Zwischen Wissenschaft und Praxis besteht ein erhebliches Übersetzungsproblem aufgrund von Inkommensurabilität der Kontexte. Kirsch (A-2003: 176f.) unterscheidet diesbezüglich vier Sprachsphären: (1) die Sphäre der Grundlagenforschung, (2) die Sprachsphäre der anwendungsorientierten (Beratungs-) Konzepte, (3) die durch Anwendung entstehende Sprachform des individuellen Anwenders und (4) die gewachsene Sprach- und Lebensform der einzelnen Unternehmen. Mit Hilfe des Präsentationszusammenhangs kann der Übersetzungsprozess zwischen Wissenschaft und Praxis näher beschrieben werden und liefert insofern einen erheblichen Beitrag zu diesem Thema. Daher soll die vorliegende Arbeit einen Versuch darstellen, sich der Problematik der Außendarstellung des Forschungsprozesses – dem Präsentationszusammenhang – zu nähern.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Einleitung
1. Der Präsentationszusammenhang
1.1 Entdeckungs-, Begründungs- und Präsentationszusammenhang erfahrungswissenschaftlicher Forschung
1.2 Der Präsentationszusammenhang im Lichte der Wissenschaftsforschung
1.3 Die Rhetorik wissenschaftlicher Rationalität im Präsentationszusammenhang
1.4 Präsentationszusammenhang, Simulation und der Übersetzungsprozess zwischen Wissenschaft und Praxis
2. Der Präsentationszusammenhang II - alternative Überlegungen
2.1 Defizite der Metapher der „ Ko-Simulation “
2.2 Der Präsentationszusammenhang im Lichte von Kommunikationstheorien
2.2.1 Kommunikation als Prozess der Signalübertragung
2.2.2 Kommunikation als interaktiver Vorgang
Schlussbetrachtung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Entdeckungs-, Begründungs- und Präsentationszusammenhang
Abb. 2: Ränder der Forschung und deren Rückwirkungen auf den Forschungsprozess
Abb. 3: Das Shannonsche Kommunikationssystem 13
Einleitung
Zwischen Wissenschaft und Praxis besteht ein erhebliches Übersetzungsproblem aufgrund von Inkommensurabilität der Kontexte. Kirsch (A-2003: 176f.) unterscheidet diesbezüglich vier Sprachsphären: (1) die Sphäre der Grundlagenforschung, (2) die Sprachsphäre der anwendungsorientierten (Beratungs-) Konzepte, (3) die durch Anwendung entstehende Sprachform des individuellen Anwenders und (4) die gewachsene Sprach- und Lebensform der einzelnen Unternehmen.1
Mit Hilfe des Präsentationszusammenhangs kann der Übersetzungsprozess zwischen Wissenschaft und Praxis näher beschrieben werden und liefert insofern einen erheblichen Beitrag zu diesem Thema. Daher soll die vorliegende Arbeit einen Versuch darstellen, sich der Problematik der Außendarstellung des Forschungsprozesses - dem Präsentationszusammenhang - zu nähern.
Doch was versteht man eigentlich unter dem Präsentationszusammenhang? Um diese Frage zu beantworten, wird auf die von Kirsch/Weber (A-2000) vorgeschlagene Definition zurückgegriffen:
„Mit dem Präsentationszusammenhang ist (...) die Außendarstellung des Forschungspro- zesses gegenüber anderen Akteuren, wie beispielsweise Wissenschaftlern, Praktikern oder Journalisten angesprochen. Die Präsentation gibt nicht die gesamte Komplexität des Forschungsprozesses (im Sinne des Entdeckungs- und Begründungszusammenhangs) wieder und blendet insbesondere dessen ‚naturwüchsige’ und ‚menschliche’ Elemente zugunsten einer rationalen und systematischen Darstellung aus. Mit dem Präsentations- zusammenhang wird das ‚Verkaufen’ bzw. das ‚Marketing’ der wissenschaftlichen Ergeb- nisse aus dem Entdeckungs- und Begründungszusammenhang beschrieben.“ (Kirsch/Weber A-2000: 160)
Den Präsentationszusammenhang kann man somit auch als logische Fortsetzung von Entdeckungs- und Begründungszusammenhang sehen, quasi als dritte Stufe des Forschungsprozesses bei der es um die Außendarstellung der Forschungser- gebnisse geht.
Die vorliegende Arbeit ist in zwei Hauptkapitel gegliedert. Im ersten Kapitel geht es um Grundsätzliches rund um den Präsentationszusammenhang. Hierbei wurde vor- wiegend mit dem von Kirsch/Weber (A-2000) verfassten Arbeitstext gearbeitet und läuft letztlich darauf hinaus, dass das Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Praxis durch eine Art „Ko-Simulation“ gehandhabt werden kann. Kapitel zwei hat hingegen den Schwerpunkt, zu zeigen, dass das Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Praxis auch ohne eine Simulation auskommt. Mit Hilfe von Kommunikationstheorien wird zu verdeutlichen versucht, dass auch eine authentische Präsentation der Forschungsergebnisse denk- und machbar ist.
1. Der Präsentationszusammenhang I
Wie einleitend schon erwähnt, handelt es sich bei dem Präsentationszusammenhang um die Außendarstellung des Forschungsprozesses und kann damit als dritte Stufe der erfahrungswissenschaftlichen Forschung klassifiziert werden. Dies wird nun im Folgenden vertieft betrachtet. Zu diesem Zweck wird der Präsentationszusammen- hang zunächst in den Forschungsprozess eingeordnet (Kapitel 1.1), dann einer Be- trachtung unterschiedlicher Wissenschaftsforschungen unterworfen (Kapitel 1.2), um schließlich über die Rhetorik wissenschaftlicher Rationalität (Kapitel 1.3) zu der Me- tapher der Ko-Simulation und den damit verbundenen Folgen zu kommen (Kapitel 1.4).2
1.1 Entdeckungs-, Begründungs- und Präsentationszusammenhang erfahrungswissenschaftlicher Forschung
Der Forschungsprozess unterliegt in der Literatur der klassischen Untergliederung von Entdeckungszusammenhang und Begründungszusammenhang.3 In der ersten Phase - dem Entdeckungszusammenhang - geht es um die Gewinnung bzw. die „Entdeckung“ von wissenschaftlich neuem Wissen, wobei soziologische, psychologi- sche und andere empirische Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Die zweite Phase des Forschungsprozesses - der Begründungszusammenhang - dient der „Begrün- dung“ der gefundenen Ergebnisse aus dem Entdeckungszusammenhang und unter- liegt einer strengen wissenschaftlichen Disziplin. Einfach gesagt, geht es beim Ent- deckungszusammenhang um die Frage, wie man zu Hypothesen bzw. Theorien gelangt, und beim Begründungszusammenhang, wie diese überprüft werden können.
Der Präsentationszusammenhang gilt nun als Erweiterung bzw. logische Fortsetzung des Forschungsprozesses (als „dritte Phase“ der erfahrungswissenschaftlichen Forschung). Es geht nicht mehr darum, wie man zu Theorien kommt oder wie man diese begründet, vielmehr steht hier die Au ß endarstellung der gefundenen und begründeten Hypothesen bzw. Theorien im Mittelpunkt.
Eine knappe Zusammenfassung der drei Phasen des Forschungsprozesses findet sich in Abbildung 1 wieder. Die Pfeile stehen dabei für die Tatsache, dass die einzelnen Phasen keineswegs unabhängig voneinander sind und nicht als abgeschlossene, einzeln aufeinanderfolgende Stufen gesehen werden dürfen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Entdeckungs-, Begründungs- und Präsentationszusammenhang (Quelle: eigene Überlegun- gen)
Will man nun den Präsentationszusammenhang etwas genauer untersuchen, kann dies anhand von (1) wissenschaftlichem Marketing und (2) Wissenschaftshandlungen geschehen:
(1) Ein zentrales Ziel des Präsentationszusammenhangs ist u.a. die Genese von Aufmerksamkeit. Franck (1998) formuliert dies wie folgt:
„Die Wissenschaft ist ein einziger Kampf um Aufmerksamkeit. (...) Nicht die Aussicht auf ein hohes finanzielles Einkommen gibt den Ausschlag, die Forschung als Beruf zu wählen. Wenn es ein Einkommen ist, das die Berufswahl des Wissenschaftlers motiviert, dann ist es das an Aufmerksamkeit.“ (Frank 1998: 37f.)
Somit ist es für die berufliche Karriere eines Wissenschaftlers von besonderer Wich- tigkeit, Aufmerksamkeit zu kumulieren. Das interessante hierbei ist, dass die Akteure, die die Aufmerksamkeit vergeben, diese auch selbst benötigen, und der Wert der abgegebenen Aufmerksamkeit hängt meist immer davon ab, welche und wie viel Aufmerksamkeit zuvor empfangen wurde.
Der Unterschied vom wissenschaftlichen Marketing und dem Marketing für Produkte und Dienstleistungen besteht nun darin, dass bei Ersterem die Aufmerksamkeit be- reits das Endprodukt darstellt, während beim Marketing für Produkte und Dienstleis- tungen die Aufmerksamkeit lediglich eine Art Vorprodukt verkörpert, das darauf ab- zielt, Geld zu erwirtschaften. Wichtig für das wissenschaftliche Marketing ist auch, dass die Aufmerksamkeit sich nur über die Inhalte (z.B. Fakten, Ergebnisse, etc.) der Präsentation ergeben soll und nicht über die Art und Weise, wie die Inhalte darge- stellt werden.
(2) Des Weiteren kann man an der Unterscheidung von Krohn und Küppers (1987: S. 22ff.) bezüglich Forschungshandlungen und Wissenschaftshandlungen ansetzen, um den Präsentationszusammenhang näher zu betrachten:
Hierbei gehen sie von zwei Merkmalen aus, durch die sich das System der Wissenschaft von der Umwelt abgrenzt: 1. Handlungen, die auf die Erzeugung von Wissen gerichtet sind, sog. Forschungshandlungen, sind Teil der Wissenschaft. Außerdem muss am Selbstverständnis der Forscher angeknüpft werden, um herauszufinden, ob eine solche Forschungshandlung Teil der Wissenschaft oder nur einer Randwissenschaft ist. 2. Es existiert ein permanenter Aushandlungsprozess zwischen den Akteuren, die Forschungshandlungen betreiben.
„Jede Handlung, die auf die Erzeugung von Wissen ausgerichtet ist, ist eine Forschungs- handlung. Forschungshandlungen können also prinzipiell in allen möglichen Handlungs- zusammenhängen auftreten, wie beispielsweise in Wirtschaft oder Religion. Die For- schungshandlungen müssen am Selbstverständnis der Wissenschaftler anknüpfen, um dem Wissenschaftssystem zugerechnet zu werden.“ (Kirsch/Weber A-2000: 164)
Forschungshandlungen4 dienen also dem direkten Ziel der Wissenserzeugung. Wis- senschaftshandlungen5 hingegen unterstützen die Forschungshandlungen, indem sie unter anderem versuchen, die Möglichkeiten zur Durchführung von Forschungshand- lungen zu festigen und zu verbessern. Es geht darum, das Wissenschaftssystem und die damit verbundenen Forschungshandlungen in einer sinnvollen Art und Weise nach außen hin darzustellen. Gelingt dies nicht, sinkt die Unterstützung wieder (siehe auch Balzer 1997: 26ff.). Forschungshandlungen beziehen sich demnach auf den Entdeckungs- und Begründungszusammenhang. Wissenschaftshandlungen haben hingegen den Zweck, das wissenschaftliche Wissen nach außen darzustellen bzw. zu präsentieren. So gesehen, kann der Präsentationszusammenhang als ein externer Begründungszusammenhang betrachtet werden, der nicht notwendigerweise dem internen Begründungszusammenhang entsprechen muss.
1.2 Der Präsentationszusammenhang im Lichte der Wissenschafts- forschung
Im Folgenden sollen zwei ausgesuchte Bereiche der Wissenschaftsforschung kurz vorgestellt werden, um den Präsentationszusammenhang weiter zu vertiefen:
(1) Krohn und Küppers (1987: 43) konstatieren, dass es sieben Ränder zwischen Wissenschaft und Praxis bzw. Rückkoppelungen der Praxis auf den Forschungsprozess gibt. Abbildung 2 fasst diese zusammen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Ränder der Forschung und deren Rückwirkungen auf den Forschungsprozess (Quelle: leicht verändertübernommen aus Krohn/Küppers 1987: 93)
[...]
1 Vgl. ausführlich hierzu Kirsch (A-2003: 175ff.) oder Kirsch (2001: 287ff.).
2 Vgl. zum Folgenden - wenn nicht anders angegeben - Kirsch/Weber (A-2000: 160ff.).
3 Vgl. ausführlich hierzu z.B. Albert (1967) oder Ritsert (1996: 64ff.).
4 Die wichtigsten Typen von Forschungshandlungen sind beispielsweise Experimentieren, Lesen, Nachdenken, Gruppendiskussion etc. (vgl. auch Balzer 1997: 27).
5 Hierbei können z.B. Lehre, Vorträge, Bücher/Zeitschriftenartikel verfassen u.ä. genannt werden (vgl. auch Balzer 1997: 27).
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