Der Unterrichtsentwurf thematisiert das Gleichnis vom verlorenen Schaf. Die Schülerinnen und Schüler schreiben das Gleichnis in "ihre" Sprache um und erfahren so den Weg, den die Volxbibel geht, in aktiver Auseinandersetzung. Die Erbarbeitung des Gleichnisses in dieser produktiven Art dient als Grundlage für die abschließende Diskussion über die Vor- und Nachteile der Volxbibel.
Inhaltsverzeichnis
1 Lehr- und Lernvoraussetzungen
1.1 Situation der Klasse
1.2 Entwicklungsstand der Schiller
1.3 Personlicher Bezug zur Thematik
2 Sachanalyse
2.1 Die Volxbibel
2.2 Kleine Exegese von Lukas 15, 1-7
2.3 Elementarisierung
3 Didaktische Entscheidungen
3.1 Einbettung der Stunde im Gesamtkonzept
3.2 Bezug zum Bildungsplan
3.3 Auflistung der Unterrichtsziele
4 Methodische Analyse
5 Unterrichtsskizze
6 Literaturverzeichnis
Anhang
1 Lehr- und Lernvoraussetzungen
1.1 Situation der asse
Der evangelische Teil der Klasse 9b setzt sich aus 21 Schijlerinnen und Schijlern zusammen, wobei die 14 Schüler den 7 Schülerinnen zahlenmäfgig ijberlegen sind.
Fast alle Schijler1 sind getauft und konfirmiert. Nur eine Schijlerin ist in keiner Kirche Mitglied und auch weder getauft, noch konfirmiert. Zwei weitere Schijler sind getauft, aber nicht konfirmiert. E rwähnenswert ist das kirchliche Engagement zweier Schijlerinnen, die durch einen motivierenden Konfirmandenunterricht zur Mitarbeit im Kindergottesdienst ihrer Kirchengegemeinde angeregt wurden und diesen nun mitgestalten.
Vor allem diese zwei Mädchen sowie ein Junge sind die „Leistungsträger" im Fach Religion. Sie beteiligen sich in der Regel am Unterricht und bringen Diskussionen und Unterrichtsgespräche voran. Etwa ein Drittel der Schijler, vor allem eine Gruppe russischer Jungen, verhalten sich sehr zurückhaltend und still. Ich versuche sie durch produktive und aktive Unterrichtsformen sowie direkte Ansprachen ins Unterrichtsgeschehen einzubinden. Dabei stellt sich heraus, dass manche mitdenken und sich nur nicht aktiv beteiligen und andere wiederum mit ihren Gedanken oft nicht beim eigentlichen Unterricht sind. Den gleichen Eindruck machen vier Schijler, die am Anfang durch ihr extrem ablehnendes und provozierendes Verhalten mir, sowie anderen Mitschijlern gegenijber, aufgefallen sind. Diese Schijler polarisieren oft auch ihre Mitschüler und stiften eine Unruhe, die das Unterrichten fijr mich, sowie die Klasse insgesamt erschweren. Das äufgert sich auch in den zahlreichen Einträgen und Bemerkungen vieler Lehrer, die das Klassenbuch der Klasse durchziehen. Im Gespräch mit anderen Fachlehrern der Klasse wird deutlich, dass der Unterrichtsalltag in der Klasse nicht nur durch Störungen, sondern auch durch ein auffallend niedriges Leistungsniveau und entsprechend schlechten Noten gekennzeichnet ist. Im letzten Schuljahr hatten einige Schijler sogar in Religion Fijnfen und wurden nur knapp versetzt.
Die ersten Unterrichtswochen in der Klasse empfand ich oft als Kampf. Durch persönliche Gespräche, das Umsetzen einzelner Schijler oder andere pädagogische Ma g nahmen, aber auch durch gezieltes Lob, habe ich versucht, ein arbeitsfreundliches Unterrichtsklima zu fördern. Aufgerdem gibt es ein festes Ritual zu Beginn des Unterrichts, welches die Schijler selbst gestalten. Dazu haben sie gemeinsam ein Andachts- und Gebetsbuch erstellt, von welchem am Anfang des Unterrichts immer ein kurzer Input vorgelesen wird. Dieser bleibt unkommentiert stehen und kann in einer Schweigeminute innerlich verarbeitet werden. Die Schijler wollen dieses Ritual unbedingt beibehalten und lassen sich meistens auch darauf ein. Gelegentlich fällt es ihnen schwer, die Schweigeminute durchzuhalten oder sich wirklich ruhig auf das Vorgelesene zu konzentrieren.
Blick auf die Lage zu Beginn des Schuljahres haben sich das Unterrichtsklima und das Verhältnis von mir zu den Schillern sehr verbessert. Ich filhle mich inzwischen meistens wohl in der Klasse und beginne immer mehr, offene Unterrichtsformen zu integrieren.
1.2 Entwicklungsstand der Schiller
Laut PIAG ET sind Jugendliche ab etwa 11 Jahren in der Lage, abstrakt zu denken. Die Schiller können demnach begreifen, dass es neben ihrer Realität noch andere Realitäten gibt. Die Adoleszenten stellen Fragen nach der Wahrheit, der Gerechtigkeit und des Daseins. Sie sind in der Lage, hypothetische Bilder der eigenen Person zu entwerfen und können auch die Perspektiven anderer übernehmen (vgl. ZIMBARDO/G ERRING 2004, 456).
FOWLER knilpft an PIAG ETS so genannte Stufe des formal-operationalen Denkens an und beschreibt den Glauben von Jugendlichen ab der Pubertät als „synthetisch-konventionell". Synthetisch, weil eine Verknilpfung von Sinnglaube, der persönlichen Identität und ihrer Werteordnung stattfinden kann. Wird Gott als personal signifikant begriffen, kann diese Vorstellung Jugendliche tief beeindrucken, so FOWLER. Trotzdem ist der Glaube in dieser Stufe ein „stillschweigendes System", denn der Mensch filhlt sich emotional an seine Werte und Normen gebunden, hinterfragt sie allerdings nicht. Grundsätzlich werden Werte und Normen sehr stark von der Autorität einzelner Bezugspersonen oder Glaubensgemeinschaften geprägt (vgl. GROM 2000).
1.3 Pers onlicher Bezug zur Thematik
Gleichnisse in der Bibel besitzen filr mich einen hohen Stellenwert, denn sie verdeutlichen wesentliche und grundlegende Inhalte der biblischen Botschaft. Ich erfahre in der persönlichen Auseinandersetzung mit ihnen viele Dinge ilber das Reich Gottes und Gottes Sicht auf mich.
Die Volxbibel bietet — so denke ich — eine gute Grundlage, um Bibeltexte zu thematisieren, (Schiller) zum Bibellesen zu motivieren und Inhalte der Bibel in die heutige Lebenswelt (der Schiller) zu ilbertragen. Ich persönlich lese in meiner Freizeit keine Volxbibel, weil ich christlich sozialisiert bin und als Christ und Religionslehrerin auch mit „worttreueren" Ubersetzungen umgehen kann. Trotzdem nehme ich die Volxbibel zwischendurch gerne zur Hand, um zu sehen, welche zeitgenössischen Bilder und Worte die Ubersetzer filr bestimmte Sachverhalte gefunden haben.
2 Sachanalyse
2.1 Die Volxbibel
Die V o lxbibel ist ein Experiment, etwas Neues, nie Dagewesenes. Sie ist die erste deutsche Bibel, die versucht zu zeigen, wie Jesus m o glicherweise heute geredet hätte, o hne seine Aussagen ins Lächerliche zu ziehen o der ihnen die Schärfe zu nehmen (DREYER 2005, 3).
Martin DR EY ER, der Initiator der Volxbibel, nennt als wesentlichen Grund für die Entstehung der Volxbibel, die ständige Veränderung der Sprache. Schon Luther hatte bei seiner Ubersetzung den Grundsatz „dem Volk aufs Maul schauen" (vgl. DR EY ER 2005, 3). Als Volk definierte Luther laut DR EY ER „die Leute vom Markt, den Normalo von der Stralge, den Freak von Gegenüber" (DR EY ER 2005, 3). Die Volxbibel hat entsprechend diesem Grundsatz das Ziel, eine Sprache zu verwenden wie sie im Jugendzentrum oder auf dem Schulhof gesprochen und verstanden wird. Die Volxbibel soll so das Wort Gottes so anbieten, dass es auch all die verstehen, die nicht christlich aufgewachsen sind.
Was die Volxbibel weiter einmalig macht, ist, dass sie die erste Bibel ist, bei der wirklich jeder mitschreiben und sie mitgestalten kann. Sie ist ein sog. „Open Source Experiment". Das bedeutet, dass der „Quellcode" der Bibel ähnlich wie bei Wikipedia offen liegt2 und jeder Vorschläge einbringen kann. Alle Ubersetzungsversuche werden von einem Team von Theologen und Lektoren geprüft und ggf. übernommen. Das soll gewährleisten, dass die Sprache modern gehalten und durch die Vielzahl der Ubersetzer möglichst regional übergreifend wird.
DR EY ER betont, dass „Gottes Wort" von Gott kommt, lebendig werden kann und Leben verändern kann. Nicht ohne Grund steht auf der wie ein Zigaretten-Päckchen gestalteten Volxbibel unter anderem der Spruch „Vorsicht, das Lesen könnte dein Leben verändern". DR EY ER betont abschlielgend im Vorwort, dass es ihm wichtig ist, Gottes Worte nicht „weichzuspülen", denn sie sollen ihre Klarheit und Schärfe des ursprünglichen Textes behalten, damit ihre Bedeutung nicht verloren geht (vgl. DR EY ER 2005, 3f).
Seit ihrer Veröffentlichung im Jahre 2004 sorgte die Volxbibel für viele Diskussionen. Zeitweise gab es laut ACHT ERMANN drei Homepages als Gegenkampagne mit Slogans wie „Volxbibel — nein Danke" (vgl. ACHT ERMANN 2009). Der Hauptvorwurf gegen die Volxbibel ist, dass die „hingerotze Gossensprache" dem Wort Gottes nicht angemessen sei, so Michael FR EITAG, Mitherausgeber der Bibelübersetzung „BasisB", die ebenfalls Jugendliche ansprechen will (vgl. FR EITAG 2006, 24ff). ACHT ERMANN schreibt daraufhin: „Fakt ist jedoch, dass das im Neuen Testament verwendete Koine-Griechisch mit einigen Ausnahmen nicht unbedingt elegant ist. Es war die gesprochene Sprache des Volkes." (ACH ERMANN 2009). Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass inzwischen jeder seine eigene Bibel schreiben könne. ACHT ERMANN stimmt diesem Vorwurf zu, denn rein faktisch kann sich auch wirklich jeder an der Ubersetzung beteiligen. Das Redaktionsteam, welches aus studierten Theologen besteht, versuche jedoch dogmatische und ideologische Uberfremdungen zu vermeiden (vgl. ACHT ERMANN 2009).
Die Aufzählung von allen Chancen und Grenzen, Pro- und Contraargumenten3 der Volxbibel kann an dieser Stelle nicht geleistet werden. 1ch denke, abschliegend bleibt zu sagen, dass die Volxbibel zwar Chancen bietet, allerdings auch kritisch betrachtet werden muss. Genau in diesem Spannungsfeld sehe ich ein groges Potential für den Unterricht4.
2.2 Kleine Exegese von Lukas 15, 1-7
2.2.1 Gattungsbestimmung
1st von einem Gleichnis die Rede, kann damit grundsätzlich Verschiedenes gemeint sein. Die Palette an Kategorien erstrecken sich laut der Gleichnisforschung vom Bildwort, Ober den Vergleich oder die Parabel bis hin zu Beispielerzählungen. Das Gleichnis vom verlorenen Schaf lässt sich laut dem Calwer Bibellexikon der Kategorie „Gleichnisse im engeren Sinn" zuordnen, wobei SCHROT ER darauf hinweist, dass bei genauerem Hinsehen die Grenzen zwischen den einzelnen Facetten oft verschwimmen (vgl. SCHROT ER 2008, 450). „Das Gleichnis im engeren Sinn schildert einen vertrauten, typischen und oft wiederkehrenden Vorgang, dessen Bildhälfte der Alltagswelt der Hörer entnommen ist (z.B. Landwirtschaft, Suche nach Verlorenem).", schreibt ROSE zum Gleichnis (ROSE 2003, 448). Erzielt werden sollen dadurch zum einen die Aufmerksamkeit und das Verstehen auf Seiten der Zuhörenden, zum anderen fördern Gleichnisse die Ubertragung der Botschaft in andere Bereiche. Beim Gleichnis vom verlorenen Schaf wird diese Ubertragung darin deutlich, dass sich Menschen genauso Ober Verlorenes freuen, wie die Freude im Himmel Ober einen umgekehrten Sunder ist (vgl. ROSE 2003, 448ff).
2.2.2 Gliederung und Inhalt und des Bibeltextes
Vers 1-3: Vorstellung der Rahmenbedingungen bzw. der Jesus umgebenden Menschen
Vers 3: Einleitung des Gleichnisses „ Er sagte aber zu ihnen..."
Vers 4-6: Jesus erzählt das Gleichnis vom verlorenen Schaf
Vers 7: Abschluss und Ubertragung des Gleichnisses
[...]
1 Im weiteren Verlauf werde ich nur noch Schijler, anstatt Schijlerinnen und Schijler schreiben. Die Schijlerinnen sind inbegriffen.
2 Der Quellcode kann unter http://wiki.volxbibel.com/index.php/Hauptseite, gesehen am 3.12.09 eingesehen und verändert werden.
3 Eine Auflistung vieler Pro- und Contraargumente findet sich unter http://de.wikipedia.org/wiki/Volxbibel.
4 Bibeltexte siehe Anhang.
- Arbeit zitieren
- Juliane Schäfer (Autor:in), 2009, Das verlorene ?!, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145552
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