Auszug aus der Einleitung:
".... Daher beschränke ich mich auf einzelne Erkenntnisse und Sequenzen, die ich im Folgenden darstellen werde.
Im ersten Buch beschäftigt sich die Autorin mit der Realität der Frau, stellt die biologischen Verhältnisse dar, die Sichtweise von Psychoanalyse und die Geschichte der Entwicklung dieser Sichtweise, den “historischer Materialismus”.
Sie stellt männliche und weibliche Rollen in der Geschichte der Menschheit einander gegenüber und versucht Erklärungen für diese Entwicklung zu finden. Von der Urhorde in der Frühzeit bis zum Zeitpunkt der heutigen modernen Gesellschaft beleuchtet sie eine Vielzahl von Situationan und Aspekten, die mit Weiblichkeit im Zusammenhang stehen.
Im zweiten Buch geht es ganz konkret um die Entwicklung des Individuums Frau in verschiedenen Gesellschaften. Politische Bedingungen, Möglichkeiten, Situationen und auch die damit verbundenen Gefühle beschreibt Simone de Beauvoir anhand von Erfahrungsberichten. Sie stellt die Welt, in der die Frau lebt, von ihrem Standpunkt als Frau aus gesehen dar.
Inhaltsverzeichnis:
Einleitung
Erstes Buch: Schicksal, Geschichte und Mythos
Zweites Buch:
Werdegang: Sexualität und sexuelle Orientierung
Situation: Die Ehefrau
Prostituierte und Hetären
Befreiung: Unabhängigkeit der Frau
Schluss
Einleitung:
Bei der Lektüre des Buches von Simone de Beauvoir kam eine Erinnerung in mir hoch:
Meine kleine Tochter Miriam, drei Jahre alt, steht vor der Toilette, hält sich ein Sandschäufelchen als “Abwasserrinne” vor ihre Schamlippen und ruft begeistert: “Schau Mama, jetzt kann ich genauso pinkeln wie der David!” Sie glaubte eine Möglichkeit gefunden zu haben, die Toilette in gleicher Weise benutzen zu können wie ihr großer Bruder, den sie darum immer glühend beneidet hatte. Als es in der praktischen Umsetzung nicht funktionierte, war sie so sehr enttäuscht, dass sie weinte.
Miriam hatte immer damit gehadert, ein Mädchen zu sein, sie wollte ein Junge sein, weigerte sich brüllend, Kleidchen anzuziehen. Schließlich verabschiedete ich mich von der Vorstellung, in ihr mein kleines Mädchen zu haben, das ich so richtig mädchenhaft ausstaffieren konnte.
Meine Enttäuschung darüber muss sie sehr verletzt haben.
Miriam teilte mir im Alter von zwölf Jahren mit, dass sie Frauen liebe, sich aber nicht sicher sei, ob es nicht nur eine Phase wäre. Wir beschlossen, einfach abzuwarten. Heute ist sie zwanzig Jahre alt und weiß, dass sie nur Frauen liebt.
Ich erinnere mich auch gut an mein eigenes Hadern mit meinem Geschlecht, aufgewachsen in einer traditionell katholischen bäuerlichen Umgebung spürte ich schon früh die Nachteile, die es mit sich brachte, ein Mädchen zu sein: Mädchen haben die männlichen Familienmitglieder zu bedienen, haben nachzugeben und brav zu sein. Mädchen haben sich mit Mädchensachen zu beschäftigen, nicht mit Jungensachen, sie haben die traditionellen “Weiberarbeiten” zu erledigen etc.
So hat mich das Buch sehr berührt und angesprochen, als ich es gelesen hatte, stand ich vor dem Problem, dass ich unbedingt diese Arbeit darüber schreiben wollte, das Buch aber viel zu umfangreich ist, um auf 12 Seiten adäquat behandelt zu werden. Daher beschränke ich mich auf einzelne Erkenntnisse und Sequenzen, die ich im Folgenden darstellen werde.
Im ersten Buch beschäftigt sich die Autorin mit der Realität der Frau, stellt die biologischen Verhältnisse dar, die Sichtweise von Psychoanalyse und die Geschichte der Entwicklung dieser Sichtweise, den “historischer Materialismus”.
Sie stellt männliche und weibliche Rollen in der Geschichte der Menschheit einander gegenüber und versucht Erklärungen für diese Entwicklung zu finden. Von der Urhorde in der Frühzeit bis zum Zeitpunkt der heutigen modernen Gesellschaft beleuchtet sie eine Vielzahl von Situationan und Aspekten, die mit Weiblichkeit im Zusammenhang stehen.
Im zweiten Buch geht es ganz konkret um die Entwicklung des Individuums Frau in verschiedenen Gesellschaften. Politische Bedingungen, Möglichkeiten, Situationen und auch die damit verbundenen Gefühle beschreibt Simone de Beauvoir anhand von Erfahrungsberichten. Sie stellt die Welt, in der die Frau lebt, von ihrem Standpunkt als Frau aus gesehen dar.
Spürbar ist mitunter ihr Leidensdruck, eine Frau zu sein.
Erstes Buch: Schicksal, Geschichte und Mythos
Bereits der Beginn des Lebens stellt für Beauvoir eine Ungerechtigkeit dar, denn bei der Kopulation der höheren Säugetiere obliegt dem Männchen die sexuelle Initiative, das Weibchen ist dasjenige, das “genommen” wird, das Männchen “nimmt” das Weibchen.(Simone de Beauvoir: Das andere Geschlecht, S. 45). Wenn es zur Schwangerschaft kommt, so leidet das menschliche Weibchen unter der Entfremdung von sich selber durch die Entstehung des anderen Lebens im eigenen Körper, der zudem von Schwangerschaft und Geburt sehr beansprucht und oftmals überfordert wird. Schwangerschaft verlangt vom weiblichen Organismus schwere Opfer, Gebären ist eine schmerzhafte und gefährliche Sache. (ebd. S. 54).
Aber auch die Beendigung der Fortpflanzungsfähigkeit läuft krisenhaft ab bei der Frau: Das Klimakterium sieht Beauvoir als eine Art Umkehrung der Pubertät. Allerdings ist die Frau nun befreit von den Zwängen ihres Frauseins. Oftmals ist sie vitaler und gesünder als vorher, als sie noch “ihrer Art unterworfen” war, sie “ist nicht länger Mächten unterworfen, die über sie hinausgehen:sie stimmt mit sich selbst überein.” (ebd. S. 55).
Fast erbittert klingt es, wenn Simone de Beauvoir die körperlichen Unterschiede zwischen Frau und Mann aufzählt: ihre geringere Muskelkraft, die kleinere Atemkapazität, den kleineren Kehlkopf, der auch zu einem Stimmunterschied führt. Sie misst die Frau praktisch am männlichen Maßstab, ja sie nennt es sogar die “Unterordnung der Frau unter die Art”: “Von allen weiblichen Säugetieren ist die Frau am tiefsten sich selbst entfremdet, (...) bei keinem ist die Unterwerfung des Organismus unter die Fortpflanzungsfunktion unabwendbarer, und bei keinem wird sie mit größeren Schwierigkeiten angenommen: Krisen in der Pubertät und im Klimakterium, monatlicher “Fluch”, lange und oft beschwerliche Schwangerschaft, schmerzhafte, manchmal gefährliche Niederkunft, Krankheiten und Komplikationen sind für das menschliche Weibchen charakteristisch.” (ebd. S. 56). Immer wieder stellt sie fest, dass die Frau sozusagen weniger Zugriff auf die Welt hat und stärker als der Mann der Art unterworfen ist.
Der historische Materialismus versucht zu erklären, wie es dazu kam, dass die Frau die Stellung bekam, die sie nun innehat. Friedrich Engels beschäftigte sich mit der Geschichte der Frau in seiner Schrift “Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats”(erste Auflage im Jahre 1884), jedoch ohne zu einer Erklärung zu finden, wie es dazu kam, dass die Frau Eigentum des Mannes werden konnte. Dies sei deshalb so, meint Simone de Beauvoir, weil der historische Materialismus Tatsachen als gegeben annimmt, so dass sie nicht hinterfragt werden, und daher auch nicht erklärt werden können. (Simone de Beauvoir: Das andere Geschlecht, S. 80).
Friedrich Engels sieht die Geschichte der Frau hauptsächlich verbunden mit der Technik: In der Steinzeit seien die Geschlechter zwar in zwei Klassen getrennt gewesen, zwischen denen jedoch Gleichheit bestanden habe, da die häuslichen Aufgaben der Frau produktiv waren: töpfern, weben, gärtnern. Als der Mensch dann die Metalle entdeckte, deren Bearbeitung lernte und sich das Privateigentum entwickelte, wird der Mann auch Eigentümer der Frau. Engels erklärt dies aus der Veränderung in der Arbeitsteilung durch die Erfindung von Geräten, die dem Mann die Vorherrschaft ermöglichen. Denn nun sei die Erwerbsarbeit des Mannes über die Hausarbeit der Frau gestellt. Engels sagt zwar, dass es so war, erklärt aber nicht, warum es so war.
Für Beauvoir ist dieser Standpunkt unzulänglich: Engels hat zwar verstanden, dass die Unterlegenheit der Frau in Bezug auf ihre schwächerern Muskeln erst mit der Handhabung der Bronze- und Eisenwerkzeuge konkret geworden ist. Aber diese Sichtweise bedeutet, die Arbeitskraft der Frau nur von einer einzigen Perspektive her zu sehen, außerdem berücksichtige Engels nicht die Einzigartigkeit dieser Unterdrückung, daher sei seine These vom Gegensatz der Geschlechter nur aufgrund des Klassenkonfliktes nicht haltbar. (Simone de Beauvoir: Das andere Geschlecht, S. 82).
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- Citation du texte
- Walburga Steiger (Auteur), 2008, Über das Buch von Simone de Beauvoir: Das andere Geschlecht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142066
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