Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der „Einführung in die prozessorientierte Portfolioarbeit in einer zweiten Klasse, dargestellt am Beispiel einer Unterrichtseinheit zum Thema „ Der Löwenzahn“.
In diesem Zusammenhang richtet sich der Fokus auf die Frage, ob die Einführung von prozessorientierten Portfolios in einer zweiten Klasse selbstreflektierendes Lernen fördert. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen dabei neben der gesamten Lerngruppe zwei Schülerinnen mit einem eher negativen Selbstbild.
Die Portfolioarbeit steht zurzeit im Mittelpunkt aktueller Tendenzen der „neuen Lernkultur“ und der Öffnung des Unterrichts. In jüngster Zeit wird ihr im Bildungswesen eine zunehmend zentralere Rolle als Entwicklungs- und Leistungsbestimmungsinstrument eingeräumt.
Portfolios werden dabei als ein vielseitig bewährtes Medium der reflexiven Praxis angesehen.
Inhaltsverzeichnis
Teil I: Theorie
1. Einleitung
2. Theoretische Auseinandersetzung mit der Portfolioarbeit
2.1 Prozessorientiertes Portfolio
2.1.1 Zielsetzung
2.1.2 Struktur
2.1.3 Funktion
3. Selbstreflektierendes Lernen
3.1 Selbstreflexion aus pädagogischer Sicht
3.2 Die Bedeutung des Selbstkonzeptes für das selbstreflektierende Lernen
3.3 Selbstreflektierendes Lernen im Unterricht anhand prozessorientierter Portfolios
Teil II: Praxis
4. Informationen zur Lerngruppe
4.1 Allgemeine Lernvoraussetzungen der Lerngruppe
4.2 Reflexionsfähigkeit der Lerngruppe
4.3 Zur exemplarischen Auswahl der Schüler
4.3.1 Schülerbeschreibung Schülerin A
4.3.1.1 Allgemeine Informationen zur Schülerin A
4.3.1.2 Selbstkonzept von Schülerin A
4.3.2 Schülerbeschreibung Schülerin B
4.3.2.1 Allgemeine Informationen zur Schülerin B
4.3.2.2 Selbstkonzept von Schülerin B
5. Didaktische und methodische Vorüberlegungen
5.1 Bezug zum Rahmenplan und Perspektivrahmen
5.2 Begründung der Themenauswahl
5.3 Vorüberlegungen zur Einführung der Portfolios
5.4 Planung und Zielsetzung des Vorhabens
5.5 Veränderte Lehrerrolle
5.6 Methodische Überlegungen
5.7 Materialentwicklung und Konzeption des Lernarrangements
5.7.1 Portfoliomaterialien
5.7.2 Inhaltsspezifische Materialien zum „Löwenzahn“
5.8 Kompetenzeinschätzung der ausgewählten Schüler
5.8.1 Kompetenzeinschätzung Schülerin A
5.8.2 Kompetenzeinschätzung Schülerin B
6. Fallorientierte Deskription und Dokumentation der Einführung von Portfolioarbeit in einer 2. Klasse
6.1 Durchführung des Vorhabens am Beispiel einer Unterrichtseinheit zum Thema Löwenzahn
6.2 Allgemeine und selbstreflexionsbezogene Beobachtungen
6.2.1 Prozessorientierte Beobachtungen der Lerngruppe
6.2.2 Prozessorientierte Beobachtungen der Schülerin A
6.2.3 Prozessorientierte Beobachtungen Schülerin B
7. Diskussion der Ergebnisse und Auswertung
7.1 Prozessorientierte Entwicklung der Selbstreflexion
7.1.1 Lerngruppe
7.1.2 Schülerin A
7.1.3 Schülerin B
8. Reflexion
9. Ausblick für die Weiterarbeit
10. Literaturverzeichnis
11. Anhang
Teil I: Theorie
1. Einleitung
Die Portfolioarbeit steht zurzeit im Mittelpunkt aktueller Tendenzen der „neuen Lernkultur“ und der Öffnung des Unterrichts. In jüngster Zeit wird ihr im Bildungswesen eine zunehmend zentralere Rolle als Entwicklungs- und Leistungsbestimmungsinstrument eingeräumt.
Portfolios werden dabei als ein vielseitig bewährtes Medium der reflexiven Praxis angesehen.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der „Einführung in die prozessorientierte Portfolioarbeit in einer zweiten Klasse, dargestellt am Beispiel einer Unterrichtseinheit zum Thema „ Der Löwenzahn“.
In diesem Zusammenhang richtet sich der Fokus auf die Frage, ob die Einführung von prozessorientierten Portfolios in einer zweiten Klasse selbstreflektierendes Lernen fördert. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen dabei neben der gesamten Lerngruppe zwei Schülerinnen mit einem eher negativen Selbstbild.
Das Kapitel zwei stellt einige theoretische Grundlagen zur prozessorientierten Portfolioarbeit im Bildungsbereich vor. In diesem Zusammenhang werden Zielsetzung, Struktur und Funktion der Portfolios näher beleuchtet.
Im anschließenden Kapitel drei wird zum einen das selbstreflektierende Lernen aus pädagogischer Sicht betrachtet und erläutert und zum anderen auf die Bedeutung des Selbstkonzeptes für die Selbstreflexion näher eingegangen.
Das vierte Kapitel vermittelt grundlegende Informationen über die Lerngruppe im Hinblick auf die Lernvoraussetzungen und die Reflexionsfähigkeit sowie über die exemplarische Auswahl der Schülerinnen.
Didaktische Vorüberlegungen, die die Konzeption des Lehr-Lern-Arrangements beeinflusst haben, werden im Kapitel fünf dargestellt.
In Kapitel sechs liegt das Augenmerk auf der Deskription und Dokumentation der Einführung der Portfolioarbeit im Rahmen des Themas „Der Löwenzahn“. Hierbei stehen insbesondere die Planung des Vorhabens im Hinblick auf Zielsetzung, didaktisch-methodische Überlegungen, das Aufzeigen der Bezüge zum Rahmenplan Grundschule und zum Perspektivrahmen Sachunterricht sowie allgemeine und selbstreflexionsbezogene Beobachtungen im Vordergrund. Im Anschluss daran erfolgt eine Beschreibung des Unterrichtsvorhabens. Im letzten Schritt werden die Ergebnisse im Hinblick auf die Fragestellung zusammengefasst und diskutiert. Abschließend wird eine Reflexion vorgenommen und ein Ausblick für die Weiterarbeit gegeben.
2. Theoretische Auseinandersetzung mit der Portfolioarbeit
Der Portfoliobegriff[1] bezeichnet im Bildungsbereich eine zielgerichtete Zusammenstellung von Arbeiten, die den individuellen Lernprozess eines Lernenden in einem oder mehreren Bereichen dokumentieren. Unverkennbar „(…) muss die Beteiligung der/des Lernenden an der Auswahl der Inhalte, der Kriterien für die Auswahl, (…) sowie Hinweise auf die Selbstreflexion der/des Lernenden einschließen.“[2] Die Kooperation zwischen Lernenden und Lehrenden basiert folglich auf „Kommunikation, Transparenz und Partizipation“[3].
Das wesentliche Ziel der Portfolioarbeit[4] besteht in der Befähigung zum selbstreflektierenden Lernen, welches als Grundbaustein für die Förderung des eigenverantwortlichen und selbstgesteuerten Lernens sowie für die Selbsteinschätzung der erbrachten Leistungen gilt[5].
Vielfältige Ideen und Überlegungen haben in die pädagogische Praxis Eingang gefunden und zur Umsetzung zahlreichen Portfolioformen beigetragen. Deren Eingliederung in den schulischen Alltag findet oft im Zusammenhang mit den Bemühungen zur Ausprägung einer „neuen Lernkultur“ Erwähnung. Wesentliches Merkmal dieser Lernkultur ist vor allem die Fokussierung auf den Prozess des Lernens, weniger auf das Lernprodukt. Das impliziert eine verstärkte Berücksichtigung der Bemühungen und des Lernfortschrittes, die einen qualitätsvollen Prozess als Voraussetzung für ein gelungenes Produkt bilden.
Dependent von der Intentionalität kristallisieren sich im Bildungswesen zwei wesentliche Funktionen heraus: Portfolios werden zurzeit primär als Entwicklungs- und/oder als Leistungsbeurteilungsinstrument eingesetzt.[6]
2.1 Prozessorientiertes Portfolio
2.1.1 Zielsetzung
Bei prozessorientierten Portfolios stehen die Dokumentation und die Reflexion der Lernentwicklung unter Berücksichtigung vorgegebener und gemeinsam erarbeiteter Kriterien und Ziele im Vordergrund. Die Arbeit mit Zielen stellt die Grundlage für die Portfolioarbeit dar und ist ein langjähriger Prozess, der maßgeblich zur Förderung von individuumbezogenen sowie lernmethodischen Kompetenzen[7] beitragen kann. In diesem Zusammenhang seien insbesondere eine positive Beeinflussung des Selbstkonzeptes, der Selbstregulation sowie die Fähigkeit, „neues Wissen bewusst, selbstgesteuert und reflektiert zu erwerben“[8], erwähnt.
2.1.2 Struktur
Die Lernenden sollten in den inhaltlichen und organisatorischen Prozess der Entwicklung der Portfolios einbezogen werden. Inhalt und Form der im Portfolio gesammelten Arbeiten sollten folglich unter Berücksichtigung bestimmter Qualitätskriterien entsprechend der intendierten Zielsetzung im Dialog mit der Lehrkraft festgelegt werden.
Drei zentrale Aspekte bestimmen die Grundstruktur[9] des Portfolios, das aus folgenden Elementen besteht:
(1) einem Dossier, um die zielorientierten Lernprozesse auf inhaltlicher Ebene sichtbar zu machen. Dieses kann sowohl Pflichtaufgaben als auch fakultative Beiträge enthalten. Eine Begründung der Auswahl ist sinnvoll und kann z. B. über vorgefertigte Formulare erfolgen;
(2) einem themenabhängigen, lernzielorientierten Evaluationsteil, um das Erreichen der angestrebten Lernziele zu dokumentieren;
(3) einem Reflexionsteil, welcher den Lernprozess auf der individuellen, persönlichen Ebene mit Hilfe unterschiedlicher Selbstreflexions-instrumenten begleitet.
In Anlehnung an Häcker & Lissmann[10] wird eine Übersicht des in der Unterrichtseinheit angestrebten Portfoliotyps nach folgenden wesentlichen Aspekten vorgenommen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1
2.1.3 Funktion
Im Rahmen der Arbeit mit prozessorientierten Portfolios werden die Lernprozesse begleitet und Lernfortschritte verzeichnet. Die Lernenden erhalten die Möglichkeit, Interessen herauszufinden und Schwerpunkte zu setzen, Inhalte individuell zu vertiefen, verschiedene Arbeitsformen zu dokumentieren und zu reflektieren.
Die Lehrkraft fungiert als Lernbegleiter und -berater und kann Einblicke in die Denk- und Arbeitsstrukturen der Schülerinnen und Schüler nehmen und diagnostisch relevante Informationen für eine gezielte pädagogische Förderung, die von den Stärken des Kindes ausgeht, nutzen.
3. Selbstreflektierendes Lernen
3.1 Selbstreflexion aus pädagogischer Sicht
Orientiert man sich an einem konstruktivistisch geprägten Lernbegriff, so ist Lernen selbstreguliert, das heißt, die Lernperson reflektiert und steuert eigenständig, zielgerichtet und aktiv ihr Lernen. Dazu bedarf es einiger essentieller Eigenschaften: Selbstbestimmt Lernende nutzen metakognitive, kognitive und motivationale Lernstrategien, sie lernen zielorientiert, planen und organisieren eigenständig ihren Lernprozess und werten diesen aus.[11] Die Entwicklung selbstregulativer Fähigkeiten ist ein kontinuierlicher, durch zahlreiche Lebensbedingungen beeinflussbarer Prozess vom Kindes- bis ins Erwachsenenalter. Die Fähigkeit zur Selbstbeobachtung sowie das Bewusstwerden des Lernweges bilden die Grundlage des selbstreflexiven Lernens.[12]
3.2 Die Bedeutung des Selbstkonzeptes für das selbstreflektierende Lernen
Definiert man das Selbstkonzept als „eine dynamische geistige Struktur, die intra- und interpersonale Verhaltensweisen und Prozesse motiviert, interpretiert, strukturiert, vermittelt und reguliert“[13], so wird seine Tragweite und Bedeutung für das selbstreflektierende Lernen deutlich. Selbstschemata beeinflussen weitgreifend die Art und Weise der Informationsverarbeitung über sich selbst. Ein negatives Selbstkonzept kann maßgeblich zu einer Leistungsverschlechterung beitragen. Lernende mit einem hohen Selbstwertgefühl zeichnen sich durch Ehrgeiz und Risikobereitschaft aus, während Personen mit einem geringen Selbstwertgefühl durch besonders vorsichtiges und unsicheres Verhalten auffallen.[14]
Im Zentrum der schulischen Bemühungen steht die Entwicklung eines positiven Selbstwertgefühles, das durch den Aufbau von Selbstvertrauen gefördert wird. Selbstvertrauen wiederum können Lernende nur in einer positiv-emotionalen Atmosphäre des Lernens und Leistens aufbauen. Die Entwicklung des Selbstwertgefühles ist sehr eng mit der Fähigkeit zu realistischer Selbsteinschätzung verbunden. Die Entwicklung und Förderung der Selbstkompetenz ist unmittelbar mit dem Aufbau einer positiven Lern- und Arbeitshaltung verbunden. Selbstständigkeit, Gründlichkeit, Lerneinsatz, Stabilität, Wille zur Vollendung übernommener Aufgaben und Selbstkontrolle sind elementar für eine auf Einsicht basierende Lern- und Arbeitshaltung.
Im Rahmen der Einführung der Portfolios wird das selbstreflektierende Lernen auch mit dem jeweiligen Selbstkonzept des Kindes in Verbindung gebracht und näher beleuchtet. Es ist möglich, dass Schüler mit einem negativen Selbstkonzept gefördert werden ihr Lernen bewusster wahrzunehmen und lernen sich zunehmend realistisch selbst einzuschätzen.
3.3 Selbstreflektierendes Lernen im Unterricht anhand prozessorientierter Portfolios
Prozessorientierte Portfolios, die primär zur Veranschaulichung der Lernentwicklung dienen, können durch gezielte Schritte des Lehr-Lern-Arrangements einen elementaren Beitrag zur Förderung des selbstreflektierenden Lernens leisten.
Zusammenfassend lassen sich vier grundlegende Maßnahmen[15] für die
Unterrichtsgestaltung resümieren:
(1) Die intendierten Lehr- und Lernziele sollten offen dargelegt werden;
(2) Selbstregulationsmöglichkeiten sollten offeriert werden und
(3) Selbstbeobachtungsmaßnahmen sowie
(4) Möglichkeiten zur Überprüfung und Beurteilung der eigenen Lern-ergebnisse sollten als Teil des Arrangements integriert werden.
Portfolios, die die Entwicklung eines Bewusstseins für das eigene Lernen im Fokus haben und zur Unterstützung des eigenständigen und selbstreflektierenden Lernens beitragen, lassen sich durch fünf wesentliche Merkmale charakterisieren:
(1) Zielorientierte Listen sollten ein fester Bestandteil des Portfolios sein. Sie dienen den Lernenden zur Transparenz und zur Orientierung. Diese können von der Lehrperson vorgegeben sein oder im Dialog mit den Lernenden entstehen.
(2) Adäquat dazu sollten die Lernenden Beurteilungskriterien dazu nutzen, die Qualität ihrer Arbeiten zu erkennen und zu beurteilen.
(3) Die Arbeitsdokumente, die von den Lernenden ausgewählt werden, bilden den wesentlichen Teil und spiegeln bei prozessorientierten Portfolios vor allem den Lernprozess, aber auch das Lernergebnis wider.
(4) Jedes Dokument sollte, damit das Portfolio der Förderung des selbstreflektierenden Lernens dient, begründet ausgewählt und vom Lernenden im Hinblick auf bestimmte Gesichtspunkte kommentiert werden.
(5) Die Lehrkraft leistet mit dem Ziel, einen Dialog über das Lernen anzuregen, schriftliche oder mündliche Kommentare zu den Portfoliobeiträgen.
Teil II: Praxis
4. Informationen zur Lerngruppe
4.1 Allgemeine Lernvoraussetzungen der Lerngruppe
Die Klasse 2c setzt sich aus 11 Jungen und 10 Mädchen zusammen. 16 der 21 Kinder kommen aus Familien mit Migrationshintergrund und stammen aus Russland, der Türkei, Syrien, Bosnien und Polen. Bei diesen Lernenden ist die Sprach- und Ausdruckskompetenz nicht ausreichend ausgebildet, teilweise verfügen sie über einen eingeschränkten deutschen Wortschatz.
Im Hinblick auf das inhaltsspezifische Wissen lassen sich in dem zu Beginn der Unterrichtseinheit erhobenem Vorwissen starke Diskrepanzen feststellen. Einige Kinder können die Löwenzahnpflanze sehr genau beschreiben und kennen teilweise noch zusätzliche Bezeichnungen dafür, andere dagegen sind sich nicht sicher, wie die Pflanze aussieht. Während mehrere Kinder den Zusammenhang zwischen Löwenzahn und Pusteblume kennen, nehmen etliche an, dass es sich um unterschiedliche Pflanzen handelt. Das Vorwissen wird zunächst mittels Zeichnung der Pflanze auf ein weißes Blatt[16] ermittelt, anschließend erfolgt die gemeinsame Erstellung eines Mindmaps in Plakatform. Die Zeichnungen lassen erkennen, dass einige Kinder eine detailgenaue Vorstellung von der Pflanze besitzen und teilweise sogar die gezackten Blätter andeuten, während vier Kinder die Blüte blau oder weiß ausmalen.
Als Basis für die angestrebten Sozialformen der Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit lässt sich weiterhin feststellen, dass sich die Schülerinnen und Schüler der Klasse 2c hinsichtlich der Hilfsbereitschaft, Kooperation, Toleranz, Kommunikation untereinander sowie der Einhaltung von Regeln bereits durch eine hohe Sozialkompetenz auszeichnen. Es treten selten Konflikte auf und es wird niemand ausgegrenzt. Auch zwischen Jungen und Mädchen herrscht ein sehr gutes Verhältnis.
Die Lernenden haben durch offene Unterrichtsformen bereits Erfahrungen hinsichtlich des eigenverantwortlichen Arbeitens erworben.
Die Selbstkompetenz ist innerhalb der Lerngruppe in den Bereichen Begabung, Anstrengungsbereitschaft, Motivation, Haltung zu sich und der Welt unterschiedlich entwickelt.
Die meisten Gruppenmitglieder können sich gut in Bezug auf bestimmte Unterrichtsituationen einschätzen und ihr Verhalten danach ausrichten. Schwierigkeiten, ihre Arbeit effizient zu organisieren, haben Schüler C, Schüler D, Schüler F, Schüler G und Schüler I. Sie lassen sich leicht ablenken und können nur teilweise bzw. im Ansatz ihr Handeln reflektieren. Schüler F, Schüler G und Schüler J sind zudem in Gesprächssituationen und bei Entscheidungen innerhalb der Gruppe nur schwer in der Lage, sich zurücknehmen.
Die Schülerinnen und Schüler können Lernprozesse eigenständig organisieren und mit entsprechendem Lernmaterial sinnvoll umgehen. Methodenkompetenzen in Bezug auf den Umgang mit Selbstreflexionsbögen und dem Lerntagebuch sind weitgehend vorhanden und entwickeln sich kontinuierlich. Hinsichtlich der Arbeit mit Zielen haben die Lernenden jedoch bislang nur begrenzte Erfahrungen.
4.2 Reflexionsfähigkeit der Lerngruppe
Die Reflexionsfähigkeit der Lerngruppe wird im Sachunterricht seit Beginn der zweiten Klasse durch das Lerntagebuch gefördert. Die Schülerinnen und Schüler haben je nach individuellen Fähigkeiten die Möglichkeit, am Ende einer Sachunterrichtsstunde ihre gewonnenen Erkenntnisse zu verschriftlichen oder zeichnerisch darzustellen.
Neben dem Lerntagebuch hat sich auch der Umgang mit Selbst-einschätzungsbögen bis jetzt als geeignetes Reflexionsinstrument bewährt.
Die Lernenden vermögen sich relativ gut selbst einzuschätzen, sie können Schwierigkeiten und Probleme teilweise benennen. Es zeigt sich auch, dass sie fähig sind, den Lernweg mit Hilfe entsprechender Leitfragen gut zu beschreiben.
Vor diesem Hintergrund bedarf es nun einer zunehmenden Anbahnung und Förderung des selbstreflektierenden Lernens bezogen auf die einzelnen Arbeits- und Lernprozesse.
4.3 Zur exemplarischen Auswahl der Schüler
Im Fokus der Betrachtung werden in der vorliegenden Arbeit zwei Schülerinnen mit einem relativ negativen Selbstkonzept (siehe 3.2) stehen. Es wird untersucht, ob das Portfolio als Entwicklungsinstrument geeignet ist, selbstreflexives Lernen zu unterstützen und eine geeignete Strukturierungshilfe durch die Arbeit mit Zielen darstellt.
4.3.1 Schülerbeschreibung Schülerin A
4.3.1.1 Allgemeine Informationen zur Schülerin A
Schülerin A besucht zurzeit die Klasse 2c der Grundschule X in Y.
Sie wurde in Darmstadt geboren und besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft. Schülerin A lebt seit ein paar Monaten mit ihrem zwei Jahre älteren Bruder bei ihren Eltern im Schuleinzugsgebiet X.
Sie wurde regulär im Alter von 6 Jahren eingeschult. Während der Einschulungsuntersuchung wurde festgestellt, dass ihre kognitiven Fähigkeiten altersgerecht sind. Die Schülerin kam zu Beginn des zweiten Halbjahrs aufgrund des Umzugs nach Y in die Klasse 2c.
4.3.1.2 Selbstkonzept von Schülerin A
Die Schülerin bezeichnet und betrachtet sich selbst als ruhig. In einem Vorgespräch mit der Lehrerin gibt sie an, oft unsicher bezüglich des Arbeitsauftrages zu sein. Des Weiteren sagt sie, sie habe Angst davor, etwas falsch zu machen.
Die Schülerin ist oft sowohl vor als auch während der Durchführung einer Aufgabe unsicher und versucht den Zuspruch der Lehrerin als Bestätigung zu erlangen. Schülerin A zeigt in der Regel mehrmals Zwischenergebnisse vor und benötigt die entsprechende Bestärkung durch die Lehrerin, um eine Aufgabe zu vollenden. In einem Gespräch mit der Klassenlehrerin bestätigte sich die Annahme, dass die Schülerin auch in den anderen Fächer, außer im Musikunterricht[17], durch Unsicherheit und sehr ruhiges und zurückhaltendes Verhalten auffällt.
Der Selbsteinschätzungsbogen liefert auch ein Indiz für ein tendenziell negatives Selbstkonzept und korrespondiert weitgehend mit der gezielten Beobachtung hinsichtlich der Selbst- und Sozialkompetenz[18] der Lehrkraft.
[...]
[1] Lat. portare „tragen“ und folium „Blatt“.
[2] Zitiert nach Paulson et al., S. 60, in: Häcker, Thomas: Vielfalt der Portfoliobegriffe. In Brunner, I./Häcker, T./Winter, F. (Hrsg.): Das Handbuch Portfolioarbeit: Konzepte, Anregungen, Erfahrungen aus Schule und Lehrerbildung, Seelze-Velber 2006, S. 36.
[3] Ebd., S. 37.
[4] In dieser Arbeit werden unterschiedliche Portfoliobegriffe verwendet, die sich aber alle auf das oben definierte Kernkonzept berufen.
[5] Häcker, Thomas: Ein Medium des Wandels in der Lernkultur. In: Brunner, I./Häcker, T./Winter, F. (Hrsg.): Das Handbuch Portfolioarbeit: Konzepte, Anregungen, Erfahrungen aus Schule und Lehrerbildung, Seelze-Velber 2006, S. 15 ff.
[6] Vgl. ebd.
[7] Hessisches Sozialministerium/Hessisches Kultusministerium: Bildung von Anfang an. Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder von 0 bis 10 Jahren in Hessen, Paderborn 2007, S. 41 ff.
[8] Ebd., S. 43.
[9] Gläser-Zikuda/Göhring: Selbstreguliertes Lernen durch Portfolio. In: Gläser-Zikuda, Michaela (Hrsg.): Lerntagebuch und Portfolio auf dem Prüfstand. In: Empirische Pädagogik 21 (2), Landau 2007, S. 199.
[10] Ebd., S. 214.
[11] PDSA-Kreis – Bostelmann (2006), S. 15 ff.
[12] Vgl. Bruër: Mit Portfolios schreibend das Lernen reflektieren. In: Gläser-Zikuda, Michaela (Hrsg.): Lerntagebuch und Portfolio auf dem Prüfstand. In: Empirische Pädagogik 21 (2), Landau 2007, S. 159.
[13] Gerrig, R. J./Zimbardo, P. G.: Psychologie, München 2008, S. 531.
[14] Vgl. ebd., S. 533.
[15] Bruër (2007), S. 159.
[16] Vgl. Kaiser, Astrid: Zeichnen und Malen als produktive Zugänge zur Sache. In: Kaiser, A./Pech, D.: Basiswissen Sachunterricht. Unterrichtsplanung und Methoden, Baltmannsweiler 2006, S. 96 ff.
[17] Zu den Stärken Schülerin As gehört ihr Gesangstalent.
[18] Siehe Anhang.
- Citation du texte
- Dorothea Schleider (Auteur), 2008, Einführung der prozessorientierten Portfolioarbeit in der 2. Klasse. Eine Unterrichtseinheit zum Löwenzahn, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140946
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