Das Weistum von 1399 „über die „Allmend und die Vogtei Schauenburg“ (in der Nähe von Heidelberg) gibt einen guten Einblick in die spätmittelalterlichen Rechtsverhältnisse sowie in die Agrar- und Sozialgeschichte der damaligen Gesellschaft.
Zunächst werden in der vorliegenden Arbeit heute fremde Begrifflichkeiten erklärt. So wird erläutert, was ein Weistum ist, was die Funktion einer Vogtei bzw. die wesentlichen Aufgaben eines Vogts waren und es werden interessante Einblicke in das mittelalterliche Gerichtswesen gegeben.
Außerdem wird die frühere Arbeits- und Lebensweise anschaulich aufgezeigt. Für die agrarisch geprägte Dorfgemeinschaft bildete die Nutzung der Allmende, also des gemeindlichen Gemeinlandes, eine wichtige Rolle. Deren Nutzung durch den Einzelnen erstreckte sich nicht nur auf das Weideland, sondern darüber hinaus auf das Wasser und auf den Wald, der früher einen erheblich größeren Stellenwert hatte.
Selbst manche Berufe hatten früher eine etwas andere Bedeutung oder Stellung. Dies trifft beispielsweise auf die soziale Stellung eines Müllers oder die Aufgaben eines Waldschützen zu. Eingegangen wird ferner auf im Weistum erwähnte Abgaben, die neben einem Geldzins auch aus den unterschiedlichsten Naturalabgaben bestanden.
1. Die Inhalte des Weistums
Das „Weistum über die Allmend und die Vogtei Schauenburg“ betrifft die Gemeinde Dossenheim bei Heidelberg. Es wurde am 28. April 1399 aufgestellt und schriftlich niedergelegt.[1]
Die wesentlichen Inhalte des Weistums gliedern sich in folgende Punkte:[2]
1. Entzug des Hahnberg und des Bärenbachwaldes
2. - 3. Zinsen in der Allmend und der Mainzer Vogtei
4. Waldschützen
5. Dorfgerichtsschöffen in Neuenheim
6. Widerrechtlicher Holzeinschlag
7. Allmendherrschaft
8. Verbot der Holzabfuhr auf dem Neckar
9. Gerichtliche Zuständigkeit
10. Zinsen im Allmendbereich
11. Aschenbrenner
12. Übergriffe des Waldschützen
13. Widerrechtliche Pfändung
14. Weitere Übergriffe des Waldschützen
15. Holzeinschlag
16. Gerichtliche Zuständigkeit für die Bewohner des Ziegelhauses
17. Fälle von Totschlag in der Vogtei Schauenburg
18. Grenzbegehungen mit dem Gericht Handschuhsheim
19. Zuständigkeit des Dorfgerichts Handschuhsheim
2. Weistümer
Weistümer[3] finden sich seit dem 14. bis 15. Jahrhundert. Um deren Sammlung haben sich vor allem die Gebrüder Grimm verdient gemacht. Es ist zwar kein Weistum dem anderen gleich, dennoch handelt es sich stets um Aussagen über geltendes Gewohnheitsrecht.
In erster Linie werden in den Weistümern, die im Laufe der Zeit entstanden, Sonderrechte und des Weiteren allgemeine Rechtsverhältnisse einer Stadt oder eines Dorfes niedergelegt und somit das Verhältnis zur Obrigkeit fixiert, was besonders für den Fall eines Herrschaftswechsels wichtig sein konnte.
Außerdem weist ein Weistum bewusst Recht, denn hinter jedem Weistum verbirgt sich irgendeine Rechtsunsicherheit und das Weistum stellt dann den Urteilsspruch dar. Man geht dabei so vor, dass man in einer strittigen Sache die ältesten Männer zusammenruft und diese darüber befragt, wie dies im vorliegenden Weistum am 28. April 1399 geschah. Wenn die Zeugen nicht übereinstimmen, wird nach Mehrheit entschieden. In einem Weistum kommen in der Regel nur solche Dinge vor, die das Dorf primär betreffen, wie beispielsweise die Berechtigung zur Allmende, die Zinsen, die Ausdehnung der Dorfflur, Gerichtliche Zuständigkeiten und Zuwiderhandlungen in bunter Reihenfolge, wie auch in dem oben genannten Weistum.
Weiteres Merkmal für Weistümer ist, dass sie erst zu einer Zeit aufgeschrieben werden, als mehr Leute lesen können. Da dies jedoch nach wie vor für den Großteil der Dorfbevölkerung noch nicht zutrifft, wird ganz am Schluss dieses Weistums angeordnet, dass es dreimal im Jahr, an den so genannten Weistumstagen, vorgelesen wird.
3. Vogt und Vogtei
Das vorliegende Weistum bezieht sich auf die Vogtei Schauenburg. Die Vogtei ist das Amt und Gebiet eines Vogts. Der Vogt war ursprünglich ein Laie, der einen Geistlichen, die Kirche und in besonderem Maße ein Kloster in weltlichen Angelegenheiten nach außen vertrat. Er hatte Vertreterstelle vor allem vor Gericht und verwaltete zudem das Kirchengut. Als die Kirchen Immunitäten geworden waren und somit auch zu Gerichtsherren, übte der Vogt diese Gerichtsbarkeit aus, da dies mit dem geistlichen Amt schlecht vereinbar war.[4]
[...]
[1] Veröffentlicht ist diese Quelle in: Kollnig, Die Weistümer der Zehnt Schriesheim, S. 25-31.
[2] Entnommen aus: Kollnig, Die Weistümer der Zehnt Schriesheim, S. 25.
[3] Dieses Kapitel stützt sich auf Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. XIV, S. 1171 sowie auf
Haberkern/Wallach, Hilfswörterbuch für Historiker, S. 661.
[4] Vgl. Haberkern/Wallach, Hilfswörterbuch für Historiker, S.647; Fischer, Schwäbisches Wörterbuch,
Bd. II, S. 1609f.
- Arbeit zitieren
- Dr., M.A. Roland Engelhart (Autor:in), 1987, Sozial- und rechtsgeschichtliche Betrachtungen zum "Weistum über die Allmend und die Vogtei Schauenburg", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142957
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