Anorexia nervosa ist eine von drei wesentlichen Krankheitsbildern, die unter dem Begriff Essstörung subsumiert wird.
Gemeinsam ist allen Personen mit Essstörungen, dass ihnen aus dem lebensnotwendigen Bedürfnis, der existenzsichernden Funktion „Essen“, ein psychosomatisches Problem mit erheblichen somatischen, psychischen und oft sozialen Konsequenzen erwachsen ist. In der folgenden Arbeit werden die Symptome, Folgeerscheinungen, mögliche Erklärungen und Ursachen, Hilfs- und Behandlungsmöglichkeiten erörtert.
INHALTSVERZEICHNIS
1. Definition
2. Historische Aspekte
3. Symptome und Folgeerscheinungen
3.1. Allgemeinmedizinisches Gebiet
3.2. Internistisches Gebiet
3.3. Dermatologisches Gebiet
3.4. Zahnärztliches Gebiet
3.5. HNO-ärztliches Gebiet
3.6. Endokrinologisches und gynäkologisches Gebiet
4. Mögliche Erklärungen und Ursachen
4.1. Gesellschaftliche Faktoren
4.2. Familiäre Faktoren
4.3. Feministische Faktoren
4.4. Weitere Faktoren
5. Hilfsangebote
5.1. Ambulante Beratung
5.2. Ambulante Behandlung
5.3. Stationäre Behandlung
5.4. Selbsthilfegruppen
6. Behandlungsangebote und theoretische Orientierungen am Beispiel der Klinik am Korso
6.1. Psychoanalytische Ansätze
6.2. Familientherapeutische Ansätze
6.3. Verhaltenstherapeutische Ansätze
6.4. Weitere Ansätze
6.5. Ergebnisse der Klinik am Korso
7. Fazit
Literatur
Abbildungsverzeichnis
1. Definition
Unter dem Begriff Essstörungen werden im wesentlichen 3 Krankheitsbilder subsumiert: Anorexia nervosa, Bulimia nervosa, Adipositas. Die Angehörigen der 3 Krankheitsgruppen unterscheiden sich beträchtlich hinsichtlich Erscheinungsbild und Psychodynamik. Gemeinsam ist aber allen Personen mit Essstörungen, dass ihnen aus dem lebensnotwendigen Bedürfnis, der existenzsichernden Funktion „Essen“, ein psychosomatisches Problem mit erheblichen somatischen, psychischen und oft sozialen Konsequenzen erwachsen ist (Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren [DHS], 1997, S.7). Auf die Magersucht – Anorexia nervosa – gehen wir genauer ein.
„Die Magersucht ist eine psychogene Essstörung mit psychosomatischen Folgeerscheinungen, die vorwiegend bei Mädchen und jungen Frauen auftritt“ (Karren, 1990, S.13). „Zentrales Leitmotiv der anorektischen Personen ist der Wunsch nach extremer Schlankheit, verbunden mit dem Wunsch nach Selbstbestimmung…Typischerweise wird das niedrige Gewicht bei der Anorexia nervosa hauptsächlich durch Hungern und Nahrungsverweigerung herbeigeführt und aufrechterhalten“ (DHS, 1997 S.11–12). „Aufgrund epidemiologischer Untersuchungsergebnisse ist zu vermuten, dass die Entwicklung von Anorexia nervosa durch die besonderen Lebensbedingungen junger Frauen der oberen Mittel- und Oberschicht in urbanisierten, industrialisierten Regionen begünstigt wird“ (Karren, 1990, S.15). „Die Essstörung manifestiert sich in der Regel zwischen dem 13. und 25. Lebensjahr“ (Karren, 1990, S.18). Natürlich gibt es aber auch Fälle, bei denen Frauen anorektisch werden, wenn sie jünger als 13 oder älter als 25 sind. „Anorexia nervosa kommt bei Männern in
5–10% der Fälle vor ...“ (DHS, 1997, S.38). Da die Mehrheit der an Magersucht erkrankten Personen Frauen sind, sprechen wir im Folgenden immer in der weiblichen Form, von der Patientin oder der Anorektikerin.
Diagnostische Kriterien für Anorexia nervosa nach DSM – IV
DSM steht für „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ und ist ein Handbuch von der Amerikanischen Psychiatrie-Gesellschaft. Es ist ein sehr umfangreiches und differenziertes Klassifikationssystem für psychische Störungen. In diesem Handbuch werden Kriterien aufgelistet, die erfüllt sein sollen, wenn Magersucht diagnostiziert wird (Pudel und Westenhöfer, 1998, S.219).
Abbildung Nr. 1
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Entnommen aus:
Pudel, V., und Westenhöfer, J.:
Ernährungspsychologie.
Göttingen, Hogrefe,1998, 2., überarb. und erw. Aufl., S.220
Neben dem „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ der American Psychiatric Association gibt es noch ein anderes Klassifikationssystem für psychische Störungen, das das gesamte medizinische Feld umfasst. Herausgeber ist die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation WHO), die die International Classification of Diseases ICD publiziert hat.
Abbildung Nr. 2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Entnommen aus:
Pudel, V., und Westenhöfer, J.:
Ernährungspsychologie.
Göttingen, Hogrefe,1998, 2., überarb. und erw. Aufl., S.220
Die Patientinnen haben eine extreme Angst vor einer Gewichtszunahme und eine daraus resultierende Zentrierung auf das Körpergewicht, das in den Mittelpunkt des gesamten Fühlen, Denkens und Handelns rückt (DHS, 1997, S.12).
„Sozial wirkt es störend aus, dass die Betroffenen das Essen im Beisein anderer am liebsten vermeiden. Das führt schließlich zum Rückzug aus weiten Teilen des gesellschaftlichen Lebens, da die meisten Formen geselligen Beisammenseins auch in irgendeiner Weise mit Essen verbunden sind. Das Nichtessen in der Öffentlichkeit geht auch mit dem geheimen Horten oder auch Wegwerfen von Nahrungsmittel einher. Auffällig ist, dass anorektische Frauen und Männer sich gerne mit Nahrungszubereitung befassen, Rezepte sammeln, Kochbücher lesen und für andere üppige Mahlzeiten zubereiten“ (DHS, 1997, S.12).
2. Historische Aspekte
„In der Literatur wird angenommen, dass die Magersucht seit Jahrhunderten bekannt ist. Es werden Berichte wiedergegeben, die bis in das 2. Jahrhundert u. Z. zurückweisen. Diese Berichte werden jedoch unterschiedlich interpretiert, so dass mit aller Vorsicht nur von Erscheinungsformen gesprochen werden kann, die auch auf Magersucht hindeuten können.
Übereinstimmend wird festgestellt, dass der englische Arzt Morton im 17. Jahrhundert eine Krankheit beschrieb, die wir heute als Magersucht oder Anorexia nervosa bezeichnen. Morton sprach von einer „nervösen Schwindsucht“ und nannte die Hauptsymptome Appetitlosigkeit, Verstopfung, Ausbleiben der Menstruation, extreme Abmagerung und Ruhelosigkeit. Es bleibt aber unklar, welche Ursachen Morton letztlich für die Entstehung dieser Krankheit annahm.
Erst der englische Chirurg Gull verwendete um 1880 die Bezeichnung „Anorexia nervosa“ für eine Erkrankung, die er auf psychopathologische Faktoren zurückführte. Etwa zur selben Zeit berichtete der französische Mediziner Lasègue von einer Krankheit psychischen Ursprungs, die er als „hysterische Anorexie“ bezeichnete. Es folgten zahlreiche Veröffentlichungen insbesondere im anglo-amerikanischen Raum und in Frankreich, in denen die bereits von Morton genannten Hauptsymptome im wesentlichen bestätigt wurden. Um 1900 herrschte weitgehende Einigkeit darüber, dass die Anorexia nervosa eine klar abgrenzbare psychische Erkrankung ist.
Etwa 1914 gab es in weitem Ausmaß Verwechslungen mit der sogenannten „Simmondsschen Krankheit“, einer Hypophysenschwäche. Eindeutige Magersuchterkrankungen wurden als Drüsenkrankheit diagnostiziert. Bis Ende der 30er Jahre wurden Magersüchtige nunmehr medizinisch behandelt – unter anderem mit der Übertragung von Hypophysengewebe. Mara Selvini Palazzoli äußert ihr Befremden darüber, „dass ein Zustand, der so offensichtlich auf absichtliches Fasten … zurückzuführen ist, jemals als endokrinologisch bedingt angesehen werden konnte“ (Selvini Palazzoli 1982, S.22). Sie legt dar, dass die Verwechslung der beiden Erkrankungen auf der falschen Annahme beruhte, dass die Hypophysenschwäche ursächlich zur Abmagerung führe.
Ab 1940 wurde die Magersucht wieder als eigenständige psychische Krankheit mit dem herausragenden Merkmal Nahrungsverweigerung definiert. In der Folgezeit wurden die Untersuchungen vorrangig von der Frage nach den zugrundeliegenden psychischen Ursachen geleitet.
Trotz der breiten Übereinstimmung über die Zuordnung der Magersucht zu den psychischen Erkrankungen werden nach wie vor auch somatische Aspekte diskutiert, so auf dem Göttinger Kongress „Gestörtes Essverhalten“ im März 1987.
Mit Beginn der 60er Jahre wird eine rapide zunehmende Häufigkeit der Magersucht festgestellt; Hilde Bruch spricht gar von einer Epidemie. Als mögliche Gründe für die Ausweitung werden Nahrungsüberfluss, das rigide Schlankheitsideal und eine größere Verunsicherung über die Rolle der Frau angegeben (Hamburgische Landesstelle gegen die Suchtgefahren e.V., 1988, S.13 – 14).
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- Citation du texte
- Angelika Hahl (Auteur), 2001, Anorexia nervosa - Symptome, mögliche Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14517
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