Meine Hausarbeit beschäftigt sich mit Götz Alys Interpretation einiger wirtschaftshistorischer Aspekte des Nationalsozialismus in seinem Werk „Hitlers Volksstaat“ und untersucht die Rezeption ausgewählter Thesen Alys in der Geschichtswissenschaft.
Der Gegenstand seiner Untersuchung ist sehr komplex und gleichzeitig für die Bewertung des nationalsozialistischen Regimes von zentraler Bedeutung. Es geht unter anderem um die Verantwortung und Mitschuld von Millionen von Deutschen, die nicht aktiv als Nationalsozialisten oder Antisemiten in Erscheinung traten, und doch durch ihre stille Akzeptanz der nationalsozialistischen Herrschaft, diese erst ermöglichten. Vor allem die beiden Hauptthesen Alys, die Kriegskosten Deutschlands seien zum einem Großteil von den besetzten Gebieten in Europa aufgebracht worden , und die Mehrzahl der Deutschen habe vom Krieg und der Ausbeutung anderer Länder effektiv profitiert , berühren diesen Bereich der Aufarbeitung.
Die Darstellung sorgte in ihrem Erscheinungsjahr 2005 für großes Aufsehen und fand ein vielfältiges Echo, sowohl in einigen der größten deutschen Tageszeitungen und Zeitschriften als auch in renommierten Publikationsorganen der Historiographie. Neben dem Spiegel, der Zeit, der tageszeitung, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Frankfurter Rundschau reagierten auch spezialisiertere Periodika, wie die politische Monatszeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik, die historiographischen Publikationsorgane sehepunkte, Sozial.Geschichte, die Zeitschrift für Geschichtswissenschaft und viele mehr auf die Veröffentlichung von Alys Buch . Neben Rezensionen fanden sich auch viele dezidierte Kritiken an Alys Methode und Schlussfolgerungen, die teilweise von verschiedenen Seiten und auf unterschiedliche Weise seine Thesen angriffen. An wenigen ausgewählten Beispielen möchte ich den Verlauf und einige Positionen der Diskussion skizzieren.
Gliederung
1. Einleitung
1.1.Vorstellen des Forschungsgegenstandes
1.2. Erläuterung der Vorgehensweise der Arbeit
2. Hauptteil
2.1. Einführung in ausgewählte Thesen aus Hitlers Volksstaat
2.2. Gemeinsamkeiten einiger Rezensionen als Beispiel für die Rezeption von Alys Werk Hitlers Volksstaat
2.3. Alys Diskussion mit J. Adam Tooze in der tageszeitung
2.4. Diskussion Alys mit Wehler und anderen in den Blättern für deutsche und internationale Politik
2.5. Antwort auf die Kritik aus der Taschenbuchausgabe von Hitlers Volksstaat
3. Schluss
3.1. Resümee und Überlegungen zum Erkenntnisgewinn durch die Diskussion um Hitlers Volksstaat
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Vorstellen des Forschungsgegenstandes
Meine Hausarbeit beschäftigt sich mit Götz Alys Interpretation einiger wirtschaftshistorischer Aspekte des Nationalsozialismus in seinem Werk „Hitlers Volksstaat“[1] und untersucht die Rezeption ausgewählter Thesen Alys in der Geschichtswissenschaft.
Der Gegenstand seiner Untersuchung ist sehr komplex und gleichzeitig für die Bewertung des nationalsozialistischen Regimes von zentraler Bedeutung. Es geht unter anderem um die Verantwortung und Mitschuld von Millionen von Deutschen, die nicht aktiv als Nationalsozialisten oder Antisemiten in Erscheinung traten, und doch durch ihre stille Akzeptanz der nationalsozialistischen Herrschaft, diese erst ermöglichten. Vor allem die beiden Hauptthesen Alys, die Kriegskosten Deutschlands seien zum einem Großteil von den besetzten Gebieten in Europa aufgebracht worden[2], und die Mehrzahl der Deutschen habe vom Krieg und der Ausbeutung anderer Länder effektiv profitiert[3], berühren diesen Bereich der Aufarbeitung.
Die Darstellung sorgte in ihrem Erscheinungsjahr 2005 für großes Aufsehen und fand ein vielfältiges Echo, sowohl in einigen der größten deutschen Tageszeitungen und Zeitschriften als auch in renommierten Publikationsorganen der Historiographie. Neben dem Spiegel, der Zeit, der tageszeitung, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Frankfurter Rundschau reagierten auch spezialisiertere Periodika, wie die politische Monatszeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik, die historiographischen Publikationsorgane sehepunkte, Sozial.Geschichte, die Zeitschrift für Geschichtswissenschaft und viele mehr auf die Veröffentlichung von Alys Buch[4]. Neben Rezensionen fanden sich auch viele dezidierte Kritiken an Alys Methode und Schlussfolgerungen, die teilweise von verschiedenen Seiten und auf unterschiedliche Weise seine Thesen angriffen. An wenigen ausgewählten Beispielen möchte ich den Verlauf und einige Positionen der Diskussion skizzieren.
1.2. Erläuterung der Vorgehensweise der Arbeit
Hierzu werden in einem ersten Schritt wichtige ausgewählte Prämissen und Thesen Alys, wie er sie in seinem Buch „Hitlers Volksstaat“ vertritt, vorgestellt.
In einem zweiten Schritt wird an einzelnen Beispielen gezeigt, wie die Wissenschaftsgemeinde auf Alys Thesen reagierte und welche Kritik geäußert wurde. Zu Beginn werden hierzu einige Rezensionen betrachtet und auf Gemeinsamkeiten hin untersucht. Vor allem die, in der Zeitschrift sehepunkte 5 (2005) erschienenen Rezensionen von Winfried Süß und anderen und die Buchbesprechung von Yehuda Bauer aus der Zeit sowie Beiträge in der Zeitschrift Sozial.Geschichte 3 (2005) von Ebbinghaus, Buchheim und anderen, werden hierzu verwendet . Schließlich wird Alys Reaktion darauf aus dem Nachwort der Taschenbuchausgabe und aus Zeitungs- und Zeitschriften-Artikeln der Kritik gegenübergestellt. Besonders ergiebig ist hierfür die Diskussion vom 12./13., 15. und 16. 3. 2005 zwischen Götz Aly und J. Adam Tooze, die in der tageszeitung erschien. Tooze kritisiert (neben einigem Lob) die Berechnungen Alys zum Kriegshaushalt des Dritten Reiches. Aly verteidigt seine Methode und seine Argumentation, während Tooze in seiner Kritik exemplarisch für eine ganze Reihe anderer kritischer Stimmen steht. Besonders fruchtbar scheint mir diese Diskussion, weil Tooze 2006 ein eigenes Werk zur Wirtschaftsgeschichte des Nationalsozialismus, Ökonomie der Zerstörung, veröffentlichte, das in weiten Teilen Alys Thesen zurückweist und eine eigene, ihm widersprechende Argumentation entwickelte. Während Aly davon ausgeht, dass zwei Drittel der deutschen Kriegskosten von den besetzten Ländern aufgebracht wurden, vertritt Tooze die Ansicht, dass über 70 % des deutschen Kriegshaushalts von Deutschland und Deutschen aufgebracht wurde.
Auf methodische Schwierigkeiten stoßen wir, weil die Wirtschaftsdaten für diese Zeit teilweise unvollständig und unbestätigt sind. Unter anderem liegt das daran, dass der Staatshaushalt schon seit 1935 geheim gehalten wurde[5]. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und teilweise auch schon vorher sind viele der relevanten Daten von den Beteiligten vernichtet oder geschönt worden.[6] Außerdem steht der diskutierte Gegenstand in einem komplexen Zusammenhang von sich wechselseitig beeinflussenden Faktoren. Die Quellen sind über ganz Europa verstreut und teilweise noch ungesichtet und unveröffentlicht. Aus all dem ergeben sich eine Vielzahl an Interpretationsansätzen und ein großer Diskussionsbedarf.
Letzten Endes geht es in dieser Hausarbeit auch darum, an diesem konkreten Beispiel, zu zeigen, wie bereichernd die wissenschaftliche Diskussion sich widersprechender Forschungspositionen sein kann.
2. Hauptteil
2.1. Einführung in ausgewählte Thesen aus Hitlers Volksstaat
Im Zentrum von Alys Analyse des Nationalsozialismus steht das Verhältnis der nationalsozialistischen Führung zu der deutschen Bevölkerung[7]. Er geht in seiner Untersuchung von dem Begriff der „Stimmungsdiktatur“[8] aus. Analog dazu beurteilt er Hitler und die führenden NSDAP-Mitglieder als klassische „Stimmungspolitiker“[9], die ständig bemüht gewesen seien, die Meinung der Bevölkerung zu erfahren und danach flexibel ihre Politik ausrichteten, um diese Stimmung positiv zu beeinflussen. Auf diese Weise hätten sie die Akzeptanz der Deutschen erlangt, was ihnen wiederum die Durchsetzung ihre rassen- und außenpolitischen Ziele ermöglicht habe. Er argumentiert, die Nationalsozialisten hätten dieses Ziel vor allem durch die Errichtung eines rassistischen Sozialstaats erreicht, in dem die Mehrheit der Bevölkerung von der nationalsozialistischen Politik profitiert habe[10]. Diese, vor allem materiellen, Vorteile seien auf Kosten der besetzten Länder Europas und in besonderem Maße durch die Beraubung und Ermordung der europäischen Juden „mit den Mitteln des Raub- und Rassenkriegs“[11] bezahlt worden.
2.2. Gemeinsamkeiten der Rezensionen als Beispiel für die Rezeption von Alys Werk
Als Beispiele für die Rezeption von Hitlers Volksstaat habe ich fünf Rezensionen, die alle in der Ausgabe 5 der Zeitschrift sehepunkte aus dem Jahr 2005 veröffentlicht wurden, sowie Beiträge aus der 3. Ausgabe des Jahres 2005 aus der Zeitschrift Sozial.Geschichte ausgewählt. Anstatt jede einzeln vorzustellen, möchte ich mich darauf beschränken, Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten.
Ein häufig vorgebrachter Kritikpunkt an Alys Untersuchung stellt seine These dar, der nationalsozialistische Staat habe sowohl mit sozialstaatlichen Mitteln als auch durch eine Steigerung des allgemeinen Lebensstandards die Zustimmung breiter Schichten der Bevölkerung erkauft.
Rüdiger Hachtmann weist daraufhin, dass sowohl die durchschnittliche Wochenarbeitszeit[12], als auch die, steuerlich nicht erfassten, zusätzlichen Zwangsabgaben auf Lohneinkommen nach 1933 drastisch gestiegen sind[13]. Zudem wurden die Partizipationsmöglichkeiten der Arbeiter durch das Verbot der Gewerkschaften und die Einführung der „Treuhänder der Arbeit“ extrem eingeschränkt[14]. Hinzu kommt noch, dass die Arbeitszeiten verlängert wurden[15], und in vielen Branchen unterhalb der Tarifgrenzen bezahlt wurde[16]. Gleichzeitig sind sich die Kritiker einig, dass die Konsummöglichkeiten auch in Deutschland sanken[17] und somit der Lebensstandard der Vorkriegszeit, schon allein durch die verschlechterte Lebensmittelversorgung, nicht gehalten werden konnte[18]. Diese Einschnitte in der Versorgung lassen sich unter anderem auch auf die massiv gesteigerte Rüstung zurückführen.
[...]
[1] Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus. Durchgesehene und erweiterte Ausgabe Frankfurt a. M. 2006.
[2] Ebd., S. 325.
[3] Ebd., S. 361.
[4] Einen Überblick über die Reaktionen auf sein Buch bietet Aly selbst im Nachwort zur Taschenbuchausgabe von „Hitlers Volksstaat“: Ebd., S. 369f.
[5] Ebd. S.353.
[6] Barbarei aus Gefälligkeit? Götz Aly im Streitgespräch mit Hans-Ulrich Wehler, Hans Mommsen und Micha Brumlik, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 7 (2005), S. 796-810, S. 797f.
[7] Ebd. S.35.
[8] Ebd. S.36.
[9] Ebd.
[10] Ebd. S.339.
[11] Aly: Volksstaat, S.11.
[12] Rüdiger Hachtmann: Öffentlichkeitswirksame Knallfrösche- Anmerkungen zu Götz Alys „Volksstaat“, in: Sozial.Geschichte, 3 (2005), S.46-66, S.48; ders.: Rezension von: Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus, Frankfurt a.M.: S. Fischer 2005, in: sehepunkte 5 (2005), Nr. 7/8 [15.07.2005], URL: http://www.sehepunkte.historicum.net/2005/07/8191.html (28.06.2008).
[13] Hachtmann: Knallfrösche, S.50; ders.: Rezension Aly.
[14] Ders.: Knallfrösche: S.49.
[15] Ebd.: S.48.
[16] Ebd.: S.40.
[17] Johannes Bähr: Rezension von: Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus, Frankfurt a.M.: S. Fischer 2005, in: sehepunkte 5 (2005), Nr. 7/8 [15.07.2005], URL: http://www.sehepunkte.historicum.net/2005/07/8192.html (28.06.2008);ähnlich: Winfried Süß: Rezension von: Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus, Frankfurt a.M.: S. Fischer 2005, in: sehepunkte 5 (2005), Nr. 7/8 [15.07.2005], URL: http://www.sehepunkte.historicum.net/2005/07/7698.html (28.06.2008).
[18] Christoph Buchheim: Die vielen Rechenfehler in der Abrechnung Götz Alys mit den Deutschen unter dem NS-Regime. In: Sozial.Geschichte 3 (2005), S. 67-76, S. 68f., S. 71.
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