Die Arbeit beschäftigt sich mit der Darstellung der Entwicklung der Arbeitslosenversicherung bis zum 'Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung' im Oktober 1927. Dabei wird auf die folgenden Fragen eingegangen: Wie wurde die Arbeitslosigkeit im 19. Jahrhundert definiert, in welchem Zustand befand sich die Arbeitslosigkeit um die Jahrhundertwende und wie viele Phasen der Entwicklung zur Arbeitslosenversicherung gab es bis zur Einführung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitlosenversicherung? Welche Grundsätze erhielt das Gesetz und wo müssen die Grenzen gezogen werden?
Die Arbeit beschränkt sich allerdings auf drei Entwicklungsphasen der Arbeitlosenversicherung bis 1927. Ein kurzer Ausblick auf die Jahre von 1927 bis ungefähr 1929 beendet die Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
TEIL 1: Vorgeschichte und Ausgangsbedingungen
1 Die Arbeitslosigkeit im Deutschen Kaiserreich
1.1 Definition der Arbeitslosigkeit im 19. Jahrhundert
1.2 Situation der Arbeitslosigkeit um die Jahrhundertwende
TEIL 2: 3 Phasen der Entwicklung zur Arbeitslosen versicherung bis 1927
2 1. Phase: Die Arbeitsmarktentwicklung bis zum Kriegsbeginn 1914 und die sozialen Auswirkungen
2.1 Arbeitslosigkeit in der öffentlichen Diskussion
2.2 Auswirkungen der Arbeitslosigkeit
2.2.1 Das Bild des Arbeitslosen im Kaiserreich
2.2.2 Das Bild des Arbeitslosen In der Weimarer Republik
3 2. Phase: Kriegswohlfahrtspflege und Erwerbslosen fürsorge
3.1 Die Entstehung der Kriegswohlfahrts pflege 1914/1915
3.2 Von der Kriegswohlfahrtspflege zur Erwerbslosenfürsorge
4 3. Phase: Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit von 1919 bis 1927
4.1 Arbeitslosigkeit in der Weimarer Republik: Drei Phasen besonders hoher Arbeitslosigkeit
4.2 Die Reaktion der Betroffenen
4.3 Drei Entwürfe der Reichsregierung zur Schaffung der Versicherung
4.4 Das ‚Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung’ vom Oktober 1927
4.4.1 Grundsätze der Arbeitslosen- versicherung
4.4.2 Ein Ausblick
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Einleitung
Bereits in den 1890er Jahren des 19. Jahrhunderts begannen die Gewerkschaften, ihre Mitglieder bei einem Arbeitsplatz- verlust finanziell zu unterstützen. Die ständig steigenden Arbeitslosenzahlen setzten ihren Hilfsmöglichkeiten jedoch bald Grenzen und der Ruf nach staatlicher Regelung wurde von Seiten der Gewerkschaften und der Arbeitgeber immer lauter[1].
Dabei sollte eine Arbeitslosenversicherung als Vorsorge gegen einen eventuellen Lohnausfall durch Arbeitsplatzverlust aufgrund konjunktur- bzw. struktureller wirtschaftlicher Schwankungen dienen[2].
Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Darstel- lung der Entwicklung der Arbeitslosenversicherung bis zum ‚Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversiche- rung’ im Oktober 1927. Dabei wird auf folgende Fragen einge- gangen: Wie wurde die Arbeitslosigkeit im 19.Jahrhundert de- finiert, in welchem Zustand befand sich die Arbeitslosigkeit um die Jahrhundertwende und wie viele Phasen der Entwicklung zur Arbeitslosenversicherung gab es bis zur Einführung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversiche- rung? Welche Grundsätze enthielt das Gesetz und wo müssen die Grenzen gezogen werden?
Allerdings beschränkt sich die Arbeit auf drei Entwicklungs- phasen der Arbeitslosenversicherung bis 1927. Die erste Pha- se beschäftigt sich mit der Arbeitsmarktentwicklung bis zum Kriegsbeginn 1914 und den sozialen Auswirkungen der Arbeits- losigkeit, die zweite Entwicklungsphase, die Entstehung der Kriegswohlfahrtspflege 1914/15 und der Erwerbslosenfürsorge 1915 bis 1918 als Übergangsphase, wird nur kurz erwähnt. Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in den Kriegsjahren 1914- 1918 wird völlig ausgespart. Die dritte Phase stellt die Entwicklung der Arbeitslosigkeit von 1919 bis 1927 dar. Zu- dem wird im Ganzen nur auf die Situation der Arbeiter und nicht der Angestellten eingegangen. Ein kurzer Ausblick auf die Jahre von 1927 bis ungefähr 1929 beendet die Arbeit.
Den Fokus der Arbeit bildet sowohl die Arbeitsmarktentwicklung bis zum Kriegsbeginn 1914 und die sozialen Auswirkungen als auch auf die Entwicklungstendenzen der Arbeitslosigkeit bis 1927 und die Einführung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung am 1.10.1927.
Teil 1: Vorgeschichte und Ausgangsbedingungen
1. Die Arbeitslosigkeit im Deutschen Kaiserreich
1.1 Definition der Arbeitslosigkeit im 19. Jahr hundert
Im 19. Jahrhundert wird die Arbeitslosigkeit teils als ver- deckte, teils als saisonale oder strukturelle Arbeits- losigkeit definiert[3], da sich die Überschussbevölkerung und damit auch der Arbeitskräfteüberschuss nicht in Arbeitslo- sigkeit, sondern in einer „Abwertung des Stellenwertes des einzelnen Arbeitsplatzes“ zeigte. Auf diese Weise verminder- ten die überzähligen Arbeiter die Arbeitseinnahmen aller. Die Arbeitslosigkeit im Deutschen Kaiserreich war somit zu- nächst in Zahlen eine unbekannte Größe und das Problem der Arbeitslosigkeit noch nicht im Bewusstsein der Menschen um die Jahrhundertwende verankert[4]. Dies änderte sich mit der fortschreitenden Industrialisierung um die Jahrhundertwende und dem zunehmenden Einsatz von Maschinen.
1.2 Situation der Arbeitslosigkeit um die Jahr- hundertwende
Aufgrund fehlender statistischer Zahlen können Historiker über die Anzahl der Menschen ohne Arbeit um die Jahrhundert- wende nur spekulieren[5]. Schätzungen für den Zeitraum zwi- schen 1815 und 1895 kommen jedoch einstimmig zu dem Ergeb- nis, dass die Arbeitslosenquote in dieser Zeit sehr hoch ge- wesen sein muss. Wie bereits erwähnt, hängt das Ergebnis dieser Arbeitslosenquote jedoch mit der Definition für die Arbeitslosen im 19. Jahrhundert zusammen. Die gegenläufige Auseinanderbewegung der Gesellschaft und die Sozialen Frage[6] wurden im 19. Jahrhundert als Kernproblem gesehen[7]. Es wurde dabei von der Pauperisierung der unterprivilegierten Schich- ten gesprochen. Erst durch die fortschreitende Industriali- sierung und das damit verbundene auftretende Phänomen der zeitlichen Arbeitslosigkeit als Massenerscheinung, wurde die Arbeitslosigkeit von den Zeitgenossen als neues soziales Phänomen und Problem erkannt. Im Laufe der Zeit wurde die Arbeitslosigkeit auch „nicht mehr als ausschließlich selbst- verschuldetes Einzelschicksal betrachtet“[8]. Zu diesem Wandel trugen nicht nur die ‚Gründer-Krise’ der Jahre 1873-1879[9], sondern auch die steigende Zahl der Arbeitslosen hin zur Massenarbeitslosigkeit, ausgelöst durch die wirtschaft- lichen Depressionen 1891/92, bei. Diese rückten die Gefahr des Verlustes des Arbeitsplatzes als Bedrohung des Lebens ins Bewusstsein der Gesellschaft. Mit der öffentlichen Aner- kennung des Problems der Arbeitslosigkeit war letztendlich der Weg zum Arbeitslosenversicherungsgesetz geebnet.
Mit den Verpflegungsstationen für die Gesellenwanderung entstanden zwar erste Formen einer öffentlichen Fürsorge. Da diese Stationen aber in erster Linie für die wandernden Arbeiter bestimmt waren, profitierten die arbeitslosen Industriearbeiter eher wenig von ihnen[10].
Bereits 1879 forderte der Sozialreformer Lujo Brentano eine Versicherung für den Fall der Krankheit oder der Beschäfti- gungslosigkeit’[11]. Zwar entstand mit dieser Forderung kein Gesetz zur Arbeitslosenversicherung, doch damit war die wissenschaftliche Diskussion über die Arbeitslosenversicherung in Deutschland eröffnet[12].
Teil 2: 3 Phasen der Entwicklung zur Arbeitslosenversicherung bis 1927
2.1. Phase: Die Arbeitsmarktentwicklung bis zum Kriegsbeginn 1914 und die sozialen Auswirkungen
2.1. Arbeitslosigkeit in der öffentlichen Diskussion
Im Jahr 1884, dem Jahr, indem Otto von Bismarck die Unfall- versicherung einführte[13], erklärte der Kanzler des Deutschen Reiches auch die Arbeitslosigkeit, neben der Krankheit, dem Alter und der Invalidität, zu einem Element der Existenzun- sicherheit[14]. Damit wurde die Arbeitslosigkeit als öffentli- ches Problem anerkannt[15]. Gleichzeitig fand die Arbeitslo- sigkeit als eigenständiger Begriff Eingang in die Lexika. Durch den Konjunktureinbruch 1901/02 gelangte die Frage der Arbeitslosenversicherung ins Blickfeld der breiten Öffent- lichkeit und wurde außerdem 1902 auf die Tagesordnung des Parteitages der Sozialdemokraten in München gesetzt. Auch die Arbeiterorganisationen mussten sich nun mit diesem Thema auseinandersetzen. Somit war die Arbeitslosenversicherung zum sozialpolitischen Diskussionsgegenstand in der Politik, der Wirtschaft und in der Gesellschaft geworden.
Eine statistische Beobachtung des Arbeitsmarktes gab es wäh- rend des Kaiserreiches nicht. Die einzige Befragung zum Um- fang der Arbeitslosigkeit wurde im Juni 1895 im Rahmen einer Berufszählung und im Dezember 1895 als Volkszählung durchge- führt[16]. Allerdings verzichteten die Organisatoren aus Kos- tengründen auf eine tiefer gehende Untersuchung. Das wich- tigste Ergebnis der Erhebung war die Erkenntnis, dass die Arbeitslosenzahlen saisonal stark schwankten. So stieg die Arbeitslosenquote von Juni 1895 zum Dezember 1895 von 1,1 auf 3,4 Prozent. Land- und Bauarbeiter waren von den Schwan- kungen am härtesten betroffen. Am stärksten traf der Ar beitsplatzverlust die ungelernten Arbeiter. 21,7% der Ar- beitnehmer waren im Juni zwischen drei und 12 Wochen ohne Arbeit, 14,6% mehr als 13 Wochen. Dagegen waren im Dezember 41,9% zwischen drei bis 12 Wochen und 6,6% über 13 Wochen arbeitslos[17]. Die geringere Zahl der Arbeiter, die über 13 Wochen im Dezember ohne Arbeit waren, könnte durch die recht gute Konjunktur des Jahres 1895 erklärt werden, die sich zum Ende des Jahres auswirkte. Diese Zahlen geben al- lerdings keinen Aufschluss über die Dauer der Arbeitslosig- keit. So gab es im Dezember 1895 mehr Arbeitlose unter 13 Wochen, während die Zahlen der Arbeitslosigkeit im Juni über 13 Wochen höher waren.
Das Fazit der Untersuchung: Der Arbeitsmarkt war für Arbei- ter erheblich instabiler als für Angestellte, die im Prinzip keine saisonale Arbeitslosigkeit kannten. Ein weiteres Er- gebnis der Erhebung war die Erkenntnis, dass sich aus den Zahlen kein einheitliches Phänomen der Arbeitslosigkeit feststellen lässt. Es gab daher erstens eine berufsübliche Saisonarbeitslosigkeit, zweitens eine strukturelle Arbeits- losigkeit sowie drittens eine Massenarbeitslosigkeit, die auf die Konjunktur bezogene war. Dabei war die konjunkturbe- dingte Arbeitslosigkeit ein neues Phänomen, das gewissen Schwankungen ausgesetzt war[18]. Allerdings ging von der Be- fragung kein sozialpolitischer Impuls aus. Die Befragung verdeutlichte gleichzeitig ein großes Maß an sozialer Not. Ab 1895 überließ das Reich die Erstellung der Arbeitslosen- statistik den Gewerkschaften, deren Anstrengungen jedoch eher unzureichend waren sowie einzelnen Gemeinden und Bun- desstaaten[19].
[...]
[1] Dieter. G. Maier, „Arbeitslosenversicherung“ <http://www.historisches-lexikon- bayerns.de>, März 2007.
[2] Heribert Rottenecker / Jürgen Schneider, Geschichte der Arbeitsverwaltung in Deutschland - Aufgaben und Praxis der Bundesanstalt für Arbeit (Stuttgart: Kohlhammer GmbH, 1996), 101f.
[3] Hans-Walter Schmuhl, Arbeitsmarktpolitik und Arbeitsmarktverwaltung in Deutschland 1871-2002 (Nürnberg: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit, 2003), 13.
[4] Karl Christian Führer, Arbeitslosigkeit und die Entstehung der Arbeitslosen-versicherung in Deutschland 1902-1927 (Berlin: Colloquium Verlag, 1990), 9.
[5] Karl Kumpmann, Die Reichsarbeitslosenversicherung - Zugleich ein Beitrag zur Arbeitslosenfrage überhaupt (Tübingen: Mohr Verlag, 1913), 27.
[6] Begriffsdefinition: Bezeichnung für die schlechte wirtschaftliche Lage der Lohnabhängigen und den politischen, sozialen und sonstigen Benachteiligungen der unteren Bevölkerungsschichten verbunden mit dem Problem der Verelendung der Arbeiter seit dem 19. Jahrhundert.
[7] Schmuhl, Arbeitsmarktpolitik, 6.
[8] Heribert Rottenecker / Jürgen Schneider, Geschichte der Arbeitsverwaltung in Deutschland (Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH, 1996), 64f.
[9] Definition: Epoche nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71. Brachte in wirtschaftspolitischer Hinsicht die Abkehr vom Wirtschaftsliberalismus mit sich.
[10] Führer, Arbeitslosigkeit, 10f.
[11] Schmuhl, Arbeitsmarktpolitik, 50.
[12] Führer, Arbeitslosigkeit, 11.
[13] Schmuhl, Arbeitsmarktpolitik, 6.
[14] Führer, Arbeitslosigkeit, 11f.
[15] Walter Troeltsch, Das Problem der Arbeitslosigkeit. Kaisergeburtstagsrede (Marburg: N.G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung, 1907), 5.
[16] Schmuhl, Arbeitsmarktpolitik, 13.
[17] Führer, Arbeitslosigkeit, 12ff.
[18] Führer, Arbeitslosigkeit, 19f.
[19] Führer, Arbeitslosigkeit , 14f.
- Citar trabajo
- Sarah Luscher (Autor), 2007, Die Entwicklung der Arbeitslosenversicherung im Deutschen Reich, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142675
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