Das internationale Insolvenzrecht gewinnt in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung. Vor allem für die solche export-orientierten Staaten wie Bundesrepublik Deutschland ist es von großer Wichtigkeit, ob und wie die deutschen Unternehmen
ihre Rechte in der Insolvenz des ausländischen Geschäftspartners geltend machen können.
Speziell werden im Rahmen der internationalen Insolvenz-gesetzgebung solche Fragen wie die internationale Zuständigkeit für die Eröffnung von Insolvenzverfahren,die Anerkennung von Insolvenzverfahren in den anderen Mitgliedstaaten,die Koordination von Haupt- und Partikularverfahren und das anwendbare Recht geregelt.
Das Insolvenzrecht ist demzufolge das Recht des zahlungsunfähigen Schuldners bzw. einer illiquiden Unternehmung. Das Insolvenzrecht setzt den rechtlichen Rahmen für die Abwicklung des Vermögens- und Haftungsverhältnisse beim wirtschaftlichen Zusammenbruch eines Schuldnerunternehmens3 oder einer natürlichen Person.
Das Hauptziel dieser Arbeit besteht darin, die rechtlichen Strukturen der nationalen und internationalen Insolvenz-gesetzgebung zu veranschaulichen und die wesentlichen Anwendungsbereiche und Anknüpfungsregelungen dieser
Regelungskomplexe zu erläutern.
Zu diesem Zweck werden im zweiten Kapitel der Arbeit der Begriff der Insolvenz und dessen Bedeutung für die Volkswirtschaft sowie die Entwicklung des internationalen Insolvenzrechtes dargestellt.
Desweiteren wird die Systematik des internationalen bzw. europäischen Insolvenzrechtes und dessen Verhältnis zu dem deutschen internationalen Insolvenzrecht (§§ 335 ff. InsO und Art. 102 EGInsO) erörtert. Dabei werden die Sachverhalte innerhalb der EU sowie im Bezug zu Drittstaaten betrachtet. Die
besondere Aufmerksamkeit in diesem Kontext wird den Anknüpfungsregelungen des internationalen Insolvenzrechtes gewidmet.
Das Kapitel 4 dieser Arbeit beschäftigt sich mit der EUInsVO, insbesondere mit deren Zielen und Struktur, Anwendungsbereichen und dem nach der Verordnung zur Anwendung kommenden Recht.
Grundsätzlich wird die in der Arbeit ein Überblick darüber gegeben, welches Recht bei der grenzüberschreitenden Insolvenzfällen angewendet und mit welchen Anknüpfungen in dem internationalen Insolvenzrecht gearbeitet wird.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung und Vorgehensweise
2. Begriff der Insolvenz
2.1 Bedeutung der Insolvenzen in der Volkswirtschaft
2.2 Geschichte des internationalen Insolvenzrechts
3. Grundzüge des internationalen Insolvenzrechtes
3.1 Systematik des internationalen Insolvenzrechtes
3.1.1 Das Prinzip der Territorialität und Universalität
3.1.2 Internationales Insolvenzrecht als Bestandteil des internationalen Privat- und Verfahrensrechtes
3.2 Das internationale Insolvenzrecht in der deutschen Gesetzgebung
3.3 §§ 335 ff. InsO
3.3.1 Verhältnis von deutschem und europäischem Recht
3.3.1.1 Sachverhalte innerhalb der europäischen Union
3.3.1.2 Sachverhalte mit Bezug zu Drittstaaten
3.3.2 Grundsätze und Aufbau des deutschen Internationalen Insolvenzrechts
3.3.2.1 Eingeschränkte Universalität
3.3.2.2 Anknüpfungsregelungen des IIR
3.4 Art. 102 EGInsO
3.4.1 Art. 102 EGInsO a. F
3.4.2 Art. 102 EGInsO n. F
3.4.2.1 Örtliche Zuständigkeit
4. EUInsVO Nr. 1346/2000
4.1 Ziele und Struktur der EUInsVO
4.2 Anwendungsbereich der Verordnung
4.2.1 Sachlicher Anwendungsbereich
4.2.2 Räumlicher Anwendungsbereich
4.2.2.1 Bezug zu einem Mitgliedsstaat
4.2.2.2 Grenzüberschreitender Bezug
4.2.2.3 Erfordernis des Bezugs zu mehreren Mitgliedstaaten
4.2.3 Zeitlicher Anwendungsbereich
4.2.4 Persönlicher Anwendungsbereich
4.3 Anwendbares Recht
4.3.1 Dingliche Rechte Dritter (Art. 5 EUInsVO Nr. 1346/2000)
4.3.2 Aufrechnung (Art. 6 EUInsVO Nr. 1346/2000)
4.3.3 Eigentumsvorbehalt (Art. 7 EUInsVO Nr. 1346/ 2000)
4.3.4 Weitere Sonderanknüpfungen der EUInsVO Nr. 1346/ 2000
5. Resümee
Quellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Unternehmensinsolvenzen in Westeuropa 7
1. Einleitung und Vorgehensweise
Das internationale Insolvenzrecht gewinnt in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung. Vor allem für die solche exportorientierten Staaten wie Bundesrepublik Deutschland ist es von großer Wichtigkeit, ob und wie die deutschen Unternehmen ihre Rechte in der Insolvenz des ausländischen Geschäftspartners geltend machen können.1
Speziell werden im Rahmen der internationalen Insolvenzgesetzgebung solche Fragen wie die internationale Zuständigkeit für die Eröffnung von Insolvenz- verfahren, die Anerkennung von Insolvenzverfahren in den anderen Mitgliedstaaten, die Koordination von Haupt- und Partikularverfahren und das anwendbare Recht geregelt.2
Das Insolvenzrecht ist demzufolge das Recht des zahlungsunfähigen Schuldners bzw. einer illiquiden Unternehmung. Das Insolvenzrecht setzt den rechtlichen Rahmen für die Abwicklung des Vermögens- und Haftungsverhältnisse beim wirtschaftlichen Zusammenbruch eines Schuldnerunternehmens3 oder einer natürlichen Person.
Das Hauptziel dieser Arbeit besteht darin, die rechtlichen Strukturen der nationalen und internationalen Insolvenzgesetzgebung zu veranschaulichen und die wesentlichen Anwendungsbereiche und Anknüpfungsregelungen dieser Regelungskomplexe zu erläutern.
Zu diesem Zweck werden im zweiten Kapitel der Arbeit der Begriff der Insolvenz und dessen Bedeutung für die Volkswirtschaft sowie die Entwicklung des internationalen Insolvenzrechtes dargestellt.
Desweiteren wird die Systematik des internationalen bzw. europäischen Insolvenzrechtes und dessen Verhältnis zu dem deutschen internationalen Insolvenzrecht (§§ 335 ff. InsO und Art. 102 EGInsO) erörtert. Dabei werden die Sachverhalte innerhalb der EU sowie im Bezug zu Drittstaaten betrachtet. Die besondere Aufmerksamkeit in diesem Kontext wird den Anknüpfungsregelungen des internationalen Insolvenzrechtes gewidmet.
Das Kapitel 4 dieser Arbeit beschäftigt sich mit der EUInsVO, insbesondere mit deren Zielen und Struktur, Anwendungsbereichen und dem nach der Verordnung zur Anwendung kommenden Recht.
Grundsätzlich wird die in der Arbeit ein Überblick darüber gegeben, welches Recht bei der grenzüberschreitenden Insolvenzfällen angewendet und mit welchen Anknüpfungen in dem internationalen Insolvenzrecht gearbeitet wird.
2. Begriff der Insolvenz
Unter Insolvenz i.e.S. versteht man nur Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners oder schuldnerischen Unternehmens. Im rechtlichen Sinne hat der Oberbegriff Insolvenz wesentlich weitläufige Bedeutung und steht für Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, sowie wirtschaftliche Krise gem. § 283 Abs.
1 StGB. Allerdings führt nicht jede Unternehmenskrise zur Insolvenz, obgleich sie bereits Rechtspflichten für die organschaftlichen Vertreter auslöst.4 Strategische Krisen stellen zwar die Bedrohung für die Erreichung der Erfolgszielen, Gewinn- und Umsatzentwicklung einer Unternehmung dar, haben jedoch keine rechtliche Relevanz. Erst mit der Liquiditätskrise als ernsthafter Gefahr einer Liquidität oder Überschuldung greifen rechtliche Tatbestände ein.5 Somit erfasst der rechtliche Begriff der Insolvenz jede wirtschaftliche Notlage eines Schuldners oder eines Schuldnerunternehmens, die es erforderlich macht, ein Insolvenzverfahren auszulösen.6
2.1 Bedeutung der Insolvenzen in der Volkswirtschaft
Die Bedeutung der Insolvenzen sowie deren volkswirtschaftliche Auswirkungen können nicht unterschätzt werden, dennoch sind die Ursachen dieser so gut wie unerforscht. Dem Desinteresse der Volkswirtschaftslehre am Insolvenzwesen liegt die Vermutung zugrunde, dass die Zahl und Schicksal der einzelnen von dem Markt verschwundenen Unternehmen erst dann ein volkswirtschaftliches Problem wird, wenn dies zur Veränderung der grundlegenden Strukturen des Marktes selbst, wie etwa die Entwicklung eines Oligopols oder eines Monopols, führt.7
Dabei haben die großen Wirtschaftskrisen gezeigt, dass die Notlage sich, vor allem im Finanzsektor, nicht nur auf andere Branchen, sondern auch auf andere Industriestaaten ausbreiten kann, wie der Beispiel der Weltwirtschafkrise 1929-1931 zeigt. Die geringe Eigenkapitalausstattung und daraus folgende hohe Abhängigkeit von dem Fremdkapital und der Kreditfinanzierung waren die Ursachen des Zusammenbruchs des Londoner Hatry-Konzerns, der unter anderem für den Börsenkrach der Wallstreet verantwortlich war.8
Heutzutage weiß man, „dass eine einzelne Insolvenz größeren Ausmaßes eine Kettenreaktion auslösen kann“,9 sodass die Bedeutsamkeit dieses Rechtsgebiets für die Wirtschaft eines Landes insgesamt und damit natürlich zugleich für das Wirtschaftsrecht offensichtlich wurde.10 Seit 1998 befassen sich solche Gremien wie Internationaler Währungsfond, die Weltbank und UNCITRAL11 mit solchen Rechtsmaterien, wie etwa das Kreditsicherungsrecht (es geht dabei primär um eine Sicherung vor der Insolvenz) oder das Kapitalmarktrecht (Unternehmen tendieren immer mehr dazu sich selbst auf den Kapitalmarkt zu finanzieren und dort aus Geldgebern Anteilseigner zu machen) oder auch innerhalb des Gesellschaftsrechts in Bezug auf den Gläubigerschutz und insbesondere auch auf die Corporate Governance. All diese Handlungen basieren auf der Erkenntnis, dass der Kern einer gesunden Wirtschaft ein funktionierendes Insolvenzrecht ist.12
Ob das Insolvenzrecht diese hohen Erwartungen erfüllen kann, ist eine durchaus offene Frage. Allein in Deutschland gab es im Jahr 2004 118 274 Insolvenzverfahren (39 213 Unternehmensinsolvenzen und 49 123 Verbraucherinsolvenzen) mit einem Gläubigerforderungsvolumen von ca. 39 Milliarden Euro.13 Seit 2004 ist ein rückläufiger Trend bei den Unternehmensinsolvenzen in Europa infolge einer Konjunkturbelebung zu verzeichnen, dennoch nimmt Deutschland mit jeweils 38650 und 31300 Insolvenzen in den Jahren 2005/2006 einen festen zweiten Platz nach Frankreich bei der Anzahl der Unternehmensinsolvenzen ein.14
Folgende Tabelle gibt den detaillierten Überblick über die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen in Westeuropa.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Unternehmensinsolvenzen in Westeuropa
Quelle: Creditreform, Insolvenzen in Europa, Jahr 2006/07, S. 2
Während sich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2006 rückläufig entwickelte, nahm die Zahl der Privatpersoneninsolvenzen in den betrachteten Ländern insgesamt um deutliche 30,7 Prozent auf 256.841 betroffene Personen zu. Großbritannien liegt mit einem Anstieg um 47,2 Prozent auf 116.929 Verbraucherinsolvenzen an der Spitze. Auf Platz zwei folgt bereits Deutschland mit einem Plus von 22,1 Prozent (121.800 Betroffene).15
Im Gegensatz zu Westeuropa, stieg die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Mittel- und Osteuropa insgesamt an. Aktuell sind es 19.682 Unternehmen aus den neuen EU-Mitgliedstaaten, die im Jahr 2006 Konkurs anmelden sollten, das einer Steigerung von 8,1 Prozent entspricht. Insbesondere solche Länder wie Ungarn (plus 18,4 Prozent), Tschechien (plus 5,6 Prozent) sowie die beiden Baltikumstaaten Litauen (plus 4,5 Prozent) und Estland (plus 2,4 Prozent) tragen zu diesem Trend bei.16
Wie aus den aktuellen statistischen Daten ersichtlich wird, hat das Insolvenzvolumen in EU-Mitgliedsstaaten ein großes Ausmaß erreicht, sodass die Notwendigkeit der einheitlichen Insolvenzgesetzgebung in dem europäischen Wirtschaftraum unumgänglich erschien. Das nachfolgende Kapitel zeigt die wichtigsten Schritte in der Entwicklung der einheitlichen europäischen Insolvenzordnung auf.
2.2 Geschichte des internationalen Insolvenzrechts
Die Geschichte der Entwicklung der einheitlichen europäischen Insolvenzgesetzgebung begann 1970 mit der Entstehung eines Ausschusses aus Regierungssachverständigen über ein Europäisches Insolvenzübereinkommen. Im Jahre 1980 wurde ein erster Entwurf vorgelegt. Der Entwurf ging von den Zielen der Universalität und Einheit des Insolvenzverfahrens in Europa aus.17 Dieser Entwurf stieß wegen seiner komplizierten Regelungen insbesondere in Deutschland auf heftige Kritik. Daraufhin wurde der Schwerpunkt der Arbeiten zum Internationalen Insolvenzrecht auf den Rat der Europäischen Union verlegt,18 der ein neues Übereinkommen über Insolvenzverfahren (EuIÜ) vorgelegt hat, das am 23. 11. 1995 bereits von zwölf Mitgliedsstaaten außer Großbritannien unterzeichnet wurde.19
Nachdem der Amsterdamer Vertrag der Europäischen Union vom 2. 10. 1997 in Kraft getreten ist und ein Initiativrecht einzelner Mitgliedstaaten im Art. 67 I EG verankert wurde, konnten Deutschland und Finnland einen Vorschlag zur Transformation des Übereinkommens unterbreiten. Grundanliegen der Initiative war es, den Inhalt des Übereinkommens über Insolvenzverfahren möglichst ohne Veränderungen in ein neues Rechtsinstrument umzuwandeln.20 „Ein entsprechender Verordnungsvorschlag wurde dem Rat Justiz und Inneres am 27./28. 5. 1999 vorgelegt und am 2. 12. 1999 gebilligt. Die Verordnung Nr. 1346/2000 (EUInsVO) wurde am 29. 5. 2000 endgültig verabschiedet und gilt für alle nach dem 31. 5. 2002 eröffneten Verfahren.“21 Die Verordnung gilt für alle EU-Mitgliedsstaaten (mit Ausnahme von Dänemark), sowie seit 1. 5. 2004 in den zehn neu beigetretenen Ländern Mittel-Osteuropas.22 Damit wurde diese Europäische Insolvenzverordnung innerhalb der Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht, das folglich keiner weiteren legislativen Umsetzungsakte gem. Art. 249 Abs. 2 Satz 2 EG von Seiten der Mitgliedstaaten bzw. ihrer Parlamente bedarf.23
3. Grundzüge des internationalen Insolvenzrechtes
3.1 Systematik des internationalen Insolvenzrechtes
3.1.1 Das Prinzip der Territorialität und Universalität
Der Problematik des internationalen Insolvenzrechtes werden die Territorialitäts- und Universalitätsprinzipien zugrunde gelegt.24
Das Prinzip der Territorialität wird einerseits so verstanden, dass Rechtswirkungen eines Insolvenzverfahrens nicht über das Staatsgebiet des Verfahrensstaates hinaus anzuerkennen sind.25 Andererseits bedeutet Territorialität, dass im Inland inländisches Recht angewandt und ausländisches Recht ignoriert wird, sodass die Tatsache der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens anerkannt werden kann, die Rechtswirkungen aber ausnahmslos inländischem Recht unterliegen.26
Der Begriff Universalität impliziert zum einen, dass ein ausländisches Insolvenzverfahren im Inland Rechtswirkungen entfalten kann, zum anderen, dass alle Folgen eines Insolvenzverfahrens einem einzigen Recht unterliegen müssten, nämlich dem des Verfahrensstaates. Nach dem Universalitätsprinzip ist die Eröffnung eines einzigen Insolvenzverfahrens zulässig, sodass die Eröffnung eines inländischen Partikularverfahrens über das Vermögen des Schuldners nicht möglich ist.27
Offensichtlich geht das Verständnis der Prinzipien des internationalen Insolvenzrechtes weit auseinander,28 da diese Begriffe weder klar definiert sind, noch geben diese die klaren Lösungsansätze für die Klärung der internationalrechtlichen Fragen der Insolvenz,29 dennoch tragen diese Prinzipien ansatzweise zum Verständnis der Materie des internationalen Insolvenzrechtes bei.
3.1.2 Internationales Insolvenzrecht als Bestandteil des internationalen Privatund Verfahrensrechtes
In der modernen Rechtssprechung wird das internationale Insolvenzrecht als Bestandteil des internationalen Zivilverfahrensrechts und des Internationalen Privatrechts erfasst. Dabei kombiniert das internationale Insolvenzrecht kollisionsrechtliche Fragestellungen des internationalen Privatrechts mit internationalverfahrensrechtlichen Fragestellungen.30
Das internationale Verfahrensrecht behandelt die verfahrensrechtlichen Fragen, die sich aus der Internationalität eines Sachverhaltes ergeben. Im Wesentlichen sind es die Fragen der internationalen Zuständigkeit inländischer Gerichte sowie die Frage der Anerkennung und Vollstreckung der im Ausland ergangenen Entscheidungen.31 Das internationale Privatrecht beinhaltet eine Vielfalt von Kollisionsnormen und regelt die Frage, welches nationale Recht im Falle eines internationalen Rechtsverhältnisses anzuwenden ist, insbesondere welche speziellen nationalen Insolvenzregeln auf auslandsbezogene Sachverhalte in einem Insolvenzfall einzusetzen sind.32
Beide Rechtsgebiete sind im internationalen Insolvenzrecht eng miteinander verbunden, sodass solche Fragen wie z.B. der Umfang der Masse, die Rechte von Insolvenzverwalter und Insolvenzschuldner, Aufrechnung, sowie der Anfechtbarkeit oder Unwirksamkeit von Rechtshandlungen sowohl verfahrensrechtliche als auch privatrechtliche Aspekte beinhalten.33 Durch die enge Verzahnung zwischen Sach- und Verfahrensrecht im Insolvenzrecht kommt es zu besonderen Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Frage, ob die Rechtsfrage dem internationalen Privat- oder dem internationalen Verfahrensrecht zuzuordnen ist.34 Diese Frage bildet jedoch einen Ausgangspunkt bei der Beurteilung der internationalen insolvenzrechtlichen Fragestellungen, da zu entscheiden ist, welches Recht zur Anwendung kommt. Ist die Rechtsfrage verfahrensrechtlicher Natur, so wird grundsätzlich die lex fori angewendet, während bei den sachrechtlichen Fragen mittels der Kollisionsnormen erst noch zu ermitteln ist, welches Recht Anwendung finden soll.35 Desweiteren werden die wichtigsten internationalen Insolvenzvorschriften in der deutschen Gesetzgebung erläutert.
3.2 Das internationale Insolvenzrecht in der deutschen Gesetzgebung
Die deutsche Insolvenzrechtsordnung besteht aus dem autonomen internationalen Insolvenzrecht (§§ 335ff. InsO) und aus dem internationalen Insolvenzrecht auf der Basis der internationalen Verträge und Übereinkommen, bei denen der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates über Insolvenzverfahren besondere Aufmerksamkeit im weiteren Verlauf dieser Arbeit gewidmet wird. Die EUInsVO Nr. 1346/2000 gilt nur für die Rechtsfragen zwischen den EU-Mitgliedstaaten, während das autonome IIR den Rechtsverkehr zu Drittstaaten regelt.
3.3 §§ 335 ff. InsO
3.3.1 Verhältnis von deutschem und europäischem Recht
Die rechtliche Stellung von Vorschriften der InsO zu den einzelnen EU-Regelungen beschränkt sich im Wesentlichen auf die die Frage des Verhältnisses der §§ 335-358 InsO zur EuInsVO. Beide Regelungskomplexe gelten seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Insolvenzrechts am 20.03.2003 nebeneinander.36
[...]
1 Vgl. Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, (2007), Band 3, Rn. 1.
2 Vgl. Huber, P., Die Europäische Insolvenzordnung, EuZW 2002, Heft 16, Rn. 490.
3 Vgl. Braun, E./Uhlenbruck, W., (1997), Unternehmensinsolvenz, S. 6-7.
4 Vgl. Pape, G., Uhlenbuck, W., (2002), Insolvenzrecht, Rn. 55.
5 Vgl. Braun, E./Uhlenbruck, W., (1997), Unternehmensinsolvenz, S. 7.
6 Vgl. Pape, G., Uhlenbuck, W., (2002), Insolvenzrecht, Rn. 55.
7 Vgl. Flessner, A., (1982), Sanierung und Reorganisation, S.175.
8 Vgl. Pape, G., Uhlenbuck, W., (2002), Insolvenzrecht, Rn. 17.
9 Pape, G., Uhlenbuck, W., (2002), Insolvenzrecht, Rn. 19.
10 Vgl. Christoph G. Paulus, Grundlagen des neuen Insolvenzrechts, DStR 2002, Rn. 1865.
11 Die für internationales Handels- und Wirtschaftsrecht zuständige Unterabteilung der UNO.
12 Vgl. Christoph G. Paulus , Grundlagen des neuen Insolvenzrechts, DStR 2002, Rn. 1865.
13 Vgl. Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, (2007), Band1, Rn 45b.
14 Vgl. Creditreform, Insolvenzen in Europa, Jahr 2006/07, S. 2.
15 Vgl. Creditreform, Insolvenzen in Europa, Jahr 2006/07, S. 7.
16 Vgl. Creditreform, Insolvenzen in Europa, Jahr 2006/07, S. 25-26.
17 Vgl. Gottwald, (2006), Insolvenzrechtshandbuch, §129, Rn.1.
18 Vgl. Wimmer, Die EU-Verordnung zur Regelung grenzüberschreitender Insolvenzverfahren, NJW 2002, Rn. 2427.
19 Vgl. Gottwald, (2006), Insolvenzrechtshandbuch, §129, Rn. 2.
20 Vgl. Wimmer, Die EU-Verordnung zur Regelung grenzüberschreitender Insolvenzverfahren, NJW 2002, Rn. 2427.
21 Gottwald, P.,(2006), Insolvenzrechtshandbuch, §129, Rn. 3.
22 Vgl. Gottwald, P., (2006), Insolvenzrechtshandbuch, §129, Rn. 3.
23 Vgl. Paulus, Die europäische Insolvenzverordnung und der deutsche Insolvenzverwalter, NZI 2001, Rn. 505.
24 Vgl. Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, (2007), Band 3, Rn. 19 ff.
25 Vgl. Gottwald, P., (2006), Insolvenzrechtshandbuch, § 127 Rn. 5 oder Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 3, Rn. 20.
26 Vgl. Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, (2007), Band 3, Rn. 20.
27 Vgl. Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, (2007), Band 3, Rn. 21.
28 Vgl. Jaeger, E., (1958), Konkursordnung, Band 2, §§ 237, 238 Rn. 5, 45ff.
29 Vgl. Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, (2007), Band 3, Rn. 19.
30 Vgl. Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, (2007), Band 3, Rn. 23.
31 Vgl. Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, (2007), Band 3, Rn. 23-24.
32 Vgl. Gottwald, P., (2006), Insolvenzrechtshandbuch, §129, Rn. 10.
33 Vgl. Gottwald, P., (2006), Insolvenzrechtshandbuch, §129, Rn. 14.
34 Vgl. Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, (2007), Band 3, Rn. 24.
35 Vgl. Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, (2007), Band 3, Rn. 31-32.
36 Vgl. von Boehmer, I., (2006), Internationales Insolvenzrecht im Umbruch, S. 29.
- Quote paper
- Diplom-Ökonom Alexander Pevzner (Author), 2008, Grenzüberschreitende Insolvenzen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143484
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