1.Einleitung
Kinderzeichnungen sind keine universellen Phänomene, sondern sie unterliegen historischen Veränderungen ebenso wie soziokulturellen Einflüssen.
Schon lange ermittelt die experimentelle Psychologie mit der Methode des Experiments die Zeit- und kulturübergreifenden „Gesetze“ menschlichen Verhaltens. Lange Zeit hat man die Stufenfolge zeichnerischen Gestaltens oder eben bestimmte Eigenschaften der Kinderzeichnung für universelle Phänomene gehalten. Erst in den letzten Jahren wurde deutlich, wie sehr doch menschliches Verhalten durch kulturelles Wissen vermittelt wird. Dies kann man sowohl im Kulturvergleich als auch im historischen Vergleich feststellen. Sieht man das Zeichensystem der Kinderzeichnung als „Bildsprache“ an, so werden Einflüsse der entsprechenden Kultur auf das übernommene Sprachsystem erklärbar. Das heißt jedoch nicht, dass Universalitäten ausgeschlossen sind. Ähnlich wie bei den verbalen Sprachen, wo manche Sprachen alle Möglichkeiten des Phonemsystems ausschöpfen und andere Sprachen sich nur auf eine gewisse Auswahl konzentrieren, ist es bei der Bildsprache der Kinderzeichnungen. Sie fügt sich vorerst aus einem grundsätzlich gleichen Repertoire von „Graphemen“ zusammen. Aber auch hier gibt es, neben den kombinierbaren universellen Zeichen (falsche Rechtwinkligkeit oder die Transparenz in den Zeichnungen), facettenreiche Merkmale der Kinderzeichnung, die sich über die Kulturen hinweg finden lassen.
In meiner Darstellung bezieh ich mich auf folgende Literatur:
1. Schuster,M, (2000). Psychologie der Kinderzeichnung. Göttingen: Hogrefe
2. Meili- Dworetzki, G. (1982). Spielarten des Menschenbildes. Ein Vergleich der Menschenzeichnung schweizerischer und japanischer Kinder. Huber:Bern
3. Brem- Gräser, L. (1995). Familie in Tieren. München: Reinhardt
4. Mills, J.C & Crowly, R.J. (2006). Therapeutische Metaphern für das Kind und das Kind in uns. Donauworth, Auer.
Inhalt
1. Einleitung
2. Empirische Vorgehensweise
3. Kultureller Vergleich der Körperdarstellungen
4. Objektdarstellungen als kulturell bestimmtes Phänomen
4.1 Zeichnerische Erziehung- Blickorientierung vs. Schemadarstellungen
4.2 Auswirkungen auf die Darstellung mit Berücksichtigung der Geschlechter
5. Exkurs: Ergänzungsklasse
6. Schlußbetrachtung
1.Einleitung
Kinderzeichnungen sind keine universellen Phänomene, sondern sie unterliegen historischen Veränderungen ebenso wie soziokulturellen Einflüssen.
Schon lange ermittelt die experimentelle Psychologie mit der Methode des Experiments die Zeit- und kulturübergreifenden „Gesetze“ menschlichen Verhaltens. Lange Zeit hat man die Stufenfolge zeichnerischen Gestaltens oder eben bestimmte Eigenschaften der Kinderzeichnung für universelle Phänomene gehalten. Erst in den letzten Jahren wurde deutlich, wie sehr doch menschliches Verhalten durch kulturelles Wissen vermittelt wird. Dies kann man sowohl im Kulturvergleich als auch im historischen Vergleich feststellen. Sieht man das Zeichensystem der Kinderzeichnung als „Bildsprache“ an, so werden Einflüsse der entsprechenden Kultur auf das übernommene Sprachsystem erklärbar. Das heißt jedoch nicht, dass Universalitäten ausgeschlossen sind. Ähnlich wie bei den verbalen Sprachen, wo manche Sprachen alle Möglichkeiten des Phonemsystems ausschöpfen und andere Sprachen sich nur auf eine gewisse Auswahl konzentrieren, ist es bei der Bildsprache der Kinderzeichnungen. Sie fügt sich vorerst aus einem grundsätzlich gleichen Repertoire von „Graphemen“ zusammen. Aber auch hier gibt es, neben den kombinierbaren universellen Zeichen (falsche Rechtwinkligkeit oder die Transparenz in den Zeichnungen), facettenreiche Merkmale der Kinderzeichnung, die sich über die Kulturen hinweg finden lassen.
In meiner Darstellung bezieh ich mich auf folgende Literatur:
1. Schuster,M, (2000). Psychologie der Kinderzeichnung. Göttingen: Hogrefe
2. Meili- Dworetzki, G. (1982). Spielarten des Menschenbildes. Ein Vergleich der Menschenzeichnung schweizerischer und japanischer Kinder. Huber:Bern
3. Brem- Gräser, L. (1995). Familie in Tieren. München: Reinhardt
4. Mills, J.C & Crowly, R.J. (2006). Therapeutische Metaphern für das Kind und das Kind in uns. Donauworth, Auer.
2. Empirische Vorgehensweise
Zur Analyse der Auswirkungen kultureller Unterschiede auf Kinderzeichnungen verglich Meili- Dworetzki Menschenzeichnungen aus den Kulturbereichen Japan (Tokio und Kleinstadt Yoshimimach) versus Schweiz (Bern). Empirische Grundlagen waren dabei Daten kindlicher Zeichnungen von 494 japanischen und 446 Kindern aus der Schweiz im Alter von ca. 4 -10 Jahren über einen Zeitraum von 2 Jahren (1976-1978).
Die Autorin wählte die Altersgruppe von ca. 4 -10 Jahren, da Kinder in diesem Alter noch weitgehend individuell zeichnen. So schematisch vereinfacht die Formen in diesem Alter noch sind, so vielfältig sind jedoch die Möglichkeiten der Kombination und der persönlichen Abwandlung.
Die Probanden erhielten die Instruktion möglichst spannungsfrei und lustbetont einen Mann und eine Frau zu malen, die sie mögen. Dabei war zu beachten, dass die japanischen Kinder die Instruktion brieflich durch die Lehrperson erhielten. Die schweizerischen Kinder hingegen hatten den Vorteil, dass sie die Anweisung zum Herstellen der Zeichnung durch die Autorin selbst- in Gegenwart der Lehrerin- vermittelt bekamen. Es wurden ein Blatt Papier in Format A4 und ein Bleistift zur Verfügung gestellt. Nicht überall wurden diese Bedingungen eingehalten, manche benutzen z.B. auch Ölkreiden. In der späteren Auswertung der Zeichnungen ist Meili- Dworetzki vom Gesamteindruck der Untersuchung ausgegangen und von diesem zur Analyse einzelner auffälliger Merkmale vorgestoßen. Die Forscherin betonte, dass es sich bei ihrem Material- den Menschenzeichnungen- um ein Medium handelt, das, wie jedes Gestaltungsmaterial, von eigenen Bedingungen mitbestimmt ist und notwendigerweise nur Teilaspekte der Persönlichkeit enthüllt. Ebenfalls wurde der Begriff des „Normalen“ mit dem Einblick dieser diversen Spielarten der Menschenzeichnung relativiert, denn was in einem Kulturbereich, einer Gesellschaft als auffällig gelten mag (z.B. bestimmte Gliederhaltungen) kann in einem anderen Bereich oder in einer anderen Epoche eine häufige Variante darstellen und gute Angepasstheit an die spezifische Umgebung bedeuten.
3. Kultureller Vergleich der Körperdarstellungen
Größe der untersuchten Zeichnungen
Gemessen wurde die Größe von „Scheitel bis zur Sohle“. Die Kinder wurden aufgefordert, den vorhandenen Platz auf dem Papier auch auszunutzen.
Der Mittelwert der japanischen KZ lag bei 21,8 cm, bei den Zeichnungen der Schweizer Kinder bei 21,8-24,6cm.
K. Machover sieht die Menschenzeichnung als Projektion des Zeichners selbst an und sieht in der Größe der gezeichneten Person einen Hinweis für das Energiepotential und das Selbstwertgefühl. Allerdings gibt es auch diverse Einflussfaktoren, die die Größe der gezeichneten Gegenstände mitbestimmen können- z.B. der Einfluss der vorhandenen Materialien (z.B. weiche Farbstifte, die die Bewegung und Linienführung erleichtern, stimulierend wirken). Kinder, die eine reiche Erfahrung mit Farbstiften und Malfarben besitzen, entwickeln ein allgemein größeres Maß für die Dimension der Darstellungsobjekte. Ein ebenso wichtiger Punkt ist der Status der schulischen Institutionen und somit die Förderung der kindlichen Kreativität. Die Schulen und Kindergärten verfügen in beiden Kulturen über genügend Material, über viele ausgebildete Erzieher und viele Räumlichkeiten, so dass die Kinder in relativ kleinen Gruppen ihre Bewegungsfreiheiten genießen können. So erklärt sich Meili- Dworetzki die Ähnlichkeiten in Bezug auf die Größe der Zeichnungen, da die Kinder beider Nationen relativ groß, expansiv und gar nicht gehemmt malen.
Kopfformen und Gesichtsumrisse
Ein Beobachter westlicher Herkunft nimmt oft bestimmte Formgebungen in der Menschenzeichnung als „quasi-universell“ hin. In der westlichen Welt ist es selbstverständlich, dass eine Rundung (Kreis, Oval) beim Zeichnen eines Kopfes als Ergebnis erscheint. In der Analyse der Zeichnungen dieser Körperpartien wird jedoch deutlich, dass die japanischen Kopfpartien sich deutlich vom europäischen Typ unterscheiden. Die Tendenz herrscht vor den Kopf relativ groß darzustellen, meist dreieckig oder viereckig und oben gerade abgeschnitten. Meist ist die Kopfform sehr konform mit der tatsächlichen Kopfform der Japaner.
Haare werden bei den schweizerischen Kindern meist als einzelne vom Kopf abstehenden Striche gezeichnet. Japanische Kinder zeichnen die Frisur hingegen schon sehr früh präziser als die der Schweizer Kinder, die Haare setzen sich nicht als einzelne Striche an den Kopf heran, sondern durch umfassende Linien oder durch eine kompakte Gesamtform. Darüber hinaus unterscheiden sie die Frisur noch nach dem Geschlecht. Bei den Mädchen z.B. werden die Fransen in sehr scharfen Linien dargestellt und der volle Haarwuchs in entsprechender weiblicher Art frisiert. Man findet dort auch viele asymetrische Arrangements und viele Accessoires (Spangen etc.). Das könnte auf das vorherrschende Schönheitsideal in Japan zurückgeführt werden oder auf den Einfluss der Illustrationen und Schulbücher. Diese Charakteristik könnte aber auch mit der frühen Selbstidentifikation der Geschlechter in Japan in Verbindung stehen. Somit kommen kahlköpfige Figuren, selbst bei den Kopffüßlern oder anderen frühen Primitivformen, im Gegensatz zu Zeichnungen der schweizerischen Vorschulkinder, nur ganz selten vor. Das Vergessen der Haare stellte Meili- Dworetzki nur bei 16% der japanischen 4jährigen gegenüber 56% der vierjährigen Schweizer Kindern fest.
Sowie ein großer Unterschied in der Haarpracht besteht, besteht er auch in Bezug auf die Behaarung im Gesicht. Bei den schweizerischen Zeichnungen sind der Schnurrbart und der Bart ein wichtiges Attribut des Mannes. In Japan spielt dies fast keine Rolle. Das führt man darauf zurück, dass Japaner generell weniger Körperbehaarung aufweisen und Bartstoppel darüber hinaus generell als unschön gelten.
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- Maike Jaeger (Autor), 2009, Kinderzeichungen- Kulturelle Determination, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142319
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