Das „Doppelte Mandat“ wird in der Wissenschaft der Sozialen Arbeit viel diskutiert. Die These steht für den Konflikt zwischen dem Handlungsverständnis des Sozialarbeiters, und der von Seiten der Politik und Verwaltung auferlegten „amtlichen Kontrolle“ von Klienten. Der Diskurs tauchte bereits in den 70er Jahren auf, als es um die Professionalisierung der Sozialen Arbeit ging und bis heute scheint das „Doppelte Mandat“ ein Beispiel für die zweideutige Tätigkeit der Sozialen Arbeit zu sein, schaut man sich die Diskussionen rund um die Verbesserung der sozialen Arbeit im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe an, wo vor allem durch Politik und Medien immer wieder stärkere Kontrollen von Familien gefordert werden. In diesem Zusammenhang werde ich im Folgenden den Text „Das Handlungsverständnis des Sozialarbeiters und seine institutionelle Determination“, der von Lothar Böhnisch und Hans Lösch 1973 veröffentlicht wurde vorstellen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Autoren und Historische Verortung
2.1 Lothar Bohnisch
2.2 Hans Losch
2.3 Historische Verortung des Textes
3. Die Hauptthese „Doppeltes Mandat"
3.1 Der Begriff des „Mandats"
3.2 Das „Doppelte Mandat". Erlauterung der Hauptthese im Sinne von Losch und Bohnisch
4. Der Theoretische Rahmen des „Doppelten Mandats"
4.1 Definition der Begriffe
4.1.1 Rollenkonflikt
4.1.2 Loyalitatskonflikt
4.1.3 Professionalisierung - Was ist eine Profession?
4.2 Soziale Arbeit und Organisation
4.2.1 Unterschied Organisation und Institution
4.2.2 Fachliches Handeln vs. Organisatorisches Handeln
4.3 „Hilfe und Kontrolle" Merkmal des „Doppelten Mandats"
4.3.1 „Hilfe und Kontrolle" am Beispiel der Kinder= und Jugendhilfe
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das „Doppelte Mandat" wird in der Wissenschaft der Sozialen Arbeit viel diskutiert. Die These steht fur den Konflikt zwischen dem Handlungsverständnis des Sozialarbeiters, und der von Seiten der Politik und Verwaltung auferlegten „amtlichen Kontrolle" von Klienten. Der Diskurs tauchte bereits in den 70er Jahren auf, als es um die Professionalisierung der Sozialen Arbeit ging und bis heute scheint das „Doppelte Mandat" ein Beispiel fur die zweideutige Tätigkeit der Sozialen Arbeit zu sein, schaut man sich die Diskussionen rund um die Verbesserung der sozialen Arbeit im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe an, wo vor allem durch Politik und Medien immer wieder stärkere Kontrollen von Familien gefordert werden. In diesem Zusammenhang werde ich im Folgenden den Text „Das Handlungsverständnis des Sozialarbeiters und seine institutionelle Determination", der von Lothar Böhnisch und Hans Lösch 1973 veröffentlicht wurde vorstellen. Das „Doppelte Mandat" bildet die Hauptthese des Textes. Der Aufbau der Arbeit soll als Vorbereitung zu meinen Fragestellungen einen Bezugsrahmen zu den Hauptkapiteln geben. Aus diesem Grund wird eine kurze Zusammenfassung Ober die Autoren und deren Biografie sowie ein kurzer Uberblick Ober die Situation der Sozialen Arbeit in den 70er Jahren gegeben. Den theoretischen Rahmen der Hauptthese bilden die nachfolgenden Fragestellungen:
1. Wie wird die Problematik des „Doppelten Mandats" in der gegenwärtigen Literatur behandelt?
2. Gibt es Ansätze den Rollenkonflikt zu bewältigen und eine Integration von professionellem Handlungsverständnis und Kontrollfunktion zu schaffen?
Anhand dieser Fragen werde ich die derzeitige Situation des „Doppelten Mandats" beschreiben. Dabei werde ich mich auf gegenwärtige Literatur beziehen und diese dem Text von Lösch und Böhnisch gegenüberstellen.
2. Autoren und Historische Verortung
2.1 Lothar Bohnisch
Der Autor Lothar Bohnisch wurde 1944 in Trautenau geboren. Er studierte von 1961-1970 Volkswirtschaft, Geschichte und Soziologie in Würzburg und München. Er beendete das Studium mit dem Abschluss als Diplom Soziologe. Danach war er als wissenschaftlicher Referent und Abteilungsleiter am Deutschen Jugendinstitut in München tätig. Seine Promotion mit der Arbeit „Politische Dimensionen sozialpädagogischer Theoriebildung" machte er an der Universität Tubingen. Die Habilitation im Jahr 1983 mit dem Thema „Der Sozialstaat und seine Pädagogik - zum Verhältnis von Sozialarbeit und Sozialpolitik" entstand ebenfalls an der Universität Tubingen. Seit 1991 ist Lothar Bohnisch Professor fur Sozialpädagogik und Sozialisation der Lebensalter an der TU Dresden.
2.2 Hans L o sch
Hans Losch wurde 1943 in Gablenz an der NeiBe geboren. Er studierte von 1963-1969 Soziologie, Philosophie und Psychologie an der Johann W. Goethe Universität in Frankfurt am Main. Im Anschluss war er als Wissenschaftlicher Referent am Deutschen Jugendinstitut in Munchen tätig. Seine Arbeit beim DJI unterbrach zwischen 1972 bis 1976 und grundete den Verein Drogenhilfe e. V. mit. Seine Arbeit beim DJI nahm er 1976 wieder auf. Weitere Tätigkeiten waren Lehraufträge an der Universität Tubingen und die Mitarbeit am dritten und siebten Jugendbericht der Bundesregierung. Die Arbeit beim DJI beendete er 2005.
2.3 Historische Verortung des Textes
Der Text wurde von Hans Lösch und Lothar Bohnisch 1973 veröffentlicht. Er erschien 1998 in „KlassikerInnen der Sozialen Arbeit", von W.Thole, M. Galuske und H. Gängler. Im Hinblick auf die geschichtliche Entwicklung der Sozialen Arbeit und dem Zeitpunkt der Veröffentlichung ist es hilfreich die Situation der Sozialen Arbeit in den 70er Jahren zu betrachten.
Die Soziale Arbeit ist in den 70er Jahre geprägt von der Debatte um die Professionalisierung die einherging mit einer Reform der Studiengänge der Sozialen Arbeit. Im Zuge der Studentenbewegung, Schülerbewegung, Lehrlingsbewegung und der Sozialarbeiterbewegung, die nun auch die Jugendhilfe erreichte (vgl. C. W. Muller 2001, S.118), war die Soziale Arbeit von einer Politisierung geprägt. Die sich in der Methodendiskussion bemerkbar machte. Die Methoden wurden unter politischen und soziologischen Aspekten diskutiert und verändert. Die sogenannte Dreifaltigkeit der Methoden (Einzelfallhilfe, Gruppenarbeit, Gemeinwesenarbeit) wurde aufgrund der Herkunft aus den USA kritisiert. Die Sozialarbeiter waren der Meinung, dass sich die Methoden nicht auf die Situationen in der BRD übertragen lassen und es eine entsprechende Angleichung an die Soziale Arbeit in Deutschland geben müsste.
Im Hinblick auf die Entstehung des Textes ist interessant, dass sowohl Lothar Böhnisch als auch Hans Lösch in dieser Zeit beim Deutschen Jugend Institut als Wissenschaftliche Mitarbeiter referierten und am 3. Jugendbericht der Bundesregierung mitwirkten. Der 3. Jugendbericht befasste sich schwerpunktmäBig mit den Jugendämtern der Bundesrepublik. In ihrem Text beziehen sich die Autoren auf diese Studien. Die Erscheinung des Textes macht deutlich, dass mit den Reformen der Sozialen Arbeit auch das Problem des „Doppelten Mandats" in die Diskussion geriet.
3. Die Hauptthese „Doppeltes Ma n dat"
3.1 Der Begriff des „Mandats"
Was ist eigentlich ein Mandat? Um die Theorie des „Doppelten Mandats" zu erläutern, bedarf es der Definition des Begriffes „Mandat". Etymologisch kommt Mandat vom lateinischen mandatum was übersetzt wird mit Auftrag/ Weisung. Besonders im rechtlichen Sinne bedeutet Mandat, „ jemanden zu beauftragen, ihn juristisch zu vertreten". Aus historischer Sicht kann Mandat aber auch als „ Erlass, Auftrag an einen Untergebenen" bezeichnet werden (vgl. Duden Band 5, 1990). Im Bezug auf das „Doppelte Mandat" können beide Definitionen gelten. Denn der Sozialarbeiter hat in einem gewissen Rahmen einen „juristischen Auftrag", da er Klienten über ihre Rechte und Pflichten informiert. Wenn man dann aber die Kontrollfunktion betrachtet, die auf der Basis von Rechtsnormen erfolgen, kommt man an der Problematik des „Doppelten Mandats" nicht vorbei. Auch im Bezug auf die zweite Definition wird eindeutig, dass Mandat bedeutet für jemanden im Auftrag zu arbeiten. In der Sozialen Arbeit sind die Auftraggeber überwiegend öffentliche und freie Träger, die als Organisationen einen ausgeprägt administrativen Charakter haben.
3.2 Das „Doppelte Mandat". Erläuterung der Hauptthese im Sinne von ösch und Böhnisch
Das „Doppelte Mandat" wird von Lösch und Böhnisch als „Berufsschicksal" und „Rollenkonflikt" bezeichnet. Dieser Konflikt kennzeichnet in der öffentlichen Sozialarbeit die Problematik, dass der Sozialarbeiter dem Zwang unterliegt sich in der „Divergenz professioneller und büro kratischer Verhaltenskodizes bewegen und zurecht finden zu müssen" (Lösch/ Böhnisch 1973; S. 367) . Dieser Konflikt wurde auch in der Professionalisierungsdebatte aufgenommen. Die daraus resultierenden Lösungsvorschläge gingen laut den Autoren am Kern der Problematik vorbei. Das doppelte Mandat ist gekennzeichnet von einem „Loyalitätskonflikt", der aufgrund der unterschiedlichen Verhaltensmuster des Sozialarbeiters und der Organisation in der er arbeitet entstehen kann. Die Betrachtungen der Wissenschaft beziehen sich vordergründig auf diesen Mechanismus. Deshalb machen die Autoren darauf aufmerksam, die Analysen in der Literatur zusätzlich auf die politisch-soziale Perspektive zu richten. Denn wie die Autoren einleitend beschreiben, wird Soziale Arbeit auf der Grundlage sozialstaatlich verfasster Prinzipien von öffentlichen und halböffentlichen Institutionen getragen.
Lösch und Böhnisch sind der Meinung, dass die Sozialarbeit durch die Verwaltung vereinnahmt wird, was sich mit dem methodischen Professionsverständnis des Sozialarbeiters nicht vereinbaren lässt. Die Autoren vermuten, d]ass sich dadurch erst das Dilemma in der mangelnden Koordination und Integration von „Fachwissen" und "Verwaltungswissen" ausdrückt. Das Fachwissen wird getragen von dem professionellen Handeln des Sozialarbeiters und von der ständigen Reflexion auf soziale Normen und Konflikte. Dies hängt vor allem mit dem historischen Wandel von Problemsituationen zusammen, die immer wieder unterschiedliche Interventionen notwendig gemacht haben. In dieser Struktur ist der Sozialarbeiter ein Dienstleister. Er hat die Funktion, für das Gleichgewicht zwischen Rechtsansprüchen, Bedürfnissen und Interessen des Klienten und auf der anderen Seite für die „.Kontrollinteressen seitens öffentlicher Steuerungsagenturen" (Lösch/ Böhnisch 1973, S. 368) zu sorgen.
Die Autoren kritisieren, das dass „Doppelte Mandat" in der Wissenschaft oft als institutionalisierter „Loyalitäts- und Rollenkonflikt" auftritt, der von den Betroffenen in der Praxis auch als solcher erfahren wird. Institutionalisiert bedeutet dass er zu einer Art Regel geworden ist. Damit ist die Rolle des Sozialarbeiters in der Gesellschaft zwar festgelegt, aber dies sagt nichts über den objektiven Charakter dieser Rollen aus. Was bedeutet, dass durch die „dichotome Rollenorganisation" des Sozialarbeiters die einerseits durch die „individuellen Emanzipationschancen" und andererseits durch die „Befriedigung öffentlicher Kontrollinteressen" gekennzeichnet ist, der Konflikt zu seinem persönlichem Problem gemacht wird und die Problematik in der Offentlichkeit somit zum Schweigen kommt.
Wie bereits erwähnt sind nach Ansicht der Autoren die damaligen Professionalisierungsdebatten an dem Kern der Problematik vorbei gegangen. Die Lösungsvorschläge beziehen sich vor allem auf die gröBere Autonomie des Sozialarbeiters. Wenn diese Autonomie sich aber nur auf den Handlungs- und Emanzipationsspielraum gegenüber dem Amt und der Bürokratie ausdrückt, muss erwähnt werden, dass diese Form der Autonomie im Hinblick auf die sozioökonomischen Bedingungen nicht realisierbar ist. Hier ist nun kurz auf die These von Helge Peters (1971) zu verweisen, der von einer „miBlungenen Professionalisierung" spricht. Die Autoren zitieren die Kritik an der Vorstellung des „niedergelassenen Sozialarbeiters", welche aufgrund der „come-structure" der Klienten in der Realität nicht umgesetzt werden kann. Denn dem Verhältnis von Sozialarbeiter und Klient ist immer ein Träger zwischengeschaltet, der Klient kommt zum Träger und dann zum Sozialarbeiter, damit ist die Beziehung der beiden bereits „institutionell" vorbestimmt. Eine Aktualisierung des „Doppelten Mandats" in sozialen Interventionsprozessen wird erst dann stattfinden, wenn sich Koalitionen bilden, die gröBere Beteiligungsmöglichkeiten für den Klienten möglich machen. Allerdings meinen die Autoren, dass diese Emanzipationschancen sich nur schwer jenseits von öffentlichen Institutionen verwirklichen lassen.
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- Quote paper
- Nicole Winand (Author), 2009, Das Doppelte Mandat, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142005
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