Egal ob es um die Armut in Schwarzafrika, die Verlagerung deutscher Werke ins Ausland oder die Kürzung von Sozialleistungen für Arbeitnehmer geht, immer mehr Ereignisse und Tatsachen werden durch die Globalisierung begründet, deren Druck und Auswirkungen sich jeder einzelne unterwerfen muss. Dabei wird aber von den Meisten, seien es Politiker, Globalisierungsgegner oder Wirtschaftsexperten übersehen, dass es schon einmal eine vergleichsweise starke Verflechtung der Volkswirtschaften untereinander gab. Diese, in der neueren Forschung als erste Globalisierungswelle bezeichnete Phase, fand in den Jahren kurz vor dem ersten Weltkrieg ihren Höhepunkt. Und auch schon damals hatten sich gewisse, meist ungeschriebene Spielregeln entwickelt, so dass man schon fast von einem ersten Weltwirtschafts- und Währungsregime sprechen kann. Durch die Industrialisierung hatte sich nicht nur das Gesicht der Wirtschaft und der Nationen vollkommen veränderte, sondern es entstand auch eine neue, vernetztere Welt.
Wie aber verlief diese Integration, die man die erste Globalisierungswelle nennt und inwieweit waren die Volkswirtschaften um die Jahrhundertwende integriert? Das deutsche Reich galt damals als wirtschaftliche Großmacht. Aber wie stand es tatsächlich um die deutsche Wirtschaft? Welche Rolle spielte das deutsche Reich in der Weltwirtschaft und was waren die Gründe dafür?
Zur Beantwortung dieser Fragen wird zunächst auf die weltweite wirtschaftliche Entwicklung einzugehen sein, deren Verlauf kurz skizzieren und danach die zunehmende Integrierung der Volkswirtschaften heraus zu arbeiten. Nach einem kurzen Überblick über die Industrie im wilhelminischen Kaiserreich wird anhand ausgesuchter Beispiele die Integration der deutschen Wirtschaft in den Welthandel näher betrachtet.
Gliederung:
A.) Fragestellung
I.) Fragestellung und Literaturbericht
II.) Von der Weltwirtschaft zur Globalisierung
B.) Das wilhelminische Kaiserreich in der Weltwirtschaft
I.) Die erste Globalisierungswelle?
1.) Aufbau und Verfestigung weltweiter Handelsbeziehungen
2.) Das Zeitalter der Revolutionen: 1750-1880
3.) Die Weltwirtschaft im Zeitalter des Hochimperialismus
4.) Die Struktur der ersten Globalisierungswelle
II.) Deutschlands Stellung in der Weltwirtschaft
5.) Das deutsche Reich in der Hochindustrialisierung
6.) Die Ablösung der Leitsektoren durch die sog. neuen Industrien
7.) Grundbedingungen und Strukturen der Wirtschaft um 1900
8.) Die deutsche Wirtschaft in der Weltwirtschaft
a.) Deutscher Export und die Weltwirtschaft
b.) Die klassischen Industrien (Textil-, Montanindustrie und Bergbau)
c.) Die deutsche Maschinenbauindustrie
d.) Die chemische Industrie
e.) Die Elektroindustrie
C.) Fazit
D.) Anhang
E.) Quellen- und Literaturverzeichnis
I.) Quellenverzeichnis
II.) Literaturverzeichnis
A.) Fragestellung
I.) Fragestellung und Literaturbericht
Egal ob es um die Armut in Schwarzafrika, die Verlagerung deutscher Werke ins Ausland oder die Kürzung von Sozialleistungen für Arbeitnehmer geht, immer mehr Ereignisse und Tatsachen werden durch die Globalisierung begründet, deren Druck und Auswirkungen sich jeder einzelne unterwerfen muss. Dabei wird aber von den Meisten, seien es Politiker, Globalisierungsgegner oder Wirtschaftsexperten übersehen, dass es schon einmal eine vergleichsweise starke Verflechtung der Volkswirtschaften untereinander gab. Diese, in der neueren Forschung als erste Globalisierungswelle bezeichnete Phase, fand in den Jahren kurz vor dem ersten Weltkrieg ihren Höhepunkt. Und auch schon damals hatten sich gewisse, meist ungeschriebene Spielregeln entwickelt, so dass man schon fast von einem ersten Weltwirtschafts- und Währungsregime sprechen kann. Durch die Industrialisierung hatte sich nicht nur das Gesicht der Wirtschaft und der Nationen vollkommen veränderte, sondern es entstand auch eine neue, vernetztere Welt..
Wie aber verlief diese Integration, die man die erste Globalisierungswelle nennt und inwieweit waren die Volkswirtschaften um die Jahrhundertwende integriert? Das deutsche Reich galt damals als wirtschaftliche Großmacht. Aber wie stand es tatsächlich um die deutsche Wirtschaft? Welche Rolle spielte das deutsche Reich in der Weltwirtschaft und was waren die Gründe dafür?
Zur Beantwortung dieser Fragen wird zunächst auf die weltweite wirtschaftliche Entwicklung einzugehen sein, deren Verlauf kurz skizzieren und danach die zunehmende Integrierung der Volkswirtschaften heraus zu arbeiten. Nach einem kurzen Überblick über die Industrie im wilhelminischen Kaiserreich wird anhand ausgesuchter Beispiele die Integration der deutschen Wirtschaft in den Welthandel näher betrachtet.
Zu diesem Zwecke wurden v.a. die Veröffentlichungen von Cornelius Torp verwendet, welche am besten den neuesten Stand der Forschung widerspiegeln. Weiterhin wurden auch die Werke von Kiesewetter und Pohl herangezogen, die beide gute und faktenreiche Veröffentlichungen über die deutsche Industrialisierung bzw. die Weltwirtschaft herausgebracht haben. Für die einzelnen Industriezweige wurden dagegen v.a. auf Werke über die jeweilige Industrie zurückgegriffen. Bei der Untersuchung über die Weltwirtschaft wird auch auf den aktuellen Forschungsstreit in der englischen Fachzeitschrift „European Review of Economic History“, allerdings nur kurz, eingegangen. Als Quellen wurden hauptsächlich Veröffentlichungen zeitgenössischer und zeitnaher Wirtschaftshistoriker herangezogen. Auf eine Verwendung von zeitgenössischen Statistikreihen wurde, aufgrund vielfältiger Mängel, weitgehend verzichtet. Stattdessen wurden vielfach geprüfte und aufbereitete statistische Daten der neueren Autoren herangezogen (z.B. Torp).
II.) Von der Weltwirtschaft zur Globalisierung
Doch vor einer näheren Betrachtung des Themenkomplexes ist eine Bestimmung der Begriffe Weltwirtschaft und Globalisierung nötig. Zunächst gilt es festzuhalten, dass der Begriff Weltwirtschaft schon relativ früh auftauchte, während der Begriff der Globalisierung erst in den 1990er Jahren geprägt wurde.
Auch wenn sich der Begriff im Laufe der Jahre wandelte, grundsätzlich bedeutet Weltwirtschaft das Zusammenwirtschaften der Menschheit auf der Erde.[1] Diesem Minimalkonsens werden von Wissenschaftler meist weitere Spezifika hinzugefügt, so zum Beispiel die internationale Arbeitsteilung, oder die Vorraussetzung eines hochentwickelten Verkehrswesens.[2]
Demgegenüber steht der Modebegriff der Globalisierung, der im Gegensatz dazu nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Sphären der Politik und der Kultur mit einbezieht, sowie auch eine zeitliche Dimension umfasst. Er impliziert eine Beschleunigung der Reduktion von Distanzen und der Interdependenzen zwischen zuvor regional oder national abgegrenzten Wirtschaftsräumen.[3] Man hat hier also eine qualitativ weitreichendere Definition, da der Prozess der Globalisierung sich immer mehr beschleunigt und, obwohl ursprünglich ökonomisch benutzt, aus der wirtschaftlichen Sphäre inzwischen hinausgewachsen ist..[4] Für die aufgeworfene Fragestellung interessiert allerdings nur der wirtschaftliche Aspekt der Globalisierung. Um die Globalisierung allerdings vom Begriff der Weltwirtschaft zu unterscheiden, ist es wichtig, einige Differenzen aufzuzeigen. Während der Begriff Weltwirtschaft v.a. einen Zustand beschreibt, zumeist nämlich die Gesamtheit aller Volkswirtschaften auf der Erde, unabhängig davon ob und wie sehr sie miteinander verbunden sind, kann man den Prozess der Globalisierung an der immer weiter fortschreitenden Integration festmachen. Dies lässt sich anhand einiger wirtschaftlicher Eckdaten nachweisen, nämlich die Exportquote von Volkswirtschaften, die immer geringer werdenden Preisdivergenzen zwischen weit entfernten Märkten, Kapitalexport und Auslandsinvestitionen sowie das quantitative Wachstum des Welthandels.[5] Daneben gibt es auch noch eine eher gesellschaftliche Auswirkung, nämlich die Verfügbarkeit von ausländischen Massengütern für immer weitere Kreise der Bevölkerung. Dies ist ein Indiz für Arbeitsteilung zwischen den Volkswirtschaften, die dann zustande kommen kann, wenn für bestimmte Produkte die ausländische Konkurrenz so groß ist, dass sich deren heimische Produktion nicht lohnt. Wichtig ist dabei v.a., dass es nicht um Güter handelt, die in Europa schwer oder gar nicht produziert werden können (wie z.B. Gewürze, Pfeffer, etc).
Fraglich ist allerdings, ob es schon vor der ersten Globalisierungswelle Integrationstendenzen gab und inwieweit sich diese auf die erste Globalisierung sich auswirkte. Denn schon bevor Portugiesen und Spanier ihre Flotten über den Atlantik schickten, konnte man in Europa westasiatische, arabische und sogar chinesische Luxusgüter kaufen.
B.) Das wilhelminische Kaiserreich in der Weltwirtschaft
I.) Die erste Globalisierungswelle?
1.) Aufbau und Verfestigung weltweiter Handelsbeziehungen
Wie schon oben erwähnt, konnte man um schon vor dem Beginn der Globalisierung in Europa Luxusgüter weit entfernter Kontinente kaufen, die durch die italienischen Stadtstaaten nach Europa gebracht wurden. Doch blieb dieser Warenaustausch in Zahlen gemessen sehr klein und in diesem schwachen Geflecht des interkontinentalen Handels fehlten auch noch die südafrikanischen und ostasiatischen Gebiete, sowie v.a. der amerikanische Kontinent. Auch als diese Gebiete im Gefolge der Kolonialisierung durch die iberischen Länder im 15. und 16. Jahrhundert an den Weltmarkt angeschlossen wurden, geschah dies nur sehr schwach. So registrierte die ostindische Handelskompanie in der ersten Hälfte des 17. Jahrhundert pro Jahr durchschnittlich gerade mal 7 aus Ostasien zurückgekehrte Handelsschiffe, in der zweiten Hälfte waren es immerhin ca. 13.[6] Damit ist der quantitative Anteil des Fernhandels am Gesamthandel verschwindend gering. Hinzu kommt, dass nur seltene, teuere und in Europa nicht produzierbare Luxusgüter genügend hohe Gewinnmargen abwarfen.[7] Erst im 18. Jahrhundert begann sich der Welthandel zu intensivieren, v.a. aufgrund der amerikanischen Sklavenplantagen. Diese Sklavenplantagen, deren große Zeit im 17. Jahrhundert begann, sollten zunächst die steigende Nachfrage in Europa nach Gütern wie Zucker, Tabak, Kaffee und Tee decken. Sie verbreiteten sich so rasch, dass ab Mitte des 18. Jahrhunderts Tee und Zucker in England zu Volksnahrungsmitteln wurden.[8] Dies führte zu einem Aufschwung des schon genannten Dreieckhandels, da in Amerika eine stetig steigende Nachfrage nach Sklaven bestand. Damit wurden schon wichtige Teilaspekte der Globalisierung erfüllt. Man findet hier spezielle Gewerbebereiche, die ausschließlich für den Export produzierten und stetig steigendes Angebot und Nachfrage, sowie Märkte, die über verschiedene Kontinente hinweg verflochten waren. Jedoch handelte es sich immer noch um wenige Luxusgüter, die erst nach und nach zu Massengütern, die auch für weite Bevölkerungsschichten erschwinglich waren, wurden.[9]
Dennoch spielt diese Epoche eine wichtige Rolle für sie spätere Entwicklung sowohl der industriellen Revolution, als auch für den Welthandel. Denn im 18. Jahrhundert baute und sicherte England Stützpunkte und Handelsniederlassungen in der ganzen Welt und gewann Einfluss auf Indien, bzw. konnte mit den nordamerikanischen Kolonien wichtige Anbaugebiete für Agrarprodukte, v.a. Baumwolle gewinnen. Diese sollten für den ersten Leitsektor der Industrialisierung, nämlich die Textilindustrie von entscheidender Bedeutung sein. Denn die Textilindustrie war entscheidend auf den interkontinentalen Handel angewiesen. Ihre Grundlage, die Baumwolle, konnte in Europa nicht angebaut werden, so dass die britische Textilindustrie von Beginn an mit Baumwollimporte aus Amerika produzierte.[10]
Hinzu kommt, dass mit dem Überseehandel bereits Kapital im größeren Maßstab akkumuliert werden konnte. Dieses Kapital aus dem Sklavenhandel und aus der Plantagenwirtschaft floss teilweise nach Europa zurück und wurde dort wieder angelegt. Mit diesem Kapital wurden Banken gegründet und Erfinder unterstützt (sog. Risikokapital). Das berühmteste Beispiel ist wohl James Watt, der mit Hilfe des Kapitals von Sklavenhändlern die Erfindung seiner Dampfmaschine finanzieren konnte.[11]
Aber wohl am wichtigsten für die Industrialisierung war, dass sich im 18. Jahrhundert feste, weltweite Fernhandelsnetzwerke bildeten. So hatte zum Beispiel der Sklavenhandel eine äußerst wichtige Funktion. Die millionenfache Verschiffung von Sklaven nach Amerika, sorgte sowohl in Amerika, als auch in Afrika für eine große Nachfrage nach billigen Massenprodukten. So konnte man die Sklaven am billigsten mit industriell gefertigten Textilien einkleiden, bzw. man benötigte Metallwerkzeuge zur Bearbeitung der Felder. Auf der anderen Seite des Atlantiks stieg die Nachfrage nach europäischen Produkten. Denn die Sklaven mussten auf den afrikanischen Märkten ja auch gekauft werden, oder am besten gegen europäische Produkte eingetauscht werden.[12]
Das war zwar nicht der Zündfunke für die Industrialisierung, aber durch den Übergang von der unregelmäßigen Verschiffung von Luxusgütern zur massenweise Verschiffung von bestimmten Gütern bzw. Sklaven, entstanden erstmals eine größere Nachfrage nach möglichst billig produzierten Massengütern, die auf schon bestehenden Handelswegen in die ganze Welt verschifft werden konnten. Die europäischen Nationen profitierten also durch die, von ihnen selbst veränderten regionalen Wirtschaftsräumen und überregionalen Handelsnetzwerken, so dass die Geschichte der Industrialisierung eng verbunden ist mit der Herausbildung fester und vielfach genutzter Fernhandelswege und der selbstgeschaffenen, massiv gesteigerten Nachfrage und Angebot in verschiedenen Teilen der Welt.
2.) Das Zeitalter der Revolutionen: 1750-1880
Während das 17. und das 18. Jahrhundert v.a. die Grundvoraussetzungen der Globalisierung herausbildete, also der Aufbau von festen Schifffahrtslinien, Handelsstützpunkten und Handelsbeziehungen sowie durch die Akkumulation von Kapital, welches als Risikokapital wieder investiert wurde, hat das nun folgende Zeitalter, welches vor allem von drei großen Revolutionen geprägt war, die Welt in einem ungeahnten Ausmaß für immer veränderten.
Die erste davon war die industrielle Revolution, die in England ihren Anfang nahm. Hier trafen die idealen wirtschaftlichen Vorraussetzungen und die Erfindung der Dampfmaschine zusammen. Die Ersetzung von Menschen- und Pferdekraft durch eine ungleich größere mechanische Kraft führte dazu, dass Güter in einem bislang ungeahnten Maße hergestellt und bewegt werden konnten, was zu einer enormen Preissenkung dieser Güter führte. Das führte dazu, dass selbst nach einem Transport um die halbe Welt, die damals noch britischen Waren die heimischen Produkte im Preis unterbieten konnte. Daher verwundert es nicht, dass im Gegensatz zu dem noch kaum industrialisierten Kontinentaleuropa, der Großteil der britischen Waren nicht nach Europa exportiert wurden.[13]
Doch die Dampfmaschine konnte nicht nur Menschenkraft ersetzen, sondern auch den Wind und so wurde sie innerhalb kürzester Zeit auf Schiffen eingesetzt. Damit begann eine weitere Revolution, nämlich die sog. Transportrevolution. Schon in den 1830er Jahren wurde ein regelmäßiger Dampferverkehr über den Atlantik aufgenommen und innerhalb kürzester Zeit wurden weitere Strecken in Betrieb genommen.[14] Ein wichtiger Meilenstein für die Seeschifffahrt war die Inbetriebnahme des Suezkanal 1869, der hauptsächlich für Dampfer geeignet war. Dank dieser Abkürzung konnte die Strecke von Westeuropa nach Indien um bis zu 40% verkürzt werden.[15] Aber auch auf dem Land veränderte sich das Verkehrswesen durch die Erfindung der Dampfmaschine. Denn durch die Einführung der Eisenbahn konnten auch auf dem Landweg eine große Menge Güter kostensparend transportiert werden, v.a. nachdem die Eisenbahnnetze stetig wuchsen und die Lokomotiven immer kräftiger wurden. So wurde es möglich, dass Güter nicht nur billig von Hafen zu Hafen gebracht werden konnte, sondern auch weit ins Binnenland hinein. Das führte dazu, dass zum einen die großen Überseehäfen wie London, Rotterdam oder Hamburg aufgrund der Anbindung an ein konsumkräftiges Hinterland nun zu den wichtigsten Umschlagzentren wurden und innerhalb einer kurzen Zeit ihren Warenumschlag um ein Vielfaches vergrößern konnten.[16] So wurden aus regional relativ autarken Märkten innerhalb kürzester Zeit durch die Vernetzung regionaler Wirtschaftszentren große Wirtschaftsräume, die wiederum über See- bzw. Eisenbahnverbindungen miteinander vernetzt waren.
Die dritte Revolution in diesem Zeitraum war die Erfindung des Telegraphen durch Samuel Morse. Mit der Invention der Gottaperchapresse wurden Unterseekabeln möglich, wodurch man die Kontinente an das intrakontinentale Fernmeldenetz anbinden konnte. Dies führte dazu, dass die Übertragungszeit einer Nachricht von heute auf morgen von mehreren Wochen auf wenige Minuten sank. So konnte man die Übermittlungszeit durch die Verlegung des ersten transkontinentalen Kabels zwischen Irland und Neufundland von drei Wochen auf wenige Minuten senken.[17] Die Auswirkungen auf die Wirtschaft waren enorm, da man jetzt flexibel auf Angebot und Nachfrage reagieren konnte. Aufgrund ihrer hohen Übermittlungskosten konzentrierten sich die Telegrafenfirmen dann auch hauptsächlich auf Wirtschaftsnachrichten, v.a. von Börseninformationen.[18]
Die industrielle Revolution in enger Verbindung mit den bahnbrechenden Erfindungen Dampfmaschine und Telegrafie sorgten für ungeahnte Möglichkeiten. Jetzt konnten innerhalb von Minuten die Preise auf verschiedenen Kontinenten verglichen werden, bevor man Schiffe mit Waren losschickte, die aufgrund der neuen, von Wind und Wetter unabhängigen Verkehrssysteme auch ziemlich zuverlässig zu der Zeit ankamen, die man vorausgesagt hatte. Die industrielle Revolution ermöglichte jetzt auch eine so billige Produktion und einen so billigen Transport von Massengütern, dass es sich auch lohnte, diese Güter in weiter entfernte Wirtschaftsräume zu verschicken.
Hinzu kam, dass mit dem Cobden-Chevalier-Vertrag 1860 eine kurze Phase des Freihandels begann. Für knapp 2 Jahrzehnte wurden die Außenhandelszölle gesenkt und die kontinentaleuropäischen Industrieländer gewährten sich gegenseitig die Meistbegünstigung. Ausnahme aus diesem System bildeten nur die USA und Russland, die ihre Zölle nur marginal senkten und England, dass schon ab 1846 zum Freihandel übergegangen war und diesen auch nach 1880 nicht mehr einschränken sollte.[19] Das bedeutete, dass ausländische Waren in ganz Europa sich stark verbilligten, da der Preisfaktor Zoll nun fast gänzlich wegfiel. Jedoch bedeutete auch der Übergang von Freihandel zum Protektionismus nach 1880 noch nicht, dass die Zölle gleich wieder auf ein hohes Niveau gehoben wurden. Meist wurden nur ein Agrarprotektionismus betrieben, der auf die Industriezölle kaum Auswirkungen hatte. Diese blieben lange Zeit, auch nach Beginn der Protektionismusphase niedrig und erreichten niemals das hohe Niveau der Zwischenkriegszeit.[20]
[...]
[1] Vgl. von Waltershausen, Handwörterbuch, S.892
[2] Vgl. Borchardt, Globalisierung, S.16, der dies anhand von Röhrig aufzeigt.
[3] Vgl. Hertner, Integrationsphasen, S.30.
[4] Vgl. Osterhammel, Geschichte, S.11f.
[5] Vgl. Tilly, Globalisierung, S.9f.,
[6] Vgl. Hertner, Integrationsphasen, S.33.
[7] Vgl. O’Rourke, Globalisation, S.26f.
[8] Vgl. Osterhammel, Geschichte, S.43.
[9] vgl. Flynn, Path dependence, S.92.
[10] Vgl. Mücke, Sklavenhandel, S.98.
[11] Vgl. Mücke, Sklavenhandel, S.97.
[12] Vgl. Mücke, Sklavenhandel, S.97.
[13] Vgl. Pohl, Aufbruch, S.206.
[14] Vgl. Osterhammel, Geschichte, S.53.
[15] Vgl. Hertner, Integrationsphasen, S.35.
[16] Vgl. Pohl, Aufbau, S.222, Tabelle X.2.
[17] Vgl. Hertner, Integrationsphasen, S.35.
[18] Vgl. Wobring, Globalisierung, S.327., sowie Ahvenainen, Role, S.76f.
[19] Vgl. Pohl, Aufbau, S.45ff., sowie Tabelle III.1.
[20] Vgl. für Agrargüter Klovland, Commodity, S.167, Table 1, sowie für Industriegüter Findlay, Commodity, S.51, Table 1.5.
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