Energie besitzt als essentieller Produktionsfaktor in der Industrie sowie als privates Konsumgut eine herausragende Bedeutung. Die Unverzichtbarkeit auf elektrischen Strom hat in Europa lange Zeit dazu geführt, dass dessen Anbieter vor Wettbewerb geschützt wurden, um für die Bevölkerung eine sichere und störungsfreie Versorgung zu gewährleisten.
Mittlerweile hat sich allerdings in Europa die Ansicht etabliert, dass Staatseingriffe im Rahmen einer staatlichen Monopolregelung Ineffizienzen hervorrufen, die bei einem freien Wettbewerb nicht entstünden. So befindet sich der europäische Strommarkt seit der Verabschiedung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 1997 in einem fortlaufenden Wandlungsprozess.
Dass ein „Europa der Energie“ allerdings nicht nur Vorteile mit sich bringt, wurde erst kürzlich durch einen der schwersten Stromausfälle in der europäischen Geschichte deutlich: Am 04.11.2006 hat menschliches Versagen bei dem Energieversorger E.ON dazu geführt, dass in weiten Teilen Europas ca. 10 Mio. Menschen für ca. eine halbe Stunde ohne Strom gewesen sind. Den Grund dafür sehen Experten weniger in der Qualität der Netze, als in der Zweckentfremdung dieser. D.h. das heutige Stromnetz ist im Wesentlichen vor dem Beginn der Liberalisierung des europäischen Strommarktes 1997 gebaut worden, um über damals vergleichsweise kurze Strecken Strom zu transportieren. Die Öffnung des Marktes und der damit einhergehende grenzübergreifende Stromtransfer belastet unser Stromnetz weitaus stärker als ursprünglich vorgesehen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und TabellenverzeichnisIII
AbkürzungsverzeichnisIV
1 Einführung
2 Grundlagen
2.1 Begriffsdefinitionen
2.1.1 Deregulierung und Liberalisierung
2.1.2 Natürliche Monopole
2.1.3 Unbundling und Third Party Access
2.2 Besonderheiten des Strommarktes
3 Die Möglichkeit von Wettbewerb in der Elektrizitätswirtschaft
3.1 Untergliederung des Strommarktes
3.2 Markt- und Wettbewerbsversagen
3.3 Horizontale und vertikale Integration
4 Der Strommarkt in Europa
4.1 Die Veränderung des regulatorischen Rahmens und ihre Folgen
4.1.1 Nationale Selbstbestimmung vor
4.1.2 Die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 96/92/EG
4.1.3 Novellierung der EltRL: Richtlinie 2003/54/EG
4.1.4 Nationale Umsetzung
4.2 Problemfelder
4.2.1 Konzentration und Marktmacht
4.2.2 Vertikale Abschottung und Integration
4.2.3 Marktintegration
4.2.4 Transparenz
4.2.5 Preisentwicklung und -zusammenhänge
5 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Bilaterale Netzüberlastung
Abbildung 2: Wertschöpfungskette der Energiewirtschaft
Abbildung 3: Der regulatorische Rahmen im Zeitverlauf
Abbildung 4: Stromkapazität und -erzeugung in Frankreich und Spanien
Abbildung 5: Anteile an jährlichen Forwardprodukten in Deutschland
Abbildung 6: Anteil von Spotverkäufen
Abbildung 7: Nachteilige Effekte von vertikaler Integration auf Wholesale-Märkten
Abbildung 8: Langzeitverträge auf Wholesale-Märkten
Abbildung 9: Preisdifferenzen in der EU
Abbildung 10: Bestimmungsgrößen der Energiepreise
Abbildung 11: Entwicklung der Elektrizitäts- und Gaspreise
Tabelle 1: Anteil der Langzeitverträge den Interkonnektoren
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einführung
Energie besitzt als essentieller Produktionsfaktor in der Industrie sowie als privates Konsumgut eine herausragende Bedeutung. Die Unverzichtbarkeit auf elektrischen Strom hat in Europa lange Zeit dazu geführt, dass dessen Anbieter vor Wettbewerb geschützt wurden, um für die Bevölkerung eine sichere und störungsfreie Versorgung zu gewährleisten.
Mittlerweile hat sich allerdings in Europa die Ansicht etabliert, dass Staatseingriffe im Rahmen einer staatlichen Monopolregelung Ineffizienzen hervorrufen, die bei einem freien Wettbewerb nicht entstünden. So befindet sich der europäische Strommarkt seit der Verabschiedung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 1997 in einem fortlaufenden Wandlungsprozess.[1]
Dass ein „ Europa der Energie“[2] allerdings nicht nur Vorteile mit sich bringt, wurde erst kürzlich durch einen der schwersten Stromausfälle in der europäischen Geschichte deutlich: Am 04.11.2006 hat menschliches Versagen bei dem Energieversorger E.ON dazu geführt, dass in weiten Teilen Europas ca. 10 Mio. Menschen für ca. eine halbe Stunde ohne Strom gewesen sind. Den Grund dafür sehen Experten weniger in der Qualität der Netze, als in der Zweckentfremdung dieser. D.h. das heutige Stromnetz ist im Wesentlichen vor dem Beginn der Liberalisierung des europäischen Strommarktes 1997 gebaut worden, um über damals vergleichsweise kurze Strecken Strom zu transportieren. Die Öffnung des Marktes und der damit einhergehende grenzübergreifende Stromtransfer belastet unser Stromnetz weitaus stärker als ursprünglich vorgesehen.[3]
Zur Veranschaulichung soll Abb. 1 dienen. Dargestellt wird der prozentuale Anteil an Stunden, an denen eine Überbelastung des bilateralen Stromnetzes vorliegt.
Diese Arbeit wird im Kapitel 2 einige Hintergründe der Elektrizitätswirtschaft erläutern. Kapitel 3 befasst sich mit der grundsätzlichen Möglichkeit von Wettbewerb in der Elektrizitätswirtschaft bzw. wo Wettbewerb ökonomisch sinnvoll ist. Darauf aufbauend werden im Kapitel 4 der rechtliche Rahmen und aktuelle Problemfelder bei der Liberalisierung erläutert.
Abbildung1: Bilaterale Netzüberlastung[4]
2 Grundlagen
Als Einstieg in die Thematik sollen hier ein einige grundlegende Begriffe sowie die Besonderheiten des Strommarktes herausgestellt werden.
2.1 Begriffsdefinitionen
Dieser Abschnitt beinhaltet einige Erläuterungen zu strommarktspezifischen Begriffe. Diese werden z.T. in den späteren Kapiteln wieder verwendet und bilden die Basis für weiterführende Erläuterungen.
2.1.1 Deregulierung und Liberalisierung
Regulierung bedeutet, dass der Staat mit unterschiedlichen Zielsetzungen (z.B. zur Umverteilung oder Beeinflussung der Allokation) ordnungspolitische Maßnahmen (z.B. Auflagen oder Gesetze) einsetzt und so die Entscheidungsspielräume und -kalküle von Wirtschaftssubjekten beeinflusst.[5]
Auf diese Weise wird der Wettbewerb durch staatliche Anordnungen zur Sicherstellung des jeweils gewünschten Ergebnisses ersetzt.[6]
Deregulierung bezeichnet also die Aufhebung von Regulierungstatbeständen, die autonomes unternehmerisches Handeln beschränken.[7]
Die Deregulierung als Teil einer auf die Neugestaltung von Regulierungssystemen gerichteten Regulierungsreform hat in der Regel zum Ziel, durch den partiellen oder vollkommenen Abbau lenkender oder beschränkender staatlicher Interventionen mehr Wettbewerb zu schaffen und die ökonomische Leistungsfähigkeit des betroffenen Sektors zu verbessern. Deregulierung bezeichnet die Aufhebung von Regulierungstatbeständen, mit dem Ziel einschränkende Bestimmungen für unternehmerisches Handeln zu beseitigen und so für mehr Wettbewerb und höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu sorgen.[8]
Als Liberalisierung wurde ursprünglich die mengenmäßige Beschränkung des Außenhandels bezeichnet.[9] Im Kontext der ordnungspolitischen Umgestaltung des Energiesektors wird allerdings schrittweisen Marktöffnung gesprochen. Diese soll den Endkunden eine freie Wahl des jeweiligen Stromlieferanten ermöglichen.[10]
Über die Liberalisierung des Strommarktes bzw. dessen schrittweise Öffnung wird also die Deregulierung des Sektors herbeigeführt.[11]
2.1.2 Natürliche Monopole
Es besteht seit langem eine kontroverse Diskussion darüber, welche ordnungspolitische Gestaltung des Elektrizitätsmarktes optimal ist. Ein entscheidender Aspekt ist dabei, ob bei den Elektrizitätsunternehmen ein natürliches Monopol vorliegt, so dass eine monopolistisch-integrierte Marktstruktur effizienter wäre als eine wettbewerbliche Struktur.[12]
Ein natürliches Monopol liegt vor, wenn es nicht gesetzlich, sondern vielmehr in einem Besitzrecht an einem Wirtschaftsgut bedingt ist.[13] Ein Grund für natürliche Monopole ist die Existenz von Subadditivität, d.h. die Produktion eines Gutes kann durch ein Unternehmen kostengünstiger erfolgen als durch mehrere. Werden homogene Güter produziert, liegen Skalenerträge bzw. Economies of Scale vor.
Da die Elektrizitätswirtschaft im Ganzen lange als natürliches Monopol betrachtet wurde, bestand wenig Anreiz hier Wettbewerb zu schaffen. Bei der Untersuchung, ob ein solches Monopol vorliegt, sollte diese Industrie allerdings nach ihren technischen Bedingungen getrennt untersucht werden.[14]
2.1.3 Unbundling und Third Party Access
Anhand der o.g. technischen Bedingung wird bei dem Unbundling eine unternehmensinterne Trennung von Erzeugung, Übertragung, Verteilung und Verkauf innerhalb vertikal integrierter Stromversorgungsunternehmen vorgenommen. Das bedeutet, dass die unterschiedlichen Bereiche in getrennten Abteilungen mit getrennten Konten und ggf. getrennter Rechnungslegung organisiert werden. Das Unbundling ist ein wichtiger Bestandteil der wettbewerblichen Öffnung in der Stromversorgung. So soll die Kontrolle über die verbleibenden Monopolbereiche (Übertragungs- und Verteilungsnetze) erleitert werden und die Diskriminierung Dritter beim Netzzugang verhindert werden.[15]
Unterschiedliche Formen des Unbundling sind: Accounting Separation, Functional Separation, Operational Separation, Divestiture und Ownership Separation.[16]
Hat sich ein Unternehmen in der Elektrizitätswirtschaft auf die Stromerzeugung spezialisiert, ist ein diskriminierungsfreier Netzzugang (TPA) Voraussetzung für funktionierenden Wettbewerb.[17]
[...]
[1] Vgl. Bonde (2002), S. 1
[2] Frankreichs Premierminister Dominique de Villepin am 06.11.2006 auf einer ressortübergreifenden Ministersitzung
[3] Vgl. Spiegel Online (08.11.2006)
[4] Vgl. Europäische Kommission (2006), S. 152
[5] Vgl. Spulber (1989), S. 21.
[6] Vgl. Kahn (1993), S. 20.
[7] Vgl. Kreis (2003), S. 23.
[8] Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (1997), Stichwort „Deregulierung“, S. 879f.
[9] Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (1997), Stichwort „Liberalisierung“, S. 2443.
[10] Vgl. Schmidtchen & Bier (1997), S. 19ff.
[11] Vgl. Kreis (2003), S. 24.
[12] Vgl. Bonde (2002), S. 7.
[13] Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (1997), Stichwort „Natürliches Monopol“, S. 2721.
[14] Vgl. Bonde (2002), S. 7.
[15] Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (1997), Stichwort „Unbundling“, S. 3893.
[16] Vgl. International Energy Agency (2001), S. 71.
[17] Vgl. Knieps & Brunekreeft (2002), S. 138.
- Quote paper
- Diplom Kaufmann Thomas Börger (Author), 2006, Energiepolitik in Europa. Auswirkungen auf den Strommarkt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142647
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