Während der Sozialstaat in den letzten fünfzig Jahren die Verbesserung der Lebensbedingungen der österreichischen Bevölkerung maßgeblich beeinflußt hat, zeigt sich in jüngster Zeit immer deutlicher, dass er den steigenden Anforderungen, die an ihn gestellt werden, nicht mehr gerecht werden kann. Seit mehr als 20 Jahren steht das System der sozialen Sicherung (keineswegs nur in Österreich) im Zentrum der Kritik. Einerseits, weil die Finanzierung durch steigenden Leistungsbezug bei schwindender Finanzierungsbasis unter Druck geraten ist, andererseits durch die Lückenhaftigkeit des sozialen Netzes, die gerade durch fortschreitende Veränderungen auf dem Erwerbsarbeitsmarkt – wie steigende Arbeitslosigkeit und Zunahme atypischer Beschäftigungen – virulent wird. Inzwischen ist offensichtlich, dass de facto nicht nur die Vollbeschäftigung selber unwiderbringlich zu einem Ende gekommen ist, sondern dass auch die Vollbeschäftigung als Konzept und Grundlage für soziale Sicherung sowie die lange Zeit vorherrschende Allgemeingültigkeit des Normalerwerbsarbeitsverhältnisses ausgedient hat.
Die aktuelle Armutsforschung macht deutlich, dass Verarmungstendenzen selektiv auftreten, d.h. dass offensichtlich Frauen verstärkt von diesem Phänomen betroffen sind: einerseits aufgrund der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung, andererseits durch die spezifisch weibliche Inklusion in das System der sozialen Sicherung durch von der Ehe abgeleitete Ansprüche. Noch immer sind weibliche Berufskarrieren häufig “Patchwork-Karrieren”, geprägt von Berufsunterbrechungen sowie von vom Normalarbeitsverhältnis abweichenden Beschäftigungsformen. Verschärfend wirken sich fortschreitende Erosionstendenzen von Ehe und Familie aus – den traditionellen Sicherungsinstanzen für Frauen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Gestaltungsmerkmale des österreichischen sozialen Systems
- Gesellschaftliche Veränderungen
- Pluralisierung der Lebensstile
- Erosion gesellschaftlicher Solidarität
- Wirtschaftliche Veränderungen und ihre Auswirkungen: Globalisierung - Neoliberalismus - Nationalstaat
- Politische Veränderungen: Vom "goldenen Zeitalter des Österreichischen Wohlfahrtsstaates" bis zur Gegenwart
- Veränderungen am Arbeitsmarkt
- Strukturelle Veränderungen am Erwerbsarbeitsmarkt
- Qualifikatorische Veränderungen
- Veränderungen der Erwerbstätigkeit
- Verarmungsrisiko als Folge der vorher genannten Veränderungen
- Frauen und soziale Sicherung
- Rechtliche Gleichstellung
- Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung und weibliche Erwerbsbeteiligung
- Geschlechtsspezifische Hierarchisierung der Erwerbsarbeit
- Weibliche Erwerbsarbeit - Atypisierung
- Soziale Absicherung von Frauen
- Absicherung durch "Hausfrauenehe"
- Absicherung durch eigene Erwerbsarbeit
- Grundsicherung
- Historische Entwicklung der Grundsicherungsidee
- Ideologische und aktuelle partei-politische Positionen in der Grundsicherungsdiskussion
- Neoliberale Position
- Sozialreformerische Position
- Grundsicherungsmodelle
- Neoliberale Konzepte
- Sozialreformerische bzw. sozialutopische Konzepte
- Grundsicherungsmodelle und Frauen
- Ausgangspunkt: der "weibliche Lebenszusammenhang"
- Problemlösungsstrategien in der Frauenpolitik
- Optionen im Rahmen der feministischen Theorie
- Gleichheit
- Differenz
- Grundsicherungsmodelle und ihre Problemlösungskapazität
- Grundeinkommen - unabhängig von Erwerbsarbeit
- Bedarfsorientierte Grundsicherung - Arbeitsmarktintegration
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit analysiert die Auswirkungen verschiedener Grundsicherungsmodelle auf Frauen in Österreich. Die Arbeit betrachtet die historischen Entwicklungen, aktuellen politischen Positionen und die verschiedenen Konzepte der Grundsicherung. Zudem wird der Fokus auf die spezifischen Herausforderungen und Chancen für Frauen gelegt, die sich aus den unterschiedlichen Grundsicherungsmodellen ergeben.
- Geschlechtsspezifische Auswirkungen von Grundsicherung
- Vergleichende Analyse von neoliberalen und sozialreformerischen Konzepten
- Bewertung der Problemlösungskapazität von Grundsicherungsmodellen für Frauen
- Bedeutung von Reproduktionsarbeit und deren Einfluss auf die soziale Sicherung von Frauen
- Feministische Perspektiven auf die Gestaltung von Grundsicherungssystemen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung skizziert die Problematik der sozialen Sicherung in Österreich und die wachsende Bedeutung von Grundsicherung im Kontext gesellschaftlicher Veränderungen. Kapitel 1 beleuchtet die Transformation des österreichischen sozialen Systems und die Auswirkungen auf die soziale Absicherung von Frauen. Kapitel 2 analysiert die rechtliche Gleichstellung von Frauen und die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, die die soziale Sicherung von Frauen beeinflusst. Kapitel 3 beschäftigt sich mit der historischen Entwicklung, den ideologischen Positionen und den verschiedenen Modellen der Grundsicherung. Die Kapitel 4 und 5 untersuchen die Auswirkungen verschiedener Grundsicherungsmodelle auf Frauen, insbesondere das Grundeinkommen und die bedarfsorientierte Grundsicherung, wobei sowohl positive Aspekte als auch potenzielle Nachteile beleuchtet werden.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen der Diplomarbeit sind Grundsicherung, Frauen, soziale Sicherung, Arbeitsmarkt, Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, Neoliberalismus, Sozialreform, Grundeinkommen, bedarfsorientierte Grundsicherung, Reproduktionsarbeit, Feministische Theorie.
- Citar trabajo
- Gabriele Liliane Prucha (Autor), 2002, Grundsicherungsmodelle und ihre Auswirkungen auf Frauen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14130