Die optimale und effiziente Gestaltung einer Supply Chain ist die Kernaufgabe eines Logistikdienstleistungsunternehmens. RFID bietet sich dabei zur Optimierung von Geschäftsprozessen an, wozu passende Geschäftsmodelle entworfen werden müssen.
Die Diplomarbeit beinhaltet einen Überblick über die RFID-Technologie, um Grundlagenkenntnisse aufzubauen. Hier wird zuerst auf die einzelnen Bestandteile eines RFID-Systems eingegangen. Anschließend erfolgt eine Unterscheidung der möglichen Systemvarianten. Im Weiteren wird auf verschiedene Bestandteile von Geschäftsmodellen eingegangen. Verschiedene Definitionen der Fachliteratur werden erläutert und eine für diese Arbeit gültige Definition und eine Zerlegung in Teilmodelle vorgenommen.
Es wird die Branche der Logistikdienstleistungsunternehmen genauer betrachtet und als Praxisbeispiel die Schenker AG vorgestellt.
Die erstellten Teilmodelle eines Geschäftsmodells werden mit RFID Anwendungen für die Prozesse eines Logistikdienstleistungsunternehmens verknüpft und Pilotmodelle der Schenker AG erläutert.
Die RFID-Technologie trägt dazu bei, Prozesse im Bereich der Logistik zu optimieren. Durch die gewonnenen Erkenntnisse über den Aufbau und die Struktur von Geschäftsmodellen, wird die Herleitung eines tragfähigen Modells vereinfacht.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation
1.2 Zielsetzung
1.3 Abgrenzung
1.4 Aufbau
2 RFID - die Technologie
2.1 Bestandteile eines RFID-Systems
2.2 Arten von RFID-Transpondern
2.2.1 Energieversorgung
2.2.2 Frequenzen und Reichweiten
2.2.3 Funktionsumfang
2.3 Standardisierung
2.4 Datenverwaltung
3 Geschäftsmodelle - Definitionen und Bestandteile
3.1 Begriffserklärung - Geschäftsmodell
3.2 Literaturübersicht
3.2.1 Alt und Zimmermann (2001)
3.2.2 Amit und Zott (2001)
3.2.3 Buchholz und Bach (2001)
3.2.4 Kobler (2005)
3.2.5 Porter (2001)
3.2.6 Rentmeister und Klein (2001)
3.2.7 Slywotzky, Morrison und Andelman (1998)
3.2.8 Stähler (2002)
3.2.9 Weill und Vitale (2001)
3.2.10 Wirtz (2001)
3.3 Literaturübersicht - Handlungsanweisungen
3.3.1 Forzi und Laing (2003)
3.3.2 Timmers (1998)
3.4 Zusammenfassung und Kategorisierung der Definitionen
3.5 Innovationen und Geschäftsmodelle
3.6 Strategie und Geschäftsmodelle
3.7 Validierung neuer Geschäftsmodelle
4 Logistikdienstleister
4.1 Klassifizierung
4.1.1 First Party Logistics Service Provider
4.1.2 Second Party Logistics Service Provider
4.1.3 Third Party Logistics Service Provider
4.1.4 Fourth Party Logistics Service Provider
4.1.5 SCM-IT Berater
4.1.6 Logistikberater
4.2 Beispiel eines Logistikdienstleisters - die Schenker AG
4.2.1 Geschäftsfeld Luft- und Seefracht
4.2.2 Geschäftsfeld Landtransport
4.2.3 Geschäftsfeld Kontraktlogistik / SCM
4.2.4 Zukunft und Strategie der Schenker AG
5 Herleitung von RFID-Geschäftsmodellen
5.1 Nutzenbeitragsmodell für den RFID-Einsatz
5.1.1 Einfluss des RFID-Einsatzes auf die Prozesslandschaft
5.1.2 Einfluss der Nutzenbeiträge auf den Unternehmenswert
5.2 Prozessmodell im Bereich RFID
5.2.1 Optimierungsansätze der Supply Chain
5.2.2 Integrationstiefe eines Logistikdienstleisters
5.3 Verknüpfung von Nutzenbeitrags- und Prozessmodell
5.4 Teilnehmermodell im Bereich RFID
5.5 Erlösmodell im Bereich RFID
6 RFID in der Schenker AG
6.1 Potenzielle Einsatzfelder
6.2 RFID-Pilotprojekte
6.2.1 Schenker Smartbox
6.2.2 Wechselbrückenidentifizierung
6.3 Fazit der Pilotprojekte
7 Fazit und Ausblick
Literatur- und Quellenverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit
Abbildung 2: Preisentwicklung passiver Label
Abbildung 3: Prinzip der induktiven Kopplung
Abbildung 4: Aufbau und Funktionsweise eines RFID-Systems
Abbildung 5: Leistungsparameter eines Transponders
Abbildung 6: House of Value Creation
Abbildung 7: Geschäftsmodelldefinitionen
Abbildung 8: Validierungswürfel für Geschäftsmodelle
Abbildung 9: Logistische Teilprozesse
Abbildung 10: Klassifizierung der Logistikdienstleister
Abbildung 11: Standorte der Schenker AG
Abbildung 12: Schenkers networking competence
Abbildung 13: Einfluss auf die Prozesslandschaft
Abbildung 14: Operative Stellhebel zur Steigerung des Unternehmenswertes
Abbildung 15: Ordnungsraster der E-Logistik
Abbildung 16: Prozesse eines Logistikdienstleisters
Abbildung 17: Aspekte der RFID-Integration
Abbildung 18: Matrix der Nutzenpotentiale und LDL-Prozesse
Abbildung 19: Beziehungen der Akteure
Abbildung 20: Einsatzmöglichkeiten von RFID bei Schenker
Abbildung 21: Nutzenpotenziale der Smart Box
Abbildung 22: Nutzenpotenziale der Wechselbrückenidentifizierung
Abbildung 23: Validierung der Geschäftsmodelle
Abbildung 24: Nutzenpotenziale des E-Business
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Transpondereigenschaften bei unterschiedlicher Energieversorgung
Tabelle 2: RFID-Frequenzbereiche
Tabelle 3: RFID-Reichweiten
Tabelle 4: Eigenschaften von RFID-Systemen
Tabelle 5: EPC Generationen und Transponderklassen
Tabelle 6: Data on Tag vs. Data on Network
Tabelle 7: Partialmodelle nach Kobler
Tabelle 8: Gewinnmodelle nach Slywotzky
Tabelle 9: Atomic Business Modells nach Weil und Vitale
Tabelle 10: Geschäftsmodelldefinitionen und ihre Merkmale
Tabelle 11: Basisstrategien des Nutzenbeitragmodells
Tabelle 12: Akteure im Teilnehmermodell
Tabelle 13: Erlösmodelle
1 Einleitung
Die optimale und effiziente Gestaltung einer Supply Chain ist die Kernaufgabe eines Logistikdienstleistungsunternehmens, auch Logistikdienstleister (LDL), genannt. Umfang und Komplexität der Logistikdienstleistungen nehmen immer weiter zu. Der seit den 1990er Jahren anhaltende Trend der Unternehmen zur Konzentration auf ihre Kernkompetenzen führt dazu, dass Bereiche wie die Logistik mit ihren umfassenden Zusatzaufgaben an externe Dienstleister ausgegliedert werden.1 Um hier die Effizienz für den LDL weiter zu steigern und Kosteneinsparungen zu erzielen, bietet sich die Technologie der Radio Frequency Identification (RFID) zur Optimierung von Geschäftsprozessen an. Diese Vorteile können jedoch nur realisiert werden, wenn dazu passende Geschäftsmodelle entworfen werden.
1.1 Ausgangssituation
Die fortschreitende Globalisierung und der zunehmende Wettbewerbsdruck ver- knüpft mit den steigenden Erwartungen der Kunden, gestalten die Aufgaben eines LDL immer komplexer, wodurch neue Lösungsansätze gefragt sind.2 Seit Jahren trägt die Informationstechnologie in Form von Enterprise Resource Planning (ERP) Systemen oder Electronic Data Interchange (EDI) zunehmend zur Verbesserung dieser Aufgaben bei. RFID als automatisches Identifizierungssystem ist auf dem Weg sich zu einem Weiteren dieser Meilensteine in der Logistik zu entwickeln. Sinkende Stückpreise der Transponder3 sind ein Wegbereiter für die stark ansteigende Verwendung der RFID- Technologie, wodurch der Einsatz attraktiver und von den Kunden internationaler Logistikdienstleister zunehmend gefordert wird. In der Funktion als Global Player nehmen Logistikdienstleister eine Vorreiterrolle ein und haben durch den Einsatz von RFID ein hohes Erfolgspotenzial. Auf der Cebit 2006 erklärte die Bundeskanzlerin Frau Merkel, das RFID sich als Technik durchsetzen und die Logistik revolutionieren werde.4
In einer Studie von AMR Research wurde die Entwicklung des RFID-Marktes in drei Phasen, die Pionierphase von 2003 bis 2006, die Wachstumsphase bis 2010 und anschließend die breite Adaptionsphase, eingeteilt.5 Der Wert eines Netzes wächst exponentiell mit der Anzahl seiner Nutzer. Die Implementierung der RFID-Technologie wird in vielen Unternehmen in naher Zukunft notwendig werden, um die Anforderungen der Zukunft zu erfüllen und den Anschluss am Markt nicht zu verlieren.
Aktuell sind viele Machbarkeitstudien bereits abgeschlossen und erste Pilotprojekte realisiert. Die getätigten Investitionen haben, abgesehen von der gewonnen Erfahrung, noch keinen großen unternehmerischen Wertbeitrag geleistet. Es steht die Phase an, in der durch die neu gewonnene Möglichkeit der Datenerfassung durch RFID, Unterneh- men ihre Prozesse effizienter gestalten können und damit einhergehend neue Integrationsmöglichkeiten dieser Technologie in Form von Geschäftsmodellen gefunden werden müssen. Dazu bedarf es weiterer Investitionen in die hierfür benötigte Infrastruktur. Darüber hinaus wird die Verbreitung durch die Weiterentwicklung von Standards für den RFID-Datenaustausch vorangetrieben, wodurch der unternehmens- übergreifende Einsatz erleichtert wird.6
Das Handelsunternehmen Wal-Mart Inc. hat 2003 angekündigt seine 100 TopLieferanten auf RFID umstellen zu wollen.7 Die Metro Group hat auf RFID basierende Anwendungen wie den Future Store initiiert.8 Solche Aktionen veranlassen Händler und Lieferanten sich dieser Entwicklung anzuschließen.
Eine Befragung der Wegweiser AG Anfang 2006 von 6000 Unternehmen u.a. aus den Bereichen des produzierenden Gewerbes, des Handels sowie des Dienstleistungs- sektors ergab, dass bis Ende des Jahres 2006 bereits 9% der Studienteilnehmer RFID- Systeme eingesetzt hatten. Weitere 19% der Befragten beabsichtigten RFID im Laufe des Jahres 2007 oder später zu implementieren. Der Einsatz und die Einsatzplanungen von RFID betreffen in erster Linie logistische Prozesse wie Wareneingangs- und Ausgangskontrolle, Lagerverwaltung, Objektidentifikation und die Überwachung von Distributionsketten.9
1.2 Zielsetzung
Erfolgreiche Unternehmen heben sich oft nicht durch Konzepte oder Ideen, sondern durch die Umsetzung dieser Ideen, also der erfolgreichen Realisierung tragfähiger Geschäftsmodelle, von anderen Unternehmen ab.10 Viele Autoren haben sich mit dem Begriff Geschäftsmodell auseinandergesetzt, jedoch gibt es in der Fachliteratur zu diesem Zeitpunkt noch keine eindeutige Definition.11 Seine größte Bedeutung hat der Begriff im Jahr 2000 in der Start-up Zeit bekommen und wird seitdem in verschiedenen Ausprägungen benutzt.12 Somit wird eine umfassende Erläuterung des Begriffes Geschäftsmodell in dieser Arbeit angestrebt.
Globalisierung, Spezialisierung, Individualisierung und Komplexitätsreduzierung verändern die Strukturen eines Unternehmens. Die fortschreitende Entwicklung der Informationstechnik unterstützt dabei diesen Strukturwandel. Der RFID-Technologie wird in der Zukunft dabei eine wichtige Rolle zugesprochen. Um von dieser Entwick- lung zu profitieren und gegenüber der Konkurrenz zu bestehen, ist es wichtig wettbewerbsfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln. In der Literatur sind bereits einige Anwendungen für RFID erläutert, jedoch bereitet die Implementierung in der Praxis für viele Unternehmen bisweilen Probleme.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, eine Brücke zwischen dem theoretischen Verständnis für die Entwicklung von Geschäftsmodellen und möglichen Einsatzszenarien dieser im Bereich RFID für Logistikdienstleister zu schaffen. Auf diese Weise soll eine Unterstützung bei der Erarbeitung und Formulierung von Geschäftsmodellen für Logistikdienstleistern im Bereich RFID gegeben werden.
Der Begriff des Geschäftsmodells ist stark mit dem E-Business verknüpft. In dieser Arbeit wird eine allgemeine Betrachtung vorgenommen, die sich vom Begriff des E-Business loslöst.
1.3 Abgrenzung
Aufgrund der Vielfalt von Potenzialen die sich für den Einsatz von RFID im Bereich Logistik ergeben, wird die Entwicklung von Geschäftsmodellen in dieser Arbeit auf den Bereich eines internationalen Logistikdienstleisters eingeschränkt. Diese nehmen gerade im Bereich der Kontraktlogistik vielfältige logistikrelevante Aufgaben wahr und können somit eine auch auf andere Unternehmen transferierbare Sicht auf die Potenziale der RFID-Technologie liefern.
Die technischen Fragestellungen im Bereich RFID sind in der Fachliteratur ausführlich behandelt, so gehört z. B. das RFID-Handbuch von Finkenzeller zur Basisliteratur. Die Technologie wird zum besseren Verständnis im Weiteren nur sekundär betrachtet. Der Fokus der Arbeit liegt auf den Anwendungen für Logistikdienstleister und den für deren Kunden daraus resultierenden Nutzen.
1.4 Aufbau
Die Arbeit ist in sieben Kapitel unterteilt. Das Kapitel 1 erläutert die Motivation und beschreibt das Umfeld dieser Arbeit. In Kapitel 2 wird ein Überblick über die RFID- Technologie vermittelt, um Grundlagenkenntnisse aufzubauen, die für das Verständnis der Arbeit von Bedeutung sind. Hier wird zuerst auf die einzelnen Bestandteile eines RFID-Systems eingegangen. Anschließend erfolgt eine Unterscheidung der einzelnen Systemvarianten. Damit kann den später entstehenden Geschäftsmodellen die entsprechende Technologie zugeordnet und technische Grenzen aufgezeigt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit13
Im Kapitel 3 wird auf verschiedene Definitionen und Bestandteile von Geschäftsmo- dellen eingegangen. Die Literatur liefert hierüber viele Definitionen, die ihre Schwerpunkte sehr unterschiedlich gelegt haben. Um eine detaillierte Betrachtung zu ermöglichen, soll eine für diese Arbeit eindeutige Positionierung des Begriffes Geschäftsmodell gefunden sowie eine Segmentierung in Teilmodelle vorgenommen werden. Die Branche der Logistikdienstleister wird in Kapitel 4 genauer betrachtet und klassifiziert, um einzelne Geschäftsfelder herausarbeiten zu können. Am Beispiel der Schenker AG, eines internationalen Logistikdienstleisters, werden diese Geschäftsfelder im Kapitel 4.2 zur besseren Veranschaulichung erläutert. Der Fokus dieser Arbeit, das Herleiten von Geschäftsmodellen, wird in Kapitel 5 dargestellt. Die vorgenommene Submodellierung eines Geschäftsmodells wird hier mit praktischen Anwendungen und Beispielen gefüllt, mit dem Ziel durch die Kombination der einzelnen Teilmodelle ein anwendbares Geschäftsmodell im Bereich RFID für einen Logistikdienstleister herzuleiten. In Kapitel 6 werden die Potenziale, die sich durch RFID für die Schenker AG ergeben, aufgezeigt sowie Pilotprojekte dargelegt. Das Kapitel 7 gibt einen zusammenfassenden Überblick über die Ergebnisse dieser Arbeit, einen Ausblick in die Zukunft und Handlungsanweisungen für ein weiteres Vorgehen. Einen Überblick über die Zusammenhänge der einzelnen Kapitel sowie den Aufbau der Arbeit liefert die Abbildung 1.
2 RFID - die Technologie
Dieses Kapitel erläutert die RFID-Technologie, um für die weitere Arbeit ein Grundverständnis aufzubauen und die Möglichkeiten der RFID-Anwendung besser interpretieren zu können.
Die Technologie der Radio Frequency Identification gehört, wie der Barcode, zu den automatischen Identifikationstechniken und kann sowohl zur kontaktlosen Identifizie- rung von Produkten und Objekten jeglicher Art, als auch zur Erfassung und Übertra- gung von Informationen per Funk eingesetzt werden. Ein Sender, auch als Transponder oder Tag bezeichnet, kommuniziert hierbei drahtlos mit einer Empfangseinheit.14
Gerade für die Logistik bringt diese Technologie ein enormes Potenzial mit sich. Prozesse können effizienter gestaltet und entlang der gesamten Supply Chain die Informationen transparenter bereitgestellt werden, womit auf Kundenbedürfnisse schneller und besser reagiert werden kann. Die Technologie gewinnt besonders dort an Wert, wo die Rahmenbedingungen den Einsatz anderer Auto-ID Technologien erschweren oder die Daten auf dem Transponder während der Abwicklung verändert werden sollen. So können sämtliche Informationen über den Herkunfts- und Zielort, über den momentanen Aufenthaltsort, über einzelne Umweltbedingungen der Güter sowie jegliche vom Anwender gespeicherten Information entlang der gesamten Supply Chain gespeichert, ausgelesen und je nach Art des Transponders auch verändert werden.15
RFID ist keine grundsätzlich neue Technologie. In den 50er Jahren wurde diese Technik vom US-Militär eingesetzt, um die eigenen Flugzeuge von denen der Gegner zu unterscheiden. In den 60er Jahren zeichnete sich der erste Einsatz von Transponder zur Diebstahlsicherung in Warenhäusern ab.16 Ein Tag mit einer Speicherkapazität von einem Bit informierte über die Anwesenheit oder das Fehlen eines Artikels, somit wurde eine preiswerte Sicherung vor Ladendiebstahl entwickelt.17 Weitere Anwendungsmöglichkeiten, denen eine kompliziertere Transponderarchitektur zugrunde liegt, werden im Kapitel 2.2 dargestellt. Diese RFID- Systeme haben heutzutage erst in wenigen Unternehmen Einzug gefunden, da die Implementierung enorme Prozessanpassungen und Investitionen in die Hardware erfordert.18 Durch die fortlaufend sinkenden Kosten der Transponder, wird die schnelle und flächendeckende Verbreitung unterstützt. In Abbildung 2 wird die Preisentwicklung von Transpondern im Mikrowellenbereich (UHF) und von Transpondern im Kurzwellen Bereich ohne zusätzlichen Mikroprozessor (HF), sowie mit Mikroprozessor (HF C) prognostiziert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Preisentwicklung passiver Label19
Durch die Verknüpfung von RFID mit einem ERP-System wird die Vision von einem Unternehmen, dessen gesamte Prozesse in Echtzeit abgebildet werden, immer realistischer.
Oft wird die RFID-Technologie nur als eine moderne Form des Barcodes gesehen, sie hat jedoch ein weitaus größeres Nutzenpotenzial. Im Fokus stehen hier das berührungslose Lesen und Schreiben ohne Sichtkontakt auch bei bewegten Objekten, die Wiederbeschreibbarkeit der Datenträger, die Widerstandsfähigkeit gegen äußere Einflüsse und die Fähigkeit zum Massenlesen (Pulk-Erfassung) von Objekten.20
RFID-Tags können in fast allen Formen und Materialien vorkommen. Die gebräuch- lichsten sind dabei, kleine Kunststoff oder Epoxidharz Disks in die der RFID-Chip eingelassen ist, Glasröhrchen oder Plastikgehäuse, kontaktlose Chipkarten sowie die aufklebbaren Smart Label.21
2.1 Bestandteile eines RFID-Systems
Die zwei Hauptkomponenten aller RFID-Systeme sind der Transponder und das Lese- bzw. Schreibgerät, auch Reader genannt.22 In den meisten Fällen wird dieses System um eine IT-Infrastruktur erweitert. In diese Infrastruktur integriert ist die Middleware, welche die Daten für die im Unternehmen angeschlossenen Applikationen nach den geschäftsprozessrelevanten Informationen filtert und aufbereitet. Hierbei kann es sich z. B. um das Enterprise Resource Planning (ERP) System des Unternehmens handeln. Dadurch werden die gewonnen Daten in das Unternehmensnetzwerk eingebunden.23 Der Transponder wird am Produkt befestigt, um sowohl eine eindeutige Identifikation zu ermöglichen, als auch zusätzliche Objektinformationen zu speichern. Das Lesegerät steht am Ort der Eventmeldung. Sobald der Tag in den Empfangsbereich des Lesegerätes kommt, wird die Kommunikation ausgelöst. Bei niedrigfrequenten Systemen geschieht das in einigen Fällen nach dem Prinzip der kapazitiven Kopplung (elektrisches Feld), häufiger jedoch nach dem Prinzip der induktiven Kopplung (magnetische Feld), welches in Abbildung 3 schematisch abgebildet ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Prinzip der induktiven Kopplung24
Bei hochfrequenten Systemen werden elektromagnetische Felder zur Kopplung verwendet.25 Dieses Prinzip wird auch Backscatter Kopplung genannt, da hier die elektromagnetischen Wellen vom Objekt reflektiert werden. Die Größe des reflektie- renden Objektes muss aus physikalischen Gründen mindestens der halben Wellenlänge entsprechen. Daher eignet sich dieses Verfahren besonders für hochfrequente Anwendungen, da kleine Bauformen realisiert werden können. Je nach Transponder- System wird der Tag hierbei aus der Energie des magnetischen Wechselfeldes das vom Lesegerät erzeugt wird versorgt oder er besitzt eine eigene Energiequelle.
Lese- bzw. Schreibgeräte kommen als mobile Handhelds oder als stationär installier- te Geräte vor. Das Lesegerät sendet ein Signal, welches genau der Frequenz des Transponders entspricht. Dadurch wird sowohl die Energie für den Tag zur Verfügung gestellt, als auch die Daten auf das Lesegerät übertragen. Zusätzlich sendet es den für die Synchronisation zwischen Lese- und Empfangsgerät benötigten Takt.26 Somit erfüllt es zwei Aufgaben:27
1. Es aktiviert den Transponder sobald er sich in der Reichweite des Lesegerätes befindet.
2. Es dient als Schnittstelle zwischen der Quelle, der Ort an dem sich die Daten befinden, und der Senke, der Ort an dem die Daten gesammelt, aufbereitet und analysiert werden.
Die Abbildung 4 stellt den Aufbau und die Funktionsweise eines RFID-Systems dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Aufbau und Funktionsweise eines RFID-Systems28
2.2 Arten von RFID-Transpondern
Die zentralen Unterscheidungsmerkmale bei RFID-Systemen sind einerseits die Art der Energieversorgung und damit verbunden die Größe des Datenspeichers und andererseits der Frequenzbereich, der einen Einfluss auf die Reichweite hat. Des Weiteren unterscheiden sich die RFID-Systeme anhand verschiedener Funktionsumfän- ge und Bauformen.
Bei der Energieversorgung wird unterschieden zwischen Systemen ohne eigene Stromversorgung und Systemen, die sich autark mit Energie versorgen können. Die Frequenzbereiche können in niedrig- und hochfrequente Systeme unterteilt werden. Bei den Funktionsumfängen wird zwischen nicht beschreibbaren und beschreibbaren Transpondern unterschieden. In der Abbildung 5 werden die Zusammenhänge der einzelnen Faktoren dargestellt und anschließend näher erläutert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Leistungsparameter eines Transponders29
2.2.1 Energieversorgung
Die Art der Energieversorgung lässt sich in drei verschiedene Systeme gliedern.
1. Passive Systeme
Die passiven Systeme besitzen keine eigene Energieversorgung, weshalb die gesamte Energie dem elektromagnetischen Feld des Readers entnommen wird. Die Energie in Form von magnetischen oder elektromagnetischen Wellen des Lesegerätes dient zur Datenübertragung zum Tag und wieder zurück zum Reader. Ist der Tag außerhalb der Reichweite des Readers, ist er nicht in der Lage ein Signal zu senden.30 Durch die geringe Energieversorgung haben passive Systeme eine begrenzte Reichweite und einen geringen Datenspeicher auf ihrem Tag. Sie sind eine sehr preiswerte Transpondervariante, wodurch auch nicht wiederverwendbare Lösungen realisiert werden können. Mit dieser Tag Alternative können sehr kleine Bauformen erreicht werden. Sie werden in den meisten Fällen in Systemen eingesetzt, in denen die Identifikationsnummer auf dem Tag gespeichert ist. Die Verknüpfung der Daten erfolgt über eine externe Datenbank (siehe Kapitel 2.4).
2. Semi-passive Systeme
Semi-passive RFID-Systeme, in der Literatur auch als semi-aktive Systeme bezeich- net31, besitzen eine eigene Stromversorgung. Üblicherweise handelt es sich dabei um eine eingebaute Batterie. Es sind aber auch andere Lösungen wie z. B. Solarzellen denkbar. Die Stromversorgung dient hier der Spannungsversorgung des Transponders. Da keine Energie zur Transponderversorgung verwendet werden muss, kann ein energetisch schwächeres Feld vom Lesegeräte ausgesendet werden. Hierdurch haben semi-passive Systeme eine weitaus größere Reichweite im Vergleich zu passiven Tags. Die eigene Energieversorgung ermöglicht die Verwendung eines größeren Datenspei- chers im Transponder. Semi-passive Systeme senden kein eigenes Signal an das Lesegerät, sondern werden wie beim passiven Transponder durch das Feld des Lesegerätes beeinflusst.32 Dieser Transponder hat bedingt durch die Batterie eine begrenzte Lebensdauer und eine größere Bauform. Durch die aufwendigere Technologie ist er die teurere Variante gegenüber dem passiven Tag.33
3. Aktive Systeme
Eine ganz andere Art von Transpondern sind die aktiven Systeme. Diese verfügen über einen eigenen Sender und eine eigene Stromversorgung und sind somit nicht auf eine Aktivierung durch das Lesegerät angewiesen. Sie können ein Signal autark aussenden. Diese Systeme können bei ausreichender Sendeleistung Entfernungen von einigen hundert Metern überbrücken.34 Es handelt sich hierbei nicht um RFID- Transponder im eigenen Sinne, sondern um Kurzstreckenfunkanlagen. Diese Art der RFID-Systeme finden ihre Anwendungen, wenn alle Daten des Objektes auf dem Tag gespeichert werden und keine zusätzliche Datenbank zur Informationsverwaltung eingesetzt wird. Die unterschiedlichen Arten der Datenverwaltung werden in Kapitel 2.4 beschrieben.
Einen Überblick über die drei Arten der Energieversorgung sowie ihre unterschiedlichen Merkmale liefert die Tabelle 1.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Transpondereigenschaften bei unterschiedlicher Energieversorgung35
2.2.2 Frequenzen und Reichweiten
Die verschiedenen Frequenzen sind ausschlaggebend für die Reichweite, die Durchdringungsrate verschiedener Materialien und die Lesegeschwindigkeit.36
Die Tabelle 2 zeigt die Frequenzbänder mit ihren dazugehörigen Frequenzbereichen, die für RFID-Applikationen Verwendung finden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: RFID-Frequenzbereiche37
RFID-Systeme mit einer Frequenz bis ungefähr 30 MHz arbeiten nach dem Prinzip der induktiven Kopplung. Bei den hochfrequenten Systemen und den Mikrowellensys- temen kommen elektromagnetische Felder für die Kopplung zum Einsatz. Niedrigfrequente Systeme besitzen eine geringere Absorptionsrate als Systeme im Hochfrequenzbereich. Sie werden verwendet, falls eine Durchdringung von Materialien oder Gegenständen gewährleistet sein muss. Die Störung der Datenübertragung durch verschiedene Materialien wie z. B. Metall oder Wasser ist bei diesen niedrigfrequenten Systemen wesentlich geringer als gegenüber Mikrowellensysteme. Letztere hingegen weisen eine wesentlich höhere Reichweite auf, benötigen dafür jedoch eine eigene Energieversorgung.38 Für die Lesereichweite von RFID-Systemen sind somit das Frequenzband, der Montageuntergrund sowie das Material zwischen Lesegerät und Transponder entscheidend. Den Unterschied der Lesereichweiten zwischen verschiede- nen Frequenzbändern sowie unterschiedlichen Materialien veranschaulichen die Abbildung im Anhang 1 und Anhang 2.
Die Reichweiten der RFID-Systeme werden in drei verschiedenen Kategorien unterschieden (siehe Tabelle 3). Bei RFID-Systemen mit einer Reichweite bis zu einem Zentimeter wird von Close-Coupling Systemen gesprochen. Sie arbeiten in einem Frequenzbereich bis 30 MHz und sind oft mit einem Mikroprozessor ausgestattet. Durch diesen Prozessor ist der Transponder in der Lage die gespeicherten Daten zu verschlüsseln. Sie werden bevorzugt eingesetzt, wenn hohe Sicherheitsanforderungen an das System gestellt sind.39
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3: RFID-Reichweiten40
Der Reichweitenbereich von Remote-Coupling Systemen beträgt bis zu drei Meter. Als Frequenzen kommen Bereiche unter 135 kHz für eine Reichweite bis zu 1,5 Meter und die Frequenz von 13,56 MHz für eine Reichweite bis zu drei Meter in Betracht. Hierbei handelt es sich um die meist verbreitete RFID-Variante. Der Anteil von Remote-Coupling Systemen an allen eingesetzten RFID-Systemen beträgt ca. 90%.41 Die Frequenz von 13,56 MHz ist besonders geeignet für die Pulkerfassung, hat jedoch eine hohe Sensibilität gegenüber metallischen Objekten.42 Für die Frequenzbänder der Remote-Coupling Systeme existieren eine Reihe von Normen für die technischen Spezifikationen der Transponder, wodurch systemübergreifende Anwendungen möglich sind.
Ab einer Reichweite von drei Metern wird von Long-Range RFID-Systemen gesprochen. Diese arbeiten im UHF-Bereich auf dem Frequenzband von 868 MHz in Europa und auf 915 MHz in Amerika mit einer Reichweite von bis zu 50 Metern. Des Weiteren gibt es Long-Range Systeme im Mikrowellenbereich mit 2,5 GHz und einer Reichweite von bis zu 100 Metern. In der Entwicklung befinden sich Systeme die eine Frequenz von 5,8 GHz nutzen, Reichweiten von bis zu 1000 Metern aufweisen und zugleich weniger störanfällig für metallische Oberflächen sind.43 Aufgrund seiner größeren Reichweite, die für logistische Zwecke erheblich besser geeignet ist, wird der UHF Frequenzbereich momentan stark durch den EPC-Standard (siehe Kapitel 2.3) vorangetrieben und wird dadurch in Zukunft eine bedeutende Rolle für Logistikdienstleister einnehmen.44
2.2.3 Funktionsumfang
RFID-Transponder unterschieden sich hinsichtlich ihres Funktionsumfangs in der Speicherstruktur, der Speicherkapazität, der Betriebsart und der Art der Datenverarbei- tung.
Die elementarsten und günstigsten Transponder sind die elektronischen Artikelsicherungssysteme (EAS). Aufgrund ihrer Speicherkapazität von nur einem Bit, ist lediglich die Kontrolle der Anwesenheit eines Transponders möglich.45
Die read-only Transponder, die zur Gruppe der induktiven Transponder gehören, verfügen über die Speicherkapazität einer mehreren Bytes lange Nummer, wie zum Beispiel dem Electronic Product Code (EPC). Der EPC wird zur Identifizierung ausgesendet, solange sich der Tag im Feld des Lesegerätes befindet.46 Aufgrund des geringen Energie- und Speicherbedarfs können diese Transponder sehr klein gehalten werden und sind sehr preiswert in der Herstellung.47
Die Backscatter Systeme sind die verbreiteteste Variante der beschreibbaren Systeme und weisen die größte Typenvielfalt auf. Diese Systeme gibt es sowohl in aktiver als auch in passiver Form und in allen für RFID zur Verfügung stehenden Frequenzbän- dern. Es wird zwischen write-once / read-many (WORM) und read / write Transpondern unterschieden. Im ersten Fall können die Daten vom Produzenten einmalig dem Objekt zugeordnet und dann beliebig oft gelesen werden. Im zweiten Fall können die Daten beliebig oft auf dem Transponder verändert und gelesen werden.48 Sehr häufig unterstützen diese Transponder Verfahren zur Datenverschlüsselung oder Antikollisi- onsverfahren, wodurch sich mehrere Tags im Bereich des Lesegerätes befinden können.49
Die Closed-Coupling Transponder stellen das technologisch anspruchsvollste RFID- System dar.50 Sie sind mit Mikroprozessoren ausgerüstet. Hierdurch lassen sich komplexe Verfahren zur Verschlüsselung und Authentifizierung durchführen. Diese Systeme können ausschließlich auf sehr kurzen Distanzen eingesetzt werden (siehe Kapitel 2.2.2).51
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Betriebsart des Transponders. Beim Voll- oder Halbduplexverfahren sendet der Transponder, während das Feld des Lesegerätes eingeschaltet ist. Beim sequentiellen Verfahren hingegen, erfolgen das Senden des Transponders und das Lesen des Readers nacheinander. In den Lesepausen hält hierbei ein Kondensator die Spannung des Transponders aufrecht.52
Die folgende Tabelle 4 gibt einen vollständigen Überblick über die verschiedenen RFID-Systeme und ihre Einsatzgebiete.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 4: Eigenschaften von RFID-Systemen53
2.3 Standardisierung
Der Erfolg oder Misserfolg von technischen Innovationen ist sehr oft mit der Erstellung von Normen und der Akzeptanz von Standards verbunden. Diese Standardi- sierung muss sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene stattfinden, damit eine weltweite Systemkompatibilität gewährleistet ist. Regelungen die Fermeldeangelegenheiten betreffen fallen in den Bereich der nationalen Regulierungs- behörden. Mit der Festlegung von Standards für den Bereich RFID beschäftigen sich internationale Gremien wie ISO / IEC, EPCglobal oder GS1. Im Jahr 2003 wurde von der EAN international und dem Uniform Code Council unter Zusammenarbeit mit dem Auto-ID Center am MIT die EPCglobal Inc. gegründet, um technische und wirtschaftli- che Standards für (EPC-)Netzwerke, Transponder und Lesegeräte festzulegen. Eine Vielzahl von Unternehmen ist dem EPCglobal für die finanzielle Unterstützung angeschlossen. Ihnen kommt eine besondere Rolle zu, da sie aktiv an der Entwicklung der Standards mitarbeiten können.54 Ziel ist die Garantie der eindeutigen Identifizierung von Waren durch den Electronic Product Code in der Lieferkette.55 Der EPC ist auf dem European Article Number (EAN) Code, wie er z. B. auf dem Barcode vorzufinden ist, aufgebaut. Dadurch wird die Umstellung auf RFID und eine parallele Nutzung der beiden Systeme, RFID und Barcode, vereinfacht. Gegenüber dem Barcode mit dem EAN-Code, der nur die Identifizierung der Artikelart ermöglicht, ist durch RFID eine individuelle Kennzeichnung jedes einzelnen Produktes durch eine zusätzlich Seriennummer möglich. Der EPC besteht aus einer Nummer, anhand derer Informatio- nen über Hersteller, Produkt, Version und Seriennummer verfügbar gemacht werden können.56
Inzwischen gibt es eine Reihe von ISO Normen, die die Ausgestaltung der RFID- Technologie regeln. Eine Übersicht verschiedener ISO Normen und ihrer Inhalte befindet sich im Anhang 3. Unter Zugrundelegung der in Kapitel 2.2.3 erläuterten Unterschiede von RFID-Transpondern hat das EPCglobal zur Vereinheitlichung verschiedene Transponderklassen definiert. Die zwei Basisklassen 0 und 1 wurden mit dem Generation 2 Standard in einer Klasse harmonisiert. In der folgenden Tabelle 5 werden die einzelnen Klassen dargestellt.57
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 5: EPC Generationen und Transponderklassen58
2.4 Datenverwaltung
Aufgrund der Möglichkeit der detaillierteren Abbildung der Unternehmensprozesse durch RFID, steigt die Menge der Daten und damit die Komplexität des Daten- Managements. Somit bedarf es bei der Datenverwaltung einer zunehmend größeren Aufmerksamkeit.59
Es gibt zwei grundsätzliche Systemalternativen zur Informationsverarbeitung. Die zentrale und die dezentrale Datenverwaltung der Informationen.60 Es wird von „Data on Network“ gesprochen, wenn nur ein Artikelcode z. B. der EPC auf dem Transponder verzeichnet ist. Für diese Variante ist ein passiver, folglich kostengünstiger Tag ausreichend. Da die Daten auf dem Transponder unverändert bleiben, wird kein großer Speicherplatz benötigt. Alle weiteren mit diesem Objekt verbundenen Daten, wie z. B. das Gewicht, der Hersteller oder das Mindesthaltbarkeitsdatum sind in einer zentralen Datenbank, dem Data Warehouse, hinterlegt und werden über die Middleware diesem Code zugeordnet. Erst durch die Datenbank kann aus der jeweiligen Information ein Nutzen generiert werden. Die Intelligenz des Systems liegt also in der Datenbank. Die abgerufenen Informationen sind auch ohne die physikalische Anwesenheit des Objektes zu jeder Zeit verfügbar. Zur Sendungsnachverfolgung wird z. B. in der Datenbank vermerkt, welche Station das Objekt gerade passiert hat. Ab diesem Zeitpunkt ist die Information jederzeit im System verfügbar. Solche „Data on Network“-Systeme werden auch bei Barcode-Systemen eingesetzt. Diese Variante bietet den Vorteil der unternehmensübergreifenden Kompatibilität, da die Standards bezüglich Transponder, Lesegerät und Middleware von EPCglobal festgelegt werden.61
Die Alternative der „Data on Network“-Datenverwaltung wird als „Data on Tag“ bezeichnet. Hier sind die Transponder wiederbeschreibbar und mit zusätzlicher Speicherkapazität ausgestattet, um weitere Produktinformationen verwalten zu können.62 Bei dieser dezentralen Steuerung wird z. B. beim Tracking und Tracing die Eventmeldung am Punkt der Eventerfassung auf dem jetzt „intelligenten“ Tag hinzugefügt. In diesem Zusammenhang wird von „real time logistics“ gesprochen. Ein großer Vorteil ist, dass sich Zusatzfunktionalitäten und Sensoriksysteme in das System integrieren lassen. So können z. B. Temperaturüberwachungen integriert und die Daten direkt auf dem Tag gespeichert werden.63 Hierfür ist jedoch eine Vergrößerung der Tags erforderlich. Bedingt durch die größere zu lesende Datenmenge wird eine längere Zeitspanne für die Lesevorgänge benötigt.
Die „Data on Tag “-Datenverwaltung ist um ein Vielfaches teurer als die „Data on Network“-Datenverwaltung, da die Preise für die aktiven Tags wesentlich höher liegen.64 Des Weiteren gestaltet sich die unternehmensübergreifende Verteilung der Informationen weitaus schwieriger, da nicht zwangsläufig ein standardisiertes Netzwerk zur Bereitstellung der Daten vorhanden ist. Ein Vorteil ist hingegen, dass sich die individuellen Daten leichter ändern lassen, da nicht erst auf eine Datenbank zugegriffen werden muss. So können Daten erfasst und ausgelesen werden, auch wenn sich das Objekt nicht in Reichweite der zentralen Datenbank befindet.65
„Data on Tag“-Lösungen lassen sich schwer mit anderen Auto-ID Systemen kombinieren. Aus diesem Grund ist eine Übergangsphase, in der ein Barcode- und ein RFID-System gleichzeitig verwendet werden, nur schwierig zu realisieren.66 Die Tabelle 6 listet die unterschiedlichen Charakteristika beider Datenverwaltungskonzepte auf.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 6: Data on Tag vs. Data on Network67
Ein morphologischer Kasten im Anhang 4 zeigt alle Merkmale der RFIDTechnologie und ihre Ausprägungen, die in diesem Kapitel erläutert wurden, für eine RFID-System Implementierung auf.
3 Geschäftsmodelle - Definitionen und Bestandteile
Um durch den Einsatz der Radio Frequency Identification Technologie die Unter- nehmensprozesse effizienter zu gestalten und die Befriedigung von Kundenbedürfnissen zu optimieren, bedarf es, dass Logistikdienstleister ihre vorhandenen Geschäftsmodelle verändern oder neue Geschäftsmodelle entwickeln. Dieses Kapitel geht deshalb detailliert auf den Begriff des Geschäftsmodells ein. Dabei werden eine theoretische Grundlage für den Begriff des Geschäftsmodells und ein Leitfaden zur Implementierung im Unternehmen geliefert.
Bedingt durch technische Innovationen, sich wandelnde Kundenbedürfnisse und eine sich ändernde Gesetzgebung sind Unternehmen immer wieder gezwungen die eigenen Geschäftsmodelle zu überprüfen, anzupassen oder neue Geschäftsmodelle zu entwerfen.68 Demzufolge müssen sich nicht nur Start-up-Firmen, sondern auch angestammte Unternehmen der Aufgabe der Geschäftsmodellierung stellen.
Der technologische Fortschritt führt dazu, dass sich Geschäftsfelder innerhalb einer Branche verändern, überschneiden oder wegfallen. So entwickeln sich z. B. Arbeitstei- lungen zwischen Unternehmen und deren Kunden, was zur Veränderung von bestehenden Prozessen führt. Darüber hinaus dehnen Unternehmen ihre Marktaktivitä- ten aus. Dies geschieht einerseits durch vertikale Integration, bei der Kunden oder Zulieferer in das eigene Unternehmen integriert werden. Anderseits werden durch horizontale Integration bestehende Geschäftsfelder ergänzt. Durch die Entwicklung neuer Technologien oder das Neustrukturieren bestehender Geschäftsfelder können Prozessstufen ausgelassen oder weitere Stufen integriert werden, wodurch die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle forciert wird.69 In diesem Kontext kann der Technologieträger RFID als ein Wegbereiter neuer Geschäftsmodelle verstanden werden.
In der Hochzeit der New Economy von 1996-2000 wurde der Begriff Geschäftsmo- dell oder Business Model häufig erwähnt und mit vielen unterschiedlichen Definitionen versehen.70 Auch wurde das Scheitern damaliger Vorzeigeunternehmen auf ineffiziente Geschäftsmodelle und den Mangel an fundiertem Wissen darüber zurückgeführt.71 Im folgenden Kapitel wird der Begriff Geschäftsmodell einheitlich definiert und abgegrenzt.
3.1 Begriffserklärung - Geschäftsmodell
Der Ausdruck Geschäftsmodell ist eine Zusammensetzung der beiden Begriffe Geschäft und Modell. Ein Geschäft ist eine auf Gewinn abzielende Unternehmung. Ein Modell ist eine vereinfachte Abbildung der Wirklichkeit, die aus Elementen und deren Verknüpfungen besteht.72 Somit ergibt sich eine modellhafte Beschreibung einer Unternehmung. Ein Geschäftsmodell ist immer nur eine Annäherung an die wirkliche Organisation eines Unternehmens oder den gesamten Wertschöpfungsprozess einer Dienstleistung oder eines Produktes. Es ist eine Abstraktion der Funktion eines Geschäftes.
Ein Geschäftsmodell setzt immer eine Geschäftsidee voraus. Diese Geschäftsidee bedarf einer Vorstellung, welches Produkt oder welche Leistung erstellt und welche Kunden auf welchen Märkten erreicht werden sollen.73 Ein Geschäftsmodell ist eine komplexe Konzeptkonfiguration eines Produktes, einer Dienstleistung oder eines Services zur Befriedigung der Kundenbedürfnisse.74
Ein Geschäftsmodell wird in einem bestimmten Geschäftsfeld eines Unternehmens positioniert. Dieses Geschäftsfeld beschreibt den Teilmarkt in dem ein Unternehmen tätig ist und lässt sich in Kundengruppen, Produkt und Wettbewerber aufteilen.75 Die Abgrenzung der einzelnen Geschäftsfelder erfolgt dabei anhand unterschiedlicher Wettbewerbssituationen. Hierbei darf die Abgrenzung nicht zu weit gesteckt sein, um Teilmärkte mit verschiedenen Anforderungen nicht zusammenzufassen. Die Geschäftsfelder dürfen auch nicht zu eng begrenzt sein, um wichtige Faktoren nicht unberücksichtigt zu lassen.76
Die Modellierung eines Geschäftsmodells dient außerdem als Grundlage für die Struktur des Informationssystems eines Unternehmens. So wird das Kerngeschäft des Unternehmens detaillierter abgebildet und es kann die Möglichkeit geschaffen werden, die aktuelle Architektur und die Prozesse der Unternehmung weiterzuentwickeln. Einem klar definierten Geschäftsmodell lässt sich ein Vergleich mit anderen Geschäftsmodellen von Konkurrenzunternehmen zugrundelegen und somit eine Orientierung an der Benchmark. Nach einer vergleichenden Analyse können eigene Potenziale hervorgehoben und Stärken weiter ausgearbeitet werden. Ebenso besteht die Möglichkeit der Ausgliederung von Teilprozessen, um die Kernkompetenz des eigenen Unternehmens zu unterstreichen.77
Im Vordergrund eines Geschäftsmodells steht der Nutzen, der aus einer Leistung oder einem Produkt generiert wird. Um eine Differenzierung gegenüber Wettbewerben zu erlangen, muss sich das Portfolio von derzeit auf dem Markt existierenden Produkten oder Leistungen abheben und die Unique Selling Proposition (USP) dezidiert herausgearbeitet werden.78
Bis heute liegt keine einheitlich anerkannte Begriffsdefinition eines Geschäftsmodells vor.79 Durch diesen Umstand haben die wissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit diesem Thema zu einer Vielzahl von Veröffentlichungen geführt. In den folgenden Kapiteln sind sowohl reine Beschreibungen des Geschäftsmodells (Kapitel 3.2) als auch systematische Ableitungen von Geschäftsmodellen sowie Handlungsanweisungen zur Geschäftsmodellfindung (Kapitel 3.3) zu finden.
3.2 Literaturübersicht
Die Definition des Begriffs Geschäftsmodell ist in der Literatur in unterschiedlichen Ausprägungen vertreten. Vor allem weisen sie nicht unbedingt die gleiche Vollständigkeit auf bzw. decken unterschiedliche Bereiche unterschiedlich stark ab. Der folgende Absatz gibt einen Überblick über die in der Literatur ermittelten Ansätze, die in dieser Betrachtung Verwendung finden.
[...]
1 Vgl. Pflaum, A. (2007), S. 3
2 Vgl. Wildemann, H. (2001), S. 2 f.
3 Vgl. Overmeyer, L.; Vogeler, S. (2006), S. 36
4 Vgl. Bönsch, R. (2006), S. 28
5 Vgl. Aimi, G. (2006)
6 Rindle, K. (2006)
7 Vgl. A.T. Kearney (2004[b]), S. 1
8 Vgl. BAH (2004)
9 Vgl. Wegweiser (2006), S. 37 f.
10 Vgl. Kagermann, H.; Österle, H. (2006), S. 11
11 Vgl. Porter, M. (2001[a]), S. 71
12 Vgl. Rentmeister, J.; Klein, S. (2003), S. 17
13 Eigene Darstellung
14 Vgl. Obrist, A. (2006), S. 17
15 Vgl. Melski, A. (2006), S. 4
16 Vgl. Kummer, S. et al. (2005), S. 13
17 Vgl. Obrist, A. (2006), S. 18
18 Vgl. Melski, A. (2006), S. 6
19 Overmeyer, L.; Vogeler, S. (2006), S. 36
20 Vgl. Melski, A. (2006), S. 13
21 Vgl. Finkenzeller, K. (2006), S. 14 ff.
22 Vgl. Finkenzeller, K. (2006), S. 7
23 Vgl. Melski, A. (2006), S. 8
24 Finkenzeller, K. (2006), S. 44
25 Vgl. Kummer, S. et al. (2005), S. 16
26 Vgl. Finkenzeller, K. (2006), S. 9
27 Vgl. Melski, A. (2006), S. 13
28 Melski, A. (2006), S. 8
29 Melski, A. (2006), S. 12
30 Vgl. Finkenzeller, K. (2006), S. 23
31 Vgl. Melski, A. (2006), S. 10
32 Vgl. Finkenzeller, K. (2006), S. 24
33 Vgl. Kummer, S. et al. (2005), S. 21
34 Vgl. Finkenzeller, K. (2006), S. 25
35 Melski, A. (2006), S. 10
36 Vgl. Melski, A. (2006), S. 10
37 Kummer, S. et al. (2005), S. 16
38 Kummer, S. et al. (2005), S. 16
39 Vgl. Finkenzeller, K. (2006), S. 22
40 Vgl. Finkenzeller, K. (2006), S. 22 f.
41 Vgl. Bovenschulte, M. et al. (2007), S. 13
42 Vgl. Melski, A. (2006), S. 11
43 Vgl. Finkenzeller, K. (2006), S. 23
44 Vgl. Bovenschulte, M. et al. (2007), S. 13
45 Vgl. Finkenzeller, K. (2006), S. 25
46 Vgl. Kummer, S. et al. (2005), S. 19
47 Vgl. Finkenzeller, K. (2006), S. 26 Vgl.
48 Melski, A. (2006), S. 11
49 Vgl. Finkenzeller, K. (2006), S. 27
50 Vgl. Kummer, S. et al. (2005), S. 25
51 Vgl. Finkenzeller, K. (2006), S. 27
52 Vgl. Finkenzeller, K. (2006), S. 57 f.
53 Eigene Darstellung nach FTK e.V. (2004), S. 5, Strassner, M.; Fleisch, E. (2003), S. 59 und Kortmann, M. (2006), S. 23
54 Vgl. Melski, A. (2006), S. 15
55 Vgl. Overmeyer, L.; Vogeler, S. (2006), S. 34
56 Vgl. FTK e.V. (2004), S. 6
57 Vgl. Melski, A. (2006), S. 18
58 Vgl. Melski, A. (2006), S. 18 und Gillert, F.; Hansen, W. (2007), S. 99
59 Vgl. Diekmann, T. et al. (2007), S. 2
60 Vgl. Informationsforum RFID e.V. (2006), S. 3
61 Vgl. Diekmann, T. et al. (2007), S. 3
62 Vgl. Diekmann, T. et al. (2007), S. 1 Vgl.
63 Diekmann, T. et al. (2007), S. 4
64 Vgl. Banks, J. et al. (2007), S. 63
65 Vgl. Diekmann, T. et al. (2007), S. 3
66 Vgl. Stiehler, A.; Wichmann, T. (2005), S. 10
67 Diekmann, T. et al. (2007), S. 5
68 Vgl. Mercer (2003), S. 2
69 Vgl. Kobler, D. (2005), S. 126 f.
70 Vgl. Rentmeister, J.; Klein, S. (2003), S. 17
71 Vgl. Bach, N. et al. (2003), S. 10 Vgl.
72 Kobler, D. (2005), S. 136
73 Vgl. Bach, N. et al. (2003), S. 11
74 Vgl. Stähler, P. (2002), S. 39
75 Vgl. Hungenberg, H. (2001), S. 62 f.
76 Vgl. Hungenberg, H. (2001), S. 365
77 Vgl. Eriksson, H.; Penker, M. (2000), S. 7 f.
78 Vgl. Nagl, A. (2006), S. 39 f.
79 Vgl. Porter, M. (2001[a]), S. 71
- Quote paper
- Christian Metzing (Author), 2007, Geschäftsmodellentwicklung im Bereich RFID am Beispiel eines internationalen Logistikdienstleistungsunternehmens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144905
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