Der Philosoph und Literaturrezipient Martin Heidegger betitelte Friedrich Hölderlin einst als Dichter des Dichters. In dieser Formulierung steckt zweierlei: Einerseits erhebt diese Bezeichnung Hölderlin in eine gesonderte Position, welche über dem „gemeinen“ Dichter thront und besagt, dass seine Dichtung diejenige der Anderen übertreffe. Andererseits wird damit ausgedrückt, dass er den Dichter dichtet, also in seinen Texten über die Dichtung reflektiert. Diese poetologische Sichtweise auf Hölderlin soll in der vorliegenden Arbeit anhand seiner Ode Natur und Kunst oder Saturn und Jupiter genauer betrachtet werden. Im Zentrum dieser Arbeit steht die Frage an den Text, wie Dichtung konzipiert sein soll und welche Rolle dem schaffenden Dichter zukommt. In einem ersten Teil wird ein Überblick über das Gedicht gewonnen. Dabei soll auf die Form und die im Gedicht zentrale Mythologie eingegangen werden. In textnaher Lektüre werden grundlegende Einsichten zum Verhältnis zwischen Saturn und Jupiter (Natur und Kunst) herausgearbeitet.
Im weiteren Verlauf wird der Fokus auf drei spezifische Aspekte der hölderlinschen Dichtungskonzeption gerichtet. Die Überlegungen dazu sollen am Ende dieser Arbeit anhand eines Hölderlin-Zitates zusammengeführt werden.
Als Textgrundlage wurde die siebenstrophige Abschrift III der historisch-kritischen Frankfurter Ausgabe verwendet. Die Frankfurter Ausgabe wurde gewählt, weil sie sich unmittelbar auf den handschriftlichen Text Hölderlins bezieht und somit dem Anspruch einer wissenschaftlich sauberen Edition am besten gerecht wird.
Zur Klärung des mythologischen Hintergrunds verwendete ich das Gründliche Mythologische Lexikon von Hederich. Es war zur Zeit Hölderlins das Standardwerk und liefert die Informationen, auf welche die Dichter des späten 18. Jh. und 19. Jh. zurückgriffen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Textgrundlage
- 2. Einleitung
- Teil I
- 3.1. Form
- 3.2. Mythologischer Hintergrund
- 3.3. Textnahe Lektüre; Das Verhältnis zwischen Saturn und Jupiter / Natur und Kunst
- Teil II
- 4.1. Schöpfung und Entschöpfung
- 4.2. Dichtung als Werkzeug der Identitätsfindung
- 4.3. Zirkulärer Entstehungsprozess
- 4.4. Zusammenführung im Knotenpunkt Sprache
- 5. Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Friedrich Hölderlins Ode „Natur und Kunst oder Saturn und Jupiter“ unter besonderer Berücksichtigung der poetologischen Aspekte. Die zentrale Frage lautet, wie Hölderlin Dichtung konzipiert und welche Rolle der Dichter dabei spielt. Die Analyse konzentriert sich auf die Form des Gedichts, den mythologischen Hintergrund und das Verhältnis von Natur und Kunst, welches durch die Figuren Saturn und Jupiter repräsentiert wird.
- Hölderlins poetologische Konzeption
- Das Verhältnis von Natur und Kunst in Hölderlins Dichtung
- Die mythologische Bedeutung von Saturn und Jupiter
- Die Form der alkäischen Ode und ihre Wirkung
- Die Rolle des Dichters im schöpferischen Prozess
Zusammenfassung der Kapitel
1. Textgrundlage: Dieses Kapitel benennt die verwendete Textgrundlage für die Analyse: die siebenstrophige Abschrift III der historisch-kritischen Frankfurter Ausgabe von Hölderlins Ode „Natur und Kunst oder Saturn und Jupiter“. Die Wahl dieser Ausgabe wird mit ihrer Nähe zum handschriftlichen Original und ihrem Anspruch an wissenschaftliche Genauigkeit begründet. Die Bedeutung der Auswahl einer spezifischen Ausgabe für die Interpretation des Werks wird hervorgehoben.
2. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein. Sie stellt Martin Heideggers Beschreibung Hölderlins als „Dichter des Dichters“ vor und erläutert die daraus resultierende doppelte Bedeutung: Hölderlins herausragende Stellung in der Dichtung und seine Reflexion über Dichtung in seinen Texten. Die Arbeit fokussiert auf die Frage nach Hölderlins Dichtungskonzeption und der Rolle des Dichters. Die Struktur der Arbeit wird skizziert: Ein erster Teil bietet einen Überblick über Form und Mythologie des Gedichts, während der zweite Teil sich mit drei Aspekten der hölderlinschen Dichtungskonzeption befasst.
3.1. Form: Dieses Kapitel beschreibt die Form des Gedichts als eine alkäische Ode mit sieben Strophen zu je vier Versen, wobei ein spezifisches metrisches Schema eingehalten wird. Die alkäische Strophenform wird ihren historischen Ursprüngen im Werk des griechischen Dichters Alkaios zugeordnet. Die Bedeutung der Form für den Ausdruck und die Wirkung des Gedichtes wird implizit angesprochen.
3.2. Mythologischer Hintergrund: Das Kapitel beleuchtet den mythologischen Hintergrund des Gedichts, indem es die Figuren Saturn (Kronos) und Jupiter (Zeus) im Kontext der griechischen Mythologie erklärt. Saturn wird als Titan und Herrscher eines goldenen Zeitalters dargestellt, während Jupiter seinen Vater vom Thron stürzt und die Herrschaft übernimmt. Die Beschreibung des Verhältnisses zwischen den beiden Göttern legt den Grundstein für die Interpretation des Gedichts.
3.3. Textnahe Lektüre; Das Verhältnis zwischen Saturn und Jupiter / Natur und Kunst: Diese Sektion analysiert das Verhältnis zwischen Saturn und Jupiter als Metapher für Natur und Kunst im Gedicht. Der Titel selbst strukturiert diese Zuordnung. Die erste Strophe beschreibt Jupiter als Herrscher, der auf elaborierten, künstlichen Förmlichkeiten basiert, jedoch gleichzeitig von seinem Vater Saturn abhängig ist. Die folgenden Strophen beleuchten die Geschichte der Verbannung Saturns durch Jupiter und das damit verbundene Verhältnis von Natur und Kunst. Die Bedeutung der Vermittlung von Natur und Kunst und der Priorität der Natur in Hölderlins Denken wird hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Friedrich Hölderlin, Ode, Natur und Kunst, Saturn, Jupiter, Poetologie, Mythologie, alkäische Ode, Dichtungskonzeption, Natur und Kunst im Verhältnis, Schöpfung und Entschöpfung.
Häufig gestellte Fragen zu Hölderlins "Natur und Kunst oder Saturn und Jupiter"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Friedrich Hölderlins Ode "Natur und Kunst oder Saturn und Jupiter" mit Fokus auf seine poetologischen Aspekte. Die zentrale Frage ist, wie Hölderlin Dichtung konzipiert und welche Rolle der Dichter dabei spielt.
Welche Textgrundlage wird verwendet?
Die Analyse basiert auf der siebenstrophigen Abschrift III der historisch-kritischen Frankfurter Ausgabe von Hölderlins Ode. Die Wahl dieser Ausgabe wird mit ihrer Nähe zum handschriftlichen Original und ihrem wissenschaftlichen Anspruch begründet.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt Hölderlins poetologische Konzeption, das Verhältnis von Natur und Kunst in seiner Dichtung, die mythologische Bedeutung von Saturn und Jupiter, die Form der alkäischen Ode und ihre Wirkung sowie die Rolle des Dichters im schöpferischen Prozess. Schlüsselbegriffe sind Schöpfung und Entschöpfung, sowie die Identitätsfindung durch Dichtung.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile. Teil I behandelt die Form und den mythologischen Hintergrund des Gedichts (Form der alkäischen Ode, die Figuren Saturn und Jupiter in der griechischen Mythologie und deren Verhältnis als Metapher für Natur und Kunst). Teil II analysiert drei Aspekte der hölderlinschen Dichtungskonzeption: Schöpfung und Entschöpfung, Dichtung als Werkzeug der Identitätsfindung und den zirkulären Entstehungsprozess, der im Knotenpunkt Sprache zusammenläuft.
Welche Rolle spielen Saturn und Jupiter?
Saturn und Jupiter werden als Metapher für Natur und Kunst interpretiert. Saturn repräsentiert die Natur, das goldene Zeitalter, während Jupiter die Kunst, den Fortschritt und die Herrschaft symbolisiert. Ihr Verhältnis zueinander spiegelt die komplexe Beziehung zwischen Natur und Kunst in Hölderlins Denken wider.
Was ist die Bedeutung der alkäischen Ode?
Die Arbeit analysiert die alkäische Strophenform des Gedichts und ihre Bedeutung für den Ausdruck und die Wirkung des Gedichtes. Die historische Einordnung der Form in das Werk des griechischen Dichters Alkaios wird ebenfalls thematisiert.
Welche Schlussfolgerung zieht die Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Dichtungskonzeption Hölderlins und die Rolle des Dichters im schöpferischen Prozess, indem sie die formale Struktur und den mythologischen Hintergrund des Gedichts detailliert analysiert. Sie untersucht das Verhältnis von Natur und Kunst als zentrales Thema und zeigt, wie dieses Verhältnis in Hölderlins Werk durch die Figuren Saturn und Jupiter ausgedrückt wird. Die Arbeit betont die Bedeutung des zirkulären Entstehungsprozesses und die Rolle der Sprache bei der Identitätsfindung. Ein Schlusswort fasst die Ergebnisse zusammen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Friedrich Hölderlin, Ode, Natur und Kunst, Saturn, Jupiter, Poetologie, Mythologie, alkäische Ode, Dichtungskonzeption, Natur und Kunst im Verhältnis, Schöpfung und Entschöpfung.
- Arbeit zitieren
- Mathias Haller (Autor:in), 2006, Friedrich Hölderlin: Natur und Kunst oder Saturn und Jupiter – Eine poetologische Lektüre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140733