Der schnelle technische Fortschritt der letzten Jahre hat die ergonomische Optimierung von Mensch-Maschine-Schnittstellen immer wichtiger gemacht. Der Fortschritt brachte den Bedienern an vielen Arbeitsplätzen eine größere Anzahl funktioneller Optionen und gleichzeitig auch mehr Bedien- und Anzeigenteile. Die komplexer gewordenen Systeme stellen mit ihrer Vielzahl an Instrumenten an die Bediener erhöhte Anforderungen, insbesondere, wenn die Arbeit ohnehin unter großer psychophysischer Belastung verrichtet werden muß.
Die Aufrechterhaltung der Gesundheit und Leistungsbereitschaft, die Vermeidung vorzeitiger psychophysischer Ermüdung und die Gewährleistung optimaler Systemeffizienz machen eine möglichst große wechselseitige Anpassung von Mensch und Arbeitsplatz erforderlich. Dieser Optimierungsprozeß besteht aus der Anpassung des Menschen an die Maschine durch Eignungsauswahl und Fachausbildung sowie der Anpassung der Maschine an den Menschen durch ihre ergonomische Gestaltung.
Für die Gestaltung von Arbeitsplätzen ist die Bewertung ihrer Brauchbarkeit wichtig. Die Einbeziehung technischer und betrieblicher Gegebenheiten des Systems ist dabei ebenso notwendig, wie die Berücksichtigung der physiologischen, anthropometrischen und psychologischen Beschaffenheit der Menschen, die an den Arbeitsplätzen tätig werden sollen. Es werden Bewertungskonzepte benötigt, die den hieraus resultierenden komplexen Anforderungen gerecht werden.
Zielsetzung der Arbeit
Die vorhandenen Bewertungskonzepte versuchen auf verschiedenen Wegen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Dabei treten unterschiedlich relevante Aspekte in den Vordergrund.
Die vorliegende Arbeit will keine Zusammenstellung der bekannten Bewertungskonzepte geben, sie will vielmehr einen Weg skizzieren, auf dem den in der Bewertungspraxis auftretenden Anforderungen entsprochen werden kann. Dazu wird ein kybernetisches Prozeßmodell entwickelt, in dessen Zentrum der anthropometrische Anteil der Bewertung steht.
INHALTSVERZEICHNIS
1 . EINLEITUNG
1.1. Zielsetzung der Arbeit
1.2, Begriffliche Abgrenzung und Vorgehensweise
2. ALLGEMEINE ANFORDERUNGEN AN ВEWERTUNGSKONZEPTE
2.1. Auftraggeberbezogene AnforderungsProblematik
2.2. Wissenschaftmethodische AnforderungsProblematik
2.2.1. Objektivität und Reproduzierbarkeit
2.2.2. Reliabilität
2.2.3. Validität und Operationalisierung
2.2.4. Theoretischer Bezug und Transparenz
2.2.5. Validität und Vollständigkeit der Itemauswahl
2.2.6. Repräsentativität
2.3. Anforderungen seitens des Praktikers
3. SPEZIFISCHE PROBLEMATIK DER REALISATION VON BEWERTUNGSKONZEPTEN
3.1. Bewertungskonzept zur anthropometrischen Begutachtung von Arbeitsplätzen an Konsolen
3.2 Ergonomlsch-anthropometrische Bewertung über die Erstellung eines Ideals
3.3. Entwurf eines numerischen Bewertungsverfahrens
3.4. Stufenmodell zur ergonomischen Bewertung von Arbeitssystemen
3.5. Zusammenfassung zur Problematik von Bewertungskonzepten
4. KONZEPTION EINES BEWERTUNGSVERFAHRENS ALS KYBERNETISCHES PROZESSMODELL
4.1. Externe Bedingungsfaktoren
4.1.1. Körperhaltungen bei der Arbeit
4.1.2. Zugänglichkeit des Arbeitsplatzes.
4.1.3. Sicherheitstechnische Arbeitsplatzgestaltung
4.1.4. Uberwachungsauf gaben
4.1.5. Aufgabenwiederholung und Muskelbelastung
4.1.6. Steuerarmaturen
4.1.7. Klimatische Bedingungen
4.1.8. Seegang und Turbulenz
4.1.9. Lärm und Beleuchtung
4.1.1ο. Bekleidung
4.1.11. Anzeigen-Positionierung
4.1.12. Kommunikation
4.1.13. Wartbarkeit
4.1 .14. Sitze
4.1.15. Arbeitszeitregime und Arbeitsablauf
4.1.16. Ausbildung und Vorbildung
4.2. Interne Wechselwirkungen
4.3. Aussagenlogik und kybernetische Prozesse..
5. DAS ANTHROPOMETRISCHE ВEWERTUNGSKONZEPT ALS TABELLARISCHES STRUKTOGRAMM
6. DISKUSSION
7. ZUSAMMENFASSUNG
LITERATUR
1 . EINLEITUNG
Der schnelle technische Fortschritt der letzten Jahre hat die ergonomische Optimierung von Mensch-Maschine-Schnitt- stellen immer wichtiger gemacht. Der Fortschritt brachte den Bedienern an vielen Arbeitsplätzen eine größere Anzahl funktioneller Optionen und gleichzeitig auch mehr Bedien- und Anzeigenteile. Die komplexer gewordenen Systeme stellen mit ihrer Vielzahl an Instrumenten an die Bediener erhöhte Anforderungen, insbesondere, wenn die Arbeit ohnehin unter großer psychophysischer Belastung verrichtet werden muß.
Die Aufrechterhaltung der Gesundheit und Leistungsbereitschaft, die Vermeidung vorzeitiger psychophysischer Ermüdung und die Gewährleistung optimaler Systemeffizienz machen eine möglichst große wechselseitige Anpassung von Mensch und Arbeitsplatz erforderlich. Dieser Optimierungsprozeß besteht aus der Anpassung des Menschen an die Maschine durch Eignungsauswahl und Fachausbildung sowie der Anpassung der Maschine an den Menschen durch ihre ergonomische und anthropometrlsche Gestaltung.
Für die Gestaltung von Arbeitsplätzen ist die Bewertung ihrer Brauchbarkeit wichtig. Die Einbeziehung technischer und betrieblicher Gegebenheiten des Systems ist dabei ebenso notwendig, wie die Berücksichtigung der physiologischen, anthropometrischen und psychologischen Beschaffenheit der Menschen, die an den Arbeitsplätzen tätig werden sollen.
Es werden Bewertungskonzepte benötigt, die den hieraus resultierenden komplexen Anforderungen gerecht werden.
1.1. Zielsetzung der Arbeit
Die vorhandenen Bewertungskonzepte versuchen auf verschiedenen Wegen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Dabei treten unterschiedlich relevante Aspekte- in den Vordergrund.
Die vorliegende Arbeit will keine Zusammenstellung der bekannten Bewertungskonzepte geben, sie will vielmehr einen Weg skizzieren, auf dem den in der Bewertungspraxis auftretenden Anforderungen entsprochen werden kann. Dazu wird ein kybernetisches Prozeßmodell entwickelt, in dessen Zentrum der anthropometrische Anteil der Bewertung steht.
1.2. Begriffliche Abgrenzung und Vorgehensweise
Ein wissenschaftliches Bewertungskonzept für Arbeitsplätze soll ihren Vergleich erlauben. Mit zunehmender Weite und Unterschiedlichkeit der zu bewertenden Verhältnisse steigen die Schwierigkeiten bei der Erstellung eines Konzeptes, das allen Gegebenheiten gleichermaßen gerecht wird. Der Begriff "Arbeitsplatz" ist daher zunächst zu definieren, denn eine klare Abgrenzung ist nicht einfach, da Anspannung und Entspannung an vielen Arbeitsplätzen wechseln und der Arbeitsplatz oft nicht nur zur Arbeit genutzt wird. So essen die Piloten von Verkehrsmaschinen z.B. auf Langstreckenflügen auf ihren Arbeitsplätzen. Diese Arbeitsplätze sind also auch in bezug auf Merkmale zu beurteilen, die nicht direkt aus der Arbeitsaufgabe ableitbar, die aber für die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit der Betroffenen wichtig sind.
Das Beispiel zeigt auch, daß die "statische Bewertung" des leeren Arbeitsplatzes allein nicht ausreicht, um alle Notwendigkeiten hinsichtlich der Arbeitsplatzgestaltung abzuschätzen. Eine "dynamische Analyse" des normalen Arbeitsablaufes, eine Tätigkeitsanalyse, ist notwendig.
Der Arbeitsplatz sei entsprechend dem Entwurf DÎN 33400 (DT.INSTITUT FÜR NORMUNG 1975) definiert als "der räumliche Bereich im Arbeitssystem, in dem die Arbeitsaufgabe verrichtet wird". Das Arbeitssystem dient dabei der Erfüllung der Arbeitsaufgabe und die Arbeitsaufgabe kennzeichnet den Zweck des Arbeitssystems.
Nach dieser Eingrenzung des Bewertungsgegenstandes kann eine weitere Gliederung der zu bewertenden Arbeitsplätze vor- genomnen werden. Dabei ist es nicht sinnvoll, Kategorien zu bilden, die in ein Bewertungssystem für nur einen einzelnen Arbeitsplatz münden. Es kommt vielmehr darauf an, Gruppen von Arbeitsplätzen mit regelmäßig vorhandenen gleichen Komponenten so zusammenzufassen, daß sich ein für alle Arbeitsplätze einer Kategorie gleichermaßen geltendes Bewertungskonzept entwickeln läßt.
Hierzu bieten sich drei Wege an:
(i) Man kann Arbeitsplätze nach Berufen gliedern und Berufe mit vergleichbaren Arbeitsplatzbedingungen zusammenfassen. In Anlehnung an die 6 Berufsbereiche des systematischen und alphabetischen Verzeichnisses der Berufsbenennungen des BUNDESARBEITSAMTES (1975) lassen sich dann Arbeitsplätze ln Landwirtschaft und Fischerei, im Bergbau, in der Fertigung, in technischen Berufen, in Dienstleistungsberufen und sonstige Arbeitsplätze unterscheiden.
Das Verzeichnis erlaubt eine weitergehende Spezifikation in 33 Berufsabschnitte, 86 Berufsgruppen, 328 Berufsordnungen und 1372 Berufsklassen. Man kann so zu sehr speziellen Bewertungskonzepten gelangen, die auf einen bestimmten Beruf und den damit verbundenen Arbeitsplatz detailliert eingehen. So werden vergleichbare Arbeitsplätze zusammengefaßt, ohne daß Bewertungsprobleme durch ungeeignete Kriterien aufgrund unzutreffender Kategorisierung auftreten.
(ii) Als zweiter Weg bietet sich eine Gliederung an, die auf den anthropometrisehen Voraussetzungen beruht. Der Vorteil dieses Vorgehens ist die Möglichkeit, durch eine funktioneile Aufteilung Bewertungsschemata zusammenzustellen, die sehr verschiedenartigen Arbeitsplätzen gleichermaßen gerecht werden können, sofern nur die fraglichen Funktionen am Arbeitsplatz gefordert werden.
Beispiel :
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wann und in welchem Beruf auch immer Menschen im Sitzen arbeiten, so muß z.B. die Sitzgestaltung doch stets der an- thropometrischen Beschaffenheit des menschlichen Körpers angepaßt sein. Die hierfür allgemein gültigen Richtwerte lassen sich in einem universalen Bewertungskonzept zusammenfassen.
(iii) Neben dem berufsbezogenen und dem anthropometrisch ausgerichteten Bewertungskonzept können Bewertungsmodelle auch von den an Arbeitsplätzen zu beurteilenden Bewertungsgrößen ausgehen. Diese Vorgehensweise sichert die Relevanz der in das Konzept aufzunehmenden Einzelmerkmale. Abb. 1 zeigt eine Übersicht von HERGET (1981), anhand der die verschiedenen Größen ersehen werden können, die für die Belastung an dem Arbeitsplatz eines Radarbeobachters verantwortlich sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbe, 1 : Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz
eines Radarbeobachters. ( HERGET, 1981)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 : Ergonomischer Bewertungsbogen. (SCHMIDTKE, 1976)
Abb. 2 (S. 5) zeigt eine Aufstellung der an einem Arbeitsplatz wirksamen Faktoren nach SCHMIDTKE (1976). Die Merkmale "Arbeitsplatz" und "anthropometrische Arbeitsplatzgestaltung" nehmen in beiden Tabellen nur wenig Raum ein.
In Abb. 2 lassen sich allerdings auch die Punkte 5.12» (Körperunterstützung (Sitze) ), 5.11. (Arbeitstische, Werk bänke und Konsolen), 5.6.und 5.7.(Steuerarmaturen, Bedien- und Stellteile-Positionierung und -Dimensionierung) der an- thropometrischen Arbeitsplatzgestaltung unterordnen, da sie entsprechend den Ausmaßen des menschlichen Körpers zu gestalten sind. Ebenso kann auch die Ermittlung optimaler und pessimaler Muskelbeanspruchung als anthropometrische Aufgabe betrachtet werden.
Die vorliegende Arbeit betont den anthropometrisehen Aspekt und bezieht die Gestaltung des Bewertungskonzeptes auf Arbeitsplätzen an Bildschirmen und Konsolen, wobei insbesondere an Arbeitsplätze im militärischen Bereich gedacht wird. Für den Bildschirmarbeitsplatz gilt die Definition nach DIN 66 233: "Arbeitsplatz, bei dem Arbeitsaufgaben mit und Arbeitszeit am Bildschirmgerät bestimmend für die gesamte Tätigkeit sind." Bei der Erstellung des Konzeptes wird von den an diesen Arbeitsplätzen vorherrschenden Bewertungsgrößen ausgegangen, wobei tätigkeitsanalytische Faktoren einbezogen werden. Als "anthropometrische Aspekte" werden alle Parameter des Arbeitsplatzes verstanden, deren Gestaltung durch die Körpermaße des Menschen bedingt sein sollte, um gesundheitliche Gefährdung und Leistungsbeeinträchtigung zu vermeiden.
2. ALLGEMEINE ANFORDERUNGEN AN BEWERTUNGSKONZEPTE
Jedes Bewertungskonzept muß gewisse Voraussetzungen erfüllen, wenn es die für den Auftraggeber wichtigen Informationen bereitstellen, dem Praktiker eine Hilfe bieten und Wissenschaft liehen Kriterien genügen soll.
2.1. Auftraggeberbezogene AnforderungsproblematIk
In der Praxis wird die ergonomische und anthropometrische Begutachtung von Arbeitsplätzen zumeist aufgrund einer der folgenden Anlässe angesetzt:
i - Es sind Beschwerden oder gar gesundheitliche Schäden im Zusammenhang mit einen Arbeitsplatz aufgetreten.
ii - Ein neuer Arbeitsplatz soll geschaffen werden und man will die bisherigen Erfahrungen oder auch neue ergonomische Erkenntnisse mit in die Konstruktion oder Beschaffung eingehen lassen. Verschiedene Gestaltungsformen sind zu vergleichen und die beste ist auszuwählen.
iii - Ein neu gestalteter Arbeitsplatz soll vor der end gültigen Inbetriebnahme hinsichtlich seiner ergonomischen Eignung überprüft werden, um gegebenenfalls letzte notwendige Änderungen einzubringen.
Unter Rubrik (i) ist die Zielsetzung oft sehr eng umrissen. Bei einer konkreten Beschwerde (z.B. über einen Stuhl) ist die Stichhaltigkeit der Beschwerde zu überprüfen. Das Bewertungskonzept muß hier klare, wissenschaftlich fundierte Richtlinien darüber aufweisen, was als "normal" im Sinne von zumutbar gelten kann und ab wann mit welchen Beschwerden zu rechnen ist.
Das Problem besteht darin, festzustellen, wo die Grenze des Zumutbaren liegt und ab wann eine Arbeitsplatzkomponente verurteilt werden muß.
Die Gestaltung eines ganz neuen Arbeitsplatzes, wie unter Rubrik (ii) beschrieben, verlangt mehr. Man muß sich Klarheit über die zu erwartenden Arbeitsverhältnisse verschaffen und gegebenenfalls Anleihen bei ähnlichen bereits in Betrieb befindlichen Arbeitsplätzen vornehmen. Eine theoretische und gegebenenfalls experimentelle Optimierung des Ar- beitsplatzes hat zu erfolgen, wobei die Auslegung mit allen anderen Belangen so weit abzustimmen ist, daß schließlich auch eine realisierbare Konzeption gefunden wird. Die besondere Schwierigkeit, die hier auftritt, besteht darin, daß die realen Verhältnisse später oft deutlich anders aussehen, als ihre Einschätzung vorab. Deswegen bleibt eine weitere er- gonomisch-anthropometrische Begutachtung nach der Konstruktion notwendig. Die theoretische Konzeption ist an der Realität zu erproben.
Die Problematik bei der Begutachtung von bereits in Betrieb befindlichen Arbeitsplätzen (iii) ist betriebswirtschaftlicher Natur. Große Änderungen sind oft aus technischen oder finanziellen Gründen nicht mehr möglich. In diesem Fall kann die Begutachtung des Arbeitsplatzes nicht auf eine Optimierung hinauslaufen, sondern nur auf die Ermittlung der absolut notwendigen Änderungen.
Je nach dem Zweck der ergonomisch-anthropometrischen Begutachtung ändert sich der Schwerpunkt der Bewertungsproblematik. Die eindeutig begründete Abgrenzung des Norm-Bereiches, die Korrektheit der Abschätzung realer Verhältnisse und die Erfassung des Wesentlichen sind dabei die dominierenden Aspekte, um sowohl die Gesundheit der Arbeitenden als auch ein Optimum an Systemeffizienz sicher zu stellen.
2.2, Wissenschaftmethodische Anforderungsproblematik
Ein Bewertungskonzept muß, wenn es Gebrauchswert haben soll, den folgenden wissenschaftsmethodischen Anforderungen genügen:
2.2.1, Objektivität und Reproduzierbarkeit
Das Bewertungskonzept muß gewährleisten, daß jeder Beurteiler bei gleichen Verhältnissen zu den gleichen Ergebnissen kommt. Folglich sind die einzelnen Bewertungspunkte und -kategorien eindeutig zu definieren und für alle in der Praxis auftretenden Verhältnisse müssen Bewertungsschemata vorhanden sein. Es gilt, subjektive Urteile zu vermeiden und die Bewertungen so weit wie möglich metrisch vorzunehmen.
2.2.2. Reliabilität
Das Bewertungskonzept muß gewährleisten, daß derselbe Untersucher bei einer Wiederholung der Untersuchung zu einem anderen Zeitpunkt wieder zu den gleichen Ergebnissen kommt.
2.2.3. Validität und Operationalisierung
Die einzelnen Bewertungsparameter müssen so beschaffen sein, daß sie das, was sie messen sollen, auch wirklich zweifelsfrei erfassen. Jeder Parameter ist dabei Teil eines theoretischen Gesamtkonzeptes und muß eindeutig metrisch zu opera- tionalisieren sein.
2.2.4. Theoretischer Bezug und Transparenz
Durch einen theoretischen Bezug zu der Gesamtheit der relevanten Vorerfahrungen ergibt sich die Relevanz der einzelnen Punkte. Die Hintergründe der spezifischen Operationalisierung und normativen Abgrenzung müssen erkennbar sein, um einen kritischen und fundierten Vergleich mit anderen Modellen zu ermöglichen.
2.2.5. Validität und Vollständigkeit der Itemauswahl
Jedes Bewertungskonzept besteht aus einer Auswahl einzelner Items, die mehr oder weniger grob sein kann. Da sich einzelne Punkte weiter auffächern lassen und auch beliebig Punkte hinzugefunden werden können, kommt es darauf an, Abbruchkriterien zu setzen und ein gleichmäßiges Relevanzniveau der Items zu gewährleisten.
Während unter Punkt 2.2.1. die Vollständigkeit der Bewertungsmöglichkeiten über allen Gegenstandsvariationen verlangt wurde, muß hier auch die Vollständigkeit der Itemauswahl hinsichtlich einer erschöpfenden Bewertung aller relevanter Parameter des theoretischen Modells verlangt werden.
2.2.6. Repräsentativität
Die verwendeten Richtwerte und Normen müssen hinsichtlich des Personals, das an dem zu bewertenden Arbeitsplatz tätig ist, repräsentativ sein. Hierbei spielt auch die personelle Fluktuation an dem betreffenden Arbeitsplatz eine Rolle. Bei vielen Arbeitsplätzen grenzt sich die Bezugsgruppe durch Selektionsprozesse ein, die zu berücksichtigen sind. Die Fluktuation am Arbeitsplatz beeinflußt insbesondere die Anforderungen an die Anpaßbarkeit und Verstellbarkeit des Arbeitsplatzes .
2.3. Anforderungen seitens des Praktikers
Der Praktiker ist derjenige, der auf der Grundlage des Bewertungskonzeptes Arbeitsplätze zu begutachten hat. Damit die Ausführbarkeit des Konzeptes gewährleistet ist, müssen weitere Anforderungen erfüllt werden.
Die Bewertung muß ökonomisch sein und mit vertretbarem personellem und technischem Aufwand durchgeführt werden können. Die Bewertungsanleitung muß in einer für den Praktiker verständlichen Art geschrieben sein, insbesondere wenn sie von Hilfspersonal durchgeführt werden soll. Jeder Frage im Bewertungskonzept müssen eindeutig definierte Meßpunkte gegenüberstehen und diese Meßpunkte müssen auch metrisch umsetzbar sein. Zu jedem Bewertungskonzept muß schließlich das zugehörige Meßinstrumentarium bezeichnet sein, um objektive und reliable Messungen zu gewährleisten.
3. SPEZIFISCHE PROBLEMATIK DER REALISATION VON BEWERTUNGSKONZEPTEN
Nachdem nun die Anforderungen an ein Bewertungskonzept aufgeführt worden sind, sollen verschiedene Vorgehensweisen bei der Entwicklung von Bewertungskonzepten und die jeweils auftretenden Probleme dargestellt werden»
3.1. Bewertungskonzept zur anthropometrischen Begutachtung von Arbeitsplätzen an Konsolen
Aufgrund einer Aufgabenstellung wie in Kap. 2.1. unter Rubrik (iii) beschrieben wurde ein Bewertungskonzept erstellt, das aus einem Datenerhebungsbogen bestand, der gleichzeitig zur Darstellung der Ergebnisse benutzt werden konnte (SCHOEFFEL 198o).
Zu begutachten waren Arbeitsplätze an Bildschirmen und Konsolen (Abb. 3). Als zum Arbeitsplatz gehörig wurde alles betrachtet, was im Bewegungsbereich des Arbeitenden liegt oder diesen begrenzt: Tisch oder Konsole, Aufbauten und Sitzgelegenheit. Unmittelbar angrenzende Gegenstände, die nicht mehr zum Aufgabenfeld des Betreffenden gehören, wurden nur dann in die Begutachtung aufgenommen, wenn sie den Bewegungsablauf am Arbeitsplatz beeinflußten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.3: Bildschirmarbeitsplatz. (BENZ, GROB u. HAUBNER, 1981)
Das zu erstellende Bewertungskonzept sollte auf verschiedenartige Konsolen anwendbar sein und eine zügige Begutachtung jedes Arbeitsplatzes erlauben. Die Messungen sollten pro Arbeitsplatz höchstens eine Stunde dauern und von einem einzelnen Gutachter allein durchgeführt werden können. Das Bewertungskonzept sollte insbesondere aufzeigen, an welchen Arbeitsplätzen kritische Abweichungen von Richtwerten vorliegen und gleichzeitig einen Vergleich aller Arbeitsplätze zulassen. Damit könnte festgestellt werden, ob einzelne,[1] an allen Arbeitsplätzen vorkommende Komponenten, durchweg mangelhaft waren.
Zur Datenerfassung wurde die Form einer einseitigen DIN A 4- Checkliste gewählt, auf der die Checklist-Fragen in der Reihenfolge des Vorgehens aufgetragen waren. Die jeweils kritischen Werte bzw. die Normalbereiche wurden ebenfalls verzeichnet (s. Abb. 4, S. 13).
Ausgehend vom primären und sekundären Bedienfeld wurden nach den Beleuchtungsverhältnissen die Bewegungsfreiheit und die Sitzgelegenheit anthropometrisch beurteilt. Mit den Items für "Interaktion" wurden systemanalytische Aspekte einbezogen.
Die "subjektive Beurteilung" schließlich sollte daran erinnern, daß die Arbeitenden selbst häufig auf wichtige Aspekte aufmerksam machen können.
Die Itemzusammenstellung erfolgte nach Durchsicht der einschlägigen Literatur, wobei insbesondere das Handbuch der Ergonomie (BUNDESAMT FÜR WEHRTECHNIK UND BESCHAFFUNG 1975) herangezogen wurde. Dieses enthält die für den militärischen Bereich relevanten Richtwerte. Soweit hierin keine Richtwerte zu den Fragen Vorlagen, wurde auf andere Literatur zurückgegriffen. Die jeweiligen Quellen zu den einzelnen Richtwerten werden in Abb. 4 aufgeführt. Eigene Ergänzungsfragen sind mit "SchiffMedlnstM" (für Schiffahrtmedizinisches Institut der Marine) gekennzeichnet.1
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Checkliste zur Begutachtung von Arbeitsplätzen an Bildschirmen und Konsolen mit Angaben über die Herkunft der kritischen Werte. (SCHOEFFEL, 198o)
Die Anzahl der Items und der Grad ihrer Spezifität wurde so gewählt, daß die Begutachtung mit den zur Verfügung stehenden Mitteln in der zur Verfügung stehenden Zeit durchgeführt werden konnte. Unter den möglichen Fragen wurde damit eine Auswahl getroffen, bei der die Relevanz der Items einerseits und die technischen und personellen Möglichkeiten andererseits gegeneinander abgewogen werden mußten.
Zur Gewährleistung von Objektivität und Reliabilität war auch in Betracht zu ziehen, inwiefern die einzelnen Items eindeutig operationalisierbar sind und Normen vorliegen. Dann galt es, unter den verschiedenen existierenden Normwerten die angemessene auszuwählen.
Für den militärischen Bereich gelten die folgenden Normen:
- Normen des DIN-NormenausSchusses Ergonomie
- Normen des Handbuches der Ergonomie
- Normen der Normenstelle Luftwaffe
- Normen der Normenstelle Marine
- Normen aus dem Bereich der NATO
- Normen aus dem US-Bereich
Oft stimmen die verschiedenen Normen nicht überein und,auch im zivilen Bereich sind die Verhältnisse nicht einheitlich.
Tab. 1 (S. 15) zeigt einen' Überblick über die verschiedenen in der Literatur beschriebenen Empfehlungen zur Sitztiefe von Arbeitsstühlen. Soweit den Normen verschiedene Populationen zugrunde liegen, war bei ihrer Heranziehung die Nähe zur eigenen Bezugsgruppe maßgeblich.
Tab. 1 : Empfehlungen zur Sitzf1Schenbernessung (KÖHNE, 1975)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Auf die Ermittlung der zulässigen Stellkräfte von Schaltern und Hebeln wurde wegen des Meßaufwandes verzichtet. Es liegen zwar Normen vor, aber die Ermittlung dieser Werte hätte den zeitlichen Rahmen für die Durchführung gesprengt. Es konnte lediglich durch eine Vereinfachung (vgl. Frage 16, Abb. 4} versucht werden, subjektiv schwergängige Schalter aufzuspüren.
Auch auf die photometrische Ausmessung der Blendungseffekte auf Bildschirmen mußte verzichtet werden, da die Durchführung jeder einzelnen Messung zu lange dauert und es mehrerer Personen bedarf, um ein Meßgerät zu transportieren. Anstelle einer objektiven Messung mußte sich mit einem subjektiven Urteil begnügt werden (vgl. Frage 18, Abb. 4).
Die Frage 15 ("Ist die Fehlbedienung insbesondere gefährlicher Stellteile ausgeschlossen?") sucht einen besonders im militärischen Bereich äußerst wichtigen Aspekt abzuklären, aber sie kann ebenso wie die Frage 17 ("Existieren für die Armaturen ausreichende Einstellungsmarken?") nur von einem mit dem System Vertrauten zufriedenstellend beantwortet werden.
Eine in die Richtung der Systemanalyse gehende Bewertung von Arbeitsplätzen macht es notwendig, die Zusammenhänge der Bedienungsfaktoren soweit zu verstehen, daß funktionale Bedeutung und ergonomische Anforderung zueinander in Beziehung gesetzt werden können.
Wenngleich zu den meisten Punkten des Fragebogens eindeutige Maße genannt wurden und so schon eine erhebliche Objektivierung gegenüber dem alten Verfahren erzielt wurde, einfach auf ein Tonband kommentierend von einem Arbeitsplatz zum anderen zu gehen, so ist die Objektivität im hier besprochenen Bewertungskonzept doch nur begrenzt (vgl. auch Frage 12, Abb. 4) und damit auch die Reliabilität und Validität des Verfahrens.
Bei der Durchführung der Begutachtung mit der Checkliste wurde für jeden Arbeitsplatz ein Bogen verwandt und die Ergebnisse wurden auf einem Bogen gleicher Art zusammenfassend dargestellt (Abb. 5, S. 17).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5: Zusammenstellung von Einzelbewertungen. (SCHOEFFEL, 198o)
Zur Bewertung wurden entweder ein (+) oder ein (-) zu jeder Frage notiert. Je nach dem Uberwiegen der positiven oder negativen Einzelurteile wurde zu einem entsprechenden Gesamtergebnis für jede Konsole zusammengezogen. Der Auftraggeber hatte damit die Möglichkeit, direkt zu ersehen, wie das entsprechende Ergebnis zustandegekommen war.
Die praktische Anwendung der Checkliste machte schließlich noch ein besonderes Problem deutlich. Bei Arbeitsplätzen an Konsolen ist es wichtig zu beurteilen , ob die zu überwachenden Funktionen gut im Hauptgesichtsfeld des Bedieners liegen (vgl, Frage 1, Abb. 4). Das Hauptgesichtsfeld ist definiert als der Bereich í 15 ° um eine Fixationsachse, 15 ° gegenüber der Frankfurter Horizontalen geneigt. Der körperseitige Bezugspunkt liegt 5 cm von der Tischkante entfernt in 5o cm Höhe über der Arbeitsfläche, 1st es nun ohnehin schon nicht leicht, auf der Tischplatte eine Senkrechte zu errichten und in 5o cm Höhe den Winkel gegenüber der Horizontalen abzulesen, so wird die Angelegenheit noch schwieriger, wenn die Konsole vorn keine ebene Fläche hat. Ähnliche Schwierigkeiten gibt es bei der Ausmessung des Arbeitsplatzes hinsichtlich des Greifbereiches, wo der Referenzpunkt des Schultergelenkes im leeren Raum abzustecken ist. Hier hätte das am Anthropometrischen Institut der Christian-Albrechts-üniversität in Kiel entwickelte bewegliche Rohrmodell mit den wesentlichen Meßpunkten eines Sitzenden {JÜRGENS, 1981) hilfreich eingesetzt werden können. Es ist transportabel und kann leicht vor jedem Arbeitsplatz in eine Sitzposition gebracht werden. Es erlaubt dann, die Lage der kritischen Körpermeßpunkte schnell im Raum zu bestimmen und bietet feste Ansatzpunkte zur Fixierung von Meßwerkzeugen.
3.2. Ergonomisch-anthropometrische Bewertung über die Erstellung eines Ideals
Zur Bewertung von Konsolen kann die modellhafte Konzeption einer Idealkonsole interessant sein, die allen Richtwerten und Anforderungen gerecht wird. Ein entsprechender Versuch von ZASPEL (198o) vermag die Problematik anthropometrischer Bewertungskonzepte weiter zu verdeutlichen.
[...]
[1] m aus allen möglichen Checklist-Fragen die bedeutsamen auszuwählen, ist die Erstellung ihrer Rangordnung wünschenswert. Der gesundheitliche Aspekt, der Aspekt der" Systemeffizienz oder die Benutzungsrate einer Komponenten können als Kriterium angesetzt werden umd die entsprechende Bewertung der Itemvalidität kann dann anhand empirischer Beobachtungen varianzanalytisch vorgenarmen werden.
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