variablen des SOEP wurden dabei inhaltlich den geeignetsten Kategorien zugeordnet. Einige Variablen stellen lediglich Indikatoren da, die den Ansatz von P. Warr messbar machen könnten. Auf diese Problematik soll mittels der Messung des Gehalts hingewiesen werden. Für die Modelle wurde der Nettoarbeitsverdienst herangezogen. Dieser ist aber nur ein bedingt geeigneter Indikator für das Realeinkommen. Nicht nur Unterschiede zwischen West und Ost sind festzustellen, sondern auch innerhalb der einzelnen Bundesländer streut der Lebensstand stark.[37] Eine bessere Aussagekraft der Schätzung könnte erzielt werden, wenn reale anstatt nominale Größen verwendet würden.
Auch musste darauf verzichtet werden Arbeitszufriedenheit zweidimensional – wie es P. Warr vorschlägt[38] – zu messen, da das SOEP nur eindimensional die Zufriedenheit abfragt. Wegen der bereits beschriebenen guten Reliabilität einer eindimensionalen Skala soll in dieser Arbeit die Untersuchung auf eine einzelne Dimension beschränkt bleiben.
Die meisten Umweltvariablen, die einen Beitrag zur Erklärung der Arbeitszufriedenheit leisten könnten und gleichzeitig in mehreren Jahren erhoben wurden, befinden sich in den Erhebungen 2001, 2003, 2005 und 2007. Dementsprechend erfolgen die weiteren Berechnungen auf Grundlage dieser Daten. Als Filterkriterium wurde die Art der Erwerbstätigkeit herangezogen. Untersuchte Personen waren demnach entweder voll erwerbstätig, in Teilzeitbeschäftigung, in betrieblicher Ausbildung/ Lehre/ Umschulung oder geringfügig bzw. unregelmäßig erwerbstätig. Dies beinhaltet somit auch Selbständige, die bei üblichen Untersuchungen nicht befragt werden. Auf Grund der vorhandenen Datenfülle ist aber gerade auch diese Gruppe interessant, denn Selbständigkeit ist im Rahmen einer aktiven Arbeitsmarktpolitik eine Alternative zum eher klassischen Angestelltenverhältnis.[39]
Die durchschnittliche Arbeitszufriedenheit betrug in den vier untersuchten Jahren auf einer Skala von 0 (ganz und gar unzufrieden) bis 10 (ganz und gar zufrieden) jeweils zwischen 7,0 und 7,2 Punkte bei einer Standardabweichung von 2,0. Wie bereits in anderen Untersuchungen nachgewiesen, liegen die Werte hier ebenfalls deutlich im zufriedenen Bereich. Ein Rückschluss auf die Ursachen ist bei Betrachtung der Mittelwerte aber nicht möglich.
[...]
[1] Rosenstiel, L. von, Bögel, R. (2009, S. 179 – 180)
[2] Nerdinger, F. W. et al (2008, S. 433 – 434)
[3] so auch in der Sammlung von Fischer (2006)
[4] Neuberger, O., Allerbeck, M. (1978, S. 11 f.)
[5] einen umfangreichen Überblick hierzu liefern Neuberger, O., Allerbeck, M. (1978, S. 12 ff.)
[6] Kirchler, E., Hölzl, F. (2008, S. 243 – 244)
[7] Rostenstiel, L. von., Bögel, R. (2009, S. 180 – 181)
[8] zum Überblick vgl. Anlage A1
[9] Kirchler, E., Hölzl, E. (2008, S. 247 - 248) und auch Nerdinger, F. W. et al. (2008, S. 430)
[10] Baumgartner, C., Udris I. (2006, S. 112)
[11] Anlage A2
[12] so z. B. Büssing, A., et. al. (1999, S. 999 ff.) und als Überblick über den momentanen Forschungsstand vgl. Baumgartner, C., Udris I. (2006, S. 117 ff.)
[13] Baumgartner, C., Udris, I. (2006, S. 124)
[14] Neuberger, O., Allerbeck, M. (1978, S. 32 f.)
[15] Anlage A3
[16] Fischer, L., Belschak, F. (2006, S. 85 ff.)
[17] Kirchler, E., Hölzl, E (2008, S. 269)
[18] so auch schon Neuberger, O., Allerbeck, M. (1978, S. 36 f.)
[19] Fischer, L., Belschak, F. (2006, S. 101)
[20] Nerdinger, F. W. et al. (2008, S. 428) und auch Fischer, L., Belschak, F. (2006, S. 102)
[21] Anlage A4
[22] Schulte, K. (2006, S. 274 – 276), Kirchler, E., Hölzl, E (2008, S. 254 – 255)
[23] Abele, A. E. et al (2006, S. 222)
[24] Gutknecht, S. P. (2007, S. 56)
[25] Gutknecht, S. P. (2007, S. 54 ff.)
[26] Pervin, L. A. (1993, S. 355)
[27] Gutknecht, S. P. (2007, S. 55)
[28] Warr, P. (1999, S. 401 f.), Abele, A. E. et al (2006, S. 221 f.). S. P. Robbins (2001, S. 153) geht dagegen davon aus, dass ca. 30 % der Zufriedenheit genetisch bedingt ist.
[29] Wieland, R. et al (2006, S. 228)
[30] Gutknecht, S. P. (2007, S. 45 f.)
[31] Wieland, R. et al (2006, S. 235), dazu auch Gutknecht, S. P. (2007, S. 45)
[32] Gutknecht, S. P. (2007, S. 47)
[33] Gutknecht, S. P. (2007, S. 54)
[34] Kirchler, E. (2008, S. 259), dazu auch Gutknecht, S. P. (2007, S. 57)
[35] DIW Berlin, http://www.diw.de/sixcms/detail.php/286849#273552 , 01.12.2009
[36] Cameron, A. C., Trivedi, P. K. (2009, S. 229)
[37] vgl. hierzu INSM-Regionalranking 2009, Indikator: Kaufkraft, http://www.insm-regionalranking.de/2009_bl_deutschland_i_kaufkraft.html , 14.01.2010
[38] Warr, P. (1999, S. 395 – 396)
[39] Oschmiansky, F., Ebach, M. (2009, S. 15 -16)
- Quote paper
- Diplom-Verwaltungswirt (FH) Matthias Will (Author), 2010, Arbeitszufriedenheit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145848
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