Wir schreiben das Jahr 2010. Zur Zeit läuft ein Film in unseren Kinos, der sämtliche Kassenrekorde erzielt und bereits nach wenigen Wochen Spieldauer mit einem Einspielergebnis von weltweit mehr als 1,8 Milliarden US-Dollar der kommerziell erfolgreichste Film der bisherigen Filmgeschichte ist. Das Fantasy-Epos nennt sich „Avatar“ und entstammt der Arbeit des Oscar prämierten Regisseurs James Cameron. Das Faszinierende an diesem cineastischen „Meisterwerk“ ist nicht die Story oder die schauspielerische Leistung der Akteure, sondern vielmehr der Einsatz einer digitalen Technik, die zwar schon vorher existierte, jedoch nie so gezielt und in so großem Rahmen verwendet worden ist. Durch den Einsatz virtueller 3-D-Kameras und eines neuartigen Kamera-Fusion-Systems wird dafür gesorgt, dass der Zuschauer das Gefühl hat, die Filmhandlung tatsächlich am eigenen Leib mitzuerleben. Nie zuvor hat ein Film dem Publikum ein so opulentes optisches Spektakel geboten. „Avatar“ stellt somit jetzt schon einen Meilenstein der Mediengeschichte dar und erweist sich mit hoher Wahrscheinlichkeit als Ausgangspunkt eines neuen Kino-Zeitalters. Einen ähnlich großen Umbruch in dem eigentlich noch sehr jungen Medium des Films, gab es bisher lediglich zwei Mal. Zum einen mit der Umstellung von Stumm- auf Tonfilme und zum anderen mit dem langsamen Wechsel vom Schwarz-Weiß- zum Farbfilm. Das in unserer digitalisierten und vernetzten Welt, in der nahezu jeder Bürger Fernsehen, Computer, Internet oder Handy nutzt, ein Film für so enorme Begeisterung sorgen kann, lässt im Ansatz erahnen, wie revolutionär die ersten bewegten Bilder im ausgehenden 19. Jahrhundert gewirkt haben müssen. Hierbei steht nicht der technische Aspekt im Vordergrund sondern vielmehr der Zugang und die Wirkung des Mediums auf seine Zuschauer. Das Jahr 1895 gilt als die Geburtsstunde des Kinos.
Als die Brüder Auguste Marie Louis Nicolas Lumière und Louis Jean Lumière am 28. Dezember 1895 im Grand Café in Paris die erste öffentliche Filmvorführung Frankreichs vor zahlendem Publikum veranstalteten, präsentierten sie zehn selbst gedrehte Kurzfilme.
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Inhaltsverzeichnis
Einführung
Vorläufermedien und technische Grundlagen
Pioniere des Films: Die Brüder Lumière und Georges Méliès
Produktionsweisen und Marktstrukturen
Vorführstätten und Zuschauerklientel
Die Macht als Massenmedium und die Frage nach Zensur
Das Konzept der Sinngebung von Film und seine Wirkungsweise
Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
Einführung
Wir schreiben das Jahr 2010. Zur Zeit läuft ein Film in unseren Kinos, der sämtliche Kassenrekorde erzielt und bereits nach wenigen Wochen Spieldauer mit einem Einspielergebnis von weltweit mehr als 1,8 Milliarden US-Dollar der kommerziell erfolgreichste Film der bisherigen Filmgeschichte ist. Das Fantasy-Epos nennt sich „Avatar“ und entstammt der Arbeit des Oscar prämierten Regisseurs James Cameron. Das Faszinierende an diesem cineastischen „Meisterwerk“ ist nicht die Story oder die schauspielerische Leistung der Akteure, sondern vielmehr der Einsatz einer digitalen Technik, die zwar schon vorher existierte, jedoch nie so gezielt und in so großem Rahmen verwendet worden ist. Durch den Einsatz virtueller 3-D-Kameras und eines neuartigen Kamera-Fusion-Systems wird dafür gesorgt, dass der Zuschauer das Gefühl hat, die Filmhandlung tatsächlich am eigenen Leib mitzuerleben. Nie zuvor hat ein Film dem Publikum ein so opulentes optisches Spektakel geboten. „Avatar“ stellt somit jetzt schon einen Meilenstein der Mediengeschichte dar und erweist sich mit hoher Wahrscheinlichkeit als Ausgangspunkt eines neuen Kino-Zeitalters. Einen ähnlich großen Umbruch in dem eigentlich noch sehr jungen Medium des Films, gab es bisher lediglich zwei Mal. Zum einen mit der Umstellung von Stumm- auf Tonfilme und zum anderen mit dem langsamen Wechsel vom Schwarz-Weiß- zum Farbfilm. Das in unserer digitalisierten und vernetzten Welt, in der nahezu jeder Bürger Fernsehen, Computer, Internet oder Handy nutzt, ein Film für so enorme Begeisterung sorgen kann, lässt im Ansatz erahnen, wie revolutionär die ersten bewegten Bilder im ausgehenden 19. Jahrhundert gewirkt haben müssen. Hierbei steht nicht der technische Aspekt im Vordergrund sondern vielmehr der Zugang und die Wirkung des Mediums auf seine Zuschauer. Das Jahr 1895 gilt als die Geburtsstunde des Kinos. Als die Brüder Auguste Marie Louis Nicolas Lumière und Louis Jean Lumière am 28. Dezember 1895 im Grand Café in Paris die erste öffentliche Filmvorführung Frankreichs vor zahlendem Publikum veranstalteten, präsentierten sie zehn selbst gedrehte Kurzfilme. Der bekannteste unter diesen ist mit Abstand „Die Ankunft eines Zuges im Bahnhof von La Ciotat“ der schlicht und einfach von einem einfahrenden Zug und aussteigenden Fahrgästen handelte. Aufgrund einer amüsanten Anekdote ist dieser knapp einminütige Kurzfilm jedoch im kollektiven Gedächtnis geblieben ist. Die Legende besagt, dass die Zuschauer in Panik ausbrachen, da sie befürchteten, der ins Bild rasende Zug käme durch die Leinwand geradewegs auf sie zu gefahren. Höchstwahrscheinlich hat sich dieser Vorfall nicht ereignet, allerdings wird anhand der Geschichte eine grundlegende Eigenschaft und Qualität des Kinos zum Ausdruck gebracht. „Die Fähigkeit eine zweidimensionale Abbildung von Realität als unmittelbare Wirklichkeit erscheinen zu lassen.“[1] Damit ruft Kino, als Sinnbild des Mediums Film, eine technische Möglichkeit ins Leben, die die Sehgewohnheiten der Menschen verändert und als visueller Informationsträger Einfluss auf Verhalten und Gewohnheiten der Zuschauer nimmt. Hierbei kristallisiert sich eine zentrale Fragestellung heraus: Welche Voraussetzungen erklären die Erfolgsgeschichte des Mediums Film? Um diese Frage zu beantworten werde ich zuerst die technischen Voraussetzungen beleuchten, die für die Entwicklung erster Filmgeräte im ausgehenden 19. Jahrhundert entscheidend waren. Damit möchte ich verdeutlichen, dass Film als Teil eines Entwicklungsprozesses zu verstehen ist und nicht zufällig entdeckt wurde. Außerdem halte ich die inhaltliche Konzeption und auch die Anwendungsweise des Mediums für enorm wichtig, die sich bereits um 1900 herauskristallisierte und erste Unterschiede aufwies. Diese werde ich anhand der französischen Filmemacher Lumière und Mèliès darlegen. Da der Erfolg des Mediums auch auf Kapitalisierung und Vermarktung beruht, erweist sich ein kurzer Blick auf die damaligen Marktstrukturen als lohnenswert. Hierbei geht es im speziellen um die Situation bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, da in dieser Zeit die Grundlagen von Produktion und Vertrieb gelegt worden sind. Danach beschreibe ich die anfänglichen Formen von Filmvorführung, ob als sogenanntes „Wanderkino“ oder als „Kinotopp“, und welches Klientel damit angesprochen und erreicht wurde. Im folgenden Kapitel soll die Macht- und Einflussmöglichkeit des Mediums Film anhand seiner historischen Einordnung geklärt und die Problematik von Zensur angerissen werden. Schließlich werde ich die Bedeutung des Films anhand von Sinngebung und Wirkungsweise erläutern.
Vorläufermedien und technische Grundlagen
Die Erfolgsgeschichte des Films, die mit dem Übergang von proto-kinematographischen Effekten zum kinematographischen Medium einsetzte, ist nur „als Mediengeschichte eines unter den Leistungen seiner Vorläufermedien zielsicher und erfolgsorientiert auswählenden kumulativen Sammel-Mediums“ verständlich.[2] Beleuchtet man die technischen Ursprünge des Films, so ist festzustellen, dass sich bereits im Vorfeld verschiedene Techniken entwickelt hatten, deren Grundlagen wiederum die Kinematographie ermöglichten. Das damals neue Medium des ausgehenden 19. Jahrhunderts stellte also eine Kombination unterschiedlicher Teilbereiche dar, die sich jedoch untereinander stark beeinflussten.[3]
Zum einen übte die Technik der Projektion, wie sie spätestens seit der Laterna Magica[4] des 17. Jahrhunderts bekannt war, einen entscheidenden Einfluss aus. Eingesetzt wurde diese Technik überwiegend von Zauberern und Schaustellern auf Jahrmärkten im Bereich der einfachen Unterhaltung. Die anfangs noch sehr schwachen Lichtverhältnisse verbesserten sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch die Erfindung von Kalk- und Gaslampen, sodass Vorführungen in immer größer werdenden Räumen und vor immer mehr Menschen möglich wurden. Mit farbenprächtigen Bildern, Musik und trickreichen Effekten begeisterten die Projektionskünstler ein breites Publikum.
Den zweiten technisch wichtigen Faktor stellte der stroboskopische Effekt dar, der in den Konstruktionen von Lebensrad und Wundertrommel angewandt wurde. Als erstes funktionstüchtiges Gerät gilt das Projektions-Lebensrad des österreichischen Offiziers Franz Uchatius von 1845.[5] Hierfür malte man Einzelbilder auf eine Scheibe und drehte diese. Durch die Bewegung verschwimmen die Sprünge zwischen diesen Bildern, woraus für den Betrachter der Effekt einer scheinbar flüssigen Bewegung entsteht.
Die dritte bedeutende Technik, die der Kinematographie entscheidend auf die Beine verhalf, war die Fotografie. Mit dieser war es erstmals möglich, die Wirklichkeit scheinbar unverfälscht einzufangen und Bilder zu erstellen, die neue Betrachtungsweisen ermöglichten. Besonders hervorzuheben sind hierbei die Reihenbilder und Serienaufnahmen von Eadweard Muybridge, die sogenannte „photographische Flinte“ von Étienne Jules Marey und die Erfindung des Tachyskops durch Ottmar Anschütz. Das erklärte Ziel der drei war die Fixierung und die anschließende Analyse komplexer Bewegungsabläufe bei Tier und Mensch mit einem erhofften Erkenntnisgewinn.[6]
Als vierter technischer Einflussfaktor kann die Entdeckung und Entwicklung der Kunststoffverbindung Zelluloid gewertet werden. Zelluloide wurden als durchsichtige Träger für fotographische Filme konzipiert und standen in Konkurrenz zur fotographischen Platte. Dadurch legte man den Grundstein für den fotografischen Film und schuf die materielle Basis für biegsame Filmstreifen.[7]
Voraussetzung für die ersten Filmvorführungen war ein funktionierendes Aufnahme- und Abspielgerät. Die Brüder Lumière entwarfen 1894 mit dem „Cinématographen“ einen relativ kleinen und extrem zweckmäßigen Apparat, der Bilder aufnehmen, kopieren und projizieren konnte.[8] Zu ihrer Zeit waren die Franzosen allerdings nicht die einzigen Filmpioniere, die ein viel versprechendes Projektionsgerät entwickelten und für ihre Konstruktion Patent anmeldeten. Die Erfindung des Films lag im ausgehenden 19. Jahrhundert in ganz Europa und den USA in der Luft. So entwickelte der Amerikaner Thomas Alva Edison bereits vier Jahre zuvor eine Filmkamera und den so genannten „Kinematographen“. Bei dieser Konstruktion handelte es sich um ein Abspielgerät in Form eines Guckkastens, das ab 1894 in den Vereinigten Staaten von Amerika schnell Verbreitung fand.[9] In Deutschland konzipierten die Brüder Skladanowsky mit ihrem „Bioscop“ ebenfalls ein Aufnahme- und Abspielgerät, das sie am 1. November 1895 für ihre erste öffentliche Filmvorführung in Berlin nutzen konnten.
„Keiner dieser Männer kann als alleiniger Urheber des Mediums Film gelten, weil nur eine günstige Konstellation technischer Entwicklungen diese Erfindung zu diesem bestimmten historischen Moment ermöglichte.“[10]
Was die Lumière Brüder aber den anderen Erfindungen auf dem europäischen Markt voraus hatten, war eine nahezu fehlerfreie Aufnahme- und Funktionstechnik, die unter anderem auf einen speziell entwickelten Filmtransportgreifer zurückzuführen ist. Dieser technische Vorsprung in Kombination mit dem notwendigen Eigenkapital, um das neue Medium Film weiter auszubauen und zu kommerzialisieren, erklärt ihren Erfolg und die nachwirkende Prägung für die Filmgeschichte.[11]
Pioniere des Films: Die Brüder Lumière und Georges Méliès
Nachdem die technischen Voraussetzungen für Filmvorführungen geschaffen waren, kristallisierten sich sehr schnell erste Ansätze einer Genre-Differenzierung im Bereich der Filmproduktion heraus. Als noch bedeutsamer erachte ich jedoch die grundsätzliche Unterscheidung zwischen dem eher „dokumentarischen“ und dem „narrativen“ Stil in der Filmgestaltung, die auch mehr als hundert Jahre später noch vorgenommen werden kann. Als Wegbreiter dieser beiden Richtungen sind einerseits die Brüder Lumière, anderseits Georges Méliès hervorzuheben.
[...]
[1] Müller, Jürgen: Filme der 20er und das frühe Kino, S. 11.
[2] Müller, Corinna/ Segeberg, Harro: Die Modellierung des Kinofilms. Zur Geschichte des Kinoprogramms zwischen Kurzfilm und Langfilm 1905/06-1918, S. 8.
[3] Vgl. Faulstich, Werner: Medienwandel im Industrie- und Massenzeitalter (1830-1900), S. 233.
[4] Funktionsweise: „Kleine farbige, auf Glasplatten gemalte möglichst realistische Bilder wurden vor eine Lichtquelle gesetzt und durch eine Sammellinse auf eine Projektionsfläche, meist ein weißes Tuch, geworfen. Dabei diente zuerst eine Kerze und später dann eine Öllampe beziehungsweise Kalk- oder Gaslampe im Inneren des Kastens als Lichtquelle. Damit war eine wesentliche Voraussetzung für das Kino geschaffen: die Möglichkeit, Bilder vor einem größeren Publikum zu projizieren. Was diesen Bildern allerdings noch fehlte, war die Bewegung.“ (http://www.planet-wissen.de/kultur_medien/kino/filmtricks/laterna_magica.jsp).
[5] Vgl. Zglinicki, Friedrich von: Der Weg des Films, S. 130.
[6] Vgl. Faulstich, Werner: Medienwandel im Industrie- und Massenzeitalter (1830-1900), S. 234.
[7] Vgl. Faulstich, Werner: Medienwandel im Industrie- und Massenzeitalter (1830-1900), S. 234.
[8] Vgl. Zglinicki, Friedrich von: Der Weg des Films, S. 215.
[9] Vgl. Müller, Jürgen: Filme der 20er und das frühe Kino, S. 11.
[10] Pearson, Roberta: Das frühe Kino, S. 14.
[11] Vgl. Müller, Jürgen: Filme der 20er und das frühe Kino, S. 31.
- Quote paper
- Alexander Christian Pape (Author), 2010, Die Anfänge des Films (1895 – 1920), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145474
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