Die interessanteste Überlieferung der Vergangenheit ist die Literatur. Nicht nur die Schriften der alten Gelehrten, die lateinischen Bibeln, die überlieferten Zauber- und Segenssprüche, die höfischen Epen u.v.m., sondern auch die Dramen vergangener Zeiten zählen dazu. Die Fastnachtspiele gehören zu den wohl bedeutendsten Dramen der spätmitellalterlichen Zeit.
Jedoch stellt sich einem die Frage, was an diesen Fastnachtspielen so besonders war. Hierfür soll zuerst die Frage geklärt werden, auf welche Traditionen sich die Fastnacht überhaupt begründet. Desweiteren soll die Frage geklärt werden, wer die Organisatoren dieser Spiele waren. In vielen Städten mit Fastnachttradition organisierten die Handwerker diese Spiele. „Im Gegensatz [dazu] ist in Lübeck das [Fastnachtspiel] ein Privileg des städtischen Patriziats, nämlich der Zirkelbruderschaft.“ Wer aber war die Zirkelbruderschaft? Und welche Ziele verfolgten sie mit der Organisation dieser Spiele? Gab es hierfür politische oder ökonomische Gründe? Aber nicht nur die Gegebenheiten der damaligen Zeit sind interessant zu untersuchen, sondern auch die Fastnachtspiele an sich. „Eine genaue Vorstellung über ihre Entstehung und ihre Gestalt läßt sich jedoch nicht gewinnen, da wir mit Ausnahme eines einzigen Textes nur die Titel von 73 Stücken, die zwischen 1430 und 1515 gespielt wurden, besitzen.“ Durch die verlorengegangenen Fastnachtspiele steht die Wissenschaft vor vielen Rätseln. Dies ist für Historiker, Sprachwissenschaftler und Mediävisten eine große Herausforderung sowie ein großes Ärgernis, da sie sich nicht mit den Stücken direkt, sondern lediglich mit Vermutungen zu den einzelnen Titeln beschäftigen können. Das einzige überlieferte Fastnachtspiel aus Lübeck ist das ‚Henselyns boek‘. Die vorliegende Arbeit soll die aufgeworfenen Fragen beantworten und darüber hinaus auch noch einige weitere mittelniederdeutsche Fastnachtspiele, die aus der Frühen Neuzeit stammen und zum Teil überliefert wurden, erläutern.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Fastnachtspiele in Deutschland
2.1 Fastnachtspiele im Mittelalter
2.2 Fastnachtspiele in der Frühen Neuzeit
3 Fastnachtspiele in Lübeck
3.1 Wirtschaftliche, politische und kulturelle Voraussetzungen
3.2 Die Zirkelbruderschaft
3.3 Themen der Fastnachtspiele
3.4 Das ‚Henselyns boek‘
4 Die Gründe für die Fastnachtspiele
5 Andere niederdeutsche Fastnachtspiele
6 Schluss
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die interessanteste Überlieferung der Vergangenheit ist die Literatur. Nicht nur die Schriften der alten Gelehrten, die lateinischen Bibeln, die überlieferten Zauber- und Segenssprüche, die höfischen Epen u.v.m., sondern auch die Dramen vergangener Zeiten zählen dazu. Die Fastnachtspiele gehören zu den wohl bedeutendsten Dramen der spätmitellalterlichen Zeit.
Jedoch stellt sich einem die Frage, was an diesen Fastnachtspielen so besonders war. Hierfür soll zuerst die Frage geklärt werden, auf welche Traditionen sich die Fastnacht überhaupt begründet. Desweiteren soll die Frage geklärt werden, wer die Organisatoren dieser Spiele waren. In vielen Städten mit Fastnachttradition organisierten die Handwerker diese Spiele. „Im Gegensatz [dazu] ist in Lübeck das [Fastnachtspiel] ein Privileg des städtischen Patriziats, nämlich der Zirkelbruderschaft.“1 Wer aber war die Zirkelbruderschaft? Und welche Ziele verfolgten sie mit der Organisation dieser Spiele? Gab es hierfür politische oder ökonomische Gründe?
Aber nicht nur die Gegebenheiten der damaligen Zeit sind interessant zu untersuchen, sondern auch die Fastnachtspiele an sich. „Eine genaue Vorstellung über ihre Entstehung und ihre Gestalt läßt sich jedoch nicht gewinnen, da wir mit Ausnahme eines einzigen Textes nur die Titel von 73 Stücken, die zwischen 1430 und 1515 gespielt wurden, besitzen.“2 Durch die verlorengegangenen Fastnachtspiele steht die Wissenschaft vor vielen Rätseln. Dies ist für Historiker, Sprachwissenschaftler und Mediävisten eine große Herausforderung sowie ein großes Ärgernis, da sie sich nicht mit den Stücken direkt, sondern lediglich mit Vermutungen zu den einzelnen Titeln beschäftigen können. Das einzige überlieferte Fastnachtspiel aus Lübeck ist das ‚Henselyns boek‘.
Die vorliegende Arbeit soll die aufgeworfenen Fragen beantworten und darüber hinaus auch noch einige weitere mittelniederdeutsche Fastnachtspiele, die aus der Frühen Neuzeit stammen und zum Teil überliefert wurden, erläutern.
2 Fastnachtspiele in Deutschland
Im christlichen Kalender sind die Fastenzeit und auch die Fastnacht fest verankert. Die Fastnacht ist abhängig vom Ostertermin und „dieser wurde auf dem Konzil von Nicäa [im Jahre 325 n. Chr.] auf den ersten Sonntag nach Frühlingsvollmond für die Gesamtkirche verbindlich festgelegt“.3 Die Fastenzeit dauert insgesamt 40 Tage, wobei die Sonntage als Gedenktage nicht berücksichtigt werden. Der Beginn der Fastenzeit ist der heutige Aschermittwoch. Einige Meinungen gehen dahin, dass der Ursprung der Fastnacht im Heidentum zu finden sei.4 Die Fastnacht sei demnach „ein heidnischer Spuk zur Abwehr irgendwelcher Dämonen und Geister, mindestens jedoch ein Frühlingsfest zur Förderung der Fruchtbarkeit und des Wachstums aus Anlaß des beginnenden Erntejahrs.“5 Jedoch spricht die Aussage der Kirche dagegen, da „die Christen gewöhnlich weit entfernt waren sich derlei heidnische Gebräuche zu akkommodieren, sondern im Gegenteil die heidnischen Feste durch Buß- und Fasttage ersetzten.“6
2.1 Fastnachtspiele im Mittelalter
Im Mittelalter existierten zwei verschiedene Arten der Schauspiele. Dies waren zum einen die geistlichen Spiele, die sich auf Teile der Bibel beriefen und an Feiertagen wie z.B. Weihnachten oder Ostern aufgeführt wurden. Im späten Mittelalter entwickelte sich aber auch noch die Form des weltlichen Schauspiels, dass zunächst in der Fastnachtzeit aufgeführt wurde. Die Darsteller und Organisatoren dieser Spiele waren im handwerklichen Milieu anzutreffen und gerade Nürnberg war eins der Zentren der Fastnachtspiele. Die Aufführungsorte waren oft ein Wirtshaus oder das Bürgerhaus7 und „Gegenstand des Spiels [war] meist die Verspottung einzelner Stände.“8 Der Stil dieser Spiele war häufig in niederen sprachlichen Niveaus angesiedelt, enthielt aber immer eine gewisse Komik, die mit zotigen Witzen vorangetrieben wurde. Die Überlieferungen der Spiele sind sehr lückenhaft und nur wenige Autorennamen tauchen auf, bzw. können eindeutig zugeordnet werden. Zu den wenigen bekannten Dichtern gehören unter anderem Folz, Rosenblüt und Sachs.9
Die Thematiken der Spiele waren durch unterschiedliche Motive geprägt. „Sinnsprüche, Tugendallegorien und Moralitäten verdrängen gegen Ende des 15. Jh. zunehmend die traditionellen höfischen Stoffe und Motive. […] Bis zur Einführung der Reformation […] werden zunehmend zeitgeschichtlich orientierte Stücke und Moralitäten zur Aufführung gebracht.“10
2.2 Fastnachtspiele in der Frühen Neuzeit
Die Kirche spaltete sich nach Luthers Reformation in zwei Lager. Dies lässt sich auch anhand der Fastnacht nachvollziehen. Die Ansichten der Protestanten unterschieden sich stark von denen der Katholiken, welche man bis heute durch die unterschiedlichen Karneval-Gebräuche der verschiedenen Bundesländer beobachten kann.11
Die Ablehnung der evangelischen Kirche lässt sich an einer Begebenheit von 1539 in Nürnberg verdeutlichen. Als „aus aktuellem Anlass erneut der mit dem Einzug der Reformation 1524 abgeschaffte ‚Schembartlauf‘ inszeniert wurde, nannte Luther das im fernen Wittenberg eine ‚Unverschämtheit der Nürnberger‘ […], die aus Mißachtung des Evangeliums und aus Haß gegen die Prediger erfolge“.12 Danach wurden in den evangelischen Kirchenordnungen die Fastnachtspiele verboten und die Predigten der Pastoren an diesen Tagen von vornherein festgelegt. Es wurde verlautet, dass die Fastnacht „‚ein heydnischer und jüdischer gebrauch‘ sei, ‚in welcher sich allerhand unzucht, büberey, abgötterey und andre unordnung zugetragen‘ [habe].“13 Allgemein wurde die Fastnacht als Teufelszeug abgetan und allerlei Beweise angeführt, warum dies nur ein Teufelswerk sein könne.14
Auf katholischer Seite jedoch wurden die Fastnachtspiele weiter vorangetrieben. Schon 1446 ließ Papst Paul II. die Veranstaltungen in Rom räumlich so verlegen, dass er selber dabei zuschauen und Geld an die Menge verteilen konnte.
[...]
1 Catholy (1966), Fastnachtspiel, S. 69.
2 Ebenda, S. 69.
3 Moser (1984), Ein Babylon der verkehrten Welt, S. 9
4 Vgl. ebenda, S. 9.
5 Ebenda, S. 10.
6 Ebenda, S. 10.
7 Vgl. Schröder (1947), Die deutsche Literatur des Mittelalters, S. 38f.
8 Ebenda, S. 39.
9 Vgl. ebenda, S. 39.
10 Leuckfeld (2000), Die Lübecker Oberschicht im Mittelalter, S. 32.
11 Vgl. Moser (1984), Ein Babylon der verkehrten Welt, S. 11ff.
12 Ebenda, S. 13f.
13 Ebenda, S. 14.
14 Vgl. ebenda, S. 11ff.
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