„Die Organisation der örtlichen Sozialverwaltung(Neue Steuerung) und deren Auswirkungen auf die Qualitätssicherung in der Jugendhilfe am Beispiel der Heimerziehung“
Einleitung, Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
Hinter dem Thema der vorliegenden Arbeit verbirgt sich mein Grundgedanke, dass die Profession bislang innerhalb verschiedener staatlicher und gesellschaftlicher Paradigmenwechsel zum devoten Instrument (vergleichbar mit einer Marionette) des „aktivierenden Sozialstaates“ mutierte. Ziel dieser Arbeit ist die kritische Auseinandersetzung mit der Qualitätssicherungsdebatte in der Jugendhilfe, insbesondere in der Heimerziehung.
Im ersten Teil werde ich die Begriffe "Profession", "Professionalisierung“ und „Professionalität“ definieren, da diese eng mit Qualitätskriterien verbunden sind, anhand derer sich die Praxis ausrichten muss. Hierbei schildere ich die Veränderungen, aus denen das Spannungsverhältnis zwischen den Rahmenvorstellungen der Profession zu den veränderten Steuerungs(an-)forderungen entstand. Über die Skizzierung betriebswirtschaftlicher Modelle(„Qualität“, „Qualitätssicherung und -entwicklung“, „Wirksamkeits- und Qualitätsdialog“ sowie „Qualitätsmanagement“ laut ISO 9000 ff. und Zertifizierung, EFQM, Benchmarking und (Selbst-)Evaluation) werde ich die Risiken und Chancen des Qualitätsmanagements in Bezug auf die Professionalisierung der Sozialen Arbeit diskutieren.
Im zweiten Teil der Arbeit werde ich mich mit der Organisation der örtlichen Sozialverwaltung und den Grundzügen des Outputorientierten Neuen Steuerungsmodells (KGSt, exemplarisch Begrifflichkeiten „Produkt“/„Dienstleistung“ in der Jugendhilfe, Einrichtungs- und Dialogebene) auseinandersetzen. Auf der kommunalen Ebene werde ich zusammenfassend den Qualitäts- und Wirksamkeitsdialog beschreiben und abschließend überprüfen, inwieweit es der Profession gelingt, innerhalb des Neuen Steuerungsmodells professionell zu agieren.
Im dritten Teil der Arbeit zeige ich basierend auf den theoretischen Erkenntnissen die Entwicklung, Einsatzgebiete, Schwierigkeiten und Möglichkeiten der Qualitätsentwicklung
und -sicherung am Beispiel der Heimerziehung auf (exemplarisches Instrument: Hilfeplanung).
Im vierten und fünften Teil werden die folgenden Fragen beantwortet:„Ist Soziale Arbeit die Marionette des Sozialstaates?“, "Sind Stress- und Burnoutmanagement eine Reaktion der Profession auf das Ergebnis des kontinuierlichen Aufgabenzuwachses durch das Neue Steuerungsmodell?"
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der Abkürzungen
Einleitung, Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
1. Professionalität Sozialer Arbeit und die Begrifflichkeiten
von Qualitätsmanagement
1.1 Professionalität Sozialer Arbeit
1.2 Der Qualitätsbegriff
1.2.1 Qualität
1.2.2 Qualitätsmanagement und Total Quality Management
1.2.2.1 Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung
1.2.2.2 Qualitäts- und Wirksamkeitsdialog
1.3 Verfahren und Methoden des Qualitätsmanagements
1.3.1 DIN EN ISO 9000 ff
1.3.2 European Foundation for Quality Management (EFQM)
1.3.3 Benchmarking
1.3.4 Selbstevaluation
1.3.5 Chancen und Risiken der Qualitätsmanagement-Modelle
für die Professionalisierung Sozialer Arbeit
2. Organisation der örtlichen Sozialverwaltung - die Grundzüge
des Outputorientierten Neuen Steuerungsmodells
2.1 Grundzüge des Outputorientierten Neuen Steuerungsmodells
2.2 Outputorientierte Steuerung in der Jugendhilfe
2.2.1 Jugendhilfe als Dienstleistung
2.2.1.1 Produkte in der Jugendhilfe
2.2.1.2 Leistungen in der Jugendhilfe
2.2.2 Bausteine eines kommunalen Qualitäts- und Wirksamkeitsdialoges
2.2.2.1 Einrichtungsebenen
2.2.2.2 Dialogebenen
2.2.2.3 Kommunale Ebenen
3. Qualitätssicherung in der Heimerziehung
3.1 Veränderungen der Heimerziehung
3.2 Heimerziehung als Ort der Qualitätssicherung
3.2.1 Schwierigkeiten und Möglichkeiten der Qualitätssicherung
3.2.1.1 Zielorientierung über Qualitätskriterien
3.2.1.2 Sozialisationsauftrag der Heimerziehung
3.2.1.3 Multiperspektivität und Kundenorientierung
3.2.1.4 Abgrenzungen der Definition von Qualität
3.2.1.5 Qualitätsdimensionen
3.2.1.6 Hilfeplanung als Steuerungsinstrument
4. Stress- und Burnout-Management als Aspekt
der Personalentwicklung
4.1 Steigende Anforderungen im Heimbereich
4.2 Ergebnis: Burnout-Syndrom
4.3 Reaktion und Chance: Stress- und Burnout-Management
5. Zusammenfassung, Kritik und Ausblick
5.1 Zusammenfassung und Kritik
5.2 Ausblick für die Jugendhilfe und Heimerziehung
5.3 Betriebliche Sozialarbeit
5.3.1 Stress und Burnout als Gegenstand betrieblicher
präventiver Sozialarbeit
5.3.1.1 Startphase: Erwerb des Projektauftrages
5.3.1.2 Definitionsphase: Projektdefinition mit Projektziel
5.3.1.3 Planungsphase: Erarbeitung der Methoden
5.4 Helfer für Helfer
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der Abkürzungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung, Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
Das Thema dieser Arbeit ist: „Die Organisation der örtlichen Sozialverwaltung (Neue Steuerung) und deren Auswirkungen auf die Qualitätssicherung in der Jugendhilfe am Beispiel der Heimerziehung“.
Ich bin seit 1995 als Erzieherin in verschiedenen Bereichen (Kindertagesstätte und stationäre Kinder- und Jugendhilfe) der Sozialen Arbeit tätig. Erstmalig wurde ich als Berufsanfängerin in einer Kindertagesstätte von einem Träger mit Fragen zu Qualität, Qualitätsentwicklung, Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung kon- frontiert. Die benannten Begrifflichkeiten und die „Neue Steuerung“ stellen, wie mir inzwischen als Angestellte der stationären Kinder- und Jugendhilfe reflexiv be- wusst wurde, bis heute die Basis für verschiedene intensive und kontroverse Fach- diskussionen zum Thema „Qualität von pädagogischer Arbeit“ dar.
Ziel dieser Arbeit ist die kritische Auseinandersetzung mit der Qualitätssicherungsdebatte in der Jugendhilfe, insbesondere in der Heimerziehung. Basierend auf der Verdichtung verschiedener Literaturmeinungen möchte ich Gründe für die Entwicklungen der langjährigen Debatte darstellen und hierbei Schwierigkeiten und Möglichkeiten sowie Lösungsansätze aufzeigen.
Auf dem Weg zum Ziel werde ich kritisch hinterfragen, inwieweit es der Profession innerhalb der Qualitätssicherungsdebatte gelingt, zu agieren, anstatt auf die Aus- wirkungen des „Neuen Steuerungsmodells“ in der Sozialen Arbeit zu reagieren. Hinter dem Thema der vorliegenden Arbeit verbirgt sich mein Grundgedanke, dass die Profession bislang innerhalb verschiedener staatlicher und gesellschaftlicher Paradigmenwechsel, welche sich gegenseitig bedingen, zum devoten Instrument (vergleichbar mit einer Marionette) des „aktivierenden Sozialstaates“ mutierte. Im Laufe der Jahre fragte ich mich als Angestellte der stationären Kinder- und Jugend- hilfe zudem, ob Stress- und Burnout-Management in diesem Arbeitsfeld eine Reaktion der Profession auf das Ergebnis des kontinuierlichen Aufgabenzuwachses durch das Neue Steuerungsmodell darstellen.
Am Ende der Einleitung soll der Leser selbst motiviert sein, sich die Frage zu stellen: „Ist Soziale Arbeit als Marionette des Sozialstaates zu verstehen?“. Am Ende der Arbeit mögen sich der Leser und ich diese Frage beantworten können.
Zugunsten einer flüssigen Lesbarkeit verzichtet die vorliegende Arbeit auf geschlechtsspezifische Endungen.
Ich werde nun zunächst Ausschnitte meines beruflichen Kontextes voranstellen, um über diesen die prozesshafte Entwicklung der „Qualitätsbegriffe“ bis hin zur Notwendigkeit von neuen Steuerungsmodellen und „Qualitätsmanagement“ als Basis für die weitere Analyse vorzustellen. Hierbei werde ich auch die Auslöser für die Debatten schildern.
1995 wurde ich als angestellte Pädagogin und stellvertretende Leitung einer ein- gruppigen Kindertagesstätte von der Fachbereichsleitung (Vertretung des Trägers) dazu angewiesen, die Öffentlichkeitsarbeit der Einrichtung zu verstärken, indem ich dazu beitrage, die pädagogische Arbeit unserer Kindertagesstätte transparent und für die Öffentlichkeit zugängig zu machen. Alle Einrichtungen des Trägers wurden dazu aufgefordert, einrichtungsspezifische Konzepte zu entwickeln, wel- che zukünftig Zielvereinbarungen als verbindliche Leistung für Träger und Öffent- lichkeit (Eltern aus dem Stadtteil, andere Institutionen) darstellen sollten. Jedes Team erhielt für den Prozess der Konzeptentwicklung mehrere Klausurtage, für die je nach Themenbereich (z. B. Teamarbeit, Elternarbeit) externe Fachleute (z. B. Supervisor, Moderator, Beratungsstellen und später auch Werbeberater) hinzugezogen werden konnten. Der Träger gab ein Raster zur Orientierung vor, welches die zu diskutierenden Themenbereiche gliederte. Zum Thema „Qualitäts- merkmale unserer Einrichtung“ sollten nun einrichtungsspezifische Leistungen im Team diskutiert, zusammengefasst und verbindlich verschriftlicht werden, zum Beispiel:
- Räumlichkeiten, Personalschlüssel und besondere Qualifikationen, Interessen und Stärken des Personals;
- Einzugsgebiet und Situationsanalyse: besondere Kennzeichen der Einrichtung, Schwerpunkte der pädagogischen Arbeit (z. B. Erlebnis- und Freizeitpädago- gik, Verkehrserziehung, multikulturelle Erziehung, Eltern- und Öffentlichkeits- arbeit, Vernetzung mit anderen Einrichtungen).
Ich leitete inzwischen die Kindertagesstätte. Inhalt der fachlichen Diskussio- nen wurde das Thema „Konzeptentwicklung“. Zu Beginn des Prozesses wurde in Teamgesprächen und Leitungsrunden kommuniziert, dass die Veröffentlichungen der Konzepte dazu beitrugen, dass die einzelnen Teams ihre pädagogische Arbeit als „qualitativ“ bewerteten und sie somit selbstbewusst und zufrieden nach außen vertraten. Jede Einrichtung betrieb Mundpropaganda und warb für sich. Der Wett- bewerb nahm im Verlauf der Konzeptentwicklung (1995 - 2000) sichtlich zu.
Zusammenfassend ist bisher zu sagen, dass bereits zu Beginn der 90er Jahre Qua- litätsmanagement in verschiedenen Betrieben zu einem Schlüsselbegriff für den unternehmerischen Erfolg wurde, aber erst Ende der 90er Jahre Bestandteil der Dis- kussionen im Pädagogenkreis. Kritisch anzumerken ist dies insofern, als dass Or- ganisationsprinzipien wie Verwaltungslehre und Management deutlichen Einfluss auf den Aufbau oder Ablauf einer Institution nehmen und das breite Spektrum der unterschiedlichen Prinzipien bei Veränderungen auf der Steuerungsebene abgewägt werden muss.1 In dem vorgestellten Handlungskonzept des Trägers wird deutlich, dass er seine Idee von „Qualitätsmanagement“ in Form einer standardisierten Glie- derung für eine „qualitative Konzeptentwicklung“ in die Einrichtungen delegier- te. Über seine Vorgabe wollte er zu einem einheitlichen Überblick über die spe- zifischen Angebote deren pädagogischer Qualität seiner Einrichtungen gelangen, um zeitnah die Vielfältigkeit der Konzepte seiner Einrichtungen nachweisen und im öffentlichen Wettbewerb darstellen zu können. Positiv ist, dass die Mitarbei- ter aller Einrichtungen ihrem Träger loyal gegenüberstanden. Sie signalisierten im Prozessverlauf die Offenheit, sich auf innovative Ideen ihres Arbeitgebers ein- zulassen, diese umzusetzen und über ihre einrichtungsinternen Definitionen von pädagogischer Qualität zu kommunizieren, allerdings hinterfragten sie nicht die Auslöser. Anzumerken ist zudem, dass der Träger zwar das Thema „Qualitätsent- wicklung“ in seinen Einrichtungen aufwarf, aber den diesbezüglichen Dialog auf der Ebene der Pädagogen nicht auf den Weg brachte (z. B. Notwendigkeit und Zielsetzung von Qualitätsentwicklung, Erklärung der Handlungsinstrumente). Die Pädagogenteams begannen, ihre Arbeit an den Konzepten und Ergebnissen der verbindlichen Vereinbarungen zu orientieren. Die Anforderungen an die pädago- gischen Mitarbeiter von Seiten der Arbeitgeber, der Eltern und der Kinder erhöh- ten sich, da die Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen zunehmend gefordert wurde. Die Angebote (z. B. pädagogische Ansätze, Spielmaterial, Räumlichkeiten und Personal) der einzelnen Kindertagesstätten wurden an die Nachfrage ange- passt. Folgen waren zum Beispiel die Modernisierung der Räumlichkeiten und Materialien, die Aktualisierung der pädagogischen Ansätze und die Spezialisierung der pädagogischen Angebote (z. B. Installation von Fachkreisen, Fortbildungen). Parallel zu diesem Prozess wurden auf politischer Ebene die Forderung zur Erhö- hung der Kinderzahl (Gruppenstärke) und die Erweiterung der Öffnungszeiten in Anpassung an den Bedarf arbeitender und/oder allein erziehender Elternteile laut, wobei Personalschlüssel und Arbeitszeit unverändert bleiben sollten. Die Pädago- gen befürchteten aufgrund der politischen Forderungen bei gleich bleibenden Res- sourcen einen qualitativen Einschnitt im Bereich der individuellen pädagogischen Arbeit (Förderung der Kinder) und rechtlichen Absicherung (Gewährleistung der Aufsichtspflicht). Teams verschiedener Einrichtungen, Elternteile, Kinder und Aus- zubildende des sozialen Bereichs demonstrierten in Düsseldorf und vertraten ihre Meinung, dass „Pädagogen keine Roboter“ seien, deren „Produkt“ die „technisch überprüfbare Wirksamkeit“ der Zusammenarbeit mit Menschen darstellt. Vermehrt zeichnete sich ein Spannungsverhältnis zwischen politischen Forderungen und dem Verständnis der Pädagogen ab. Die Notwendigkeit von Diskussionen der Fragestel- lung: „Was ist gute pädagogische Arbeit?“ unter Einbeziehung von verschiedenen Sichtweisen (Politik, Träger, Team einer Einrichtung, Elternteile, Kinder) wurde deutlich. Als Instrumente für die Befragungen der Adressaten wählte der Träger Fragebögen, die der Bedarfsklärung dienen sollten. In der Auswertung des Trägers, welcher die Ergebnisse erneut in Leitungsrunden kommunizierte, wurde deutlich, dass die Befragten den Begriff Qualität mit verschiedenen, sogar widersprüchlichen Inhalten definierten und die Fragebögen sich als hilfreiches Instrument für die ein- richtungsspezifische Bedarfsklärung bei den Adressaten erwiesen hatten. Der Fol- geauftrag des Trägers lautete nun, gemeinsam mit seinen Einrichtungen die existie- renden Konzepte (Zielvereinbarungen) auf die veränderten Bedarfe anzugleichen und entsprechend zu aktualisieren.
In der Auswertung der trägerinternen Konzeptentwicklung ist nun kritisch zu be- trachten, dass die einzelnen Einrichtungen zunächst motiviert durch den Träger ausschließlich eigene pädagogische Qualitätsvorstellungen als verbindliche Ziel- vorgaben in Konzepten verschriftlicht und veröffentlicht hatten. Die ersten Veröf- fentlichungen erwiesen sich demnach in sofern als sachlich inadäquat, als dass an dieser Stelle des Prozesses deutlich wurde, dass die Definition pädagogischer Qua- lität zeit- und personenabhängig variiert. Entscheidende und Einfluss nehmende Kriterien zur Definition von pädagogischer Qualität (z. B. gesellschaftlicher und po- litischer Wandel, unterschiedliche Paar- und Familienstrukturen, verschiedene Re- ligionen und Kulturen, Bedarfsorientierung an den Interessen der Adressaten) wur- den somit im ersten Durchlauf nicht berücksichtigt. Träger und Pädagogen mussten feststellen, dass die Frage der Definition von Qualität individuell beantwortet wird und es nicht die eine Definition von Qualität gibt. Es stellte sich heraus, dass Quali- tät kommuniziert werden muss und im Dialog entsteht. Zudem wurde erkannt, dass gemeinsame Qualitätsentwicklung als ein dauerhafter Prozess zu verstehen ist, über den sich alle Beteiligten kontinuierlich verständigen müssen.2
In dem praktisch vorgestellten Beispiel zeigten sich innerhalb der Organisationsprinzipien des Trägers im Folgenden zusammengefasste Defizite auf der Ebene der Steuerung und Struktur:
- Organisationsprinzip „steile Hierarchie“3: Steuerung von oben nach unten (De- zernent über Amts-, Fachbereichs-, Einrichtungsleitung zu Team, Adressaten) führte zu erhöhtem Zeit- und Personalaufwand durch lange Dienstwege, un- strukturierte Arbeitswege und Verzerrung der Informationen. Im letzten Glied der Hierarchie erfolgte die Bedarfsklärung (Lebenslage) bei den Eltern und Kindern. Wichtige Informationen der Adressaten mussten nun wieder von unten nach oben fließen.
- Bürokratiedilemma: Prozess wurde über den „Schreibtisch“ gesteuert - Auf- träge zur Qualitätsentwicklung wurden verbindlich vom Träger verschriftlicht und angeordnet. Die Verwaltung verlief nicht demokratisch und hierdurch für Pädagogen rechtlich nicht nachvollziehbar.
- Ergebnis: Erhöhter Personal- und Zeitaufwand durch Prozessverlängerung, Un- sicherheit bei Adressaten (Kritik an Fachlichkeit) und Pädagogen (veränderte Rahmenbedingungen, Anforderungen und Forderungen: Gesellschaft, Politik und Arbeitsbereich), Aufgabenzuwachs durch Veränderungen innerhalb der Or- ganisationsprinzipien und abnehmende Ressourcen (Personalschlüssel in Be- zug zu Öffnungszeiten/Kinderzahl, Finanzen) führen zu der Notwendigkeit alte Prinzipien mit neuen abzugleichen. Der Träger muss ein „Neues Steuerungsmo- dell“ entwickeln.
Aufgabe der sozialarbeiterischen Profession ist es, das eigene Selbstverständnis (die professionelle Didaktik und Methodik) mit dem Selbstverständnis und den Strukturen der in der Regel gemeinnützigen Organisation abzugleichen. Die Orga- nisation muss ihrerseits ebenfalls eigene Strukturen und das eigene Selbstverständ- nis mit dem des Sozialstaates und dessen Wohlfahrtssteuerung abgleichen.4
Mit dem Einzug des industriellen Begriffes „Qualitätsmanagement“ in den Bereich der Sozialen Arbeit wird eine Verbindung zwischen Sozialpolitik und Sozialer Arbeit deutlich und es stellt sich die Frage:
„Welche Auslöser für diese Entwicklung gab es zu Beginn der 90er Jahre?“
Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGST) brachte Anfang der 90er Jahre das „Neue Steuerungsmodell“ auf den Weg, welches die Beschäftigung mit dem Qualitätsthema bis zum heutigen Tage zum Bestandteil der Sozialen Arbeit macht. Die Jugendhilfe verstand sich bis zum 1. Januar 1991 als eigenständiger Bereich, welcher sich von erwerbswirtschaftlichen Produktions- und Dienstleistungssektoren abgrenzte. Mit dem Inkrafttreten des Kinder- und Jugend- hilfegesetzes als VIII. Buch des Sozialgesetzbuches wurde das bis dahin geltende Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) abgelöst und die Forderung der lebensweltorien- tierten Ausrichtung der Jugendhilfe löste neue Debatten in den Arbeitsfeldern aus. Konzeptionelle Grundlagen mussten überdacht und neue Konzepte, die sich am Sozialraum und der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen orientieren sollten, entwickelt werden.
„Wieso befasst sich die „Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung“ mit der Sozialen Arbeit?“
Für die Beantwortung dieser Frage möchte ich die sozialstaatlichen Aufgaben be- leuchten. Das Sozialstaatsprinzip ist in Artikel 20 des Grundgesetzes (GG) ver- ankert. Merkmal des „aktivierenden Staates“, der das Leitbild der Verwaltungsor- ganisation des Bundes seit 1998 kennzeichnet, ist, dass Bürger mehr Freiräume erhalten, um selbstverantwortlich zu handeln, sich aktiv an gesellschaftlichen Ent- wicklungen beteiligen und somit Qualität und Effizienz von staatlichen Dienst- leistungen mit gestalten. Die wichtigsten gesetzlichen Bestimmungen über die Art und Weise der Wahrnehmung sozialstaatlicher Aufgaben, ihrer Finanzierung, den Leistungen für und Ansprüche der Bürger sind im Sozialgesetzbuch (SGB) in zwölf Büchern (Abteilungen) zusammengefasst. Der verfassungsrechtliche Sozialstaats- grundsatz wird in § 1 SGB I formuliert. Absatz 1 fordert das „Solidarprinzip“. Dabei handelt es sich um eine aus dem Grundsatz des sozialen Ausgleichs abgelei- tete Sozialmoral, die auf gegenseitige Hilfestellung in der Gesellschaft abzielt. Das Recht des Sozialgesetzbuches soll besondere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur Selbsthilfe, abwenden oder ausgleichen. Der Einzelne wird also geför- dert und gleichzeitig gefordert, indem ihm eine die Selbständigkeit aktivierende Rolle zuteil wird. Historischer und institutioneller Ausdruck der Delegation sozial- staatlicher Aufgaben, welche als wesentliches Merkmal des deutschen Sozialstaates durch Gesetze der „Selbstverwaltung“ 5 übertragen wurden, sind die gesetzlichen Versicherungen - angestellte Menschen kommen hier für arbeitslose (Arbeitslosen- versicherung), gesunde für kranke (gesetzliche Krankenversicherung) und junge für alte Menschen (gesetzliche Rentenversicherung) auf. Auf kommunaler Ebene wird die Delegation sozialstaatlicher Aufgaben als „Kommunale Selbstverwaltung“ bezeichnet. Gemeinden und Gemeindeverbänden wird das Recht gewährleistet, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Rechtlich gesehen delegieren Bund und Länder somit eine Hoheitsmacht, welche die Kommunen als „mittelbare Staatsverwaltung“ ein- ordnet. Juristische Selbstverwaltung meint in diesem Zusammenhang eine eigen- ständige Verwaltung öffentlicher Aufgaben.6 Wenn den Kommunen nun also staat- liche Aufgaben delegiert werden, erfahren sie einen enormen Aufgabenzuwachs zu ihren eigenen Pflichtaufgaben und zwar im Bereich der staatlichen und öffentlichen Verwaltung. Somit erklärt sich der Zuständigkeitsbereich der KGSt (Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung) für soziale Dienste und Ein- richtungen, deren Anbieter sich begründet auf Absatz 2 des Gesetzes pluralisieren. Dieser besagt, dass die zur Erfüllung der in Absatz 1 genannten Aufgaben erforder- lichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfü- gung stehen sollen.
1999 wurde das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) erweitert. Unter §§78 a - g wird seitdem von den Trägern stationärer und teilstationärer Einrichtungen der Ab- schluss von Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen gefor- dert. Letztere haben „Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistungsangebote sowie geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung“7 zu enthalten. Im Zuge der Neuorganisation Sozialer Dienstleistungen sind also die Er- bringung von Hilfen und die Struktur der Organisation vor dem Hintergrund von Kosten - Nutzen - Abwägungen zu begründen. Es stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit von Maßnahmen.8 Das Jugendministerium NRW machte keine Aufla- gen für die notwendigen Wirksamkeitsdialoge, sondern überließ deren Entwicklung den Kommunen. Gemeinsames Interesse ist es, gute Transfermöglichkeiten zwi- schen Kommunen und Landkreisen in Deutschland zu schaffen und zwar, indem Institutionen vernetzt und Verfahren und Bausteine zur einrichtungsübergreifenden Qualitätsentwicklung aufgebaut werden.9 Die Wirkungsdebatte durchzieht seitdem als Steuerungsdiskurs Politik (Steuerung politischer Entscheidungen), Profession (Anleitung von Fachkräften in der Praxis), Institutionen (Management-Steuerung) und Wissenschaft (Aufforderung zur Bereitstellung von steuerungsrelevantem Wis- sen) und ist somit zu einer gemeinsamen Leitlinie geworden.10
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die dargestellten Veränderungen und Her- ausforderungen des Sozialstaates sowohl sein eigenes politisch-normatives Selbst- verständnis, als auch dessen Steuerungsfunktion betreffen. Das Spektrum reicht hier von der Frage nach Ausmaß und Umfang staatlicher Verantwortung bis hin zu einer neuen Verteilung von staatlichen und gesellschaftlichen Aufgaben.11 Gründe für den Umbruch von sozialer Arbeit sowie Sozialverwaltung und Sozialhilfe finden sich in den veränderten rechtlichen Normen (Einzug des Qualitätsbegriffes in die Sozialgesetzgebung), dem Aufgabenzuwachs (z. B. Langzeitarbeitslosigkeit) sowie nicht zuletzt in der Einführung betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente (z. B. Controlling) und Steuerungsmodelle.12
Im ersten Teil der folgenden Arbeit werde ich die Begriffe „Profession“, „Profes- sionalisierung“ und „Professionalität“ definieren und verdeutlichen, dass Profes- sionalität eng mit Qualitätskriterien verbunden ist, anhand derer sich die Praxis ausrichten muss.13 Hierbei möchte ich die Veränderungen schildern, aus denen das Spannungsverhältnis zwischen den Rahmenvorstellungen der Profession zu den veränderten Steuerungsanforderungen und -forderungen entstand. Anschließen werde ich einen betriebswirtschaftlichen Exkurs, indem ich die Begrifflichkeiten „Qualität“, „Qualitätssicherung und -entwicklung“, „Wirksamkeits- und Qualitäts- dialog“ sowie „Qualitätsmanagement“ definiere. Es gibt vier Verfahren, die in der Literatur als konzeptionelle Grundmuster von Qualitätsmanagement-Modellen be- trachtet werden: Qualitätsmanagement nach der Normengruppe ISO 9000 ff. und die damit verbundene Zertifizierung, EFQM (ein Konzept der European Founda- tion for Quality Management), Benchmarking und interne Evaluation (Selbstevalu- ation). Über die Skizzierung dieser Modelle werde ich die Risiken und Chancen des Qualitätsmanagements in Bezug auf die Professionalisierung der Sozialen Arbeit diskutieren.
Im zweiten Teil der Arbeit werde ich mich mit der Organisation der örtlichen Sozialver- waltung und den Grundzügen des Outputorientierten Neuen Steuerungsmodells der KGSt auseinandersetzen, welche diese bereits zu Beginn der 90er Jahre auf den Weg brachte. Danach werde ich die Outputorientierte Steuerung in der Jugendhilfe vor- stellen und anhand der Herausstellung der Begrifflichkeiten „Produkt“ und „Dienst- leistung“ die Bedeutung der Übernahme von Organisationskonzepten und Standards aus dem „erwerbswirtschaftlichen Produktions- und Dienstleistungssektor“14 für die Qualitätsentwicklung innerhalb der Jugendhilfe erläutern. Auf der Einrichtungs- ebene werde ich die Einführung von Projekten der Selbstevaluation, die Bedeutung von Zielvereinbarungen und Jahresschwerpunkten vorstellen. Auf der Dialogebene möchte ich die Rückmeldung an Einrichtungen und Träger aufzeigen und mich der Definition der Rollen und Funktion der Jugendhilfeplanung widmen. Auf der kom- munalen Ebene werde ich zusammenfassend den Qualitäts- und Wirksamkeitsdia- log beschreiben und hierbei abschließend überprüfen, inwieweit es der Profession gelingt, innerhalb des Neuen Steuerungsmodells professionell zu agieren.
Im dritten Teil der Arbeit möchte ich basierend auf den theoretischen Erkenntnissen die Entwicklung, Einsatzgebiete, Schwierigkeiten und Möglichkeiten der Qualitätsentwicklung und -sicherung am Beispiel der Heimerziehung aufzeigen. Als exemplarisches Instrument werde ich die Hilfeplanung vorstellen.
Im vierten Teil der Arbeit stelle ich als Angestellte der stationären Kinder- und Jugendhilfe die Frage, ob Stress- und Burnout-Management in diesem Arbeitsfeld die Reaktion der Profession auf das Ergebnis des kontinuierlichen Aufgabenzuwachses durch das Neue Steuerungsmodell darstellt. Hierzu werde ich reflektieren, welchen Effekt Personalentwicklung für eine Institution hat.
Abschließen werde ich die Arbeit im fünften Teil mit einer kritischen Zusammen- fassung des Themas, einem Ausblick auf die mögliche weitere Entwicklung und der Beantwortung der Frage: „Ist Soziale Arbeit die Marionette des Sozialstaates?“.
1. Professionalität Sozialer Arbeit und die Begrifflichkeiten von Qualitätsmanagement
Neben der gesetzlichen Verankerung des Qualitätsbegriffes fordern zusätzlich ver- änderte soziale und ökonomische Faktoren in Zeiten knapper öffentlicher Mittel den Einzug des Qualitätsmanagements in die Soziale Arbeit. Zusätzlich entstanden basierend auf der vermehrten Skepsis darüber, ob Soziale Dienste in ihrer bisheri- gen Form grundsätzlich wirksam sind, vermehrt Forderungen nach der Beurteilung der Fachlichkeit (Qualität, Quantität, Zielvereinbarungen). Die Diskussion um Wir- kungen wurde aufgrund des Legitimationsdrucks zu einer Frage politischer Steu- erung und griff den Gedanken auf, dass die Öffentlichkeit (Nutzer und Adressaten sozialer Dienste) ein Recht auf wirkungsvolle Hilfen hat.15 Sowohl in den USA, als auch in Deutschland flossen neue Positionen in die Qualitätsdebatte ein, welche die bisher bestimmende Form von Professionalität16 und wohlfahrtsbürokratischer Ver- waltung als hemmend für die Steigerung von Effizienz und Effektivität verstanden. Die grundlegende Veränderung der Logik sozialer Dienstleistungserbringungen äu- ßerte sich durch den Einzug der „manageriellen“ wirkungsorientierten Steuerung, deren Instrumente und formalisierten Vorgaben zunehmend bei den Kernaufgaben (Realitäts- bzw. Problem- und Falldefinition) der sozialen Dienste ansetzten, um Erwartungen zu kanalisieren, Komplexität zu reduzieren, Risiken und Störfakto- ren zu identifizieren und einschätzbar zu machen. An die Stelle der professionel- len Entscheidungsmacht sollten nun also „detaillierte Analysen der Ist-Situation“ treten, welche die Anwendung der Maßnahmen sicherstellt, die auf der Grundlage der Statistiken der Wissenschaft das höchste Maß an Wirksamkeit aufweisen.17 Vor- anzustellen ist, dass es eine Reihe von Gemeinsamkeiten zwischen den Werten und Zielen professioneller Fachlichkeit und den wesentlichen Fragen der Wirkungsori- entierung gibt. Dennoch befürchtete die Profession durch den Einzug des Qualitäts- managements eine Beschneidung der eigenen Handlungsautonomie.
1.1 Professionalität Sozialer Arbeit
Der Begriff Professionalität beinhaltet das Wort Profession. Laut Lexikon stammt der Begriff „Profession“ aus dem Lateinischen und ist ein früherer Begriff für (meist handwerkliche) Berufe.18 Unter den klassischen Professionen werden zum Beispiel auf der Basis der Spezialisierung und Weiterentwicklung von Berufen (akademi- sche Ausbildung) mit Orientierung am Gemeinwohl, die Mediziner, Juristen und Theologen verstanden.19 Sozialpädagogen und Sozialarbeiter werden nicht benannt, was darauf schließen lässt, dass es eine Unterscheidung gibt. Es gibt verschiedene theoretische Blickwinkel für die Analyse und Diskussion der Professionalisierung Sozialer Arbeit.20
Professionalisierung bedeutet „Verberuflichung“. Als solche wird die „Tendenz zur Herausbildung neuer und die Konsolidierung alter bereits bestehender Tätigkeitsfel- der, zur Umwandlung bisher unentgeltlicher (ehrenamtlicher Tätigkeit) in einkom- mensabhängige Tätigkeit und zur Entwicklung neuer beruflicher Verhaltens- und Wertestandards“ 21 verstanden. Unter der Herausbildung spezifischer Qualifikations- anforderungen an die Berufsausübung sind zum Beispiel die Einrichtung formali- sierter Studiengänge, die Kontrolle von Berufsqualifikationen, die Organisation von Berufsverbänden und die Entwicklung berufsständischer Normen zu nennen.22
Das ‚alte Modell’ der Professionalität basierte bis in die frühen 90er auf der An- nahme, dass personenbezogene soziale Dienstleistungen gekennzeichnet seien durch das „Arbeitsbündnis“ mit den Adressaten, unmittelbare personale Bezie- hungen und unbestimmte, nicht routinisierbare Arbeitsaufgaben. Der Wissenschaft wurde die Kompetenz zugeschrieben, wesentliche Legitimationsgrundlagen für die Steuerung der Leistungserbringung durch Professionalität effektiv und effi- zient eröffnen zu können. Den Professionellen wurde ein breites, auf ihre wissen- schaftlich fundierte Ausbildung zur Stärkung ihrer Problemlösungsfähigkeiten basierendes Wissensspektrum zugeschrieben, welches als Grundlage ihrer Ent- scheidungskompetenz im Steuerungsprozess der Leistungserbringung galt. Ihnen wurde in Bezug auf die anerkannte Fähigkeit, Zuständigkeit und Verantwortung, meist selbst bestimmen zu können, „wer“ die Klienten sind, „warum“ sie es sind und „wie“ die eigenen Handlungen auf den Klienten abzustimmen seien, ein hohes Maß an Autonomie zuteil.23 Die Fachkräfte reflektierten selbstkritisch die Grenzen der eigenen Kompetenzen der Zuständigkeitsbereiche ihrer Leistungserbringung und delegierten zur besseren Erfüllung den Auftrag an andere Professionen, Insti- tutionen oder Berufsgruppen (z. B. Ärzte, Therapeuten, Beratungsstellen, Schulen, Polizei).24 Ziel jeder (sozial-)pädagogischen Handlung ist das Erreichen einer mög- lichst positiven Wirkung.25
Im Mittelpunkt der strukturtheoretischen Perspektive der Professionalisierung stehen seit Beginn der 1990er Jahre nicht Probleme der „Verberuflichung“ oder die akademische Aufwertung der Sozialen Arbeit, sondern die Strukturprobleme professionellen Handelns. Die Möglichkeit der Realisierung einer idealtypischen Struktur professionellen Handelns wird als grundlegendes Bestimmungsmoment für eine Profession verstanden. Der strukturtheoretische (ebenso der systemtheo- retische) Ansatz stellt den vollgültigen Professionscharakter der Sozialen Arbeit deutlich in Frage.26 Hierin sehe ich eine Erklärung dafür, dass der soziale Bereich im Lexikon nicht unter den allgemeingültigen Professionen aufgeführt wird. Zu den Vertretern des strukturtheoretischen Ansatzes gehören Overmann und Dewe. Bernd Dewe hat die theoretischen Überlegungen von Overmann durch die Spezifi- zierung auf die Soziale Arbeit weiterentwickelt. Beide gehen davon aus, dass sich professionelles Handeln nicht standardisieren lässt. Sozialpädagogische Fachkräfte werden in der Praxis kontinuierlich mit komplexen Problemlagen, Konfliktsitua- tionen und unscharfen Zusammenhängen konfrontiert. Im Gegensatz zu bürokra- tisch-technischen Handlungsformen ist der Begriff „Professionalität“ im Handeln der Sozialen Arbeit eng mit der individuellen professionellen Handlungskompe- tenz im beruflichen Alltagsbezug verbunden (z. B. Diagnose und Entscheidung zur Problembehandlung, verantwortungsvolle und spezifische Arbeit im Umgang mit dem Einzelfall). Dewe versteht Professionalität der Handelsvollzüge27 insofern als Möglichkeit der Entwicklung professioneller Handlungsqualitäten, als dass Profes- sionalität eine „[…] Erhöhung von Handlungsoptionen, Chancenvervielfältigung und die Steigerung von Partizipations- und Zugangsmöglichkeiten aufseiten der Klienten zur Folge hat. Reflexive, auf wissenschaftliche Erkenntnisse basierende Professionalität findet ihren Ausdruck sowohl in analytischen als auch in Prozess steuernden Kapazitäten des Handelnden, dessen Autonomie stets situativ in der Bearbeitung des Falles konstituiert bzw. realisiert wird.“28 Er führt verschiedene Wissensformen29 (deklaratives Wissen: wissenschaftlich, theoretisches Wissen; prozedurales Können: berufsspezifische Aneignung institutionalisierter Deutungs- und Handlungsmuster) auf und sieht diese als Voraussetzung und Ressource für professionelles Handeln in sozialen Dienstleistungsberufen an, die sich durch den Wissensabgleich (Simultanität) von Theorie- und Fallverstehen in Abstimmung auf die jeweilige Situation kennzeichnet.30
Entscheidend für die Professionalität ist also die reflexive Überprüfung, ob das ge- neralisierte Wissen (wissenschaftlich fundiertes Reflexions- und Erklärungswissen) der Handelnden als personengebunden verstanden wurde. Durch die Selbstreflexi- vität ist die Kontrolle der eigenen Handlungslogik (sachliches, fachliches Agieren) innerhalb der Berufspraxis möglich, wobei die Auseinandersetzung mit der eigenen Person Bestandteil bleibt. In reflexiven Modellen der Sozialen Arbeit werden die Eigen- und Fremdwahrnehmung sowie die Simultanität von Wissensformen der Berufspraxis hilfreicher und notwendigerweise in der Teamarbeit und Supervision kommuniziert. Basierend auf den Strukturproblemen, welche ich als Erzieherin in der Praxis wahrnahm und in der Einleitung dieser Arbeit beschrieben habe, ent- schied ich mich im Wintersemester 2003/2004 für die weitere Spezialisierung und Professionalisierung meines Fachwissens und begann das Studium der Sozial- und Kulturwissenschaften an der Fachhochschule in Düsseldorf. Die Einführung des Studienganges „Master/Bachelor of social management“ verdeutlichte mir, dass die Begrifflichkeiten des Qualitätsmanagements aus dem englischsprachigen Raum bereits Einzug in deutsche Systeme genommen haben. Diese Tatsache bereitet mir Sorgen: Der soziale Bereich hat, wie hier beschrieben, anfänglich relativ unkritisch wissenschaftliche Instrumente zu seinen Handlungsinstrumenten gemacht. Ich sehe die Gefahr, dass das Arbeitsfeld ebenfalls betriebswirtschaftliche Methoden adaptiert. Somit wäre die Professionalisierung rückläufig, da die einleitende handwerkliche Definition von Profession zuträfe, bei der Soziale Arbeit im Glauben an die Wissenschaft vorgegebene Handlungen umsetzen würde.
1.2 Der Qualitätsbegriff
Wie in der Einleitung dieser Arbeit aufgezeigt, ist „Qualität“ kein feststehender Begriff, sondern als Aushandlung der Erwartungen und Interessen der Beteiligten zu verstehen.
Eine Vorreiterrolle im Festsetzen von Qualitätsstandards in der Dienstleistungs- branche übernahmen die USA und Skandinavien. In den 50er Jahren gewann der Qualitätsbegriff an Bedeutung. Grundlegende Überlegungen zu Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement stammen von den Amerikanern W. Edwards Deming und Joseph M. Juran. Der Vorgang der Entdeckung wurde um den der Vermeidung von Fehlern ergänzt. Qualität wurde somit zunehmend zum Gegenstand von Planung. Deming entwickelte 1950 das „Deming-Rad“, welches einen Zyklus von Planung, Handlung und Kontrolle schildert, ständig durchlaufen wird und somit zur kontinu- ierlichen Verbesserung und Weiterentwicklung von Qualität führt. Juran postulierte die drei sich ständig wiederholenden Stufen der Prozessplanung, Implementierung und Absicherung zur stetigen Verbesserung von Prozessen. Das konsequente Stre- ben nach fehlerfreier Produktion zur Vermeidung von Kosten der Fehlerbehebung, das „Null-Fehler-Programm“ (Philip B. Crosby, 1961), nahm Einzug in den Leitge- danken des Total Quality Managements (TQM).
Neu in der Qualitätsdebatte war nun der Grundgedanke, dass Qualität keine Frage der Technik, sondern der Denkweise ist. Qualität wurde als der Erfüllungsgrad von Anforderungen der gesamten Organisation, der Kunden und der Gesellschaft ver- standen. Die ganzheitliche Betrachtung des Qualitätsbegriffes wurde zunehmend zu einer Unternehmenseinstellung, welche sämtliche Mitarbeiter in allen Hierar- chien einbezog.31 Auch in Deutschland wurde Qualität in der Dienstleitungsbranche immer wichtiger. Zu Beginn der 90er Jahre wurde das Schlagwort Qualitätsma- nagement in einigen Betrieben zu einem Schlüsselbegriff für den unternehmeri- schen Erfolg.
1.2.1 Qualität
Der Begriff „Qualität“ stammt aus dem Mittelalter, hat seinen Ursprung im Lateini- schen („qualis“ = wie beschaffen) und beschreibt die Beschaffenheit, Güte oder den Wert eines Objektes.32 Ebenso alt sind die Diskussionen um den Begriff. Die Deutsche Gesellschaft für Qualität (DGQ) beschreibt Qualität als „die Gesamt- heit von Eigenschaften und Merkmalen einer Leistung, die sich auf deren Eignung zur Erfüllung gegebener Erfordernisse bezieht“.33 Qualität meint also die Erfüllung geforderter Eigenschaften im Sinne einer gebrauchstauglichen Hochwertigkeit (amerikanisch: „fitness for use“).34
D. A. Garvin unterscheidet bei der Beschreibung von Qualität:35
- den transzendenten Ansatz: Beschreibt Qualität als etwas „Einzigartiges und Absolutes“,36 welches aufgrund des eigenen Erfahrungswertes empfunden, aber nicht präzise definiert wird.
- den produktbezogenen Ansatz: Beschreibt Qualität als messbare Eigenschaft eines Produktes. Qualitätsunterschiede sind messbar und in diesem Fall Diffe- renzen von Eigenschaften.
- den anwendungsbezogenen Ansatz: Beschreibt Qualität als einen Prozess der Leistungserbringung.
- den konstruktiven, bzw. anwenderbezogenen Ansatz: Beschreibt Qualität als „Erfüllung von Kundenanforderungen“.37
- den wertbezogenen Ansatz: Beschreibt Qualität in Beziehung zum Preis für die Leistungserbringung. Qualität ist dann gegeben, wenn das Preis- Leistungs-Ver- hältnis stimmt.
In der betriebswirtschaftlichen Literatur findet sich schwerpunktmäßig der kon- struktivistische Ansatz von Garvin wieder, welcher Qualität als Fähigkeit be- schreibt, festgelegte und vorausgesetzte Kundenanforderungen (die Erwartung an eine Leistung) in Übereinstimmung mit der tatsächlich erbrachten Dienstleistung zu bringen. Qualität wird heute also in direkten Zusammenhang mit der subjekti- ven Wahrnehmung des Kunden (Urteil, Zufriedenheit) gebracht, welche sich nur in „relativen Merkmalen“38 ausdrücken lässt. Qualität ist als die Relation zwischen einem Ist- (Realität) und einem Soll-Zustand (geforderte Beschaffenheit) zu ver- stehen.
In der Qualitätsdebatte wird oft die klassische Trichotomie der Qualitätsdimension rekurriert.39 Diese ermöglicht die Differenzierung in drei weitere Dimensionen:
- Struktur- oder Rahmenqualität: Qualität wird durch Gesetze, Leitbilder, Vor- schriften und vor allem durch eingesetzte Ressourcen (z. B. Personal, Geld, Zeit) erreicht.
- Prozess- oder Verlaufsqualität: Qualität beinhaltet die Aktivitäten (Abfolge von in Wechselbeziehung stehenden Mitteln und Tätigkeiten), die nötig sind, um die Zielsetzungen der Institution zu erreichen (Verlauf der Umwandlung von der Eingabe zum Ergebnis).
- Produkt- oder Ergebnisqualität: beschreibt das Resultat, in welchem Maße die gesetzten Ziele des Zusammenwirkens von Strukturen und Prozessen erreicht wurden und dient zur Überprüfung von Effizienz und Effektivität. Hierbei wird zwischen „Outcome“ (Wirkung einer Leistung, z. B. Lernerfolg eines Schülers) und „Output“ (Vorhandensein einer Leistung, z. B. Leistung der Lehrerin) unter- schieden.40
Man kann, laut Trube, für die Sozialen Dienste zusammenfassend formulieren: „Qualität bezeichnet eine Eigenschaft/eine Besonderheit, die einem Gegenstand (Produkt), einem Vorgang (Prozess), einer Verfahrensweise (Procedere) oder auch Rahmenbedingungen einer Leistung (Struktur) zugesprochen bzw. von diesem/die- ser erwartet wird. […] “.41 Prinzipien, Normen und Ziele müssen als verbindliche Kriterien formuliert werden, um verbleibende Interpretationsräume aufzufangen und Qualität messen und beurteilen zu können. Es geht darum, Qualitätserwar- tungen zu formulieren, diese in Kriterien auszudrücken und einen Indikator zu benennen, an dem erkenntlich ist, dass das Kriterium Beachtung findet. Hierfür sind Standards erforderlich. In Anlehnung an die soeben erläuterte Trichotomie der Qualitätsdimensionen sind folgende zu benennen:42
- Struktur- und Rahmenstandards (z. B. Organisationsform, Koordination un- terschiedlicher Arbeitsabläufe, Vorhandensein geeigneter Arbeitsmaterialien, Räumlichkeiten und Personal, Kooperation von Berufsgruppen).
- Prozess- und Verlaufstandards (z. B. verbindliche Aussagen über Art, Abfolge und Inhalt des Handelns und Verhaltens aller Mitarbeiter).
- Produkt- oder Ergebnisstandards (z. B. eindeutige und nachprüfbare Beschrei- bung der Ergebnisse, die mittels Struktur und Prozess erzielt werden sollen).
Für die freiwillige und personenbezogene Sicherung von Qualität in der Sozialen Arbeit zeugen die einleitend beschriebenen, zahlreich vorhandenen, arbeitsfeldbe- zogenen Konzeptionen der jeweiligen Einrichtungen der Sozialen Arbeit sowie die Formen der Reflexion und Überprüfung der Qualität des fachlichen Handelns (z. B. Supervision). Neu an der Qualitätsdebatte ist seit 1999 ein Paradigmenwechsel von einer bis dahin typischen Beschäftigung mit pädagogischen, psychologischen und sozialen Themen hin zu einer Diskussion unter ökonomischen Gesichtspunkten, die ihre Priorität auf die Aspekte Effizienz (Relation zwischen Mittel und Wirkung) und Effektivität (Relation zwischen Ziel und Wirkung) setzt.
Die Erkenntnis, dass für die Beschreibung von Qualität zunächst Anforderungen und Kriterien formuliert werden müssen, bietet Fachkräften und Institutionen unter Einbeziehung der Kunden die Chance, festzulegen, welche Standards in ihrem Be- reich Qualität ausmachen. Produktbeschreibungen benennen die Rahmenbedingun- gen für mögliche Qualität (z. B. Personalschlüssel, Fallzahlen, Öffnungszeiten), al- lerdings erfassen sie nicht die tatsächliche Leistung.43 Somit kommt im Rahmen der Debatte um neue Steuerungsmodelle der Dienstleistungsproduktion eine weitere wichtige Rolle der Überprüfung der Qualität von Leistungen zu.44 Der Qualitätsbe- griff in der Jugendhilfe (bzw. der Heimerziehung) entlehnt sich den hier benannten Beschreibungen, welche somit die Grundlage für die weiteren Darstellungen und die Analyse für die zu diskutierenden Bereiche der gesamten Arbeit vorstellen.
1.2.2 Qualitätsmanagement und Total Quality Management
Qualitätsmanagement beinhaltet laut der Deutschen Gesellschaft für Qualität alle Tätigkeiten der Gesamtführungsaufgabe, welche Qualitätspolitik, Ziele und Verantwortung der einzelnen Beteiligten festlegen. Diese sollen darüber hinaus durch Mittel, wie Qualitätsplanung, -lenkung, -sicherung und -verbesserung im Rahmen eines Qualitätsmanagementsystems verwirklicht werden.45
In der vorliegenden Arbeit wird „Qualitätsmanagement“ als ein prozesshaftes Ver- fahren innerhalb des Managements einer gesamten Organisation verstanden sowie als Oberbegriff für Maßnahmen wie Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung. Der Begriff „Management“ weist daraufhin, dass Qualitätsaufgaben in die Zustän- digkeit von Führungskräften fallen. Im Qualitätsmanagement sind diese verpflich- tet, jeden Mitarbeiter in den Qualitätsprozess einzubinden und die Erfüllung der Anforderungen aller Beteiligten zu erkunden, untereinander und im Verhältnis zu Ressourcen durch Prozesslenkung aufeinander abzustimmen und sicherzustellen.46 Qualitätsmanagement benötigt als Voraussetzung für erfolgreiche Qualitätssiche- rung ein firmenspezifisches System, dessen Grundlage die ISO-Normenreihe 9000 ff.47 darstellt. Nach der Einführung von diesem besteht bis zur Erreichung der Qualitätsziele die Notwendigkeit der weiteren Qualitätsentwicklung bis hin zu einer Qualitätskultur (TQM - Total Quality Management). Unter TQM wird eine umfassende Methode des Qualitätsmanagements verstanden, welche sich auf die Mitwirkung aller Mitglieder einer Organisation stützt und Qualität als Erreichen sämtlicher geschäftlicher Ziele versteht. TQM ist eine Führungsmethode, die Kun- den- und Mitarbeiterzufriedenheit anstrebt und die Forderungen der Gesellschaft an die Organisation erfüllen will.48
Qualitätsmanagement trägt zur Qualität von Humandienstleistungen bei, indem es Qualitätsstandards definiert, Kontrollsysteme für die kontinuierliche Überprüfung von deren Umsetzung festlegt und entsprechende Qualitätskriterien entwickelt, be- ziehungsweise diese zur Verbesserung und Klärung der Qualität anpasst.49
Zudem trägt es zur Klärung und Verbesserung von Rahmenbedingungen fachlicher Arbeit bei, indem alltägliche Arbeitsabläufe gemeinschaftlich überdacht werden, das Wir-Gefühl gestärkt und eine Verbindlichkeit von Prozessabläufen hergestellt wird.50
1.2.2.1 Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung
Der Begriff „Qualitätssicherung“ subsumiert alle organisatorischen und technischen Maßnahmen, die der Schaffung und Erhaltung der Qualität dienen, um Qualitätsforderungen zu erfüllen. Die Qualitätssicherung lässt sich in drei aufeinander aufbauende Bereiche unterteilen: 51
Qualit ätsplanung: Auswahl von Qualitätsmerkmalen sowie Festlegung der gefor- derten und zulässigen Ausprägung eines Produkts im Hinblick auf Realisierbarkeit und Erfordernisse, die durch die Anwendung oder eine Norm gegeben sind.
Qualit ätssteuerung, bzw. -regelung oder -lenkung: Vorgabe der geplanten Produktoder Ausführungsanforderungen sowie deren Überwachung und ggf. erforderliche Korrektur an der Ausführung der Produkterstellung. Unter Verwendung der Ergebnisse der Qualitätskontrolle sollen die Vorgaben erfüllt werden.
Qualit ätskontrolle oder -pr üfung: Überprüfung von Entwurfs- und Ausführungsqualität - Soll-Ist-Vergleich zur Feststellung, inwieweit Produkte die an sie gestellten Qualitätsanforderungen erfüllen; „quality-control“-Maßnahmen (Maßnahmen zur Erhaltung/Verbesserung von Qualität durch interne Prüfung oder externe Prüfungsorgane) sind in Deutschland teilweise gesetzlich geregelt.
Im engeren Sinne geht es bei der Qualitätssicherung also darum, eine gleich blei- bende Qualität durch das Erarbeiten von Maßnahmen, Kriterien, Standards und die Entwicklung von entsprechenden Dokumentationsformen zu sichern. Do- kumentationssysteme sind ein helfendes Instrument für die Erfassung und den Nachweis, dass und inwieweit die Abstimmung von Handlungen auf Ziele erfolgt sind und um zu kontrollieren, ob der „Soll-Zustand“ erreicht werden konnte. Der Begriff „Qualitätssicherung“ beinhaltet den Begriff „Qualitätsentwicklung“. Zur Sicherung von Qualität sind kontinuierliche Dialoge über die Entwicklung, Realisierung und Weiterentwicklung von Verfahrensweisen erforderlich. Leitlinien und Standards werden als grobe Vorgabe verstanden, welche im Einzelfall überprüft und bei Bedarf abgeändert werden müssen.52
„Qualitätssicherung von innen“53 setzt ihren Ausgangspunkt bei der Weiterentwicklung der Institution, welche demnach von dieser selbst und deren Mitarbeitern mitgetragen und bestimmt wird. Somit wird ein langfristiger Prozess initiiert, in dessen Rahmen im Dialog eine Auseinandersetzung mit der eigenen Leistung stattfindet. Qualitätssicherung wird hier als Lernprozess einer Organisation verstanden und beruht auf einer systematischen Analyse von Eigen- und Fremdwahrnehmung, welche die Grundlage der Entwicklung gemeinsamer Qualitätsstandards darstellt. Im weiteren Verlauf der Arbeit werde ich von „Qualitätssicherung“ sprechen und fülle diese mit den benannten prozesshaften Inhalten.
Demgegenüber möchte ich herausstellen, dass der Begriff „Qualitätssicherung“ für die Soziale Arbeit rechtlich ausgegrenzt wurde. In der Neufassung des § 78 b ff. KJHG wird dem Begriff „Qualitätsentwicklung“ der Vorzug gegeben, um den pro- zesshaften Charakter des Qualitätsmanagements in der Sozialen Arbeit mit Nach- druck zu verdeutlichen. Die wesentlichen Instrumente der Qualitätsentwicklung in der Sozialen Arbeit stellen laut Rehn54 Selbsterfahrung, Fallbesprechungen, Super- visionen, Fachberatungen, Fort- und Weiterbildungen, sowie die Professionalisie- rung der sozialen Berufe und die wissenschaftliche Evaluation dar. In Anlehnung an Böckelmann55 definiere ich Qualitätsentwicklung als Sammelbegriff für verschiede- ne Verfahren des Qualitätsmanagements, welche die Funktion haben, durch laufen- de Verbesserungsprozesse eine hohe Qualität sicherzustellen.
[...]
1 Vgl. Trube, A. (2001), S.7.
2 Vgl. auch Kron in: Schädler, J./Schwarte, N./Trube, A. (2001), S. 112 ff.
3 Vgl. Trube, A. (2001), S. 7.
4 Vgl. Dahme, H.J/Otto, H.U./Trube, A./Wohlfahrt, N. (2003), S. 18.
5 Vgl. „Selbstverwaltung“: Art.28 Abs.2 GG.
6 Vgl. Trube, A. (2001), S. 10 ff.
7 § 78 b (3) KJHG.
8 Vgl. Otto, H.-U. (2007), S. 17.
9 Vgl. Dahme, H.-J./Otto, H.-U./Trube, A./Wohlfahrt, N. (2003), S. 10.
10 Vgl. Otto, H.-U. (2007), S. 13.
11 Vgl. Dahme, H.-J./Otto, H.-U./Trube, A./Wohlfahrt, N. (2003), S. 17.
12 Vgl. Trube, A. (2001), Vorwort.
13 Vgl. Merchel, J. (1998), S. 9.
14 Vgl. Drabner, C./Pawelleck, T. (1997), S. 7.
15 Vgl. Otto, H.-U. (2007), S. 13 f.
16 Vgl. 1.1 Professionalität Sozialer Arbeit.
17 Vgl. Otto, H.-U. (2007), S. 14 f.
18 Vgl. Bertelsmann Lexikon, Bd.12 (2005), S. 42.
19 Vgl. Schädler in: Schädler, J./Schwarte, N./Trube, A. (2001), S. 58.
20 Vgl. Nadai, E./Sommerfeld, P./Bühlmann, F./Krattiger, B. (2005), S. 11 ff.
21 Vgl. „Professionalisierung“ in: Bertelsmann Lexikon Bd. 12 (2005), S. 42.
22 Vgl. „Professionalisierung“ in: Reinhold, G./Lamnek, S./Recker, H. (2000), S. 55.
23 Vgl. Otto, H.-U. (2007), S. 48 f.; Schädler, J./Schwarte, N./Trube, A. (2001), S. 56 ff.
24 Vgl. Otto, H.-U. (2007), S. 47.
25 Vgl. Dewe/Otto (2001) in Otto, H.-U./Thiersch, H. (2001), S. 1419.
26 Vgl. Nadai, E./Sommerfeld, P./Bühlmann, F./Krattiger, B. (2005), S. 11.
27 Vgl. Dewe, B. (2005), S. 261 f.
28 Vgl. Dewe/Otto in: Otto, H.-U./Thiersch H. (2001), S. 1400.
29 Vgl. Dewe, B. (2005), S. 263 ff.
30 Vgl. Dewe, B./Ferchhoff, W./Scherr, A./Stüwe, G.(2001), S. 37; Vgl. Dewe, B. (2005), S. 263.
31 Vgl. Timischl, W. (1996), S. 3 ff.; Crosby, P. (1994), S. 1 ff.
32 Vgl. Wörterbuch (2001), S. 372.
33 Deutsche Gesellschaft für Qualität (1992), zit. nach Volkmar, S. (1998), S. 56.
34 Timischl, W. (1996), S. 1.
35 Vgl. Garvin, D. A. (1984), S. 24 ff.
36 Vgl. Volkmar, S. (1998), S. 58 ff.
37 Timischl, W. (1996), S. 1.
38 Vgl. Meinold, M. (1994), S. 42.
39 Vgl. Donabedian, A. zit. in Speck, O. (1999), S. 128.
40 Vgl. Merchel, J. (1998), S. 27 ff.
41 Vgl. Trube, A. (2001), S. 223.
42 Vgl. Merchel, J. (1998), S. 27 ff.
43 Vgl. Burkhard in: Merchel, J. (1998), S. 51; Vgl. Schädler, J./Schwarte, N./Trube, A. (2001), S. 25 ff.
44 Vgl. Heiner, M. (1996), S. 22.
45 Vgl. Witting, K.-J. (1994), S. 2.
46 Vgl. Witting, K.-J. (1994); zur Vertiefung vgl. Oakland, J./Morris, P. (1998).
47 Vgl. Kapitel 1.3.1 dieser Arbeit.
48 DIN EN ISO 8402 (1995 - 2008) , Ziffer 3.7.
49 Vgl. Heiner, M. (1996), S. 20, S. 229.
50 Vgl. Witting, K.-J. (1994), S .2.
51 Vgl. Gabler (1993), S. 2740.
52 Vgl. Klosinski in: Heiner, M. (1996), S. 280.
53 Vgl. Kessmann in: Heiner, M. (1996), S. 351 ff.
54 Rehn, B. (1999), S. 21.
55 Böckelmann, Ch. (2003), S. 33.
- Citation du texte
- Marion Rosenkranz (Auteur), 2008, Die Organisation der örtlichen Sozialverwaltung (Neue Steuerung) und deren Auswirkungen auf die Qualitätssicherung der Jugendhilfe am Beispiel der Heimerziehung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144396
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