Aus Sicht des Unternehmers ist Wettbewerb eine lästige Angelegenheit. Gelingt es ihm nicht, die Aufmerksamkeit der Abnehmer dauerhaft auf sich zu lenken, so wird er infolge eines rückläufigen Absatzes zunächst Anteile am relevanten Markt verlieren und schließlich vollständig aus selbigen heraus gespült. Verhindern kann er dies nur, wenn er mit seinen Produkten nachhaltig die Wünsche der Nachfrager befriedigt. Hierbei hat er sich nicht nur an deren – sich ständig ändernden – Bedürfnissen zu orientieren, er muss immer auch das Marktverhalten seiner Konkurrenten im Auge behalten, die ihm fortwährend Innovationen und Preissenkungen aufzwingen. Gewinner dieses freien Spiels der Marktkräfte sind letztlich die Verbraucher, was sich in einer hohen Konsumentenrente widerspiegelt.
Hieraus erwächst für den Unternehmer der Anreiz, den missliebigen Wettbewerb durch Abreden zu beschränken. Entgegen käme ihm beispielsweise eine Vereinbarung mit den Mitbewerbern, wonach ein bestimmtes Preisniveau künftig nicht unterschritten werden darf. Die Privatautonomie räumt dem Unternehmer die Möglichkeit ein, derartige Verträge zu schließen. Aufgabe der Rechtsordnung muss es aber sein, die Freiheit des Wettbewerbs zu erhalten. Die einschlägigen Regelungen hierzu werden dem Kartellrecht zugerechnet.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
A. Einleitung
I. Vorbemerkungen
II. Grundlagen
III. Ausgangslage
IV. Europäisches Kartellrecht
1. Geschichtliche Hintergründe des europäischen Kartellrechts
2. Systematik des europäischen Kartellrechts
a) Primäres europäisches Kartellrecht
b) Sekundäres europäisches Kartellrecht
3. Geltungsbereich des europäischen Kartellrechts
4. Verhältnis von nationalem zu europäischem Kartelrecht
B. Art. 8 11 EG
I. Normadressaten des Kartellverbots
1. Unternehmensbegriff
a) Unternehmen
b) Konzerne
c) Freie Berufe
d) Staat
e)Sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts
2. Unternehmensvereinigungen
II. Verbotene Ma=nahmen
1. Vereinbarungen von Unternehmen
2. Beschlüsse von 7nternehmensvereinigungen
3. Aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen
III. Wettbewerbsbeschränkung
1. Nberblick
2. Verhinderung, Einschränkung, Verfälschung
3. Horizontale und vertikale Wettbewerbsbeschränkungen
4. Bezwecken oder Bewirken
5. Zwischenstaatlichkeitsklausel
6. Regelungsbeispiele
C. Art. 8 111 EG
D. Art. 8 1111 EG
I. Vorbemerkungen
II. Freistellungsvoraussetzungen
1. Beteiligung der Verbracuher am Gewinn
2. Beitrag zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts
3. 7nerlässlilchkeit
4. Ausschaltung des Wettbewerbs
III. Freistellung
1. Einzelfreistellung
2. Gruppenfreistellung
E. Schluss bemerkung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A. Einleitung
I. Vor bemerkungen
Aus Sicht des Unternehmers ist Wettbewerb eine lästige Angelegenheit. Gelingt es ihm nicht, die Aufmerksamkeit der Abnehmer dauerhaft auf sich zu lenken, so wird er infolge eines rückläufigen Absatzes zunächst Anteile am relevanten Markt verlieren und schlieglich vollständig aus selbigen heraus gespült. Verhindern kann er dies nur, wenn er mit seinen Produkten nachhaltig die Wünsche der Nachfrager befriedigt.1 Hierbei hat er sich nicht nur an deren — sich ständig ändernden — Bedürfnissen zu orientieren, er muss immer auch das Marktverhalten seiner Konkurrenten im Auge behalten, die ihm fortwährend Innovationen und Preissenkungen aufzwingen.2 Gewinner dieses freien Spiels der Marktkräfte sind letztlich die Verbraucher, was sich in einer hohen Konsumentenrente widerspiegelt.3
Hieraus erwächst für den Unternehmer der Anreiz, den missliebigen Wettbewerb durch Abreden zu beschränken. Entgegen käme ihm beispielsweise eine Vereinbarung mit den Mitbewerbern, wonach ein bestimmtes Preisniveau künftig nicht unterschritten werden darf. Die Privatautonomie räumt dem Unternehmer die Möglichkeit ein, derartige Verträge zu schliegen. Aufgabe der Rechtsordnung muss es aber sein, die Freiheit des Wettbewerbs zu erhalten.4 Die einschlägigen Regelungen hierzu werden dem Kartellrecht zugerechnet.
II. Grundlagen
Im Folgenden soll unter „Wettbewerb" das marktwirtschaftliche Ringen von Rechtssubjekten um knappe Güter verstanden werden5: Anbieter kämpfen um die Nachfrage und Nachfrager um das Angebot. Wettbewerb entsteht, wenn mindestens zwei Akteure (Anbieter oder Nachfrager) zur selben Zeit auf dem gleichen — sachlich und räumlich relevanten — Markt zusammentreffen und hierbei ihre Position zu Ungunsten anderer zu verbessern suchen, ohne hierbei miteinander zu kooperieren.6
Kooperieren die rechtlich selbständigen Akteure miteinander in der Absicht, im Interesse der Verbesserung ihres wirtschaftlichen Erfolgs den Wettbewerb zu beschränken, so bilden sie ein „Kartell". Gegenstand ihrer Kooperation können sämtliche relevanten Marktparameter sein, wie etwa Preis, Menge oder Qualität der — angebotenen bzw. nachgefragten — Produkte.7
III. Ausgangslage
In Europa entstanden die ersten kartellähnlichen Zusammenschlüsse im Mittelalter, so bspw. das Salzvertriebssyndikat von 1301. 8 Mit zunehmender Industrialisierung entwickelten sich in den europäischen Nationalstaaten zahlreiche nationale und internationale Kartelle. Im Gegensatz zum strengen amerikanischen Antitrustrecht galten Kartellverträge im ausgehenden 19. Jahrhundert nach deutschem Recht grundsätzlich als zulässig.9 Kartelle wurden zu jener Zeit als geeignet angesehen, dem Preisverfall und der Uberproduktion innerhalb einer Branche zu begegnen.10 Seit den 1920er Jahren bezeichnete man Deutschland auch als das „Land der Kartelle".11
IV. Europäisches Kartellrecht
1. Geschichtliche Hintergründe des europäischen Kartellrechts
Der französische Augenminister Robert Schuman nahm die Aufforderung Winston Churchills nach einer „Neugründung der europäischen Familie" aus seiner berühmten Züricher Rede aus dem Jahre 194612 auf und legte am 9. Mai 1950 den seither nach ihm benannten „Schuman-Plan" für die Errichtung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl („Montanunion") vor.13 Entworfen wurde dieser Plan von Jean Monnet, der zu jener Zeit ein enger Mitarbeiter Schumans war.14 Der Schuman-Plan verfolgte das Ziel, die gesamte französische und deutsche Kohle- und Stahlproduktion zusammenzufassen und einem eigenständigen, unabhängigen Organ zu unterstellen. Gleichzeitig sollte Deutschland der kriegsentscheidende Bereich der Kohle- und Stahlindustrie entzogen werden.15
Nach zähen Verhandlungen gab die deutsche und belgische Delegation schlieglich ihren Widerstand auf und stimmte einem Kartellverbot zu.16 Mit Inkrafttreten des EGKSV am 23. Juli 1952 enthielten dessen Art. 65 und 66 erstmals europäische kartellrechtliche Bestimmungen.17 Sie bildeten die Grundlage des modernen europäischen Kartellrechts.18
Widerstand und „taktische Störmanöver"19 der deutschen Seite verhinderten im Jahre 1956 eine rasche Einigung über das künftige europäische Kartellrecht. Das Kartellverbot des EGKSV wurde präzisiert und verfeinert20 und in Art. 85 EWGV (jetzt Art. 81 EG) verortet. Seit Inkrafttreten des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in seiner ursprünglichen Fassung am 1. Januar 195 8 existiert ein einheitliches europäisches Kartellrecht für den gesamten gemeinsamen Markt.
2. System a tik des europ a ischen K a rtellrechts
Man unterscheidet primäres und sekundäres Kartellrecht.
a ) Prim a res europ a isches Kartellrecht
Gemeinschaftliche Aufgabe der Vertragspartner des EG-Vertrages ist gemäg Art. 2 EG u. a. die Errichtung eines Gemeinsamen Marktes. Art. 3 Buchst. g EG sieht ausdrücklich die Schaffung eines „Systems [vor], das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts vor Verfälschungen schützt". Ein „System offener und wettbewerbsorientierter Märkte" fordert zudem Art. 157 EG. Diese wirtschaftspolitische Zielsetzung der Europäischen Gemeinschaft wird durch wettbewerbsschützende Grundsätze flankiert, die als das primäre EG-Kartellrecht im Wesentlichen in den Art. 81 und 82 EG niedergelegt sind.21 ) Sekundäres europäisches Kartellrecht
Auf den konkreten Sachverhalt anwendbar22 wird das primäre EG-Kartellrecht erst durch ergänzende Ausführungsbestimmungen, die vom Rat auf Ermächtigung und Verpflichtung des Art. 83 EG als Sekundärgesetze in Form von Verordnungen und Richtlinien erlassen werden. Diese Befugnis kann der Rat auf die Kommission übertragen. Besonders hervorzuheben sind hier die „Kartellverfahrensordnung" (VO 1/2003)23, die EG-Fusionskontrollverordnung (VO 139/2004)24 und die „Schirm-GVO" (VO 2790/1999).25
3. Geltungs bereich des europäischen Kartellrechts
Europäisches Kartellrecht gilt grundsätzlich für sämtliche Wirtschaftsbereiche und Tätigkeiten.26 Seit Auslaufen des EGKSV am 23.07.2002 sind die Art. 81 ff. EG nunmher auch auf den Sektor Kohle und Stahl anzuwenden. Für bestimmte Wirtschaftsbereiche (wie etwa Landwirtschaft, Verkehrswirtschaft, Versicherungswirtschaft oder Ernergiewirtschaft) bestehen Besonderheiten.27 Räumlich wird der Geltungsbereich europäischen Kartellrechts durch Art. 299 EG bestimmt.28
4. Verhältnis von nationalem zu europäischem Kartelrecht
Europäisches und nationales Kartellrecht gilt nebeneinander. Bei Kollisionen geht das Gemeinschaftsrecht dem widersprechenden nationalen Recht grundsätzlich vor.29 Bei paralleler Anwendung würde sich stets das strengere Kartellrecht durchsetzen. Gemäg Art. 3 II VO 1/2003 darf daher nationales Recht solche Vereinbarungen und Verhaltensweisen nicht verbieten, die zwar unter Art. 81 I EG fallen, aber keine spürbaren Wettbewerbsbeschränkungen darstellen oder die Bedingungen des Art. 81 III EG erfüllen. Im Bereich des Machtmissbrauchsrechts des Art. 82 EG darf gemäg Art. 3 II 2 VO 1/2003 das nationale Kartellrecht strenger als das gemeinschaftsrechtliche sein.
Das deutsche Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist dem europäischen Recht weitgehend angeglichen worden. Seit der 7. Novelle30 stimmt das nationale Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen in § 1 GWB nahezu wörtlich mit Art. 81 I EG überein. Unterschiede bestehen lediglich im Hinblick auf die Zwischenstaatlichkeitsklausel und die Regelungsbeispiele in Art. 81 I EG.
B. Art. 8 11 EG
Unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt und daher verboten sind gemäg Art. 81 I EG Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel zwischen den Mittgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken.
[...]
1 Vgl. Kotler/Bliemel, Marketing-Management, S. 8 ff.
2 Vgl. Porter, Wettbewerb und Strategie, S. 30 f.
3 Vgl. Feess, Mikroökonomie, S. 270.
4 Vgl. Ritter/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, S. 173.
5 Vgl. Kling/Thomas, Kartellrecht, S. 7.
6 Vgl. Kling/Thomas, Kartellrecht, S. 7 f.
7 Vgl. Ritter/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, S. 179.
8 Vgl. Gith, Die Entstehungsgeschichte des europäischen Kartellrechts, S. 17.
9 Vgl. Möschel, 70 Jahre Deutsche Kartellpolitik, S. 3; Reichsgericht vom 04.02.1 897 - RGZ 3 8, 155 - „Sächsisches Holzstoffkartell"; Gith, Die Entstehungsgeschichte des europäischen Kartellrechts, S. 21.
10 Vgl. Möschel, 70 Jahre Deutsche Kartellpolitik, S. 8.
11 Vgl. Gith, Die Entstehungsgeschichte des europäischen Kartellrechts, S. 17.
12 Vgl. Herdeggen, Europarecht, S. 44.
13 Vgl. Oppermann, Europarecht, S. 8.
14 Vgl. Gith, Die Entstehungsgeschichte des europäischen Kartellrechts, S. 27.
15 Vgl. Gith, Die Entstehungsgeschichte des europäischen Kartellrechts, S. 2 8.
16 Vgl. Gith, Die Entstehungsgeschichte des europäischen Kartellrechts, S. 41-46.
17 Vgl. Wissenbach in Tietje / Blau, Das europäische Kartellrecht nach der VO 1/03, S. 16.
18 Vgl. Gith, Die Entstehungsgeschichte des europäischen Kartellrechts, S. 56.
19 Vgl. Gith, Die Entstehungsgeschichte des europäischen Kartellrechts, S. 91.
20 Vgl. Wissenbach in Tietje / Blau, Das europäische Kartellrecht nach der VO 1/03, S. 16.
21 Vgl. Bunte ein Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 2, S. 9.
22 Vgl. Ritter/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, S. 233, Rn. 13.
23 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates zur Durchführung der in den Artikel 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln vom 16.12.2002 (ABl. 2003 L 1/1).
24 Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen vom 20.01.2004 (ABl. 2004 L 24/1).
25 Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 der Kommission über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen vom 22.12.1999 (ABl. 1999 L 336/21).
26 Vgl. Bunte in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 2, S. 21.
27 Vgl. Ritter/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, S. 214-217.
28 Vgl. Bunte in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 2, S. 22, Rn. 56 f.
29 Vgl. Bunte in Bunte in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 2, S. 29.
30 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.07.2005 (BGBl. I S. 2114).
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