Sprache und Bewusstsein bedingen und beeinflussen sich gegenseitig. Beide entstammen wahrscheinlich dem gleichen Ur-Grund: der in der Ur-Materie enthaltenen Information oder In-Form-Setzung. Aus diesem Ursprung bezieht die der Sprache zu Grunde liegende Sprachkraft anscheinend ihre spezielle Funktion: die der Herstellung von Bedeutungen. Bewusstsein ist zunächst bewusstes Sein, d.h. zum Wissen gebrachtes Sein. Wie Sprache im Bewusstsein funktioniert und sich auswirkt, lässt sich an Hand tiefschürfender Untersuchungen z.B. von H.-G. Gadamer und B. Liebrucks darstellen. "Religiös" wäre die Wechselwirkung von Bewusstsein und Sprache nur dann, wenn ein "universelles" Bewusstsein anzunehmen wäre; wofür es jedoch keine wissenschaftlichen Belege oder Anhaltspunkte gibt. – In der Wesensbestimmung gehen Sprache, Denken und Bewusstsein ineinander über. Umstritten ist, ob es Bewusstseinserweiterung durch Drogen gibt.
Bewusstsein kann etymologisch als be-wusstes Sein, d.h. als zum Wissen gebrachtes, mit Wissen versehenes Sein aufgefasst werden. Insofern konkretisiert und präzisiert das deutsche Wort ‚Bewusstsein‘ das lateinische ‚con-scientia‘ (das ‚Mit-Wissen‘, die ‚Mit-Wissenschaft‘), ein Wort, in dem das im griechischen Ursprungswort noch enthaltene ‚Mit-Fühlen‘ bzw. ‚Mit-Empfinden‘ nicht mehr sichtbar ist. Was desweiteren unter Bewusstsein verstanden werden kann, habe ich in zwei Beiträgen dargelegt, die vor kurzem im GRIN-Verlag (München) erschienen sind. Auffällig ist die neuerdings wissenschaftlich herausgearbeitete Vorrang-stellung des Bewusstseins gegenüber dem Unbewussten. [1]
Wie schon Hegelerkannte, ist Bewusstsein stets auch Selbst-Bewusstsein und somit individuell strukturiert und situiert. Spätestens durch die Libet-Experimente der 1980er Jahre wurde hierfür auch der wissenschaftliche Beweis erbracht. Für das sogenannte „kollektive Be-wusstsein“ bedeutet dies, dass es eigentlich, d.h. stricto sensu , nicht existiert, weil auch alles Gemeinsame individuell erfahren und im Gehirn bzw. im individuellen Gedächtnis verarbeitet wird.
All dies gilt dennoch wenig, wenn sich der Bewusstseins-Begriff trotz aller Individualität in solcher Weise erweitern lässt, dass er die Grenzen des Selbst-Bewusstseins überschreitet. Was der Fall ist, wenn man ein „ universelles Bewusstsein“ annimmt, an dem wir alle teilhaben – und zwar über den je eigenen Tod hinaus. Hierzu schreibt Robert Anatol Stein aus naturwis-senschaftlicher Sicht:
„Unsere menschliche Existenz ist mit dem Aufbau des uns umgebenden Universums offenbar untrennbar verwoben. Namhafte Quantenphysiker (u.a. Planck, Schrödinger) gingen und gehen noch heute davon aus, dass „Geist" bzw. Bewusstsein eine konstituierende Wirkung auf die von uns wahrgenommene, materielle Welt hat. Experimente lassen vermuten, dass Elementarteilchen erst dann in einen definierten Zustand übergehen, wenn diese in Wechselwirkung mit einem bewussten Beobachter treten. Einige Physiker postulieren daher die Existenz eines „universellen Bewusstseins", um die Entstehung der materiellen Welt überhaupt erklären zu können. Albert Einsteins Weltbild beinhaltete ein deterministisches Universum innerhalb einer vierdimensionalen Raumzeit, was zwar unserer subjektiven Wahrnehmung entspricht, uns selbst jedoch als bewussten Beobachter ausschließt. Fassten wir „universelles Bewusstsein" als zusätzliche Raumdimension zur vierdimensionalen Raumzeit auf, so wären wir in der Lage unser bewusstes Erleben als nur einen der möglichen Pfade durch einen riesigen fünfdimensionalen „Möglichkeitsraum" anzusehen: Das Uni-versum wäre somit viel größer als das, was wir sehen und messen können und es enthielte entsprechend der „Viele-Welten-Interpretation" der Quantenmechanik (zurückgehend auf Everett (1957)) nicht nur die individuell beobachtete Geschichte, sondern alle nur möglichen Vergangenheiten und Zukünfte des Universums bzw. dieser Welt.“ [2]
Aus einer physikalischen Überlegung zu Elementarteilchen schließt R. A. Stein hier also auf ein angeblich „universelles“ Bewusstsein, durch das sogar die „Entstehung der materiellen Welt“ erklärbar sein soll. Wobei das „universelle Bewusstsein“ zu einer neuen, fünften Di-mension der Raumzeit avancieren würde. Unübersehbar ist, dass es sich hierbei nicht nur um eine fragwürdige Hypothese, sondern auch um pure Spekulation handelt. So dass kein Anlass besteht, über das Selbst-Bewusstsein hinauszugehen, zumal dieses offensichtlich stets genug Möglichkeiten für Hypothesen und Spekulationen bietet.
„Universelles Bewusstsein“ – dazu noch über den Tod hinaus – scheint allenfalls theologisch oder religionsphilosophisch annehmbar zu sein, d.h. nur dann, wenn es Gott gibt. Denn nur in Gott können wir – jedenfalls gemäß religiöser Überzeugung – den eigenen Tod „überdauern“. Der Begriff ‚Gott‘ ist aber zweifellos Teil unseres (Selbst-)Bewusstseins, christlich: Es ist der inkarnierte, in Christus Mensch gewordene Gott, den wir zu kennen meinen. Aber: Tatsächlich wissen wir nicht, wie wir denn in Gott „überleben“, d.h. sogar den eigenen Tod „überdauern“ können. – Bloß religiöse „Gewissheit“ kann ohnehin nicht an die Stelle wissen-schaftlicher Erkenntnis treten. (Genau darin bestand der Grund für den Hauptfehler von Idealisten wie Hegel und Schelling: Sie vermischten Glauben und Wissen.)
Aber: „Wo Religion ist, da ist auch Hoffnung.“ (Ernst Bloch). Dürfen wir also auf ein Leben nach dem Tode hoffen, und zwar schon deshalb, weil es ein möglicherweise „universelles“ Bewusstsein gibt? Religionsphilosophisch – also nicht rein theologisch – kann eine Antwort auf diese Frage gesucht werden, und zwar unter der Voraussetzung, dass es überhaupt möglich ist, von der Philosophie aus einen Weg zu Gott zu finden.
Am ehesten möglich ist vielleicht ein Weg zum christlichen Gott, dies allerdings erneut unter bestimmten Voraussetzungen, und zwar
1. Man muss einen göttlichen Ursprung bzw. Ur-Grund des Kosmos annehmen können.
2. Man muss einen persönlichen Gott für möglich halten.
3. Man muss den Geist als „heiligen“ verstehen können, somit die dialektische Subjekt-Objekt-Beziehung in Verbindung mit einem universellen, unsterblichen Bewusstsein.
Zu 1.: Dagegen sträubt sich die Einsicht, dass das Ganze des Kosmos zweifellos nicht über-schaubar ist. Den Kosmos als „Universum“ („dem Einen zugewandt“) zu bezeichnen, setzt den Glauben an Gott bereits voraus, führt also zu einem Zirkelschluss. Das Gleiche gilt für die Annahme eines „göttlichen“ Ursprungs: Ist es statthaft, von der innerweltlichen Kreativität auf einen notwendigen göttlichen Urheber der Schaffenskraft zu schließen? Problem der Induktion …
Zu 2.: In der Person Christi – wie auch Buddhas und Krishnas – vereinen sich Individualität und Kollektivität, individuelles und universelles Bewusstsein . [3] Wobei die Auffassung, dass Gott in Christus Mensch, d.h. Person geworden ist, natürlich nicht aus der Philosophie, sondern aus religiösem Glauben stammt.
Zu 3.: Den Geist als “heiligen“ anzunehmen, scheint möglich im Anschluss an Schellings Konzept einer „ objektiven“ Subjekt-Objekt-Dialektik in der Natur. Auch dieses Konzept setzt allerdings den Glauben an Gott bereits voraus. Gleiches gilt für „das Absolute“ bei Hegel.
Die insbesondere unter Punkt 1) auftauchenden Probleme lassen sich wahrscheinlich über-winden, wenn man den „philosophischen Glauben“ (das Zulassen von Hypothesen) mit dem religiösen Glauben an Gott verbindet. So im philosophischen Agnostizismus: Dass man die Existenz Gottes nicht beweisen kann, bedeutet nicht, dass es möglich ist, seine Nicht-Existenz zu beweisen. Wodurch sich allerdings auch der Atheismus verbietet . Dagegen ist der philo-sophische Agnostizismus durchaus mit dem religiösen Glauben vereinbar. Man kann an Gott glauben, ohne ihn beweisen zu können.
Rein argumentativ – aber auch emotional – lässt sich der religiöse Glaube anscheinend nur theologisch begründen. Aus dem Gefühl oder dem Bewusstsein, ein endliches, unvollkommenes Wesen zu sein, ergibt sich nicht zwingend die Notwendigkeit des Glaubens an ein Höchstes Wesen. Auch wenn Max Planck überzeugt war, hierfür triftige Argumente liefern zu können, als er in einem 1944 in Florenz gehaltenen Vortrag erklärte:
„Meine Herren, als Physiker, der sein ganzes Leben der nüchternen Wissenschaft, der Erforschung der Materie widmete, bin ich sicher von dem Verdacht frei, für einen Schwarmgeist gehalten zu werden.
Und so sage ich nach meinen Erforschungen des Atoms dieses: Es gibt keine Materie an sich. Alle Materie entsteht und besteht nur durch eine Kraft, welche die Atomteilchen in Schwingung bringt und sie zum winzigsten Sonnensystem des Alls zusammenhält.
Da es im ganzen Weltall aber weder eine intelligente Kraft noch eine ewige Kraft gibt […] so müssen wir hinter dieser Kraft einen bewußten intelligenten Geist annehmen. Dieser Geist ist der Urgrund aller Materie. Nicht die sichtbare, aber vergängliche Materie ist das Reale, Wahre, Wirkliche – denn die Materie bestünde ohne den Geist überhaupt nicht – , sondern der unsichtbare, unsterbliche Geist ist das Wahre!
Da es aber Geist an sich ebenfalls nicht geben kann, sondern jeder Geist einem Wesen zugehört, müssen wir zwingend Geistwesen annehmen. Da aber auch Geistwesen nicht aus sich selber sein können, sondern geschaffen werden müssen, so scheue ich mich nicht, diesen geheimnisvollen Schöpfer ebenso zu benennen, wie ihn alle Kulturvölker der Erde früherer Jahrtausende genannt haben: Gott!
Damit kommt der Physiker, der sich mit der Materie zu befassen hat, vom Reiche des Stoffes in das Reich des Geistes. Und damit ist unsere Aufgabe zu Ende, und wir müssen unser Forschen weitergeben in die Hände der Philosophie.“ [4]
Nun ja, es überrascht schon, dass Max Planck bei der Annahme eines Schöpfer-Gottes landet und diese Annahme nicht der Theologie, sondern der Philosophie weiterreicht. Stichhaltig sind seine „Belege“ anscheinend nicht, zumal seine Argumentation nicht immer schlüssig ist. Ausgeschlossen ist doch schon, dass er – auch und gerade als Naturforscher – das „ganze Weltall“ zu überblicken vermöchte, um daraus schließen zu können, dass es im Ganzen des Kosmos „weder eine intelligente Kraft noch eine ewige Kraft gibt“ (s.o.). Dies auch in krassem Widerspruch zu der Tatsache, dass nach wie vor mehr als 90 % des Weltalls unbekannt undunerforscht sind! Obwohl es also einen Überblick über das Ganze nicht geben kann, schließt Planck von der die Atomteilchen zusammenhaltenden physikalischen „Kraft“ auf „einen bewußten intelligenten Geist“. Zweifellos ein Fehlschluss, zumal die Natur sich nicht einfach aus dem Geist ableiten lässt. Denn die Natur ist objektiv gegeben, der Geist als dialektische Beziehung von Subjekt und Objekt. Ob diese Beziehung schon in oder vor dem Big Bang, dem „Urknall“, existiert hat, ist nicht feststellbar. Auch Blochs „Natursubjekt“ ist nur eine Hypothese.
Da ein „Ur-Geist“ nicht nachzuweisen ist, verbietet es sich, von ihm aus auf irgendwelche „Geistwesen“ zu schließen. Außerdem gibt Planck nicht an, was er darunter versteht: etwa Engel oder Menschen? Unzulässig ist jedenfalls auch Plancks definitiver Schluss von den „Geistwesen“ auf Gott als Schöpfer.
Mit schwerwiegenden Folgen auch für Plancks Materie-Begriff. Da Gott oder ein „Geist“ als Urheber der Materie nicht zwingend nachweisbar ist, kann ein immaterieller Materie-Begriff nicht an die Stelle des Begriffs „Materie an sich“ treten. Diese ist aber diejenige, die Planck als die bewegte Energie des Atoms umschreibt, womit er lediglich eine neue Bestimmung wenn nicht der Materie an sich, so doch der Materie als solcher präsentiert.
Womit sich Marxens These bestätigt, dass die Materie zwar nicht endgültig bestimmbar, aber in ihrem Wesen durch die voranschreitende wissenschaftliche Forschung immer besser ver-stehbar ist. Weiterhin anzunehmen ist, was Ernst Bloch als „die unvollendete Entelechie der Materie“bezeichnet hat. Mehr dürfte auch von der Quantenphysik nicht zu erwarten sein.
Zudem bestätigt sich – nicht zuletzt auf Grund der Planckschen Fehlschlüsse – dass man an Gott glauben kann, ohne ihn beweisen zu können oder zu müssen. M.a.W.: dass der philosophische Agnostizismus also „durchaus mit dem religiösen Glauben vereinbar“ ist (s.o.). Und der Glaube an Gott umschließt natürlich auch den Glauben an ein allumfassendes, „universelles Bewusstsein“, ohne dass damit „Endgültiges“ oder Abschließendes über das Bewusstsein überhaupt ausgesagt wäre.
Sprache, Bewusstsein und Welterfahrung
„Im Anfang war der Logos. Und der Logos war bei Gott. Und Gott war der Logos.“ So beginnt das Johannes-Evangelium. Goethe antwortete: „Am Anfang war die Tat!“ So als ob dem Handeln nicht Entscheidungen im Bewusstsein bzw. im Unbewussten vorangingen. Wenn alles mit dem Logos begann, steht am Anfang die Einheit von Sprache, Rede, Vernunft und Verstand, also von Sprache und Bewusstsein, mit Gott als dem Garanten dieser Einheit, also mit theologischer Begründung. So dass hinsichtlich des (möglichen) Wechsel-Verhält-nisses von Sprache und Bewusstsein weitere Überlegungen erforderlich sind.
Fragt man nach dem Ursprung der Sprache, stößt man auf die wahrscheinlich am weitesten gefasste Hypothese bei Lothar Wendt (1988), der eine Entwicklungslinie sieht von der in der Ur-Materie enthaltenen In-formation über das assoziative Verhalten der Ur-Elementarteilchen und die evolutionär entstandenen genetischen Codes und die Tiersprachen bis hin zur Wortsprache des Menschen. [5]
Zum Form-Inhalt-Problem der verbalen Sprache stellte Mario Wandruszka fest: „Wörter sind Bezeichnungen und haben Bedeutungen.“ Was aber bedeutet es, dass die Bedeutung eines Wortes sich aus der Kombination von Wort-Form und Wort-Inhalt ergibt, wobei die Wort- Form „willkürlich“ ist und der Wort- Inhalt eine „verallgemeinerte Vorstellung“ enthält? Das Arbiträre, Willkürliche der Wort-Form lässt sich einfach an Hand der Vielzahl der natürlichen Sprachen erklären. Das Graphem `Tag‘ bzw. die Lautfolge ‚T a g‘ kann auch anders repräsentiert werden, z.B. als ‚day‘, ‚jour‘, ‚dies‘, ‚dia‘ usw. Das Wort kann als Zeichen in einer Vielzahl unterschiedlicher Gestalten auftreten. Bedeutungen können durch unterschied-liche Zeichen evoziert werden. – Wie aber steht es mit dem Wort-Inhalt? Dieser gehört nicht zur Außenwelt, sondern stets zum individuellen Bewusstsein eines Menschen. Es ist ein mentaler, geistiger Inhalt, auch wenn sich in Bildwörterbüchern ca. 80 % des Wortschatzes einer Einzelsprache jeweils durch ein einzelnes Bild (Abbild: Foto, Zeichnung usw.) wiedergeben lassen. Wobei die Wahl eines bestimmten, zu einem bestimmten Wort passenden Bildes natürlich stets vom Gutdünken des Urhebers bzw. Produzenten abhängt.
Wenn jemand an eine KATZE denkt, „spricht“ seine Innere Stimme, die nicht nach außen dringt, von niemandem gehört werden kann. Man ist auch in der Lage, sich zu dem innerlich „gehörten“ – innerlich vernommenen – Lautbild der Inneren Stimme ein Schriftbild vorzu-stellen. In beiden Fällen verbindet sich damit automatisch – als Evokation – der Bezug von der Form zum Inhalt des Wortes, verweist das Zeichen auf einen imaginierten Sachverhalt, zumal in einer bestimmten Situation. Die Form ‚Katze‘ evoziert ein (Ab-)Bild, das dem einer evtl. vor mir herlaufenden Katze entspricht, aber auch auf alle anderen real existierenden Katzen anwendbar ist. Wie dieses Bild tatsächlich und im Einzelnen aussieht, können Außen-stehende nicht sehen oder wissen. Dazu ist nur imstande, wer gerade – als Einzelperson – dabei ist, sich mit dem Wort ‚Katze‘ eine Katze vorzustellen. – Was hier stattfindet, sind offensichtlich markante, mit der Sprache verbundene Zustände des Bewusstseins.
Als Person ist das Individuum, der Einzelmensch, Teil größerer Gemeinschaften, so auch einer oder mehrerer Sprach-Gemeinschaften. Daher ist anzunehmen, dass die verallgemei-nerten Vorstellungen als Sprach-Inhalte zwar unterschiedlich gestaltet sind, dass aber die Inhalts-Gestalten der Individuen einander so ähnlich sind, dass sie verbalsprachlich kom-muniziert, mitgeteilt werden können.
Natürlich kann eine solche Mitteilung auch non-verbal, z.B. durch ein Foto einer bestimmten Katze erfolgen. Und auf diese Weise sogar einfacher und sicherer als durch das gesprochene oder geschriebene Wort. Und vor allem: Das bloße Wort ‚Katze‘ reicht nicht, um eine bestimmte Katze zu beschreiben, die gerade nicht zugegen, nicht anwesend ist. Zu einer solchen Beschreibung sind stets mehrere Wörter / Worte notwendig. Aber auch dann wird es nur selten gelingen, einem/r Adressaten/in ein dermaßen genaues Bild einer bestimmten Katze zu vermitteln, dass er / sie diese Katze sofort wiedererkennen würde, wenn sie irgendwo auf-taucht. Sprache bildet also ab, aber nicht vollständig, nicht ganz genau, nicht im Verhältnis 1:1.
So dass sich nunmehr die Frage stellt, in welchem Sinne überhaupt von „Welterfahrung durch Sprache“ (Gadamer) die Rede sein kann. Hier kann zunächst die Tatsache weiterhelfen, dass man mit Hilfe von Worten / Wörtern und Begriffen einer Sprache zwar nicht 1:1 abbilden, aber doch das Wesen einer Sache bzw. eines Sachverhalts oder einer Person an Hand ihrer spezifischen Eigenschaften und Merkmalen beschreiben kann. Eine Katze ist vierbeinig wie ein Hund, kann aber nicht bellen, sondern miauen (was der Hund nicht kann). Ihr Körper ist anders geformt als der eines Hundes oder eines anderen Tieres. Worin die Unterschiede, z.B. der Pfoten, des Kopfes mit den charakteristischen Schnurrhaaren usw. bestehen, kann mit geeigneten Begriffen erklärt werden.
Darüber hinaus wird ersichtlich, wie in der Wesensbestimmung Sprache, Denken und Bewusstsein ineinander übergehen. Um ein charakteristisches Merkmal als solches erkennen zu können, muss man auf im Gedächtnis gespeicherte Bewusstseinsinhalte zurückgreifen können, die aus früherer Erfahrung stammen. Im Nach-Denken, also im dialektischen Subjekt-Objekt-Bezug, findet man heraus, mit welchen bereits vorhandenen Begriffen man den neuen Gegenstand bestimmen kann, d.h. ob frühere Bewusstseinsinhalte sich auch auf den neuen beziehen lassen. Man benutzt den Begriff „Schnurrhaare“ als Unterscheidungs-merkmal. Der sprachliche Begriff passt zu dem wahrgenommenen bzw. vorgestellten bzw. gedachten bzw. erinnerten Bewusstseinsinhalt: zweifellos im Zusammenspiel und in der Einheit von Bewusstsein, Denken und Sprache.
Doch die Welt besteht natürlich nicht nur aus Hunden und Katzen – und auch nicht nur aus „Wesensschau“ (oder „Wesenserschauung“, wie Husserl sie nannte). So dass sich die Frage stellt: Was heißt allgemeine
Welterfahrung durch Sprache?
Wesentliches hierzu findet sich in Hans-Georg Gadamers ‚Wahrheit und Methode‘ , und zwar in dem Kapitel „Sprache als Welterfahrung“ (S. 415-432). [6] Demnach beruht die Individualität des Bewusstseins großenteils auf der Individualität der Sprache, die auch schon in Humboldts Formel von der „Sprache als eigene Weltansicht“ zum Ausdruck kommt, wobei Humboldt dem „inneren Sprachsinn“ durch seine Untersuchung der „inneren Form“ der Sprache auf die Spur kam (a.a.O. S. 416). Was jedoch keineswegs auf eine Gleichsetzung von Sprache und Denken hinausläuft, und zwar auch nicht in Humboldts Feststellung, dass die Sprache „von endlichen Mitteln einen unendlichen Gebrauch“ macht (a.a.O. S. 417). Vielmehr sei hierfür, wie Humboldt erklärt, eine allen inhaltlichen Anwendungen überlegene „sprachliche Kraft“ verantwortlich. – Was Gadamer allerdings für eine „Abstraktion“ hält, die er vehement ab-lehnt, indem er betont:
„ Sprachliche Form und überlieferter Inhalt lassen sich in der hermeneutischen Erfahrung nicht trennen. Wenn eine jede Sprache eine Weltansicht ist, so ist sie das in erster Linie nicht als ein bestimmter Typus von Sprache, (wie der Sprachwissen-schaftler Sprache sieht), sondern durch das, was in dieser Sprache gesprochen wird bzw. überliefert ist.“ (ebd.)
Mit anderen Worten: Erst über die Inhaltsseite der Sprache können Synthesen von Sprache und Denken gelingen, Sprache und Denken ineins gedacht werden. Wozu Gadamer aller-dings die Frage stellt, wie sich die Inhalte der Sprache tatsächlich zu den Inhalten der Welt verhalten, und herausfindet, „dass die Sprache ihrerseits gegenüber der Welt, die in ihr zur Sprache kommt, kein selbständiges Dasein behauptet.“ (a.a.O. S. 419) Wonach es Sprache an-scheinend nur gibt, insofern sich Welt in ihr „abbildet“, zur Darstellung kommt. Wobei „die Welt“ nicht mit der Umwelt zu verwechseln ist (S. 420).
Überdies ist zu beachten, dass im Verhältnis der Sprache zur Welt Sachverhalte eine Rolle spielen, und zwar auch solche negativer Art, wozu Gadamer erklärt:
„In der Struktur des Sachverhaltes, der sich abhebt, ist gelegen, daß in ihm stets Nega-tives mit da ist. Dies zu sein und nicht jenes, macht die Bestimmtheit alles Seienden aus. Es gibt also grundsätzlich auch negative Sachverhalte. Das ist die Seite am Wesen der Sprache, die das griechische Denken zuerst gedacht hat.“ (S. 421)
Was zugleich als Voraussetzung für jede Art von Verständigung anzusehen ist, zumal diese nur im Gespräch zustande kommen kann. Was nicht bedeutet, dass Sinn und Zweck von Sprache sich darin erschöpfen. Sprache ist „kein bloßes Mittel zur Verkündigung“, und zwar schon deshalb nicht, weil Sprache in größeren Zusammenhängen, wie z.B. des Lebens-vollzugs, der Lebens- und Sprachgemeinschaft usw. stattfindet. Immerhin lassen sich am Sprachwandel auch Veränderungen der Welt-Inhalte ablesen. Manche traditionsbeladene Begriffe, wie z.B. ‚die Tugend‘, haben mit der Zeit an Gewicht und Bedeutung verloren (S. 425).
Alles in allem: Sprachlichkeit hat Vorrang, aber in ihr vollziehen sich nicht sämtliche Subjekt-Objekt-Bezüge – und somit des Bewusstseins –, auch nicht in Form von Wissen-schaft, wozu Gadamer anmerkt:
„Der Grundbezug von Sprache und Welt bedeutet … nicht, daß die Welt Gegenstand der Sprache werde. Was Gegenstand der Erkenntnis und der Aussage ist, ist vielmehr immer schon von dem Welthorizont der Sprache umschlossen. Die Sprachlichkeit der Welterfahrung schließt nicht die Vergegenständlichung der Welt in sich.“ (S. 426)
Und vorläufig abschließend:
„Wir gehen davon aus, daß in der sprachlichen Fassung der menschlichen Welt-erfahrung nicht Vorhandenes berechnet oder gemessen wird, sondern das Seiende, wie es sich dem Menschen als seiend und bedeutend zeigt, zu Worte kommt. Darin – und nicht in dem methodischen Ideal der rationalen Konstruktion, das die moderne mathematische Naturwissenschaft beherrscht – vermag sich das in den Geisteswissen-schaften geübte Verstehen wiederzuerkennen. Wenn wir oben die Vollzugsart des wirkungsgeschichtlichen Bewußtseins durch Sprachlichkeit charakterisierten, so war es, weil Sprachlichkeit unsere menschliche Welterfahrung überhaupt charakterisiert. So wenig in ihr die ‚Welt‘ vergegenständlicht wird, genauso wenig ist die Wirkungs-geschichte Gegenstand des hermeneutischen Bewußtseins.“ (S. 432)
Wirkungsgeschichte ist eben immer schon Teil des verstehenden Bewusstseins – und somit auch Teil desjenigen Verstehens, das Gadamer mit dem Begriff ‚Horizontverschmelzung‘ umschreibt. [7]
Wobei in den Objekt-Horizonten Gegenstände des Mikro-, Meso- und Makro-Kosmos vorkommen, auf die sich das je subjektive Bewusstsein beziehen kann, um sie in bewusstes Sein bzw. zum Wissen gebrachtes Sein zu überführen. Da diese Gegenstände aber nur als end-liche bestimmbar sind, kann es ein „unendliches Bewusstsein“ anscheinend nicht bzw. nicht außerhalb des religiösen Glaubens geben (s.o. S. 5). So dass es sich wahrscheinlich verbietet, das Wechselverhältnis von Sprache und Bewusstsein als „quasi religiös“ zu bezeichnen.
Beide, Sprache und Bewusstsein, stammen aus dem Ur-Grund der ursprünglich in der Materie enthaltenen In-formation. Allerdings ist die Sprache viel früher entstanden als das Bewusst-sein des Menschen. Dass auch Tiere Bewusstsein haben, wird inzwischen kaum noch bestrit-ten. Kriterium ist u.a. das Vorhandensein eines Nervensystems und von episodischem Ge-dächtnis. – Dass das menschliche Bewusstsein sich nicht nur auf Endliches, sondern auch auf Unendliches beziehen kann (indem es z.B. in der Sprache von „endlichen Mitteln unendlichen Gebrauch“ macht), bedeutet nicht, dass es selbst als solches unendlich ist. Als Selbst-Bewusstsein teilt es vielmehr mit dem Mensch-Sein das Schicksal der Endlichkeit. Das „unendliche“ Bewusstsein ist also eine (religiöse) Fiktion. Ähnliches gilt für das sogenannte „kollektive“ Bewusstsein. Das individuelle menschliche Bewusstsein bezieht sich selbst-verständlich auch auf Kollektives, Gemeinsames, Allgemeines, existiert aber in seinem Wesen als Selbst-Bewusstsein, also nicht kollektiv. – Umstritten ist, ob es Bewusstseinser-weiterung durch Drogen gibt. Ein neues Thema, das den Rahmen des vorliegenden Aufsatzes sprengt.
Sprache und Bewusstsein (Liebrucks)
Es bleiben einige Fragen offen, auf die Gadamer nicht eingeht, nämlich:
1. In welchem Verhältnis stehen Sprache und Sprecher*in zu einander?
2. Entsteht Sprache durch Bewusstsein oder Bewusstsein durch Sprache?
3. Wie ist Philosophie „von der Sprache her“ zu betreiben?
4. Wie verhalten sich Sprache und Begriff zu einander?
5. Ist Sprache wesentlich Mythos und Logos?
Diese Fragen behandelt Bruno Liebrucks (1911-1986) in seinem 7-bändigen Monumental-werk Sprache und Bewusstsein (1964-1979), das Fritz Zimbrich (1980) zusammenfassend analysiert hat, und zwar folgendermaßen:
Zu Frage 1: Sprache und Sprecher*in
Sprache soll sowohl der subjektiven als auch der objektiven Seite der Reflexion gerecht werden. Hierzu benutzt Liebrucks den Begriff ‚Sphäre‘. In ihr findet die Reflexion statt; sie ist also kein Naturgegenstand. [8] Dies ebenso wenig wie die „Paraphrase“, die Liebrucks auch „dienende Anpassung“ nennt. Wie Sprecher*innen damit umgehen, steht ihnen frei; wobei die Paraphrase inhaltlich nicht mehr als „das bereits Gesagte“ aussagt. Wozu Liebrucks bemerkt:
„Dabei werden wir uns an die Texte halten, wenn wir es für notwendig halten, und werden über sie hinausgehen, wenn wir es für notwendig halten. Dem Leser wird ein zweischichtiges Hinhören anempfohlen, wie er es bei Sprachgebilden immer schon vornahm, da hinter den Sprachgebilden immer noch ein zweiter Sprecher steht, nämlich Sprache selbst.“ (a.a.O. S. 2)
Zu Frage 2: Sprache durch Bewusstsein oder umgekehrt?
Für Liebrucks ist Bewusstsein gleich „Bewußt-Sein“, das in seiner Besonderheit zu würdigen und vom landläufigen Sprachgebrauch abzugrenzen ist, wozu er erklärt: Das Bewusstsein
„ist nicht ein Besitz des Bewußtseienden. Es ist vielmehr das, was ihn in all seinem Tun trägt, auch dann, wenn ihm gerade dies nicht bewußt ist. Bei der Suche nach diesem Bewußt-Sein ist man zunächst auf die Zeit verwiesen, in der ein Bewußtseien-der bewußt ist. Denn aus ihr entwickelt sich das Denken und das Handeln.“ [9] (ebd.)
Womit Zeit (im Sinne Heideggers?) auch zur „Substanz“ von Sprache wird, d.h. zu dem, was der Sprache im Bewusstsein zu Grunde liegt. Dabei bleibt die Zeit selbst dem Erkennen schon deshalb nicht unmittelbar zugänglich, weil in ihr – als „Einheit von Vergangenheit, Gegen-wart und Zukunft“ – die Zukunft unbekannt ist, während auf der Gegenwart die „Unentschie-denheit der Vergangenheit“ lastet, ohne dass man sich diesem Geschick je entziehen könnte. Für Liebrucks ist die Zeit „existierender Begriff“ bzw. „das existierende Bewußtsein“ bzw. „die existierende Bewußtheit“ (a.a.O. S. 3). Und als solche ist die Zeit für ihn auch „immer die Einheit von Geschehen und den Erzählungen über dieses Geschehen“ (ebd.). Zeit somit also als Einheit von Geschichte und Mythos. Auch diesen Aspekten gegenüber empfiehlt Liebrucks das „zweischichtige Hinhören“, um sie als Formen von Bewegung verstehen zu können. Denn: „Die Zeit begegnet … nicht unmittelbar; sie ist nicht reine Anschauungsform. Sie begegnet in >der Gegenwart der Vergangenheit des Vergangenen<“ (ebd.). Was nur einem Bewusstsein möglich sei, das zugleich Sprache ist. Diese darf aber nicht auf ihren Zeichen-Charakter reduziert werden, sondern muss in ihrem (Gesprächs-)Vollzug und in ihren Bedeutungen gewürdigt werden. Denn die Sprache sei selbst „das Ereignis der Zeit“ (S. 4). Folglich müssten Modetrends bekämpft werden, die diese Einzigartigkeit der Sprache miss-achten. „Entsprachlichung“ entstehe aus „Logophobie“ (Foucault), aus Angst vor dem sprach-lichen Ausdruck.
Darüber hinaus: Als „Ereignis der Zeit“ geht das Bewusstsein anscheinend der Sprache voran; doch es vereinigt sich mit dieser, um Vergangenes gegenwärtig zu machen. Was der Tatsache widerspricht, dass die Sprache (bzw. jedenfalls ihre Vorformen) in der geschichtlichen Zeit früher entstanden ist als das menschliche Bewusstsein (s.o.). Auf diesen Widerspruch wird zurückzukommen sein (s.u. zu Frage 5).
Zu Frage 3.Philosophie „von der Sprache her“ zu betreiben, bedeutet, dass sie sich in der Sprache und durch sie selbst interpretiert. Was möglich ist, weil Sprache per se auf Wirklich-keit beruht und abzielt. Hierzu erklärt Liebrucks:
„Unter ‚Denken der Sprache‘ sei ein Denken verstanden, das unser sprachliches Vor-gehen ins Bewußtsein aufnimmt, also dasjenige ‚Denken‘ ins Bewußtsein aufnimmt, das Sprache schon immer geübt hat, wenn wir auch nicht wissen, wie Menschen sich in ihren Sprachbahnen fanden.“ (S. 5 f.)
Wobei es darauf ankomme, sich zunächst von der Wert-Wirklichkeit zu distanzieren, weil nur dann mit Sprache Erfahrungen gemacht werden könnten, wozu Zimbrich feststellt: „Der Umgang mit der Sprache, die doch immer zugleich die eigene und die der anderen ist, erfordert anderes Verhalten als der Umgang mit verwertbaren Dingen.“ (S. 6) Durch Sprache seien wir in der Lage, unsere „Gedanken rein und unverfälscht“ zum Ausdruck zu bringen (ebd.) – mit der Kehrseite, dass Sprache auch Sachverhalte unnötig komplizieren und sogar den Verstand „verhexen“ könne, wie Wittgenstein behauptet.
Zum Verhältnis von Sprache und Denken gehört allerdings auch die Tatsache, dass das Denken in der Sprache bestimmten Zwecken dient, darunter vor allem dem „Begreifen der Wirklichkeit“, und zwar stets in bestimmten Kontexten und Situationen (S. 6).
Zu Frage 4: Sprache und Begriff
Liebrucks‘ Sprache und Bewußtsein dreht sich vornehmlich um die Frage nach dem Begriff. Denken heißt für Liebrucks Denken in Begriffen als „Begreifen von Wirklichkeit“ (S. 9) Was immer auch „Spannung zwischen der Einzelheit und der Allgemeinheit“ bedeute (ebd.) Erfasst der Begriff die Sache, wird aus der begriffenen Sache ein Sachverhalt. Dadurch avanciere der Begriff sogar zur „Weltbegegnung im logischen Status Bewußt-Sein“, wodurch der Begriff sogar zum „Spender unseres Lebens im biologischen Sinne“ werde (ebd.).
Zu Frage 5: Sprache als Mythos und Logos?
Der Begriff verleihe dem Menschen Sicherheit, Halt und Orientierung im Leben, das im Mythos, d.h. „in Geschichten gegenwärtig“ bleibe (S. 12). Was Liebrucks auch als einen Aspekt der „Einheit von Mythos und Logos“ wertet. Erfahrung geht also nicht etwa in den Wissenschaften auf, wohl aber – weitgehend – in der Sprache, in der das persönliche Wissen von hohem Belang sei. Während Sprache und Erfahrung nicht ohne Mythos existieren. Und:
„Erfahren sein heißt, im Bewußtsein der Erfahrung der Sprache leben. Es heißt also nicht, einen Sack voll Erfahrungen mit sich herumtragen, sondern in der Sprache, in ihrer Erfahrung sein. >Der Mensch denkt nur vermittelst der Sprache; je reicher dieje-nige ist, deren er sich bedient, le leichter und freier in ihren Bewegungen, desto fruchtbarer wird sie unter seinen Händen in neuen Verbindungen, desto weiter und tiefer dringt er in das Gebiet der Wahrheit ein< (… Zitat W. v. Humboldt).“ (S. 13)
Wobei Humboldt leider nicht-verbale Denkvorgänge wie das Denken in Bildern außer Acht lässt. –
Nichtsdestoweniger dürfte feststehen, dass die Sprache die Art und Weise mitprägt, wie sich Bewusstsein bildet. Was jedoch nicht bedeuten kann, dass Sprache allem Bewusstsein zu Grunde liegt. Als ursprüngliche In-formation bestimmt und beeinflusst Sprache jegliches Bewusstsein, aber dieses reicht – als das in umfassenden, dialektischen Subjekt-Objekt-Beziehungen „gewusst gemachte Sein“ – seinerseits in Dimensionen, die über diejenigen der Sprache hinausgehen, religiös sogar bis hin zum „universellen“ Bewusstsein, also dorthin, wo letztlich jegliche Sprache verstummt.
Zusammenfassung
Sprache und Bewusstsein bedingen und beeinflussen sich gegenseitig, obwohl die Sprache bzw. ihre Vorformen wesentlich früher entstanden sind als das menschliche Bewusstsein. Beide entstammen wahrscheinlich dem gleichen Ur-Grund: der in der Ur-Materie enthaltenen In-formation oder In-Form-Setzung. Aus diesem Ursprung bezieht die der Sprache zu Grunde liegende Sprachkraft anscheinend ihre spezielle Funktion: die der Herstellung von Bedeutun-gen. [10] „Wörter sind Bezeichnungen, haben Bedeutungen.“ (M. Wandruszka) – Bewusstsein ist zunächst bewusstes Sein, d.h. zum Wissen gebrachtes Sein .
Wie Sprache im Bewusstsein funktioniert und sich auswirkt, lässt sich an Hand tiefschürfen-der Untersuchungen z.B. von H.-G. Gadamer und B. Liebrucks darstellen. „Religiös“ wäre die Wechselwirkung von Bewusstsein und Sprache nur dann, wenn ein „universelles“ Bewusstsein anzunehmen wäre; wofür es jedoch keine wissenschaftlichen Belege oder An-haltspunkte gibt. – In der Wesensbestimmung gehen Sprache, Denken und Bewusstsein in-einander über. Umstritten ist, ob es Bewusstseinserweiterung durch Drogen gibt.
Literaturhinweise
Gadamer, Hans-Georg 1965: Wahrheit und Methode, Tübingen
Robra, Klaus 2023:Was kann das Unbewusste bedeuten? Ein alternativer Lösungsversuch, München, https://www.grin.com/document/1418328
Robra, Klaus 2023 a):Das Bewusste und das Unbewusste. Neubegründung einer Bewusstseins-Philosophie, München, https://www.grin.com/document/1435836
Wendt, Lothar 1988:Das physikalisch-teleologische Weltbild, Bd. II, Heidelberg
Zimbrich, Fritz 1980:Die Erfahrung der Sprache. Zu Bruno Liebrucks‘ „Sprache und Bewußtsein“, in: https://www.bruno-liebrucks.de/mediapool/113/1135270/data/Microsoft_Word_-_Zimrich_DIE_ERFAHRUNG_DER_SPRACHE.pdf
[1] Vgl. Robra 2023 bzw. 2023 a)
[2] R. A. Stein: Unsere Existenz im Universum - Ein Erklärungsversuch für unser denkendes und fühlendes „Ich“ aus einer naturwissenschaftlichen
Perspektive, https://www.researchgate.net/publication/344871950_
[3] Dazu heißt es in einem Internet-Artikel unter dem Titel: Christusbewusstsein erreichen: Sinn des mensch-lichen Lebens? : „Das Christusbewusstsein ist der göttliche Bewusstseinszustand und der höchst mögliche Zustand, den ein Mensch erreichen kann. Diese „Verkörperung des Göttlichen“ wurde durch Jesus Christus, Buddha und Krishna erreicht.“ In: https://manifestation-boost.de/christusbewusstsein-schoepferkraft-sinn-des-lebens/
[4] In: Max Planck und die Gott-Erkenntnis, https://manifestation-boost.de/max-plancks-gr%C3%B6%C3%9Fte-erkenntnis-es-gibt-keine-materie/
[5] In: Lothar Wendt:Das physikalisch-teleologische Weltbild, Bd. II, Heidelberg 1988
[6] Gadamer 1965
[7] Vgl. Gadamer a.a.O. S. 289 f. bzw. 356 f.
[8] Vgl. Zimbrich 1980, S. 1
[9] Heidegger, „ick hör‘ dir trappsen!“
[10] Dies in weitgehender Übereinstimmung mit Heidegger, der (in Sein und Zeit, S 161) erklärte: „Den Bedeutungen wachsen Worte zu. Nicht aber werden Wörterdinge mit Bedeutungen versehen.“