Am Beispiel und aus der Sicht eines realen mittelständischen Architekturbüros wird untersucht, was eine Teilnahme an PPP-Verfahren im öffentlichen Hochbau bedeutet, welche Bedingungen herrschen und welche – insbesondere wirtschaftlichen – Risiken für das einzelne Architekturbüro bestehen.
These 1: PPP-Verfahren sind nicht wirklich „billiger“ als konservative Immobilienbeschaffung.
These 2: Das PPP-Verfahren muß wegen immenser wirtschaftlicher Risiken des Architekten bei seiner Teilnahme an einem solchen Verfahren um Schutzmechanismen zugunsten der freien Architektenschaft ergänzt werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass aufgrund wirtschaftlicher Umstände und Risiken, deren Steuerung generell und im Einzelfall nicht in der Macht eines teilnehmenden Architekten liegen, die Teilnahme an PPP-Verfahren für weite Teile der deutschen Architektenschaft unmöglich sein wird oder in vielen Einzelfällen zum wirtschaftlichen Ruin teilnehmender Architekten führen kann.
Der Autor zeigt unter anderem an einem fiktiv-realistischen Beispiel das Missverhältnis von Einsatz und Umsatz eines Architekten im PPP-Verfahren. Gezeigt werden aber auch Möglichkeiten des Architekten, seine PPP-Teilnahme von einer vorherigen Situations- und Partner-Analyse abhängig zu machen. Ausserdem werden Vorschläge zur Wertschöpfung bzw. Honorarerlangung des Architekten im PPP-Verfahren gemacht. Schließlich wird das hergebrachte Wettbewerbswesen mit PPP-Verfahren verglichen und es werden Möglichkeiten der Verzahnung beider Verfahren beleuchtet.
Inhaltsverzeichnis
1 Vorwort
1.1 Inhalt und Titel der Arbeit
1.2 Grundlagen der Arbeit
1.2.1 Hintergrund des Verfassers
1.2.2 Gesetzliche Grundlagen (VOB, VOF, HOAI)
1.2.3 Vergaberecht
1.2.3.1 Planungsleistung
1.2.3.2 Bauleistung
1.2.3.3 Betrieb
1.2.3.4 „Gesamt-Vergabe“ im Rahmen von PPP
1.2.3.5 Vergütungsrecht
2 Grundlegendes über PPP-Verfahren im Hochbau
2.1 Definition
2.1.1 Allgemeines
2.1.2 PPP im Hochbau (Erscheinungsformen/Vertragsarten)
2.1.2.1 PPP Inhabermodell
2.1.2.2 PPP Erwerbermodell
2.1.2.3 PPP Vermietungsmodell
2.1.2.4 PPP Leasingmodell
2.1.2.5 PPP Konzessionsmodell
2.1.2.6 Charakteristische Grundmerkmale von PPP
2.1.3 Überblick über die Entwicklung von PPP in Deutschland
2.2 „Wahre Motive“ für PPP als Verfahrensart
2.2.1 „Miete statt Kauf“
2.2.2 „Gerade Flure, wenig Fenster“
2.2.3 Abwälzung der Unterhaltungs- und Instandhaltungskosten an Betreiber während der Betriebszeit
2.3 Kritische Gedanken zur wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung von PPP-Verfahren
2.3.1 Baukosten
2.3.2 Betriebskosten
2.3.3 Instandhaltungskosten
2.3.4 Finanzierungskosten
2.3.5 Planungskosten
2.3.6 Sonstige Kosten bei PPP-Verfahren
2.3.6.1 Juristische Beratung und Begleitung
2.3.6.2 Versicherungen
2.3.6.3 Bürgschaften
2.4 PPP-Verfahren in der Praxis
2.4.1 Grundsätzliches zu PPP-Verfahren
3 PPP-Verfahren aus Sicht eines Architekten
3.1 Grundproblem
3.2 Struktur einer PPP-Bietergemeinschaft und Stellung des Architekten darin
3.2.1 Rolle und Aufgaben des Architekten in der Angebotsphase
3.2.2 Rolle und Aufgaben des Architekten in der Auftragsphase
3.3 Wirtschaftliche Zusammenhänge
3.3.1 Aufwand des Architekten in der Angebotsphase (Risikoaufwand)
3.3.1.1 Verlangte Planungstiefe
3.3.1.2 Notwendigkeit der hohen Planungstiefe
3.3.1.3 Aufwandsermittlung im Architekturbüro
3.3.1.4 Kalkulationsmethodik „kalkulatorischer Stundensatz“
3.3.1.5 Aufwand in unterschiedlichen Akquisitionsarten
3.3.1.6 Aufwand: Bandbreite bei Wettbewerb und bei PPP
3.3.2 Umsatzerwartung im Falle der Auftragserlangung (Erfolgsumsatz)
3.3.2.1 Auftragsumfang an den Architekten (Leistungsbild)
3.3.2.2 Vollauftrag (LP 1-9; § 15 HOAI)
3.3.2.3 Teilauftrag (LP 2-5; § 15 HOAI)
3.3.2.4 Auftragsbewertung in Geld (Vergütungshöhe)
3.3.2.5 Worst-Case-Szenario: Vergütung „unterhalb HOAI“
3.3.2.6 Rechtliche Einordnung
3.3.2.7 Beobachtungen in der Praxis
3.3.3 Verhältnis zwischen Risiko-Aufwand und Erfolgsumsatz beim Architekten am Beispiel eines fiktiven Projekts
3.3.3.1 Annahmen für das Beispiel
3.3.3.2 Risiko-Aufwand
3.3.3.3 Erfolgsumsatz
3.3.3.4 Vergleich Risikoaufwand zu Erfolgsumsatz
3.4 Zusammenfassung der wirtschaftlichen Umstände und Risiken
3.4.1 Architektenleistung und Auftragswahrscheinlichkeit
3.4.2 Wirtschaftliche Unvernunft
3.4.2.1 Wie viele Nicht-PPP-Projekte mit daraus erzielten Gewinnen werden benötigt, damit ein Risiko-Aufwand für ein PPP-Verfahren erwirtschaftet wird?
3.4.2.2 Wie viele PPP-Teilnahmen kann sich ein Architekt leisten, welche Mischung aus PPP- und Nicht-PPP-Projekten ist notwendig zur Finanzierung des Risiko-Aufwands in PPP?
3.4.2.3 Szenario: Architekt arbeitet „unter HOAI“
3.4.3 Risikomanagement bzw. Steuerungsmöglichkeiten beim Architekten
3.4.3.1 Wissen und Kontrolle um die eigene wirtschaftliche Situation
3.4.3.2 Exakte Vorkalkulation und Risikobestimmung vor Zusage zur Zusammenarbeit in einer Bietergruppe
3.4.3.3 Bindung an seriöse und konkurrenzfähige Bieterpartner
3.4.3.4 Sicherung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der HOAI
3.4.3.5 Sicherungshypothek durch den Architekten (§ 648 BGB)
3.5 Änderungen in PPP-Verfahren zum Schutz der Architekten
3.5.1 Vergütung des Architektenaufwandes in der Angebotsphase unabhängig vom Auftragsfall
3.5.1.1 Vergütung durch PPP-Auslober
3.5.1.2 Vergütung durch die Partner der Bietergemeinschaft
3.5.2 Verfahrensanpassungen; Möglichkeiten der öffentlichen Hand
3.5.2.1 Beschränkung der Zahl von PPP-Verfahren auf wenige „notwendige“ Projekte
3.5.2.2 Einführung eines neuen Zulassungskriteriums bei PPP-Verfahren
3.5.3 Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen der HOAI-Geltung
3.5.3.1 BGH-Rechtsprechung
3.5.3.2 Änderung des HOAI-Textes durch Gesetzgeber und Verordnungsgeber
4 „Architektenwettbewerb statt PPP“ oder „Nacheinanderschaltung“
4.1 Rekurs auf das hergebrachte Wettbewerbswesen
4.1.1 Rechtliche Grundlagen (VOF, GRW etc.)
4.1.2 Aufwand des Architekten für konkurrenzfähiges WB-Konzept
4.1.2.1 Planungstiefe
4.1.2.2 Erfahrungswerte im Aufwand
4.1.3 Umsatzerwartung im Wettbewerbsverfahren
4.1.3.1 Architektur-Vollauftrag
4.1.3.2 Alternative: Teilauftrag (bis LP 5 und Teilen von 6 und 7)
4.1.4 Risiko-Quote des Architekten im Wettbewerbsverfahren
4.1.5 Vergleich der Risiko-Quoten im Wettbewerb und bei PPP
4.1.6 Risiko-Sphären-Vergleich Wettbewerb zu PPP
4.1.7 Für die Architektenschaft ist ein Wiederaufleben des Wettbewerbswesens vorteilhaft und wünschenswert
4.2 Mögliche Verzahnung von Wettbewerb und PPP („kombiniertes Verfahren“)
4.2.1 Rechtliche Machbarkeit
4.2.2 Tatsächliche Nutzbarkeit von Wettbewerbs-Konzepten für anschließende „Rest“-PPP-Verfahren
4.2.3 Nur Siegerkonzept oder alle Preisträger als weitere Basis?
4.2.4 Vergütung der Architekten
4.2.4.1 Wettbewerbs-Aufwand und Preisgeld
4.2.4.2 Vertiefung der Planung im Auftrag der anschließenden Bietergruppen
4.2.4.3 „Abkauf“ des Konzepts
5 Konklusion, Quintessenz und Ausblick
5.1 Ergebnis der Untersuchungen
5.1.1 Thesen:
5.1.2 Appell:
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: (Teil-)Leistungen in PPP-Verfahren
Abbildung 2: Angebots- und Auftragsphase
Abbildung 3: Bietergemeinschaft in der Angebotsphase
Abbildung 4: Beteiligtenstruktur in der Auftragsphase
Abbildung 5: Kostenverteilung im Architekturbüro
Abbildung 6: Risikoaufwände in verschiedenen Verfahrensarten im Verhältnis zur Auftragswahrscheinlichkeit und zum Einfluss der Architektenleistung auf die Auftragswahrscheinlichkeit
Abbildung 7: Variante zu Abb.6 für WB-Verfahren mit Präqualifikation
Abbildung 8: Geldfluss in der Auftragsphase
Tabellenverzeichnis
(keine Tabelle enthalten)
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Literaturverzeichnis
Gesetze:
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), in: Schönfelder, Deutsche Gesetze, Textsammlung, Verlag C.H. Beck, München
Verordnungen:
HOAI; Honorarordnung für Architekten und Ingenieure
VgV; Vergabeverordnung
VOB; Verdingungsordnung für Bauleistungen
VOF; Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen
VOL; Verdingungsordnung für Lieferungen und Leistungen
Vorschriften:
GRW; Grundsätze und Richtlinien für Wettbewerbe auf den Gebieten der Raumplanung, des Städtebaus und des Bauwesens; zu beziehen z.B. über die Bundes- oder Länderarchitektenkammer(n)
Beitragswerke:
Bremer, Public Private Partnership – Ein Praxislexikon, Heymanns Verlag, Berlin 2005
Fa. Freshfields; Gutachten; „PPP im öffentlichen Hochbau“ im Auftrag des Lenkungsausschusses unter Federführung des BMVBW, 2003
Gabler, Wirtschaftslexikon, 16. Auflage 2004, Gabler-Verlag, Wiesbaden
Ingenstau/Korbion/Locher/Vygen, VOB Teile A und B, Kommentar, 14. Auflage, Werner-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf
Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, 9. Auflage 2005, Werner-Verlag, Wolters KluwerDeutschland GmbH, München
Pott/Dahlhoff/Kniffka, HOAI-Kommentar, 7. Aufl. 1997, Wingen-Verlag, Essen
Schäfer/Conzen, Praxishandbuch der Immobilien-Projektentwicklung, 2. Auflage, Verlag C.H. Beck, München
Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 10. Auflage, Werner-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf
Zeitschriften und Zeitungen:
BauR, Baurecht, Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht; Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln
NJW, Neue Juristische Wochenschrift, Verlag C.H.Beck, München
1 Vorwort
1.1 Inhalt und Titel der Arbeit
Public Private Partnership (PPP) im Hochbau - eine kritische Betrachtung aus der Perspektive eines mittelständischen Architekten
Am Beispiel und aus der Sicht eines realen mittelständischen Architekturbüros soll untersucht werden, was eine Teilnahme an PPP-Verfahren im öffentlichen Hochbau bedeutet, welche Bedingungen herrschen und welche – insbesondere wirtschaftlichen - Risiken für das einzelne Architekturbüro bestehen.
„PPP-Modelle verlangen (…) die Beauftragung eines Auftragnehmers, der die Gesamtleistung zu erbringen hat. Dies ist nach Vergaberecht zwar möglich, stößt aber auf den Widerstand einzelner Interessengruppen (vor allem Teile der mittelständischen Wirtschaft, die Zunft der Architekten und Ingenieure sowie zahlreiche Bauämter).“[1]
Diese Arbeit wird zeigen, dass der „Widerstand der Zunft der Architekten“ einen ernsten wirtschaftlichen Hintergrund hat.
Der Verfasser vertritt die These, dass PPP-Verfahren durch Schutzmechanismen zugunsten der freien Architektenschaft ergänzt werden müssen.
Andernfalls besteht die Gefahr, dass aufgrund wirtschaftlicher Umstände und Risiken, deren Steuerung generell und im Einzelfall nicht in der Macht eines teilnehmenden Architekten liegen, die Teilnahme an PPP-Verfahren für weiteTeile der deutschen Architektenschaft unmöglich sein wird.
Wenn zukünftig immer mehr Bauaufgaben der öffentlichen Hand als PPP-Projekte abgewickelt werden, fällt dieser Aufgabenbereich als Umsatzbasis für die überwiegende Mehrzahl deutscher Architekten weg. Die damit verbundenen Umsatzeinbußen werden nicht ohne Effekt auf die deutsche Architekenschaft im einzelnen und in der Gesamtheit sein.
1.2 Grundlagen der Arbeit
1.2.1 Hintergrund des Verfassers
Der Verfasser ist seit 1999 Rechtsanwalt. Seit 2001 ist er Mitglied der Geschäftsleitung im „familieneigenen“ mittelständischen Architekturbüro.
Dieses Büro besteht seit 1966 und beschäftigte in den vergangenen Jahren im Mittel 50 festangestellte Mitarbeiter.
Es hat in den mehr als 40 Jahren seines Bestehens mehr als 90% seines Auftragsbestandes aus gewonnenen Architektenwettbewerben rekrutiert. Ebenfalls zu etwa 90% ist die öffentliche Hand – auf kommunaler Ebene sowie Landes- oder Bundesebene – immer wieder Auftraggeber des Büros gewesen.
Seit Ende der 1990er Jahre ist das Büro mit tiefgreifenden Veränderungen in der Auftragsbeschaffung konfrontiert worden.
Hintergrund war die Einführung von VOF[2] -Vergabeverfahren bei der Auftragsvergabe der öffentlichen Hand, die mit einem starken Rückgang des bisher etablierten deutschen Wettbewerbswesens verbunden ist.
In den vergangenen Jahren kam nun als weitere „neue Vergabeart“ das Phänomen der PPP-Verfahren hinzu. Dabei wird nicht ausser Acht gelassen, dass PPP weit mehr ist als ein Vergabeverfahren. Da aber naturgemäß der Architekt nur in der Anfangsphase solcher PPP-Verfahren gefragt und beteiligt ist, wird PPP aus Sicht des Architekten insoweit als „Vergabeverfahren“ betrachtet, da die Akquisition von Planungsaufträgen von dieser Verfahrensart unmittelbar betroffen und bestimmt wird.
Die damit für das Büro verbundenen Herausforderungen haben in der Geschäftsleitung zwangsläufig zu einer Anpassung der Akquisitionsstrategie geführt. Das Büro nahm weiter an Wettbewerben teil, bewarb sich in VOF-Verfahren und engagierte sich in PPP-Verfahren.
Nicht zuletzt aufgrund des insgesamt kleiner gewordenen Auftragsvolumens für die öffentliche Hand in Deutschland verstärkte das Büro zudem seine Anstrengungen im internationalen Geschäft und erwirtschaftete seit 2002 einen nennenswerten Teil seines Umsatzes aus internationalen Projekten.
1.2.2 Gesetzliche Grundlagen (VOB, VOF, HOAI)
Bei der Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit privaten Planungs-, Bau- und Immobilienbetreibern (PPP) gelten eine Vielzahl von gesetzlichen Bestimmungen.
Im Rahmen dieser Arbeit werden diejenigen Bestimmungen genannt, die speziell im Rahmen der Auftragsvergabe relevant sind.
Dabei sollen hier neben den vergaberechtlichen Aspekten auch die vergütungsrechtlichen Aspekte erwähnt werden.
1.2.3 Vergaberecht
Für jede Vergabe öffentlicher Aufträge an Private gilt zunächst die Vergabeverordnung.
§ 1 VgV lautet:
„Die Verordnung trifft nähere Bestimmungen über das bei der Vergabe öffentlicher Aufträge einzuhaltende Verfahren sowie über die Zuständigkeit und das Verfahren bei der Durchführung von Nachprüfungsverfahren für öffentliche Aufträge, deren geschätzte Auftragswerte die in § 2 geregelten Beträge ohne Umsatzsteuer erreichen oder übersteigen (Schwellenwerte).“
In Immobiliendingen sind die sog. Schwellenwerte – abgesehen von der Vergabe von Bagatellaufträgen – regelmäßig überschritten.
Damit sind die entsprechenden Verordnungen über die Vergabe von Aufträgen fast ausnahmslos anzuwenden. Jedenfalls dann, wenn der Auslober eines PPP-Verfahrens sich zu dieser Verfahrensart entschließt, sind einerseits die vergaberechtlichen Schwellenwerte überschritten und liegen andererseits sonstige Ausnahmetatbestände (Dringlichkeit, Geheimhaltungsbedürfnis etc.) nicht vor.
Im Rahmen von PPP-Verfahren sind damit die bestehenden Vergabeverordnungen zu beachten.
Dabei vergibt der Auslober eines PPP-Verfahrens „im Paket“ einen Auftrag, der eine Mehrzahl von Leistungen enthält.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: (Teil-)Leistungen in PPP-Verfahren
Würde jede der Leistungen isoliert vergeben, wären folgende Vergaberegeln anzuwenden:
1.2.3.1 Planungsleistung
Die enthaltene Planungsleistung wäre isoliert zu vergeben nach den Bestimmungen der Verdingungsordnung für Freiberufliche Leistungen (VOF).
§§ 1, 2 VOF lauten:
„§1, Freiberufliche Leistungen
Die VOF findet Anwendung auf die Vergabe von Leistungen, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen angeboten werden.
§ 2, Anwendungsbereich
(1) Die Bestimmungen der VOF sind auf die Vergabe von Leistungen im Sinne des § 1 anzuwenden, soweit sie im Anhang I A und im Anhang I B genannt sind. Für die Vergabe der in Anhang I B genannten Leistungen gelten nur (…).
(2) Die Bestimmungen der VOF sind anzuwenden, sofern der Auftragswert die Werte für Dienstleistungen oder Wettbewerbe ohne Umsatzsteuer nach § 2 Vergabeverordnung erreicht oder übersteigt und soweit sich nicht aus § 5 der Vergabeverordnung anderes ergibt.
Eindeutig und erschöpfend beschreibbare freiberufliche Leistungen sind nach der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) zu vergeben.“
1.2.3.2 Bauleistung
Die enthaltene Bauleistung wäre isoliert zu vergeben nach den Bestimmungen der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB). VOB Teil A enthält dazu „Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen“.
§ 1 VOB/A lautet:
„Bauleistungen sind Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, geändert oder beseitigt wird.“
1.2.3.3 Betrieb
Die enthaltene Betreiber-Leistung (Facility-Management etc.) wäre isoliert zu vergeben nach den Bestimmungen der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL). VOL Teil A enthält dazu „Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen“.
§ 1 VOL/A lautet:
„Leistungen im Sinne der VOL sind alle Lieferungen und Leistungen, ausgenommen
– Leistungen, die unter die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen VOB fallen (VOB/A § 1),
– Leistungen, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen angeboten werden, soweit deren Auftragswerte die in der Vergabeverordnung festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen; die Bestimmungen der Haushaltsordnungen bleiben unberührt,
– Leistungen ab der in der Vergabeverordnung festgelegten Schwellenwerte, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen angeboten werden und deren Gegenstand eine Aufgabe ist, deren Lösung nicht vorab eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann; diese Leistungen fallen unter die Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen – VOF –.“
1.2.3.4 „Gesamt-Vergabe“ im Rahmen von PPP
Es ergibt sich nach den Buchstaben der drei Vergabeverordnungen eine Präferenz der Anwendung der VOB/A auf die Vergabe der „Gesamtleistung PPP“, weil
- VOL/A nur anwendbar ist, wenn und soweit nicht Leistungen betroffen sind, die als Bauleistung unter VOB (s.o.) oder als freiberufliche Leistungen unter VOF (s.o.) fallen; die VOL tritt also kraft des Verordnungstextes zurück;
- VOB quasi „grundsätzlich“ anwendbar ist, wenn und soweit „Bauleistungen jeder Art“ betroffen sind.
In der Handhabung von PPP-Verfahren hat sich dieser „Vorrang“ der VOB etabliert.
1.2.3.5 Vergütungsrecht
Im Gegensatz zur Bauindustrie und zu Dienstleistern im Bereich Facility Management (FM) im weiteren Sinne, ist der Freie Beruf des Architekten Vergütungsregeln unterworfen.
Während also die übrigen Partner einer PPP-Bietergemeinschaft (Baufirma, FM-Dienstleister) für ihre Preisgestaltung allein den Mechanismen des freien Marktes unterworfen sind – oder umgekehrt davon profitieren -, hat der Architekt in seiner Preisgestaltung eine Honorarordnung, die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), einzuhalten.
§ 1 HOAI lautet:
„Die Bestimmungen dieser Verordnung gelten für die Berechnung der Entgelte für die Leistungen der Architekten und der Ingenieure (Auftragnehmer), soweit sie durch die Leistungsbilder oder andere Bestimmungen dieser Verordnung erfaßt werden.“
Das Honorar für die Leistungen des Architekten hat sich – mit wenigen sehr restriktiven Ausnahmen - innerhalb der Grenzen der durch die HOAI vorgegebenen Mindest- und Höchstsätze zu bewegen (vgl. § 4 Abs. 1-3 HOAI).
Allerdings entfallen Mindest- und Höchstsätze, wenn der Auftrag ein Gebäude (oder raumbildende Ausbauten) betrifft, deren anrechenbare Kosten über 25.564.594 Euro liegen; dann kann das Honorar des Architekten frei vereinbart werden (vgl. § 16 Abs. 3 HOAI).
Die HOAI ist selbst Verordnung, also formal Verwaltungsvorschrift, hat aber faktisch Gesetzesrang. Die HOAI ist kraft Ermächtigung durch das vom Bundestag verabschiedete „Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen“ vom 4.11.1971[3] von der Bundesregierung erlassen worden.
Die HOAI gilt nach allgemeiner Ansicht jedoch dann nicht, wenn Planungsleistungen z.B. durch Generalunternehmer im Zuge einer umfassenden Bauleistung (mit-) erbracht werden. Die Rechtsprechung spricht hier von sog. „Paketanbietern“ (siehe dazu unten: 3.5.3).
Auf die Anwendbarkeit der HOAI in PPP-Verfahren, deren tatsächliche Anwendung und die aus Sicht des Berufsstandes der Freien Architekten wünschenwerte Verankerung der Anwendbarkeit der HOAI in PPP-Verfahren wird noch einzugehen sein (siehe dazu unten: 3.5.1).
2 Grundlegendes über PPP-Verfahren im Hochbau
2.1 Definition
2.1.1 Allgemeines
Die Vielzahl möglicher Anwendungsfelder hat eine allgemein gültige Definition von PPP noch nicht entstehen lassen.
Bei normativer wie teleologischer Auslegung gilt allgemein, dass PPP dann vorliegt, wenn öffentliche Hand und Privatwirtschaft in Bezug auf definierte Vorhaben zusammenarbeiten und dabei partnerschaftlich ihre jeweiligen Stärken einsetzen.
PPP kann definiert werden als
„meist langfristig vertraglich geregelte Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft, bei der die erforderlichen Ressourcen (z.B. Know-how, Betriebsmittel, Kapital, Personal etc.) von den Partnern zum gegenseitigen Nutzen in einem gemeinsamen Organisationszusammenhang eingestellt und vorhandene Projektrisiken entsprechend der Risikomanagementkompetenz der Projektpartner optimal verteilt werden“.[4]
2.1.2 PPP im Hochbau (Erscheinungsformen/Vertragsarten)
Seit Aufkommen der Verfahrensart PPP haben sich bis heute im Hochbau fünf mehr oder minder unterschiedliche Vertragsmodelle herausgebildet. Die Vertragsmodelle unterscheiden sich vor allem bei der Regelung der Eigentumsverhältnisse, der Berechnung des Nutzungsentgelts und der Übernahme des Verwertungsrisikos am Ende der Vertragslaufzeit[5].
Die fünf für öffentliche Hochbauten relevanten Vertragsarten sind:
- PPP Inhabermodell
- PPP Erwerbermodell
- PPP Vermietungsmodell
- PPP Leasingmodell
- PPP Konzessionsmodell
2.1.2.1 PPP Inhabermodell
Beim Inhabermodell bleibt die öffentliche Hand zu jedem Zeitpunkt Besitzer der Immobilie („Inhaber“).
Der Private Partner baut und betreibt das Gebäude auf dem Grundstück der öffentlichen Hand und erhält lediglich ein Nutzungsrecht am Grundstück im Rahmen eines Pachtvertrags.
Er überlässt dem öffentlichen Partner die Nutzung des Gebäudes im Rahmen eines Nutzungsvertrags.
Am Ende der Laufzeit des Pacht- und Nutzungsvertrags fallen alle Rechte vereinbarungsgemäß automatisch der öffentlichen Hand zu.
Dieses Modell ist für Spezialimmobilien - also Immobilien, deren Art und Bauweise speziell auf eine einzige Nutzung zugeschnitten ist, wie z.B. bei Justizvollzugsanstalten oder Schulen - besonders geeignet, da in dieser Konstellation eine Drittnutzung weitgehend ausgeschlossen ist.
2.1.2.2 PPP Erwerbermodell
Beim PPP Erwerbermodell baut und betreibt der private Partner eine Immobilie auf eigenem Grund und überlässt dem öffentlichen Partner das Gebäude im Rahmen eines Mietkaufmodells.
Der Nutzer bezahlt während der Laufzeit der Verträge einen Mietzins.
Am Ende der Vertragslaufzeit kauft der Nutzer die Immobilie zu einem bereits bei Vertragsunterzeichnung fixierten Preis.
Das Erwerbermodell wird insbesondere dann angewendet, wenn der öffentliche Partner selbst über kein geeignetes Grundstück verfügt.
2.1.2.3 PPP Vermietungsmodell
Das PPP Vermietungsmodell entspricht in weiten Zügen einer klassischen Projektentwicklung, die um die Betriebsleistung ergänzt wird.
Der private Partner entwickelt, baut und betreibt ein Gebäude auf eigenem Grundstück.
Mit der öffentlichen Hand wird ein langfristiger Mietvertrag geschlossen, mit üblicherweise 20 bis 30 Jahren Laufzeit.
Am Ende der vertraglich vereinbarten Zeit kann die öffentliche Hand das Gebäude entweder weiter mieten (ggfls. mit neuen Konditionen), aus dem Objekt ausziehen oder es zu aktuellen Marktkonditionen kaufen.
Bei dieser Vertragsvariante trägt der private Partner das Vermarktungsrisiko am Ende der Laufzeit.
2.1.2.4 PPP Leasingmodell
Das Leasingmodell entspricht weitgehend dem Vermietungsmodell.
Ein wesentlicher Unterschied besteht lediglich darin, dass beim Leasingmodell ein Erwerb der Immobilie nach Vertragsende eher die Regel als die Ausnahme darstellt, was hingegen beim Vermietungsmodell umgekehrt ist.
2.1.2.5 PPP Konzessionsmodell
Das Konzessionsmodell unterscheidet sich von den vorgenannten PPP-Vertragsarten grundlegend.
Wesentlicher Unterschied ist die Art der Kalkulation des Nutzungsentgelts.
Während bei den anderen Vertragsmodellen die öffentliche Hand ein Nutzungsentgelt bezahlt, wird beim Konzessionsmodell dem privaten Partner als Gegenleistung für den Bau und den Betrieb der Immobilie kein Entgelt, sondern lediglich eine Konzession zur Erhebung von Gebühren für die Nutzung der Einrichtung direkt beim Endverbraucher gewährt.
Diese Art der PPP-Realisierung eignet sich besonders für Verkehrsinfrastrukturprojekte z.B. Autobahnen und Brücken, da dort eine Gebührenerhebung an Mautstationen möglich ist.
Bei Hochbauprojekten ist ein Konzessionsmodell theoretisch bei Schwimmbädern o.Ä. denkbar. Es ist aber in der Praxis bei Hochbauprojekten faktisch nicht anzutreffen.
2.1.2.6 Charakteristische Grundmerkmale von PPP
Alle PPP-Vertragsformen lassen sich auf den vereinfachten Nenner bringen: „Mieten statt selbst bauen“ oder „Ratenzahlung statt Zahlung eines Kauf-/Baupreises“.
Die genannten Vertragsmodelle unterscheiden sich vor allem im Hinblick auf die Eigentumsfrage an der Immobilie, die Frage des Betreibens und der Art der Rückgabe oder Übertragung am Ende der Vertragslaufzeit.
Allen Erscheinungsformen von PPP ist jedoch ein Merkmal gemein:
Die öffentliche Hand als Nutzer der zu erstellenden Immobilie sucht von Anfang an nach einem „Komplett-Paket“, wobei mindestens Planung, Bauleistung und Betriebsphase von Anfang an unter (rein) wirtschaftlichen Kriterien von einem einzigen Anbieter abgefragt werden.
2.1.3 Überblick über die Entwicklung von PPP in Deutschland
Es findet durch PPP eine Neuordnung der Tätigkeits- und Verantwortungsbereiche statt, die bezogen auf den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie relevant sind.
Der Lebenszyklus einer Immobilie umfasst:
- Idee / Entwicklung
- Planung
- Bau
- Finanzierung
- Betrieb
- Verwertung
2.2 „Wahre Motive“ für PPP als Verfahrensart
2.2.1 „Miete statt Kauf“
(Verschiebung der finanziellen Lasten auf die Zukunft)
Es ist kein Geheimnis, dass im Prinzip auf allen Ebenen der öffentlichen Hand die Kassen leer sind. Städte und Gemeinden, Länder und Bund suchen daher nach Wegen, nicht nur, aber auch im Bereich der zur Aufgabenerfüllung notwendigen Immobilien alternative Finanzierungskonzepte zu finden.
Sie setzen dazu immer öfter auch auf PPP-Verfahren. Dadurch können die Anfangsinvestitionen für die Errichtung der Immobilien vermieden werden; stattdessen werden finanzielle Belastungen auf die Zukunft verschoben.
2.2.2 „Gerade Flure, wenig Fenster“
(von Anfang an auf kostengünstigeren Betrieb geplante Immobilien)
Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass während der Lebensdauer (aus Sicht der nutzenden Verwaltung also der Nutzungsdauer) erhebliche Kosten anfallen für Energie, Betrieb, Reinigung, Instandhaltung etc. Diese Nutzungskosten zu optimieren ist ein Ansatz, der – insbesondere auf eine 30-jährige Laufzeit gerechnet – zu enormen Einsparungen führen kann.
Dies allein ist jedoch noch kein Argument für die Verfahrensart PPP, da die genannten Einsparpotenziale auch für „eigene“ Immobilien der öffentlichen Hand erreicht werden können.
Dabei kann schon in der Phase der Planung und Erstellung bereits frühzeitig durch entsprechende Planungs-, Material- und Bauentscheidungen auf einen späteren kostengünstigen Betrieb hingewirkt werden.
Zudem kann durch die Etablierung eines professionellen Facility Managements in Eigenregie (oder auch durch Fremdfirmen) ein hohes Einsparpotenzial erschlossen werden. Wegweisend sind hier die Maßnahmen und Erfolge der Stadt Wuppertal, die innerhalb kürzester Zeit hohe Einsparungen im Bereich Facility Management realisieren konnte.
2.2.3 Abwälzung der Unterhaltungs- und Instandhaltungskosten an Betreiber während der Betriebszeit
(Risikoverlagerung)
Mit der Weitergabe von Betriebs- und Instandhaltungsaufgaben an Private durch PPP glaubt die öffentliche Hand, langfristig zu einem festen Preis eine Immobilie in vertragsgemäßem – also ordentlichem – Zustand nutzen zu können. Sie meint also, über die Laufzeit ohne Ausgabenrisiken für Instandhaltung zu bleiben.
Angesichts des bundesweiten Zustandes von öffentlichen Gebäuden aller Art ist der Wunsch verständlich. Immer wieder und auch aktuell in diesen Wochen berichten die Medien über undichte Klassenzimmer und viele weitere Missstände des überwiegend noch aus den 1970er-Jahren stammenden Immobilienbestandes der öffentlichen Hand.
Dies zu vermeiden, indem man das Instandhaltungsrisiko für 30 Jahre an Private delegiert, ist auf den ersten Blick sinnvoll.
Auf den zweiten Blick sollte dabei aber nicht ausser Acht gelassen werden, dass
- gerade privatwirtschaftliche Firmen mit Gewinn arbeiten wollen / müssen und daher Risiken in ihrer Preisgestaltung berücksichtigen;
- bei zu nachteiligem Eintritt eines Risikos ein privatwirtschaftlicher Vertragspartner vollständig wegfallen kann.
Daher wird die Abwälzung des in der Weitergabe von Betriebs- und Instandhaltungskosten liegenden wirtschaftlichen Risikos an Private entweder zu entsprechend höheren Preisen (Monatsraten) führen oder bei zu knapp kalkulierten Preisen möglicherweise zum Wegfall des Vertragspartners.
2.3 Kritische Gedanken zur wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung von PPP-Verfahren
Kann PPP im Endeffekt billiger sein als eine „konservative“ Vorgehensweise?
2.3.1 Baukosten
Der Baupartner in einer PPP-Bietergemeinschaft kalkuliert seinen Errichtungspreis auf der Basis einer intern erstellten Planung und im Hinblick auf einen möglichst konkurrenzfähigen Angebotspreis.
Der Baupartner steht dabei nicht im direkten Konkurrenzvergleich zu anderen Bauunternehmen, da er im Augenblick seiner Kalkulationserstellung bereits als für den Auftragsfall ausgewählter Baupartner bestimmt ist.
Der Baupartner wird in der Regel „echte“ Marktpreise bei seiner Kalkulation zugrunde legen, da er im Auftragsfall mit den kalkulierten Preisen auskommen muss.
Der Baupartner wird daher in PPP-Verfahren nicht günstiger, aber auch nicht teurer kalkulieren / anbieten, als in einer sonstigen Verfahrensart.
Der Baupartner kann im Rahmen seiner Kalkulation am baulichen Standard sparen (technische Ausstattung, Materialqualitäten etc.). Insofern sind die Baukosten niemals absolut, sondern mit den angebotenen Inhalten zu verproben. Wenn also ein PPP-Angebot günstiger ist als andere, weil darin Einsparungen bei den Baukosten enthalten sind, die ihrerseits wiederum durch Einsparungen beim baulichen Standard zustande kommen, so sind letztlich keine Einsparungen auf Seiten des PPP-Auslobers gegeben.
Der Baupartner kann im Rahmen der Angebotsphase Einfluss auf die Planung nehmen, so dass bei der Auswahl von Gebäudeform und Baukonstruktion bereits mittelbar auf eine Reduzierung der Baukosten geachtet werden kann. Auch dies ist aber mittelbar eine Einsparung am „Standard“ der Immobilie, so dass der PPP-Auslober am Ende vielleicht eine billigere Immobilie bekommt, dies aber auch in Qualität und Erscheinungsbild „bezahlen“ muss.
Systematische Einsparungen bei den Baukosten durch PPP sind nicht ersichtlich.
2.3.2 Betriebskosten
Für die Betriebskosten gilt ähnliches wie für die Baukosten. Geringere Angebotspreise können erreicht werden durch eine Verminderung des Standards im weitesten Sinne; ansonsten werden faktisch marktübliche Preise angeboten werden.
Im Unterschied zu den Baukosten, die in einem relativ kleinen Zeitfenster erbracht werden, muss bei der Kalkulation der Betriebskosten die Leistungsdauer über z.B. 30 Jahre berücksichtigt werden. Es wird also in die Kalkulation der eine oder andere Faktor für Zukünftiges und Risiken eingestellt werden. Ohnedies handelte der private Anbieter unverantwortlich und wäre kein geeigneter Vertragspartner. Wenn aber solche Zuschläge eingerechnet werden, zahlt der PPP-Auslober einen gleichen oder sogar höheren Preis, als wenn er solche Risiken selbst trägt.
2.3.3 Instandhaltungskosten
Die Sicherstellung eines andauernden ordnungsgemäßen baulichen Zustandes der Immobilie während der Vertragslaufzeit durch den Privaten wird notwendigerweise in den Angebotspreisen Berücksichtigung finden.
Der PPP-Auslober wird damit zwar nicht Gefahr laufen, dass Dächer undicht werden (oder ähnliches), aber er wird für diesen Service bereits über die monatliche Rate zahlen müssen. Eine Einsparung in der Gesamtschau wird dadurch systematisch eher unwahrscheinlich, da sich Private gegen wirtschaftliche Risiken absichern und solche Kosten an den Vertragspartner weitergeben.
2.3.4 Finanzierungskosten
Die PPP-Bietergemeinschaft – und im Zuschlagsfalle die üblicherweise installierte Projektgesellschaft – fragt in der Finanzindustrie Finanzierungen für das jeweilige PPP-Projekt ab und stellt die sich daraus ergebenden Konditionen in ihr PPP-Angebot mit ein.
Solche Finanzierungszusagen haben im Detail vielerlei Bedingungen und Ausprägungen. Systematisch bleibt aber eines richtig und wichtig: Finanzierungskonditionen hängen von Sicherheiten ab und von der Bonität des Kreditnehmers. Unterstellt, die Sicherheiten sind bei allen PPP-Anbietern eines Projekts annähernd gleich, bleibt die Frage, ob es zu günstigeren Finanzierungskonditionen führen kann, wenn eine projektbezogen neu gegründete Projektgesellschaft Kreditnehmer ist. Es sollte doch wohl eindeutig sein, dass jede Gemeinde oder Stadt, jedes Land oder der Bund selbst eine höhere Bonität und damit geringere Finanzierungskosten erzielt als eine mit wenig Kapital ausgestattete juristische Person.
Systematisch kann daher die Finanzierung bei PPP-Verfahren nur teurer sein, als wenn die öffentliche Hand selbst Bauherr und Betreiber ist.
2.3.5 Planungskosten
Der PPP-Auslober lässt sich in der Angebotsphase komplexe Angebote ausarbeiten, die ihrerseits aufgrund der notwendigen Genauigkeit der Kalkulationen und der dahinterstehenden immensen wirtschaftlichen Bedeutung für die weiteren Partner der Bietergemeinschaft jeweils auf sehr ausgereiften Planungen basieren.
Bei PPP-Verfahren wird gleichzeitig der Auslober zu keinem Zeitpunkt Auftraggeber eines Architekten oder sonstigen Planers.
Es werden also einerseits vom Planer bereits in der Angebotsphase umfangreiche Leistungen erbracht, für die der Auslober aber andererseits nicht vergütungspflichtig wird, da er nicht Vertragspartner des Planers ist.
Der Auslober spart also erhebliche Planungskosten.
Damit geht ein volkswirtschaftlicher Schaden einher, weil sämtliche letztlich vergeblichen PPP-Angebote, die also den Zuschlag und Auftrag nicht erhalten, vergebliche, aber umfassende und ausgereifte Planungen darstellen, für die der jeweilige Architekt in der Regel ohne Vergütung bleibt.
In der Auftragsphase werden dann Planungskosten anfallen, die als Anteil an den Gesamt-Projekt-Kosten anteilig in die vom Auslober monatlich zu zahlenden Raten eingehen. Diese Planungskosten werden vom Planer gegenüber der Bietergemeinschaft bzw. gegenüber der gegründeten Projektgesellschaft in Rechnung gestellt. Die Höhe der Planungskosten richtet sich dann – im Normalfall (oder Idealfall) – nach der Vergütungsordnung der HOAI. Da die HOAI u.a. einen Preiswettbewerb unter Architekten ausschließt, werden erbrachte Planungsleistungen zu honorarrechtlich einheitlichen Planungskosten entstehen.
Damit zahlt der PPP-Auslober letztlich übliche Preise für die Planungsleistung, da die entsprechenden Kosten systembedingt durch die Honorarordnung in einem sehr engen Korridor bleiben und anteilig in seiner Monatsrate enthalten sein werden.
2.3.6 Sonstige Kosten bei PPP-Verfahren
Bei der Durchführung von PPP-Verfahren entstehen Kosten, die bei einer „konservativen“ Projektdurchführung nicht – oder nicht in gleicher Höhe – entstehen.
Dazu gehören Kosten für aufwendige juristische Beratung und Begleitung, für Versicherungen, die von den Anbietern einkalkuliert werden müssen, für Bürgschaften, die von den Anbietern gestellt und über einen langen Zeitraum aufrecht erhalten werden müssen.
2.3.6.1 Juristische Beratung und Begleitung
Die Vielzahl der juristischen Fragestellungen und zu regelnden Beziehungen zwischen allen Beteiligten im Rahmen von PPP-Verfahren führen dazu, dass bereits in der Angebotsphase eine sehr umfangreiche Begleitung von PPP-Verfahren stattfindet. Auch die juristischen Vorbereitungen für den Auftragsfall sind derart umfangreich, dass eine Verfahrensdurchführung ohne die professionelle Begleitung von externen Juristen und meistens auch Unternehmensberatungsgesellschaften in der Praxis nicht vorkommt.
Die dadurch entstehenden Kosten sind – da Internum zwischen PPP-Auslobern und Beratern – nicht objektiv recherchierbar.
Es sollte jedoch augenfällig sein, dass möglicherweise die Komplexität von PPP-Verfahren zum Selbstzweck wird, so dass simplere – und gleichwertig mögliche - Verfahrensalternativen jedenfalls nicht von solchen Beteiligten favorisiert werden, die an der Komplexität von PPP-Verfahren wirtschaftlich partizipieren.
Systematisch entstehen also bei PPP höhere Beratungskosten als bei einer „konservativen“ Verfahrensart.
2.3.6.2 Versicherungen
PPP-Auslober geben einerseits Risiken aus der Hand und delegieren diese an die privaten Anbieter. Andererseits müssen sie sich gegen den Ausfall des privaten Anbieters und Risikoträgers absichern und verlangen daher eine Vielzahl von Versicherungsnachweisen. Einen Teil der verlangten Versicherungen würde der Auslober selbst abschließen, wenn er selbst bauen und betreiben würde. Hinzu kommen jedoch solche Versicherungen, die gerade deshalb notwendig werden, weil für den Fall des Untergangs des privaten Vertragspartners während einer 30-jährigen Vertragslaufzeit Vorsorge getroffen werden soll.
Faktisch wird die Delegation von Risiken also über die Forderung von Versicherungen konterkariert, da die Weggabe des Risikos mit einer Erhöhung von Kosten bezahlt wird.
Systematisch entstehen hier Kosten für Versicherungen, die in „konservativen“ Verfahrensarten nicht entstehen.
2.3.6.3 Bürgschaften
Auch bei „konservativer“ Verfahrensabwicklung (die öffentliche Hand baut und betreibt selbst) sind Bürgschaften üblich. Vertragserfüllungsbürgschaften durch Baufirmen sind gang und gäbe und auch sinnvoll, damit nicht im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten einer Baufirma eine Bauruine zurückbleibt oder unnötiger Baustillstand entsteht.
Problematisch – und kostenträchtig – ist es jedoch, wenn der PPP-Auslober für eine 30-jährige Laufzeit Bürgschaften verlangt als Vertragserfüllungsbürgschaft in Bezug auf die Bewirtschaftungs- und Instandhaltungsleistung des privaten Anbieters.
Solche Kosten sind systematisch als zusätzliche, PPP-bedingte Kosten einzustufen. Sie können selbst bei günstigsten Aval-Zins-Konditionen aufgrund der benötigten Langfristigkeit einen erheblichen zusätzlichen Kostenfaktor darstellen.
Zusammenfassend:
PPP-Verfahren führen systematisch nicht zu geringeren Gesamtkosten.
Baukosten, Betriebskosten und Planungskosten sind in marktüblicher Höhe zu erwarten. Es sind sogar höhere Gesamtkosten zu erwarten, da Finanzierungskosten höher sind als in anderen Verfahrenarten. Hinzu treten zusätzliche oder anteilig höhere sonstige Kosten (juristische Beratung, Versicherungen, Bürgschaften).
2.4 PPP-Verfahren in der Praxis
2.4.1 Grundsätzliches zu PPP-Verfahren
PPP-Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass als Auslober / Anbieter die öffentliche Hand („Public“) ein Verfahren durchführt, mit dem zunächst ein Angebotswettbewerb durchgeführt wird und als Ergebnis des Angebotswettbewerbs ein Auftrag an einen Leistungserbringer aus der Privatwirtschaft („Private“) erteilt wird.
Jedes PPP-Verfahren hat also mindestens zwei grundlegende Phasen. Zu unterscheiden sind die Angebotsphase und die Auftragsphase:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Angebots- und Auftragsphase
- Angebotsphase
In der Angebotsphase bewerben sich mehrere Bietergemeinschaften um die Erlangung des PPP-Auftrags.
Die Bandbreite der notwendigen Kompetenzen zur Legung eines vollständigen PPP-Angebots - und im Falle des erfolgreichen Angebots für die Phase der Auftragserbringung – erfordert meist den Zusammenschluss vieler Fachleute zu einer Bietergemeinschaft.
Jedes Mitglied einer Bietergemeinschaft bringt seine spezielle Fachkompetenz zur Erstellung eines möglichst konkurrenzfähigen Angebots ein.
- Auftragsphase
In der Auftragsphase hat eine Bietergemeinschaft den Zuschlag des Auslobers erhalten und führt den erteilten Auftrag zur Durchführung der PPP-Maßnahme aus.
Während die Angebotsphase in der Regel wenige Monate dauert, erstreckt sich die Auftragsphase über die gesamte Laufzeit der PPP-Maßnahme; also gegebenenfalls 30 Jahre oder länger.
Die Auftragsphase ihrerseits teilt sich in verschiedene Phasen auf. Der ideale Ablauf ist: Erst Planen, dann Bauen, dann Betreiben.
[...]
[1] Schäfer/Conzen; Praxishandbuch der Immobilien-Projektentwicklung, 2. Auflage 2007, Verlag C.H.Beck, S. 134
[2] VOF: Verdingungsordnung für Freiberufler
[3] veröffentlicht in: BGBl.I, S. 1745, 1749
[4] Fa. Freshfields; Gutachten; „PPP im öffentlichen Hochbau“ im Auftrag des Lenkungsausschusses unter Federführung des BMVBW, 2003 II, S. 1
[5] Public Private Partnership – Ein Praxislexikon, Bremer, Heymanns Verlag, Berlin 2005
- Citar trabajo
- Philipp Gerber (Autor), 2009, Public Private Partnership (PPP) im Hochbau, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142120
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