Vor dem Hintergrund, dass der Unternehmenswert ein subjektiver Wert ist, der von den Fähigkeiten und Risikopräferenzen des Bewertungssubjektes abhängt, nimmt die Risikoberücksichtigung in der Unternehmensbewertung einen besonderen Stellenwert ein. Nicht zuletzt weil das Risikoausmaß einen großen Einfluss auf die Höhe des Unternehmens(bar-)wertes bzw. des Grenzpreises hat, ist eine korrekte Risikoberücksichtigung erforderlich. Drei Konzepte zur Risikoberücksichtigung werden in dieser Arbeit vornehmlich nach dem individualistischen Ansatz vorgestellt: die Sicherheitsäquivalent-, die Risikozuschlags- und die Risikoprofilmethode. Die Sicherheitsäquivalentmethode setzt bei den Cashflows an und ermittelt Risikoabschläge auf die Erwartungswerte der Zahlungsverteilungen. Die Risikozuschlagsmethode setzt am Diskontierungssatz an. Es wird ein Risikozuschlag zum risikolosen Zinssatz ermittelt. Nach der Risikoprofilmethode wird eine Verteilung von Vermögensendwerten gebildet, aus der ein Sicherheitsäquivalent zu bestimmen ist. Alle drei Methoden führen im Einperiodenfall zum gleichen Unternehmenswert. Im Mehrperiodenfall ist zu differenzieren, ob die Zahlungsverteilungen der jeweiligen Periode unabhängig oder abhängig voneinander sind. Der Fall der Unabhängigkeit birgt keine bedeutenden Schwierigkeiten in sich. Problematisch ist der Fall der Abhängigkeit der Zahlungsverteilungen. Die Sicherheitsäquivalentmethode stellt eine theoretisch konsistente Lösung über das Roll-back-Verfahren bereit. Bei der Risikozuschlagsmethode kann es dagegen zu Problemen kommen. Die Risikoprofilmethode bietet einen transparenten Lösungsansatz, der aber vom Ergebnis der als Benchmark zu verstehenden Sicherheitsäquivalentmethode abweicht.
In der Praxis ist die Risikozuschlagsmethode weit verbreitet. Gründe dafür sind bspw. die Nichtbestimmbarkeit der Risikonutzenfunktion, die zur Ermittlung von Sicherheitsäquivalenten erforderlich ist, oder der von Individuen präferierte Weg in Renditen zu bewerten. Aber vor allem der Wunsch nach Überprüfbarkeit und die Möglichkeit der Ermittlung von Risikozuschlägen über (Kapital-)Marktmodelle, wie bspw. über das CAPM, sowie die Verfügbarkeit der entsprechenden Marktdaten, begründen die Anwendung der Risikozuschlagsmethode nach dem (kapital-)marktorientierten Ansatz in der Praxis. Die Risikoprofilmethode spielt in der Bewertungspraxis kaum eine Rolle.
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1 Einleitung
2 Grundlagen zur Risikoberücksichtigung in der Unternehmensbewertung
2.1 Überblick
2.2 Grundlegendes zur Unternehmensbewertung
2.2.1 Subjektive Unternehmensbewertung
2.2.2 Gesamtbewertungsverfahren und Risikoberücksichtigung
2.3 Risiko in der Unternehmung
2.3.1 Unsicherheit - Definition und Einteilung
2.3.2 Risikomessung
2.3.3 Gefahren in der Unternehmung
2.4 Risikoberücksichtigung beim Individuum
2.4.1 Subjektivität der Risikobewertung
2.4.2 Bernoulli-Prinzip
2.5 Zwischenfazit
3 Risikoberücksichtigung in der Unternehmensbewertung - drei Methoden
3.1 Überblick
3.2 Sicherheitsäquivalentmethode
3.2.1 Grundprinzip
3.2.2 Kritische Betrachtung insbesondere der Abhängigkeit von Zahlungsverteilungen
3.3 Risikozuschlagsmethode
3.3.1 Grundprinzip und Verbindung zur Sicheräquivalentmethode
3.3.2 Problematik der Mehrperiodigkeit und sinkende Risikozuschläge
3.4 Risikoprofilmethode
3.4.1 Grundprinzip
3.4.2 Kritische Betrachtung
3.5 Zwischenfazit
4 Praktische Relevanz der Risikoberücksichtung
4.1 Überblick
4.2 Sicherheitsäquivalent-, Risikozuschlags- und Risikoprofilmethode in der Praxis
4.3 Möglichkeit der Kapitalmarktorientierung bei der Risikozuschlagsmethode
4.4 Zwischenfazit
5 Zusammenfassung
Anhang
Literaturverzeichnis
Rechtsquellenverzeichnis
Sonstige Quellen
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Beispiel zur Bildung von Sicherheitsäquivalenten für Unternehmung A
Tabelle 2: Beispiel zur Bildung von Sicherheitsäquivalenten für Unternehmung B
Tabelle A2-3: Überblick zu den Methoden der Risikoberücksichtigung nach Ansätzen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Unsicherheitsbegriffe
Abbildung 2: Idealtypische Nutzenfunktionen und Sicherheitsäquivalent
Abbildung 3: Risikoprofil und Sicherheitsäquivalent für die Unternehmung A
Abbildung A1-4: Zweiperiodiger Zustandsbaum von abhängigen Zahlungsverteilungen mit zwei Umweltzuständen V
Abbildung A1-5: Zweiperiodiger Zustandsbaum von abhängigen Sicherheitsäquivalenten bei Existenz von zwei Umweltzuständen V
Abbildung A4-6: Risikopräferenzfunktion im Fall der Risikoaversion
Abbildung A4-7: Risikopräferenzfunktion im Fall der Risikoneutralität
Abbildung A4-8: Risikopräferenzfunktion im Fall der Risikofreude
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Trifft ein Individuum eine Entscheidung, so ist diese grundsätzlich gegenwarts- oder zukunftsorientiert.1 Wenn es sich um eine zukunftsorientierte Entscheidung handelt, so wird diese häufig im Ergebnis unsi- cher sein. Mit genau dieser Problematik ist in den meisten Fällen ein potentieller Käufer bzw. Verkäufer einer Unternehmung konfrontiert. Es stellen sich bspw. dem Käufer die Fragen: Wie sich das Unterneh- men entwickeln wird? Was er durch Umstrukturierung im Unternehmen verbessern kann? … Kurz: Wel- che Chancen und Risiken er sieht. Die Frage ist also, inwiefern die Unsicherheit einen Einfluss auf den Unternehmenswert hat und wie dieser berücksichtigt werden kann. Die Unternehmensbewertung steht dabei dem gleichen Problem wie die Investitionstheorie gegenüber.2 Es gilt ein Verfahren anzuwenden, welches geeignet ist, die Risikoeigenschaften von Individuen zu erfassen und auf Investitionsprojekte zu projizieren. Dies scheint nicht unproblematisch. Obermaier bezeichnet die Berücksichtigung der Unsi- cherheit als das „am schwersten wiegende Problem jeder Unternehmensbewertung“3.
Im Folgenden werden drei mögliche Methoden zur Risikoberücksichtigung vorgestellt: die Sicherheits- äquivalent-, die Risikozuschlags- und die Risikoprofilmethode. Es wird gezeigt, wie die Vorgehensweise der Methoden ist, wo sie ansetzen und wann sie zum gleichen Ergebnis führen. Darauf aufbauend wird in Grundzügen erläutert, wann die Methoden nicht mehr zu einem einheitlichen Unternehmenswert gelan- gen bzw. welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine konsistente Lösung resultiert. An- schließend wird die Bedeutung der Methoden in der Bewertungspraxis analysiert. Es wird herausgestellt, welche Methode gegenwärtig in der Praxis am meisten zum Einsatz kommt und was die Gründe hierfür sind. Im vierten Teil der Arbeit werden kurz die grundlegenden Elemente dargestellt, die eine Unsicher- heitsberücksichtigung in der Unternehmensbewertung erforderlich machen und eine Erfassung der Unsi- cherheit sowohl auf Seiten des Bewertungssubjektes als auch bei der Unternehmung ermöglichen.
Ziel der Arbeit ist es einen kritischen Überblick über die Möglichkeiten der Risikoberücksichtigung in der Unternehmensbewertung aus theoretischer sowie praktischer Sicht zu geben.
2 Grundlagen zur Risikoberücksichtigung in der Unternehmensbewertung
2.1 Überblick
Die Folgenden Abschnitte stellen die grundlegenden Elemente vor, die eine Risikoberücksichtigung in der Unternehmensbewertung begründen bzw. erforderlich machen. Dabei steht zunächst die Unterneh- mensbewertung an sich im Vordergrund, die die Subjektivität der Bewertung und die Orientierung an zukünftigen Cashflows hervorhebt. Anschließend wird insbesondere auf den Risikobegriff, die Risikoer- fassung und den Ursprung von Risiken in der Unternehmung eingegangen, bevor dann die Risikobewer- tung durch das Bewertungssubjekt insbesondere anhand des Bernoulli-Prinzips erläutert wird.
2.2.Grundlegendes zur Unternehmensbewertung
2.2.1 Subjektive Unternehmensbewertung
In der Vergangenheit ist die Bestimmung des Unternehmenswertes in Form eines objektiven Wertes vor- herrschend gewesen.4 Kritik an diesem Standpunkt findet sich beispielsweise bei Busse von Colbe, der unter anderem darauf hinweist, dass Käufer und Verkäufer einer Unternehmung kein Interesse an einem nicht ihren persönlichen Gegebenheiten angepassten Unternehmenswert haben können.5
Vor diesem Hintergrund hat sich die subjektive Unternehmensbewertung durchgesetzt,6 die auch in der gegenwärtig klar zweck- und kapitalmarktorientierten Unternehmensbewertung eine grundlegende Rolle einnimmt.7 Der subjektive Unternehmenswert beruht auf den individuellen Eigenschaften und Vorstel- lungen des Käufers oder Verkäufers der Unternehmung8 und ist dementsprechend „als Grenze der Kon- zessionsbereitschaft der betreffenden Verhandlungspartei definiert“9 (Grenzpreis). Ein einheitlicher Un- ternehmenswert besteht nach diesem Konzept nicht.10 Somit stellt der Kaufpreis der Unternehmung nur ein Verhandlungsergebnis zwischen den Parteien dar.11 Damit es überhaupt eine Verhandlungsbasis gibt, muss der Grenzpreis des Käufers über dem des Verkäufers liegen.12 Entsprechend ist das Risiko der Un- ternehmung in der Bewertung am Käufer bzw. Verkäufer orientiert und von dessen Individualitäten (z. B. Risikoneigung) abhängig.13
2.2.2 Gesamtbewertungsverfahren und Risikoberucksichtigung
Folgt man der Einteilung von Ballwieser, so sind vier Verfahrensgruppen zu unterscheiden:14 Gesamtbewertungs-, Einzelbewertungs-, Mischverfahren und Überschlagsrechnungen15.
Die größte Bedeutung kommt gegenwärtig den Gesamtbewertungsverfahren zu.16 Zu ihnen zählen das Ertragswertverfahren und die Discounted Cash Flow-Verfahren (DCF-Verfahren).17 Beide basieren auf der Diskontierung zukünftiger Rückflüsse, die an die Unternehmenseigentümer fließen,18 und sind des- halb grundsätzlich „subjektive Schätzverfahren“19. Insofern erlauben das Ertragswertverfahren und die Risikoberücksichtigung in der Unternehmensbewertung - Thomas Bohm 3 DCF-Verfahren eine Risikoberücksichtigung20 individualistisch bzw. marktorientiert im Zahlungsstrom (Cash Flow) oder Diskontierungszinssatz.21
2.3 Risiko in der Unternehmung
2.3.1 Unsicherheit - Definition und Einteilung
Die Unternehmensbewertung verlangt die Berücksichtigung von Unsicherheit, da sie auf zukunftsorientierten Daten basiert, die nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden können.22
Grundsätzlich wird unter Unsicherheit verstanden, dass eine Handlungsalternative (z. B. Kauf eines Un- ternehmens) in der Zukunft nicht mit Sicherheit ein bestimmtes Ergebnis (z. B. Dividend]e an den Unter- nehmenseigentümer) erwarten lässt,23 sondern dass Abweichungen zum Positiven (Chance) oder zum Negativen (Gefahr) möglich sind.24 Denn in der Regel ist ein Ergebnis von verschiedenen Einflussfakto- ren charakterisiert, die unterschiedliche Ausprägungen annehmen können.25 Eine Kombination der situa- tionsabhängigen Realisierungen dieser Faktoren stellt einen möglichen Umweltzustand des Zustandsrau- mes dar.26
Da Unsicherheit umgangssprachlich meist auch als Risiko verstanden wird,27 soll im Folgenden der Einteilung der Unsicherheitsbegriffe nach Perridon und Steiner gefolgt werden, die Unsicherheit als Risiko i. w. S. bezeichnen.28 Unsicherheit lässt sich demnach in Ungewissheit und Risiko i. e. S. untergliedern. Die Einteilung erfolgt danach, ob Eintrittswahrscheinlichkeiten den Umweltzuständen zugeordnet werden können oder keine Wahrscheinlichkeitsverteilung bekannt ist (siehe Abbildung ).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Unsicherheitsbegriffe.
Quelle: In Anlehnung an Perridon, L./Steiner, M., Finanzwirtschaft (2007), S. 94.
Bei Ungewissheit sind keine Eintrittswahrscheinlichkeiten der erforderlichen Umweltzustände bekannt.29 Demzufolge kann auch kein Erwartungswert gebildet werden.
Bei Risiko i. e. S. sind hingegen die Eintrittswahrscheinlichkeiten der relevanten Umweltzustände bekannt.30 Dabei erfolgt eine weitere Unterteilung nach objektiven und subjektiven Wahrscheinlichkeiten (siehe Abbildung ).31
Im Fall objektiver Wahrscheinlichkeiten kann durch empirische Untersuchungen oder durch einfache Wahrscheinlichkeitsrechnung die Häufigkeitsverteilung der relevanten Umweltzustände ermittelt bzw. „objektiviert“ werden.32 Bei den empirischen Untersuchungen wird sich zunutze gemacht, dass ein Ereig- nis mit großer Anzahl wiederholt werden kann und letztendlich hieraus eine approximative Wahrschein- lichkeitsverteilung resultiert.33
Dagegen beruhen subjektive Wahrscheinlichkeiten auf den subjektiven Einschätzungen des Bewertungssubjektes, weshalb die Erfahrungen, die Fähigkeiten und das Wissen der Person in die Wahrscheinlichkeitsverteilung mit einfließen.34 Dementsprechend können subjektive Wahrscheinlichkeiten als „Glaubwürdigkeitsmaße“35 verstanden werden.
Da die Unternehmensbewertung subjektorientiert erfolgt und es sich nicht um einen häufig wiederholten Vorgang handelt,36 ist die Unsicherheit durch das Risiko i. e. S. mit subjektiver Wahrscheinlichkeitsver- teilung zu berücksichtigen.37 Der Wert einer Unternehmung bspw. aus Sicht eines Käufers ist also von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst, von denen sich der Käufer mit Hilfe von historischen und gegenwärtigen Daten ein zukunftsorientiertes Bild macht und dabei eigene Wahrscheinlichkeiten für die relevanten Umweltzustände bildet.38
2.3.2 Risikomessung
Prinzipiell gibt es verschiedene Maße zur Risikoerfassung.39 Ausschlaggebend ist dabei, dass diese Maße die Streuung der betrachteten Werte um einen Referenzwert widerspiegeln.40 Im Folgenden soll auf die Standardabweichung σ bzw. auf die Varianz 2 σ als ein statistisches Risikomaß,41 welches sowohl in der Theorie als auch der Praxis eine häufige Anwendung findet,42 eingegangen werden. Die Standardabweichung erfasst die durchschnittliche Streuung einer betrachteten Verteilung von Werten um ihren Erwartungswert.43 Sie ist ein zweiseitiges Maß,44 da sie sowohl positive als auch negative Abweichungen einbezieht.45 Formel (1) beschreibt die Berechnung der Standardabweichung:46
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]mit n für die Anzahl der relevanten Umweltzustände. (1)
Der Erwartungswert μ ergibt sich nach folgender Gleichung (2):47
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]
Aufgrund der Quadrierung in Formel (1) kann eine Aufrechnung von positiven und negativen Abwei- chungen nicht erfolgen.48 Weiterhin ist in Formel (1) ersichtlich, dass die Kombination von Eintrittswahr- scheinlichkeiten pk und Abweichungen (ykt −μ) ausschlaggebend für die Höhe der Standardabwei- chung ist. Somit kann bspw. eine sehr spitze, symmetrische Wahrscheinlichkeitsverteilung, der aber extreme Abweichungen zugrunde liegen, zu einer höheren Standardabweichung als eine flachere, symmetrische Verteilung mit nicht so extremen Abweichungen führen. Dabei gilt, je höher die Standardabweichung desto größer ist das Risiko.49
Ferner sei darauf hingewiesen, dass bspw. ein Käufer einer Unternehmung, dass Risiko aus dieser nie isoliert betrachten wird, sondern den Risikobeitrag im Kontext seines Gesamtportfolios, d. h. in Verbin- dung mit in seinem Vermögen bereits befindlichen Investitionen, ermitteln wird,50 da Diversifikationseffekte bestehen könnten.51
2.3.3 Gefahren in der Unternehmung
Eine Systematisierung der Risikoarten kann in vielschichtiger Weise erfolgen. Unternehmensrisiken können in drei Kategorien eingeteilt werden:
- Risiken des Managements und der Organisationsstruktur,
- Risiken des leistungswirtschaftlichen Bereichs,
- Risiken des finanzwirtschaftlichen Bereichs.52
Eine kurze Definition einiger Risikoarten findet sich im Anhang A3.
An dieser Stelle sei nur das leistungswirtschaftliche Risiko (Investitions-, Geschäftsrisiko)53 hervorgeho- ben. Das leistungswirtschaftliche Risiko kann sich durch die Finanzierungsstruktur des Unternehmens verstärkt auswirken. Der Eigentümer der Unternehmung unterliegt neben dem reinen Investitionsrisiko auch dem Risiko aus der Kapitalstruktur. Es lässt sich zeigen, dass sich das Risiko für den Eigentümer
σ EK aus dem Investitionsrisiko σ GK und dem Verschuldungsgrad V zusammensetzt (siehe Glei- chung (3)).54
σ EK =σ GK + V ∗σ GK
Der hintere Teil von Gleichung 3 (V *σ GK) beschreibt das finanzielle Risiko (Kapitalstrukturrisiko).55 Entsprechend steigt das Risiko für die Eigentümer (Eigenkapitalgeber) mit steigendem Verschuldungs- grad. Dies stellt zumindest einen Grund dar, warum Unternehmen der gleichen leistungswirtschaftlichen Risikoklasse aber mit differierend großem Fremdkapitalanteil unterschiedlich bewertet werden.56
2.4 Risikoberucksichtigung beim Individuum
2.4.1 Subjektivitat der Risikobewertung
In den vorangegangenen Abschnitten 2.3.2 und 2.3.3 ist erklärt worden, woher Risiken in der Unternehmung rühren können und wie man diese objektiv erfassen kann. Für die Unternehmensbewertung ist aber relevant, wie das Bewertungssubjekt Risiken einschätzt.57
Grundsätzlich werden drei verschiedene Risikoeinstellungen unterschieden: Risikoaversion, Risikoneut- ralität und Risikofreude.58 In der Theorie der Unternehmensbewertung wird meistens angenommen, dass das Bewertungssubjekt risikoscheu ist.59 Dementsprechend formuliert sich die Aufgabe in der Erfassung des Grades der Risikoaversion des Bewertungssubjektes.60 Im Folgenden wird die Risikobewertung näher anhand des Bernoulli-Prinzips betrachtet.
2.4.2 Bernoulli-Prinzip
Nach dem Bernoulli-Prinzip wird jeder Ausprägung eines Umweltzustandes einer Handlungsalternative ein Nutzenwert zugeordnet.61 Anstatt aus den Ausprägungen einer Handlungsalternative einen Erwar- tungswert zu bilden und diesen als Bewertungskriterium heranzuziehen (Bayes-Regel),62 wird anhand der eben gebildeten Nutzenwerte ein erwarteter Nutzen (Erwartungsnutzen) ermittelt.63 Weiterhin werden nach dem Bernoulli-Prinzip die Erwartungsnutzen der jeweiligen Handlungsalternative miteinander ver- glichen, dabei gilt, dass die Handlungsalternative mit dem höchsten erwarteten Nutzen die Vorziehens- würdige ist.64 Dementsprechend kommt der zugrunde gelegten Nutzenfunktion65 eine entscheidende Be- deutung zu, denn sie ist Ausdruck der Risikopräferenz des Individuums.66 Risikoaversion67 drückt sich durch einen konkaven Verlauf der Nutzenfunktion aus (siehe linkes Diagramm in Abbildung ). Risiko- freude wird durch einen konvexen und Risikoneutralität durch einen linearen Verlauf der Nutzenfunktion beschrieben (siehe rechtes Diagramm in Abbildung ).68 Risikoaversion ist in Abbildung (linkes Dia- gramm) dadurch verdeutlicht, dass für den erwarteten Nutzen EWN 69 sich ein niedrigerer, aber dafür sicherer Rückfluss SÄ (Sicherheitsäquivalent) im Vergleich zum Erwartungswert der in diesem Beispiel gleichwahrscheinlichen Rückflüsse a und b ergibt.70 Für das Individuum würde ein (sicherer) Rückfluss in Höhe von SÄ den gleichen Nutzen stiften wie eine Handlungsalternative, die entweder einen Rückfluss von a oder b mit gleicher Wahrscheinlichkeit ermöglicht.71
[...]
1 Vgl. Schneeweiß, H., Risiko (1967), S. 1.
2 Vgl. Siepe, G., Kapitalisierungszinssatz (WPg 1998), S. 325.
3 Obermaier, R., Unternehmensbewertung (DB 2004), S. 2761.
4 Vgl. Busse v. Colbe, W., Zukunftserfolg (1957), S. 12 f.
5 Vgl. Busse v. Colbe, W., Zukunftserfolg (1957), S. 14 f.
6 Vgl. Kuhner, C./Maltry, H., Unternehmensbewertung (2006), S. 55 und Haeseler, H. R./Kros, F. W., Unternehmensbewertung (2002), S. 9.
7 Vgl. Drukarczyk, J./Schüler, A., Unternehmensbewertung (2007), S. 101 und 104 f., Kuhner, C./Maltry, H., Unternehmensbewertung (2006), S. 53 und Obermeier, T./Gasper, R., Investitionsrech- nung (2008), S. 150.
8 Vgl. Busse v. Colbe, W., Zukunftserfolg (1957), S. 17 f.
9 Haeseler, H. R./Kros, F. W., Unternehmensbewertung (2002), S. 9.
10 Vgl. Drukarczyk, J./Schüler, A., Unternehmensbewertung (2007), S. 102.
11 Vgl. Busse v. Colbe, W., Zukunftserfolg (1957), S. 18.
12 Vgl. Haeseler, H. R./Kros, F. W., Unternehmensbewertung (2002), S. 9.
13 Siehe hierzu Abschnitt 2.4.
14 Vgl. Ballwieser, W., Unternehmensbewertung (2007), S. 8 auch Drukarczyk, J./Schüler, A., Unter- nehmensbewertung (2007), S. 103 und Haeseler, H. R./Kros, F. W., Unternehmensbewertung (2002), S. 12 f. folgen im Wesentlichen dieser Einteilung.
15 Überschlagsrechnungen werden teilweise auch den Gesamtbewertungsverfahren zugeordnet, vgl. Haeseler, H. R./Kros, F. W., Unternehmensbewertung (2002), S. 12.
16 Vgl. Haeseler, H. R./Kros, F. W., Unternehmensbewertung (2002), S. 13.
17 Vgl. Ballwieser, W., Unternehmensbewertung (2007), S. 8.
18 Vgl. Ballwieser, W., Unternehmensbewertung (2007), S. 8.
19 Voigt, C., Unternehmensbewertung (2005), S. 24.
20 Eine vollständige Risikoberücksichtigung kann nur durch Orientierung am Bewertungssubjekt (Sub- jektivität) und an zukunftsbezogenen Rückflüssen erfolgen. Siehe Abschnitt 2.2.
21 Vgl. Pooten, H., Unternehmensbewertung (1999), S. 241 und 244 ff. Siehe weiterhin Abschnitt 3.2 und 3.3.
22 Vgl. Coenenberg, A. G., Informationsproblem (ZIR 1971), S. 59.
23 Vgl. Kruschwitz, L., Investitionsrechnung (2009), S. 292.
24 Vgl. Perridon, L./Steiner, M., Finanzwirtschaft (2007), S. 94.
25 Vgl. Bamberg, G. et al., Entscheidungslehre (2008), S. 18.
26 Vgl. Bamberg, G. et al., Entscheidungslehre (2008), S. 18.
27 Vgl. Baetge, J./Krause, C., Berücksichtigung des Risikos (BFuP 1994), S. 435.
28 Vgl. Perridon, L./Steiner, M., Finanzwirtschaft (2007), S. 94.
29 Vgl. Bamberg, G. et al., Entscheidungslehre (2008), S. 19.
30 Vgl. Schneeweiß, H., Risiko (1967), S. 12.
31 Vgl. Bamberg, G. et al., Entscheidungslehre (2008), S. 19.
32 Vgl. Perridon, L./Steiner, M., Finanzwirtschaft (2007), S. 95.
33 Vgl. Schneeweiß, H., Risiko (1967), S. 28.
34 Vgl. Perridon, L./Steiner, M., Finanzwirtschaft (2007), S. 95.
35 Drukarczyk, J./Schüler, A., Unternehmensbewertung (2007), S. 46.
36 Vgl. Perridon, L./Steiner, M., Finanzwirtschaft (2007), S. 96.
37 Schneeweiß weißt auf den Einsatz von subjektiven Wahrscheinlichkeiten für Investitionsentscheidun- gen unter Unsicherheit hin, vgl. Schneeweiß, H., Risiko (1967), S. 29.
38 Vgl. Reuter, A. L., Berücksichtigung des Risikos (WPg 1970), S. 265.
39 Vgl. Pfingsten, A. et al., Risikomaße, in: Handelsblatt (Hrsg.), Wirtschafts-Lexikon (2006), S. 5043 ff.
40 Vgl. Oehler, A./Unser, M., Risikomanagement (2002), S. 12.
41 Standardabweichung und Varianz sind äquivalent zueinander. Siehe Gleichung (1), vgl. Franke, G./Hax, H., Finanzwirtschaft (2004), S. 272.
42 Vgl. Pfingsten, A. et al., Risikomaße, in: Handelsblatt (Hrsg.), Wirtschafts-Lexikon (2006), S. 5044 und Oehler, A./Unser, M., Risikomanagement (2002), S. 12.
43 Vgl. Drukarczyk, J./Schüler, A., Unternehmensbewertung (2007), S. 47.
44 Es sei darauf hingewiesen, dass Risiko in der Praxis häufig als negative Abweichung (Downside- Risk) verstanden wird. Dementsprechend gibt es viele einseitige Risikomaße, vgl. hierzu Oehler, A./Unser, M., Risikomanagement (2002), S. 13 und 22.
45 Vgl. Pfingsten, A. et al., Risikomaße, in: Handelsblatt (Hrsg.), Wirtschafts-Lexikon (2006), S. 5044.
46 Vgl. Kruschwitz, L., Investitionsrechnung (2009), S. 298.
47 Vgl. Kruschwitz, L., Investitionsrechnung (2009), S. 297.
48 Vgl. Oehler, A./Unser, M., Risikomanagement (2002), S. 12.
49 Vgl. Oehler, A./Unser, M., Risikomanagement (2002), S. 12.
50 Vgl. Drukarczyk, J./Schüler, A., Unternehmensbewertung (2007), S. 48 f.
51 Vgl. Oehler, A./Unser, M., Risikomanagement (2002), S. 34. Diesbezüglich spielt die Kovarianz als Maß für den Risikobeitrag eine entscheidende Rolle, vgl. Perridon, L./Steiner, M., Finanzwirtschaft (2007), S. 270.
52 Vgl. Schierenbeck, H./Lister, M., Controlling (2001), S. 332.
53 Vgl. Oehler, A./Unser, M., Risikomanagement (2002), S. 202.
54 Vgl. Perridon, L./Steiner, M., Finanzwirtschaft (2007), S. 486 f.
55 Vgl. Tebroke, H.-J./Laurer, T., Finanzmanagement (2005), S. 141 f.
56 Vgl. Perridon, L./Steiner, M., Finanzwirtschaft (2007), S. 493.
57 Vgl. Drukarczyk, J./Schüler, A., Unternehmensbewertung (2007), S. 49.
58 Vgl. Kruschwitz, L., Finanzierung (2007), S. 101 ff.
59 Vgl. Baetge, J./Krause, C., Berücksichtigung des Risikos (BFuP 1994), S. 436.
60 Vgl. Drukarczyk, J./Schüler, A., Unternehmensbewertung (2007), S. 50.
61 Vgl. Perridon, L./Steiner, M., Finanzwirtschaft (2007), S. 104.
62 Vgl. Schneeweiß, H., Risiko (1967), S. 21.
63 Vgl. Kruschwitz, L., Finanzierung (2007), S. 86.
64 Vgl. Schmidt, R. H./Terberger, E., Finanzierungstheorie (1999), S. 289.
65 Auf einen Nachweis der Nutzenfunktion wird an dieser Stelle verzichtet. Siehe hierzu Kruschwitz, L., Finanzierung (2007), S. 88 ff.
66 Vgl. Schmidt, R. H./Terberger, E., Finanzierungstheorie (1999), S. 289.
67 Es sei hier der Fokus auf die Risikoaversion gelegt.
68 Kruschwitz, L., Finanzierung (2007), S. 104.
69 Es ist scharf zwischen Erwartungswert des Nutzens und Nutzen des Erwartungswertes zu trennen. Hier soll sich auf den Erwartungswert des Nutzens (Erwartungsnutzen) konzentriert werden.
70 Drukarczyk, J./Schüler, A., Unternehmensbewertung (2007), S. 50.
71 Vgl. Bernoulli, D., Theorie zur Bewertung von Lotterien (DBW 1996), S. 740 f.
- Citation du texte
- Thomas Bohm (Auteur), 2009, Risikoberücksichtigung in der Unternehmensbewertung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145228
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