„Sprachförderung bei Kindern nicht- deutschsprachiger Herkunft – Das Praxisbuch“ gibt nicht nur einen Überblick über die theoretischen Grundlagen zum Thema Sprachförderung, sondern es werden neben der Thematisierung der Grundlagen zur kindlichen Sprachentwicklung, dem Erst- und Zweitspracherwerb, der Definition der Sprachförderung und ihre Bedeutsamkeit, der Rolle der Lehrperson und den methodischen Elementen der Sprachförderungsarbeit, vor allem praxisorientierte Konzeptionsvorschläge und Anregungen gegeben, wie eine solche Förderung von der Lehrperson gestaltet werden kann. Es werden beispielhafte Wortschatzfelder, Spiele, Lieder und Arbeitsblätter zu den einzelnen Themen der sprachlichen Förderung aufgeführt, die zur Hilfe herangezogen werden können, um eine auf die Kinder abgestimmte, individuelle Konzeption zur thematischen und inhaltlichen Gestaltung einer Sprachförderung zu erstellen.
Im Mittelpunkt stehen hierbei die Themen und Inhalte, die in einer Sprachförderung für Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft vorkommen können. Die thematische und inhaltliche Auswahl wurde so getroffen, dass die kindliche Lebenswelt das Fundament der Themenwahl bildet.
Zudem werden drei Unterrichtsversuche vorgestellt, die in einer vorschulischen Sprachförderung zum Einsatz gekommen sind. Dabei werden die Vorüberlegungen zum jeweiligen Thema vorgestellt, wie auch der Stundenverlauf und die Reflexion der Unterrichtsstunde.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
Theorieteil
2. Theoretische Grundlagen zur Entwicklung von Sprache bei Kindern
2.1.Sprachentwicklung – Grundlegende Voraussetzungen für den Spracherwerb
2.2.Prozesse des Lernens jüngerer Kinder und ihre Begriffsbildung
3. Der Erst- und Zweitspracherwerb
3.1.Definition der Erstsprache und der gleichzeitige Erwerb zweier Sprachen
3.2.Die Erstsprache ist das Grundgerüst für den Erwerb der Zweitsprache
3.3. Der Zweitspracherwerb
4. Die Sprachförderung und ihre Bedeutsamkeit
4.1. Definition „vorschulische Sprachförderung“
4.2. Bedeutung der Sprachförderung für die Integration
5. Die Rolle der Lehrperson
5.1. Beobachtung des Kindes
5.2. Lehrperson als Sprachvorbild
5.3. Die Rolle der zweisprachigen Lehrperson
6. Methodische Elemente der Sprachförderungsarbeit
6.1. Methodische Grundgedanken
6.2. Ausgewählte methodische Elemente zur vor- schulischen Sprachförderungsarbeit Praxisteil
7. Themen und Inhalte in der Sprachförderung
7.1. Ich und mein Körper
7.2. Meine Gruppe/ Klasse
7.3. Gefühle und Gedanken
7.4. Kleidung
7.5. Familie
7.6. Nahrung
7.7. Tiere
7.8. Farben und Formen
7.9. Räumlichkeiten
7.10. Schule
8. Unterrichtsversuche zur Sprachförderungsarbeit
8.1. Informationen zu der Sprachförderungsgruppe
8.2. Planung und Reflexion der Unterrichtsstunde zum Thema „Die Gruppe“
8.2.1. Vorüberlegungen zum Thema
8.2.2. Stundenverlauf
8.2.3. Reflexion der Unterrichtsstunde
8.3. Planung und Reflexion der Unterrichtsstunde zum Thema „Die Körperteile“
8.3.1. Vorüberlegungen zum Thema
8.3.2. Stundenverlauf
8.3.3. Reflexion der Unterrichtsstunde
8.4. Planung und Reflexion der Unterrichtsstunde zum Thema „Das Badezimmer“
8.4.1. Vorüberlegungen zum Thema
8.4.2. Stundenverlauf
8.4.3. Reflexion der Unterrichtsstunde
9. Schlussbemerkungen
10. Verzeichnisse
10.1. Literatur
10.2. Verzeichnis der Webseiten
10.3. Sonstige Medien
1. Einleitung
Sprachförderung bei Kindern nicht- deutschsprachiger Herkunft bedeutet zunächst einmal eine sprachliche Förderung bei Kindern, die die deutsche Sprache nicht als Erstsprache sprechen. In der weiterführenden Literatur werden für diese Kinder häufig die Bezeichnungen „Migrantenkinder“, „ausländische Kinder“ oder „Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist“ gewählt. Diese Ausdrücke stehen für die in diesem Buch gewählte Formulierung „Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft“.
Der Terminus „Sprachförderung“ ist hingegen umfassender und weitgreifender als es zunächst scheint. Sprachförderung ist nämlich nicht nur die sprachliche Förderung an sich, sondern es ist auch eine Unterstützung der geistigen und körperlichen Entwicklung der Kinder. Die Definition, dass lediglich das Verstehen und die Verständigung der Sprache durch die Sprachförderung weiterentwickelt werden soll, ist aus diesem Grund zu eng gefasst und wird im Laufe dieser Arbeit noch ausführlicher definiert und erläutert.
„Sprachförderung bei Kindern nicht- deutschsprachiger Herkunft – Das Praxisbuch“ gibt nicht nur einen Überblick über die theoretischen Grundlagen zum Thema Sprachförderung, sondern es werden neben der Thematisierung der Grundlagen zur kindlichen Sprachentwicklung, dem Erst- und Zweitspracherwerb, der Definition der Sprachförderung und ihre Bedeutsamkeit, der Rolle der Lehrperson und den methodischen Elementen der Sprachförderungsarbeit, vor allem praxisorientierte Konzeptionsvorschläge und Anregungen gegeben, wie eine solche Förderung von der Lehrperson gestaltet werden kann. Es werden beispielhafte Wortschatzfelder, Spiele, Lieder und Arbeitsblätter zu den einzelnen Themen der sprachlichen Förderung aufgeführt, die zur Hilfe herangezogen werden können, um eine auf die Kinder abgestimmte, individuelle Konzeption zur thematischen und inhaltlichen Gestaltung einer Sprachförderung zu erstellen.
Im Mittelpunkt stehen hierbei die Themen und Inhalte, die in einer Sprachförderung für Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft vorkommen können. Die thematische und inhaltliche Auswahl wurde so getroffen, dass die kindliche Lebenswelt das Fundament der Themenwahl bildet. Die Kinder werden auf dieses Art und Weise zum Sprechen animiert und können so sicherer und handlungsfähiger agieren.
Zudem werden drei Unterrichtsversuche vorgestellt, die in einer vorschulischen Sprachförderung zum Einsatz gekommen sind. Dabei werden die Vorüberlegungen zum jeweiligen Thema vorgestellt, wie auch der Stundenverlauf und die Reflexion der Unterrichtsstunde.
2. Theoretische Grundlagen zur Entwicklung von Sprache bei Kindern
Die Sprache ist ein wichtiges Instrument, um mit anderen zu kommunizieren. Eine Sprache zu rezipieren und sich mit ihrer Hilfe zu verständigen, Information zu äußern oder von anderen Menschen mitgeteilt zu bekommen, erleichtert nicht nur das Zusammenleben in einer Gesellschaft, die durch Werte und Normen sowie durch ihre Kultur geprägt ist, es ist auch ein Grundelement für die Integration in ein soziales Gesamtsystem, in der die Sprache allgegenwärtig ist.
Das mitunter elementarste Mittel der Verständigung und der Informationsübertragung wird in einer Reihe von komplexen Entwicklungs-prozessen erworben, die vom frühen Kindesalter an ablaufen. Um Sprache zu erlernen, müssen physische, psychische und soziokulturelle Voraussetzungen erfüllt sein. Die Grundkenntnisse über diese Entwicklung von Sprache bei Kindern bilden nicht nur das Fundament für die pädagogische Arbeit mit Kindern deutschsprachiger Herkunft, sondern sind auch für die vorschulische Sprachförderung grundlegend. Für die Vorplanung, Durchführung und Reflexion der vorschulischen Sprachförderung werden u.a. Wissen und Kenntnisse aus der Spracherwerbsforschung genutzt. Das Bewusstsein über den kindlichen Spracherwerb sollte eine kindgerechte Sprachförderungs-konzeption bedingen, denn nur so kann das Kind mit Freude und Motivation eine Sprache erlernen.
Im Folgenden wird auf die theoretischen Ausführungen zur sprachlichen Entwicklung nach Wendlandt Bezug genommen, da es wissen-schaftliche Erkenntnisse aus den Bereichen wie Pädagogik, Psychologie und Medizin zu dieser Thematik vermittelt. Darüber hinaus wird die Veröffentlichung des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit „ Wer spricht mit mir?“ (2001) zur Schilderung der sprachlichen Entwicklung bei Kindern herangezogen, da diese Publikation speziell auf die vorschulische Sprachförderung für Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft eingeht und Ausführungen zum grundlegenden Wissen über den sprachlichen Erwerb bei diesen Kindern vorstellt.
2.1. Sprachentwicklung – Grundlegende Voraussetzungen für den Spracherwerb
Wie bereits Wendlandt in seinem Buch „Sprachstörungen im Kindesalter“ in einer seiner Kapitelüberschriften erwähnt, dass das Sprechen als ein Ergebnis einer positiven Gesamtentwicklung verstanden werden kann, so soll auch die Entwicklung der Sprache und des Sprechens in diesem Abschnitt als solche definiert werden. Es gibt nicht die eine Voraussetzung, die erfüllt werden muss, damit die sprachliche Entwicklung des Kindes ohne Störungen verläuft. Vielmehr entwickelt sich die Sprache des Kindes in einem umfassenden Spracherwerbsprozess, der die Ausbildung grundlegender Fähigkeiten wie z.B. das Sehen, das Hören und die Feinmotorik, sowie ein Sprachverständnis und die Motivation zum Sprechen, voraussetzt. Die Artikulation, der Wortschatz und die Grammatik des Kindes werden darüber hinaus nur vollständig ausgebildet, wenn mit dem Kind kommuniziert wird, es Sprachanregungen erhält und mit Liebe und Akzeptanz in der Familie aufwächst (vgl. Wendlandt 2000, 10).
Nach Wendlandt vollzieht sich die Sprachentwicklung nach einer bestimmten Abfolge. Zunächst müssen grundlegende Entwicklungs-prozesse, die sich den Bereichen der sensomotorischen, der sozialemotionalen und der geistigen Entwicklung zuordnen lassen, durchlaufen und absolviert werden, damit das Kind befähigt wird, Sprache zu erwerben und diese auch anzuwenden. Bei diesem Verlauf der Entwicklung eignet sich das Kind wesentliche Fähigkeiten an, die zunehmend erweitert werden. Die sensomotorische Entwicklung umfasst die Entwicklung des Hörens, des Sehens, die Ausbildung der Stimme, den Tastsinn sowie die Entwicklung der Motorik und Bewegungsfähigkeit. Die akustische wie auch die visuelle Wahrnehmungsfähigkeit sind bedeutende Voraussetzungen für den Anfang der kindlichen Sprachentwicklung. Im Folgenden wird die Bedeutung dieser beiden Wahrnehmungsfähigkeiten für die sprachliche Entwicklung des Kindes näher erläutert (vgl. Wendlandt 2000, 12).
Um einen erforderlichen Antrieb für die Fortsetzung der sprachlichen Entwicklung zu gewährleisten, muss sich das Kind z.B. selbst hören und braucht die Wahrnehmung der Laute anderer Personen. Die auditive Wahrnehmung nimmt daher einen zentralen Stellenwert für den Spracherwerb ein, da Sprache und Sprechen auf der Fähigkeit des Aufnehmens und Zuhörens aufbauen. Um Sprechen, Schreiben- und Lesen lernen zu können, muss das Kind entdecken, dass Sprache aus lautlichen Einheiten besteht, die aus den Lauten der gesprochenen Sprache zu unterscheiden sind. Das Kind kann den Sinn eines Wortes nur erkennen, wenn es die feinen Unterschiede der Laute eines Wortes erfasst. Aufbauend auf diese Fähigkeit lernt das Kind in der Grundschule, dass den Lauten bestimmte Schriftzeichen bzw. Buchstaben zugeordnet werden. Die auditive Wahrnehmungsfähigkeit ist auch für das Erfassen von Situationen bedeutend. Essentiell für dieses Erfassen und den auf diese Weise zusammenhängenden expressiven Aspekten sind der Tonfall, die Tonstärke, die Tondauer und die Tonhöhe. Je nachdem, wie gleiche Wörter oder Sätze ausgedrückt oder ausgesprochen werden, vermitteln sie unterschiedliche Inhalte. Eine Mitteilung kann über die Sprechmelodie verschieden ausgedrückt und aufgefasst werden. Das Kind muss zunächst lernen herauszubekommen, welcher Inhalt mit der Sprechmelodie vermittelt wird. Abhängig ist dieser Sachverhalt von der melodischen Differenzierungsfähigkeit. Diese erleichtert dem Kind die Übernahme der Intonation einer neuen Sprache. Abschließend ist noch die Fähigkeit zur rhythmischen Differenzierung anzusprechen, die für das Speichern von Wort- und Schriftinhalten, sowie von Satzschemata wichtig ist. Rhythmische Merkmale in der Sprache helfen dem Verständnis des Inhaltes. Ist die rhythmische Struktur von einem Wort dem Kind nicht bewusst, können z.B. Fehler wie eine falsche Trennung der Silben, eine Umstellung von Lauten sowie Silben oder das Auslassen von Schriftzeichen vorkommen (vgl. Wendlandt 2000, 12 und Wer spricht mit mir? 2001, 18- 19)
Durch die visuelle Wahrnehmungsfähigkeit entdeckt das Kind nicht nur seine Umgebung und Umwelt, sondern es beobachtet auch die Mundbilder der Erwachsenen sowie ihre Lippenstellungen beim Sprechen, die das Kind versucht nachzuahmen (vgl. Wendlandt 2000, 12). Wendlandt argumentiert, dass die Bedeutung des Sehens für die sprachliche Entwicklung sich darin zeigt, „dass ein hoher Prozentsatz aller blinden Kinder eine Sprachentwicklungsverzögerung aufweist: Durch die eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit ist auch ihr Wortschatz eingeschränkt- sie können viele Dinge ihrer Umwelt nicht erfassen, was sich eben nicht nur auf das Ablesen der richtigen Mundstellung bezieht (dies ist notwendig für die Ausbildung einer altersgemäßen Artikulation)“ (Wendlandt 2000, 12). Die visuelle Wahrnehmungsfähigkeit ist auch, abgesehen von anderen Fähigkeiten, beim späteren Lesen- und Schreiben lernen erforderlich. Die einzelnen Buchstaben müssen von dem Kind differenziert wahrgenommen werden, damit das Lesen lernen ermöglicht wird. Beim Schreiben muss das Kind die einzelnen Schriftzeichen in ihrer Aufeinanderfolge innerhalb eines Wortes erfassen, sowie Details bei Buchstaben erkennen (vgl. Wer spricht mit mir? 2001, 18).
Eine weitere Grundlage für die Sprachentwicklung ist die Ausbildung der Stimme, die sich bereits mit dem ersten Schreien eines Neugeborenen entwickelt und im späteren Entwicklungsverlauf in einer sogenannten Lallphase weiter entfaltet, in der das Kind neben Schmatzlauten weitere vielfältige Laute produziert, deren Anzahl größer ist als die in der Erstsprache des Kindes. Die Stimme, die sich zunächst in Schreien äußert, gewinnt für den Säugling Bedeutung, wenn er lernt, dass sein Schreien bestimmte Reaktionen in seiner Umgebung auslöst. Die Mutter geht z.B. auf ihr Kind ein, wenn es schreit, und gibt stimmliche Laute von sich. Auf diese Weise entwickelt sich die erste „stimmliche Kommunikation“ (Wendlandt 2000, 12) zwischen der Mutter und ihrem Kind. Mit dieser entwickelt sich auch ihre zwischenmenschliche Beziehung weiter, die auch als sozialemotionale Entwicklung charakterisiert wird (vgl Wendlandt 2000, 12 und 13).
Der Wahrnehmungsprozess des Kindes umfasst auch den haptischen Sinn, das bedeutet die Wahrnehmung über die Haut, wie z.B. mit der Zunge, den Lippen und den Händen. Mit diesem Tastsinn kann die Temperatur und die Oberflächenbeschaffenheit eines Gegenstandes erschlossen werden. Die Registrierung der Kraft, die bei Bewegungsabläufen eingesetzt wird, der Druck auf Körperteile oder die Registrierung der Spannung und der Lockerung der Muskulatur kann ebenfalls durch die haptische Wahrnehmungsfähigkeit wahrgenommen werden (vgl. Wendlandt 2000, 13).
„Der Tastsinn ermöglicht es dem sprechen lernenden Kind, den kleinen Unterschied beim Bilden der Laute „b“ und „p“ zu unterscheiden, den Druck der Zunge beim „t“ kürzer und stärker zu dosieren als beim „d“, das Vibrieren der Lippen beim „w“ zu spüren und diesen Laut vom „f“ zu unterscheiden, wobei eben nicht nur das Hören, sondern auch das muskuläre Empfinden zentrale Bedeutung hat. Tastsinn und Bewegungsempfindungen unterstützen also als ganz wesentliche Wahrnehmungskanäle den Lernprozess beim Sprechen lernen“ (Wendlandt 2000, 13).
Das Kind sollte sich auf seine Fähigkeiten verlassen können, die Lage und die Richtung der Bewegung von Köperteilen zueinander immer, wenn auch teilweise unbewusst, zu registrieren und relativ schnell zu steuern. Die Entwicklung der Bewegungsfähigkeit und der Motorik ist daher eine weitere grundlegende Fähigkeit für die Sprachentwicklung, da zum Sprechen zielgerichtete, geplante und beabsichtigt gesteuerte Bewegungen des Mundes und der Zunge notwendig sind. Das Kind greift nach Dingen aus seiner Umgebung und umfasst, berührt und bewegt diese. Mit der Zeit wird die Abstimmung der Bewegungsabläufe immer feiner. Die Entschlüsselung der Reize, die durch Berührung ausgelöst werden, läuft schneller ab, die Dosierung der Kraft, die für Bewegungen nötig ist, wird gesteuerter und mit Hilfe der haptischen Wahrnehmungsfähigkeit, wie z.B. von der Zunge oder den Lippen, wird die Herstellung der korrekten Stellungen und Spannungszustände der Muskulatur des Mundes, die für die Aussprache notwendig sind, in Bruchteilen von Sekunden gewährleistet. Diese Bewegungsabläufe setzen voraus, dass die unterschiedlichen Muskelgruppen fein aufeinander abgestimmt werden. Wie bereits beschrieben, entwickelt sich diese sogenannte Feinmotorik unter anderem durch Mitwirkung des Tastsinns und der Eigenkontrolle der visuellen Wahrnehmungs-fähigkeit. Eine gesamtkörperliche Entwicklung der Grobmotorik des Kindes ist zudem zur gleichen Zeit nötig. Die Grobmotorik des Kindes bringt seinen gesamten Körper dauernd in unterschiedliche Körperlagen, das Kind entwickelt Kraft und trainiert die Muskulatur sowie die Gelenkbeweglichkeit (vgl. Wendlandt 2000, 12 und 13).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Bewegungs- und Wahrnehmungserfahrungen, die das Kind macht, eine unerlässliche Voraussetzung für den Spracherwerb sind. Bewegung und Sprache sind Quellen zur Gewinnung von Erkenntnis, wenn das Kind Objekte in die Hand nimmt, sie ausprobiert und über die Bewegung Einsichten sammelt, die für ihn über die Verbindung mit Sprache zu Begriffen werden. Als Ausdrucksmittel zeigen Sprache und Bewegung Emotionen, Anliegen, Absichten, Begierden, Wünsche, sowie Ängste und vieles mehr. Vor allem jüngere Kinder können oft Emotionen und Bedürfnisse nicht mit Worten ausdrücken und setzen deshalb ihre Körpersprache ein. In den ersten Lebensjahren stehen sprech-motorische Leistungen in engem Zusammenhang mit der allgemeinen Motorik. Werden Lippen, Zunge und Teile des Kehlkopfes bei dem Sprechvorgang bewegt, sind diese Leistungen zum Teil sichtbar. Besitzen Kinder gut ausgebildete motorische Fähigkeiten, lernen sie meist ohne Verzögerung sprechen und verfügen über eine Sprechmotorik, die ihrer allgemeinen Bewegungsfähigkeit entspricht. Nicht nur das Sprechen, auch späteres Schreiben gelingen nur, wenn eine komplexe feinmotorische Koordination vorliegt (vgl. Wer spricht mit mir? 2001, 16 und 17).
Eine weitere grundlegende Entwicklung neben der sensomotorischen, ist die sozialemotionale Entwicklung, die für den sprachlichen Erwerb von Bedeutung ist. Die Art, wie befriedigend Mitmenschen mit den Bedürfnissen und Kontaktwünschen des Kindes umgehen und wie die zwischenmenschlichen Begegnungen des Kindes mit seiner Umwelt ablaufen, entscheidet über seine Grundeinstellungen gegenüber seiner Umwelt und zu seinen Mitmenschen. Erfährt das Kind in den ersten Lebensjahren Geborgenheit sowie Vertrauen und fühlt es sich emotional akzeptiert, kann es den Mitmenschen auch mit Vertrauen begegnen und seine Umwelt aktiv mitgestalten. Dies geschieht, wenn das Kind spricht, denn das Sprechen bedeutet stets eine Kontaktaufnahme und das Eingehen von Beziehungen zu anderen Individuen. Wie bereits bei der sensomotorischen Entwicklung erwähnt, lernt das Kind diese Fähigkeiten des sozialen Miteinanders in der frühen Eltern- Kind- Beziehung. In diesem speziellen Kontakt bildet das Kind seine emotionale Basis aus (vgl. Wendlandt 2000, 13 und 14).
Der dritte wichtige Bereich, in dem bedeutende Fähigkeiten für den sprachlichen Erwerb erworben werden, ist die geistige Entwicklung bzw. Hirnreifung. Mit der Zeit ist das Kind in der Lage wahrgenommene Dinge wiederzuerkennen und sie in seine Erinnerung zu rufen, den Unterschied zwischen ähnlichen Dingen zu erkennen, Begriffs-zuordnungen bei bestimmten Gegenständen vorzunehmen oder die Bedeutungen von verschiedenen Mienen und Gesten zu erkennen. Die sensomotorische Integration ist ebenfalls eine grundlegende Voraussetzung des Spracherwerbs. Erst wenn jegliche Fähigkeiten und die beschriebenen Prozesse der Entwicklung in Beziehung gesetzt werden können und das Kind die vorab einzeln trainierten Sinnesbereiche mit seinen Bewegungsmöglichkeiten sowie seinem Denken verbinden kann, ist der Spracherwerb für das Kind möglich (vgl. Wendlandt 2000, 14).
Die beschriebenen Entwicklungsprozesse sind nicht nur für die sprachliche Entwicklung des Kindes wichtig, sondern sie besitzen auch einen relativ großen Einfluss auf den Umgang mit Sprache über die gesamte Lebensdauer. Die vollständige seelische und geistige Entwicklung des Menschen sowie die Ausprägung seiner Persönlichkeit und die Integration in die Gesellschaft hängen von dem Verlauf dieser Entwicklungsprozesse ab (vgl. Wendlandt 2000, 14).
Nach Wendlandt sind die Sprechfreude und das Sprachverständnis die Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit sich die Ausdifferenzierung der Sprache vollziehen kann. Ein aktiver Schritt, den das Kind zum Sprechen lernen unternimmt, ist das Nachsprechen der Wörter und Silben, die Erwachsene in der Sprache gebrauchen. Es versucht die Laute und Wörter nachzuahmen, die es möglicherweise noch gar nicht versteht. Diese Aktivität wird durch die Neugier und Unternehmenslust sowie durch die Freude am spielerischen Umgang mit Sprache ausgelöst. Es ist ein Vergnügen für das Kind Wörter und Satzgebilde zu erlernen. Haben seine Sprechversuche zudem Erfolg, d.h. lassen sich die Bezugspersonen des Kindes auf die kindlichen Bemühungen ein und greifen sie die Sprechabsichten positiv auf, entwickelt sich die Mitteilungsfähigkeit des Kindes relativ schnell. Diese durch eine anwesende Sprechfreude des Kindes gekennzeichnete Basis ist für die Gestaltung der Sprache des Kindes und seine Mitteilungsbereitschaft unerlässlich. Zu der Motivation zu Sprechen ist auch die Fähigkeit des Sprachverständnisses von wichtiger Bedeutung. Sprache zu verstehen, ist beim Kind zeitlich viel früher ausgebildet als die Fähigkeit, aktiv Sprache zu produzieren. In diesem Zusammenhang lässt sich sagen, dass dem Kind ein passiver Wortschatz zur Verfügung steht, der es befähigt Wörter und Satzgebilde zu verstehen, sein aktiver Wortschatz reicht jedoch nicht aus, um es selbst aussprechen zu können. Dies bedeutet, dass das Kind die Bedeutung von Wörtern begreift, noch bevor es sie selbst aussprechen kann, und handelt zielgerecht aufgrund des auditiv Wahrgenommenen (vgl. Wendlandt 2000, 10 und 15).
Das Kind bildet zu Beginn der sprachlichen Entwicklung Einwortsätze, dessen Bedeutung aus dem Stimmklang, der Mimik und der Gestik des Kindes sowie aus der Situation, in der der Einwortsatz ausgesprochen wird, entnommen wird. Kennzeichnend für diese Phase der Sprachentwicklung ist, dass der passive Wortschatz im Wesentlichen einen größeren Umfang aufweist, als der aktive. Das bedeutet, dass das Kind in der Lage ist nahezu alles Gesprochene zu verstehen, natürlich nur unter der Bedingung, dass die Sprachäußerungen dem Niveau des Sprachverständnisses des Kindes entsprechen. Die Artikulation, der Wortschatz und die Grammatik entwickeln sich relativ schnell nebeneinander. Nach Wendlandt zeigt es sich im Bereich der Artikulation unter anderem daran, dass das Kind zunehmend die Fähigkeit ausbaut, in seiner Aussprache die Laute seiner Sprache korrekt zu bilden. Der Wortschatz des Kindes wird zunächst nur um Begriffe von Dingen erweitert, die es haptisch wahrnehmen kann und mit denen es kontinuierlich konfrontiert wird. Mit der Zeit werden auch Begriffe aufgenommen, die es nicht haptisch erfassen kann, die sich nicht in der direkten Reichweite des Kindes befinden oder für das Kind eine abstrakte Benennung darstellen. Die Merkfähigkeit von Begriffen beruht auf deren Wiedererkennung und Zuordnung. Die Grammatik des Kindes entfaltet sich von kurzen Aneinanderreihungen von Wörtern, zu längeren Bildungen von Sätzen mit Nebensatzkonstruktionen, die mit der Zeit immer mehr den grammatischen Regeln entsprechen. Zusätzliche Regeln kann sich das Kind merken und anwenden, wenn es diese erkennt (vgl. Wendlandt 2000, 10 und 15-16).
Nach der Ansicht von Wendlandt ist die Schriftsprache des Kindes, also das Lesen und Schreiben, eine Weiterführung der allgemeinen sprachlichen Entwicklung, da diese die bis zu diesem Zeitpunkt erworbenen Fähigkeiten der Sprache und des Sprechens, sowie die mehrjährige Anwendung von Sprache als Basis nimmt. Die Schriftsprache des Kindes wird mittels gezielter Maßnahmen von vorschulischen und schulischen Einrichtungen erworben und durch Anregungen der Bezugspersonen unterstützt. Beim Lesen- und Schreiben lernen werden zunehmend Fähigkeiten verbessert, die für diesen Prozess unverzichtbar sind. Hierzu gehören die differenzierte Wahrnehmung von Lauten und Lautgruppen, das Erkennen visuell und akustisch wahrnehmbarer Unterschiede von Lauten, ihre Zusammensetzung zu Wörtern aus der Vorstellung heraus, die richtige Durchführung der Artikulation sowie die Speicherung der Wortklänge, also der Melodie und des Tonfalls. Bei dem Kind sollte dabei eine Interpretation der Laute und Lautgruppen erfolgen, hervorgerufen durch Assoziationen mit früheren Erfahrungen. Die Laute und Lautgruppen sollten folgend eine Einordnung in Bezug auf die sprachliche Begriffsbildung erfahren, die in einer Erfassung ihrer sprachlichen Bedeutung mündet. Bei diesem komplizierten Vorgang des Lernens kommt unter anderem der auditiven Wahrnehmungsfähigkeit und Differenzierungsfähigkeit sowie dem sprechmotorischen Entwicklungs-standes des Kindes eine erhebliche Bedeutung zu (vgl. Wendlandt 2000, 16).
Um die Anlage der Sprach- und Sprechfähigkeit nutzen zu können, benötigt das Kind Liebe und Zuneigung, um seine sprachlichen Fähigkeiten optimal entfalten zu können. Nur mit einer Begleitung, die durch liebevolle Akzeptanz und Hilfsbereitschaft gekennzeichnet ist, vollzieht sich die Sprachentwicklung des Kindes bestmöglich. Eine ständige Überversorgung und Belehrung schadet jedoch die Sprechfreude des Kindes. Es muss die Möglichkeit besitzen, selbständig probieren und Fehler machen zu können, denn nur so kann das Kind in diesem Lernprozess notwendige sprachliche Erfahrungen sammeln, die es für seine Sprachentwicklung benötigt. Doch nicht nur die Liebe und Akzeptanz, die seine Umwelt ihm entgegenbringt, ist von wichtiger Bedeutung. Die tägliche Unterhaltung mit dem Kind ist für seine sprachliche Entwicklung ebenfalls wichtig. Abschließend lässt sich hierzu sagen, dass normalerweise jedes Kind Mitteilungen von sich geben möchte. Dafür benötigt das Kind jedoch Mut, um Beziehungen zu anderen Personen seiner Umgebung ohne Angst einzugehen. Die Erziehungsberechtigten bzw. die Lehrpersonen der vorschulischen Sprachförderung sollten dem Kind dabei behilflich sein, sich in seinen Beziehungen zu anderen wohl und sicher zu fühlen (vgl. Wendlandt 2000, 16 und 18). Ein sprachförderndes Verhalten bzw. die Förderung der Sprachentwicklung des Kindes durch die Lehrkraft wird in Kapitel 4. 3. ausführlicher erläutert.
Ein weiterer Aspekt aus dem Bereich der Umwelt, der einen wichtigen Faktor für die Sprachentwicklung darstellt, ist nach Wendlandt die Lebensumwelt, also die Gesellschaft und die Kultur, in der das Kind aufwächst und die den Sprachgebrauch und ihre Ausformung durch das Kind mitgestaltet. Die Sprach- und Sprechfähigkeit erlernt das Kind zunehmend durch seine unmittelbare Umgebung, von den Menschen, die täglich mit ihm sprechen. Die Erziehungsberechtigten und die Lehrpersonen sind Vorbilder, von denen das Kind Laute und Wörter, Töne, Lieder und Verse sowie Sätze verstehen und nachzuahmen lernt. Das Kind benötigt Ermunterungen, um Fortschritte in seiner sprachlichen Entwicklung zu machen und Begriffe zu speichern. Das Kind ist Teil seiner Lebensumwelt, das bedeutet, dass die Kultur und die Gesellschaft dem Kind Einflüsse vermitteln, die sich in der Art der Erziehung wiederspiegeln. Das Kind erhält durch sie seinen persönlichen Standort in ihr. Die Kultur und die Gesellschaft, in denen es heranwächst, prägen sein Weltbild. Von besonderer Bedeutung für die Betrachtung der Sprachentwicklung eines Kindes ist jedoch der Sachverhalt, dass jedes Kind seine eigene Persönlichkeit und Individualität aufweist. Die sprachliche Entwicklung unterliegt ebenfalls dieser Individualität, so dass sie von Kind zu Kind sehr unterschiedlich verlaufen kann. Die Entwicklungsabläufe sind zwar allgemein gültig, doch können bei dem sprachlichen Erwerb individuelle Unterschiede in der Häufigkeit des Sprechens, im Entwicklungstempo sowie in der Anzahl und Art der ersten Wörter, die von dem Kind in der jeweiligen Sprache artikuliert werden, auftreten (vgl. Wendlandt 2000, 16-19).
Das Kind benötigt sprachliche Anregungen, die individuell auf ihn abgestimmt sind und ihm gerecht werden. Das Eingehen auf die individuelle Art des Kindes kann beinhalten, dass seine Umgebung Sprachanregungen intensiviert und häufiger anbietet oder je nach Eigenart des Kindes ihm mehr Zeit und Raum gibt, sich selbst ohne Unterbrechungen und Korrekturen zu äußern. Weitere Möglichkeiten die Sprache und das Sprechen zu fördern sind gezielte Übungen der Wahrnehmung oder die Reaktion auf die Wünsche des Kindes, wenn es sich sprachlich mitteilt.
2.2.Prozesse des Lernens jüngerer Kinder und ihre Begriffsbildung
In den ersten Lebensjahren bezieht sich die kindliche Wahrnehmung der Umwelt vor allem auf ihre Sinne, ihren Körper und ihre Handlungen. Jüngere Kinder sammeln durch eine handelnde Auseinandersetzung mit Personen und Dingen aus ihrer Umgebung Erfahrungen. Sie gehen experimentierend mit Gegenständen und Materialien um und lernen dadurch ihre Eigenschaften kennen. Kinder können besonders viele Kenntnisse und Erfahrungen machen, wenn ihr Umfeld vielseitig und abwechslungsreich ist. Durch die Auseinandersetzung und über ihren konkreten Umgang verändern Kinder ihre Deutungen, Annahmen, Vorstellungen von den Dingen und lernen, ihre eigene Stellung in ihrer Umwelt zu finden. Sprachliche Begleitungen der Tätigkeiten und Handlungen von Kindern stellen entsprechende Sprachmuster dar, an denen sie ihre sprachlichen Fähigkeiten orientieren können. Das Erlernen einer Sprache ist jedoch eine Entwicklung, in der das Kind nicht nur nachahmend die Sprache seines Umfeldes aufnimmt und wiedergibt. Das Kind geht kreativ und geistreich mit Sprache um. Dies zeigt sich vor allem bei dem Erwerb von grammatikalischen Regeln, als auch beim Umgang mit Wörtern und Begriffen. Das Kind spricht nicht nur die Äußerungen nach, welche es aus seinem Umfeld aufnimmt, es macht auch Erfahrungen mit seiner Umwelt. Es lernt dabei, dass Personen, Gegenstände, Materialien und Ereignisse Namen tragen, die für sie bezeichnend sind. Es lernt auch, dass diese Bezeichnungen für Personen, Dinge und Begebenheiten stehen können, die sie benennen. Das Kind bemerkt, dass Wörter und sprachliche Äußerungen eine Bedeutung haben. Über die Verbindung mit Sprache werden die über die konkrete Handlung gewonnenen Erfahrungen zu Begriffen (vgl. Wer spricht mit mir? 2001, 10 bis S. 12).
Für die Begriffsbildung ist der Erfahrungs- und Lernprozess von großer Bedeutung, da diese auf die Wahrnehmung der Sinne und der Erfahrung des Kindes aufbaut. Das Kind lernt über die eigene geistige und gedankliche Beschäftigung die Struktur, Kennzeichen und Eigenschaften von Objekten oder Personen kennen. Der subjektive Sinneseindruck, die Erfahrung der Sinne und die Wahrnehmung, die das Kind erhält, werden über die sprachliche Formulierung zu Begriffen. Fehlt die selbst erfahrene sinnliche Wahrnehmung besitzt das Wort für das Kind keine Bedeutung, zumindest solange es noch nicht eine hinreichende Abstraktionsfähigkeit entwickelt hat. Die Begriffsbildung und die Erweiterung des Wortschatzes werden dem Kind in Situationen erleichtert, die für ihn bedeutsam, interessant und sinnvoll sind. Als Voraussetzungen für eine angemessene Förderung des kindlichen Entwicklungs- und Sprachprozesses, gelten daher die Anknüpfung an die Erfahrungen des Kindes und die Vergegenwärtigung seiner jeweiligen Bedürfnisse. Diese Kenntnisse über den Spracherwerb sind ein Bestandteil des professionellen Handlungswissens von Lehrpersonen (vgl. Wer spricht mit mir? 2001, 10 bis S. 12).
In kurzer Zeit lernen Kinder im Vorschulalter viel, aber ihr Lernen unterscheidet sich von dem der älteren. Kinder lernen ganzheitlich, da sie die Umwelt mit ihrer ganzen Person wahrnehmen. In der Arbeit mit Kindern sollten aus diesem Grund möglichst die kreativen wie die emotionalen, die kognitiven wie die sozialen und die motorischen Fähigkeiten angesprochen werden, damit diese unterschiedlichen Darbietungsformen viele Kanäle der Wahrnehmung nutzen, um ein besseres und längerfristiges Speichern des Wissens, in diesem Zusammenhang der Sprache, zu sichern. Die Sinne der Kinder sollten durch tasten, sehen, hören, schmecken und riechen zum Lernen mit hinzugezogen werden. Die vorschulische Sprachförderung muss diese Lernprinzipien in ihrer Arbeit mit den Kindern berücksichtigen, um das Lernen oder Festigen einer Sprache zu unterstützen (vgl. Wer spricht mit mir? 2001, 11).
Die Entwicklung des Spracherwerbs bei Vorschulkindern zu begleiten und zu fördern ist eine wesentliche Aufgabe der vorschulischen Sprachförderung, damit das Sprechen, Schreiben- und Lesen lernen gelingen kann. Um die Begriffsbildung zu erleichtern, sollten die Kinder emotional angesprochen werden. Die vorschulische Sprachförderung sollte aus diesem Grund Themenbereiche behandeln, die bedeutend für das Kind sind. In dem fünften Kapitel „Konsequenzen für die pädagogische Arbeit“ wird dieser Sachverhalt aufgenommen und verdeutlicht. Es werden methodische Elemente der vorschulischen Sprachförderung vorgestellt, die gezielt unterschiedliche Sinnes-wahrnehmungen des Kindes hervorrufen, um den Erwerb bzw. die Festigung der deutschen Sprache zu unterstützen.
3. Der Erst- und Zweitspracherwerb
Wie im Folgenden erläutert wird, basiert der Zweitspracherwerb auf den Erwerb der Erstsprache, also auf den Spracherwerbsprozess, der bereits im vorherigen Kapitel vorgestellt wurde. In diesem Kapitel werden die Termini erläutert, die in der Literatur vorzufinden sind, wenn in Bezug auf die „vorschulische Sprachförderung bei Kindern nicht- deutschsprachiger Herkunft“ das Thema der Erst- und Zweitsprache aufgegriffen wird. In der Spracherwerbsforschung existiert jedoch keine einheitliche Terminologie für die verschiedenen Spracherwerbsformen. Im Folgenden wird nicht versucht, eine Einheitlichkeit in die Terminologie zu bringen, sondern die weiteren Ausführungen sollen der Nachvollziehbarkeit, der Veranschaulichung und dem Verständnis des vorliegenden Themas dienen. Es wird u.a. erläutert, dass die Erstsprache und die Muttersprache, die meist als Synonyme gebraucht werden, zwei unterschiedliche Bezeichnungen sind, die nicht die gleiche Bedeutung besitzen.
Der Typ des Spracherwerbs und der Sprachstand des Kindes sind Ansatzpunkte für die sprachliche Förderung. Je nachdem, ob das Kind z.B. bereits Deutsch spricht und versteht oder ob es sich nur in einer anderen Sprache verständigen kann, wird die sprachliche Förderung auf diesen Sachverhalt eingehen. Die vorschulische Sprachförderung bezieht sich auf die Stadien des Spracherwerbs und die unterschiedlichen Spracherwerbstypen, die in diesem Kapitel vorgestellt werden. Abschließend sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Erst-, Zweit- oder Mehrspracherwerbs aufgezeigt werden, um die verschiedenen Voraussetzungen der Kinder zu verdeutlichen, die in der vorschulischen Sprachförderung berücksichtigt werden müssen.
3.1. Definition der Erstsprache und der gleichzeitige Erwerb zweier Sprachen
Innerhalb weniger Jahre eignet sich das Kind die Sprache seines Umfeldes an. Das Kind erwirbt seine erste Sprache, die in der Regel die Sprache seiner Mutter ist. Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft, deren Mütter in einem deutschsprachigen Land berufstätig sind, werden häufig von deutschsprachigen Tagesmüttern oder Erzieherinnen und Erziehern in Kindertageseinrichtungen betreut. Aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass Kinder nicht-deutschsprachiger Herkunft über die Sprache ihrer Mutter in entsprechender Weise verfügen wie gleichaltrige deutschsprachige Kinder Deutsch beherrschen. Gebraucht eine Mutter ihre Herkunftssprache im Alltag gegenüber ihrem Kind, bedeutet das nicht, dass diese Sprache die erste Sprache ihres Kindes ist. In diesem Zusammenhang wird der Terminus Familiensprache gebraucht, der auf die Sprache verweist, die in der häuslichen Umgebung und im familiären Umfeld des Kindes gesprochen wird. Die Erstsprache des Kindes hingegen ist die Sprache, in der es sich am liebsten und häufigsten mitteilt und in der eine Verfügung über einen größeren Wortschatz vorliegt. Der Terminus Muttersprache wird in der Forschung des Zweitspracherwerbs und der Sprachdidaktik reservierter benutzt als in Lehrwerken und Richtlinien, die sich auf die Termini monolingualer Sprachlehrtraditionen beziehen. Der Terminus Erstsprache oder starke Sprache wird im Folgenden verwendet, um die Sprache zu benennen, die ein Kind in Gegenüberstellung zu anderen Sprachen, die es spricht, am besten beherrscht (vgl. Glumpler/ Apeltauer 1997, 10).
Der gleichzeitige Erwerb von zwei Sprachen kann die Folge sein, wenn ein Kind in einer Familie aufwächst, in der z.B. der Vater eine andere Sprache spricht als die Mutter. In diesem Kontext wird von einem primären Bilingualismus gesprochen. Selbst wenn sich die Eltern um eine ausgeglichene Verwendung beider Sprachen bemühen, erwirbt das Kind in der Regel eine Sprache besser als die andere. In der Forschung des Zweitspracherwerbs wird daher eine Unterscheidung zwischen der weniger ausgeprägten schwachen und der starken Sprache eines Kindes getroffen (vgl. Glumpler/ Apeltauer 1997, 11).
Jonekeit/ Kielhöfer schreiben hierzu folgendes:
„Halten wir fest, dass dabei das objektive Ausmaß der jeweiligen Sprachbeherrschung in den verschiedenen Fertigkeiten und Fähigkeiten (Sprechen-Verstehen-Schreiben-Lesen) sehr unterschiedlich sein kann. Nur selten kommt es vor, dass beide Sprachen in allen Bereichen gleich stark ausgeprägt sind. Fast immer existiert ein Ungleichgewicht zwischen den beiden Sprachen: eine dominiert die andere. Die dominierende Sprache wollen wir starke Sprache nennen, die andere ist demnach die schwache Sprache.“ (Jonekeit/Kielhöfer 2002, 11 und 12).
In einer bilingualen ehelichen Gemeinschaft wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit eine im Umfeld der Familie hoch bewertete Sprache als starke Sprache des Kindes durchsetzen, wenn ein Elternteil diese spricht. In einem deutschsprachigen Land wird dies in der Regel die deutsche Sprache sein. In Wohnsiedlungen, in denen vorwiegend Minoritäten leben, könnte sich jedoch als starke Sprache auch die jeweilige Minoritätensprache durchsetzen. In Einzelfällen erwirbt und beherrscht ein Kind beide Sprachen in gleichem Maße. An dieser Stelle soll folgendes Beispiel zur Veranschaulichung dienen: Ein fünfjähriges Mädchen, dass in einer bilingualen Familie aufwächst, beherrscht die englische sowie die französische Sprache. Beide Elternteile achten seit der Geburt ihrer Tochter darauf mit ihr in der Sprache zu sprechen, die sie am besten beherrschen. Die Erstsprache des Vaters ist französisch und die starke Sprache der Mutter ist englisch. In einer Untersuchung zeigte sich, dass das Mädchen in der Lage war, sich in beiden Sprachen auszudrücken und sich in komplexeren Sätzen in der jeweiligen Sprache zu äußern. In diesem Zusammenhang wird von einer balancierten Zweisprachigkeit gesprochen (vgl. Glumpler/ Apeltauer 1997, 11).
3.2. Die Erstsprache ist das Grundgerüst für den Erwerb der Zweitsprache
Der bedeutendste Faktor, durch den sich die Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft am eindeutigsten von den Kindern deutschsprachiger Herkunft unterscheiden, ist ihre Familiensprache, die meist auch ihre Erstsprache darstellt. Dass eine Förderung eben dieser Erst- bzw. Familiensprache des Kindes neben oder in der vorschulischen Sprachförderung notwendig ist, wird aus Erkenntnissen der Bilingualismusforschung deutlich. Die sogenannte Interdependenz-hypothese, die insbesondere in Veröffentlichungen von Jim Cummins (1979 und 1984) bekannt gemacht wurde (vgl. Baur 2001, 622), besagt,
„dass sich die kognitive Entwicklung des Individuums auf der Basis der Muttersprache vollzieht und dass die Muttersprache unter zweisprachigen Sozialisationsbedingungen bis zu einem gewissen Niveau vorrangig vor der Zweitsprache gefördert werden muss (erstes Schwellenniveau), wenn negative Auswirkungen auf die kognitive Entwicklung vermieden werden sollen. Wenn sich die Muttersprache voll entwickeln kann, und auch Lese- und Schreibfertigkeiten in der Muttersprache ausgebildet werden (zweites Schwellenniveau), ergeben sich kognitive Vorteile für bilingual sozialisierte Individuen“.
(Baur 2001, 622)
Die in der Erläuterung des Terminus „Interdependenzhypothese“ angesprochene Muttersprache kann mit der in dieser Arbeit definierten Familiensprache, die, wie bereits erwähnt, zumeist die starke Sprache der Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft ist, gleichgesetzt werden.
Wie die Definition der Interdependenzhypothese verdeutlicht, ist eine Förderung dieser jeweiligen Erst- bzw. Familiensprache unumgänglich, wenn negative Auswirkungen auf die kognitive Entwicklung des Kindes ausgeschlossen werden sollen. Für das Kind, das nicht- deutschsprachiger Herkunft ist, kann es z.B. schwierig sein, deutsche Wörter zu verstehen und zu begreifen, wenn diese jeweiligen Wörter noch nicht einmal in der Erst- bzw. Familiensprache bekannt sind. Deshalb muss diesen Kindern nicht nur die deutsche Sprache näher gebracht werden. Wie bereits in der Überschrift dieses Kapitels erwähnt, ist die Erstsprache der Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft die Basis für den Erwerb einer zweiten oder weiteren Sprache. Nur die Kinder, die ihre Erst- bzw. Familiensprache beherrschen und sicher in dem Umgang mit dieser Sprache sind, können eine gleichwertige Sicherheit in der deutschen Sprache und in ihrer Beherrschung erlangen.
In Gesprächen mit Erzieherinnen und Erziehern sowie mit Lehrpersonen der vorschulischen Sprachförderung und Lehrkräften, die an einer Schule lehren, sollten die Erziehungsberechtigten daher ermutigt werden mit ihren Kindern in ihrer Familiensprache zu sprechen. In meiner Arbeit als Lehrperson der vorschulischen Sprachförderung habe ich mich mit vielen Eltern unterhalten, die unsicher waren, in welcher Sprache sie mit ihren Kindern sprechen sollten. Zum einen wollten sie ihre Kinder im Erwerb und in der Festigung der deutschen Sprache unterstützen, indem sie mit ihnen nur in dieser Sprache gesprochen haben, andererseits waren sie stolz auf ihre Familiensprache, schätzten diese weit höher ein und wollten diese auch weiterhin im familiären Umfeld gebrauchen. Viele dieser Eltern waren mit dem Gebrauch der deutschen Sprache überfordert, andere waren der Ansicht, dass ihr Kind in jeder Lebenslage mit dem Deutschen in Kontakt treten sollte, auch wenn sie selber sprachliche Defizite in dieser Sprache aufweisen. Allen gemeinsam war jedoch eine Unsicherheit, ob sie zum Wohle ihrer Kinder mit ihnen Deutsch oder in der Familiensprache sprechen sollten. Die Pflicht der pädagogischen Fachkräfte, wie der Erzieherinnen und Erzieher sowie der Lehrpersonen, ist es, an dieser Stelle einzugreifen, den Eltern die Unsicherheit zu nehmen und die sprachliche sowie die kognitive Entwicklung der Kinder zu unterstützen, indem sie die Eltern bestärken und dazu anregen, dass sie mit ihrem Kind in der Familiensprache sprechen.
3.3. Der Zweitspracherwerb
Besitzt ein Kind Grundkenntnisse in seiner Erstsprache, ehe es mit der Aneignung einer weiteren Sprache beginnt, wird von einem nachzeitigen Erwerb einer zweiten oder fremden Sprache gesprochen. Dieser Fall tritt normalerweise nach dem vierten Lebensjahr ein. Sprachdidaktisch wird zwischen dem Zweit- und Fremdsprachenerwerb unterschieden. Um die Aneignung einer Zweitsprache handelt es sich, wenn ein Kind seine zweite Sprache in einem Land erwirbt, in dem diese Sprache als Verkehrs- und Schulsprache gesprochen und gebraucht wird. Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft erlernen in Deutschland somit die deutsche Sprache als Zweitsprache. Der Erwerb einer Zweitsprache vollzieht sich auf zwei Ebenen. Zum einen findet die Aneignung als ungesteuerter Erwerb bzw. als selbst gesteuertes Lernen in alltäglichen und informellen Situationen, wie z.B. beim Spiel mit Gleichaltrigen, statt, an denen Sprecher der deutschen Sprache beteiligt sind. Dieser Zweitspracherwerb ist völlig von dem natürlichem Umgang mit dem für das Kind neuem Sprachmaterial bestimmt, obwohl an dieser Stelle der „natürliche“ Umgang insofern eingeschränkt werden muss, da nicht jedes Kind in frühen Jahren eine Zweitsprache erlernt. Der ungesteuerte Spracherwerb der zweiten Sprache spiegelt somit nicht die Auswirkungen einer gezielten Vermittlung eines Sprachunterrichtes wieder. Die zweite Ebene der Aneignung einer Zweitsprache ist das gesteuerte Lernen in der Schule und in schulähnlichen Fördereinrichtungen. Der gesteuerte Zweitspracherwerb kennzeichnet sich durch die Interaktion drei verschiedener sprachlicher Wissensformen. Zum einen ist das die Form des intuitiven Wissens über strukturelle Eigenschaften der bereits beherrschten Sprache, also der Erstsprache oder der anderen Sprachen, die zuvor verstanden und gesprochen werden können. Die zweite Form sprachlichen Wissens ist das durch die gängigen Spracherwerbsprozesse entstandene partielle Wissen über die Sprache, die nach dem Erwerb der Erstsprache erworben wird, die Zweitsprache. Diese Kenntnisse können als „das (intuitive) Eigenwissen des Lerners“ (Klein 2001, 609) bezeichnet werden. Die dritte und somit letzte Form sprachlichen Wissens, die in Interaktion mit den anderen beiden Formen steht, ist das Wissen zur Beschreibung der Zweitsprache. In Hinblick auf den vorschulischen Sprachförderungskurs tritt diese partielle Zweitsprachenkenntnis, die sich durch metalinguistische Beschreibung der Zweitsprache entwickelt hat und dem Erwerber der Zweitsprache durch Unterricht veranschaulicht wurde, in den Hintergrund, da den Kindern die Zweitsprachenkenntnisse anhand von „natürlichen“ Gesprächs- und Alltagssituationen und nicht durch metalinguistische Erklärungen näher gebracht werden (vgl. Glumpler/ Apeltauer 1997, 11 und 17 sowie Klein 2001, 605 und 609). Zusammenfassend kann jedoch zu dem gesteuerten und ungesteuerten Erwerb gesagt werden, dass der vorschulische Sprachförderungskurs eine Verbindung zwischen dem gesteuerten und dem ungesteuertem Lernen darstellt.
Der nachzeitige Erwerb der Zweitsprache als Folge von Migration oder Flucht stellt eine besondere Situation dar. Für die Kinder, die aufgrund dessen die Zweitsprache Deutsch erwerben, kann der Erwerb der zweiten Sprache durch die Neuorientierung in einem unbekannten Land und durch die Bewältigung der Vergangenheit belastet werden. Meist leiden die grundlegende Lernbereitschaft des Kindes und seine Motivation des deutschen Spracherwerbs unter diesen Umständen. Wenn die Erziehungsberechtigten eine Eingliederung in die deutsche Gesellschaft anstreben und gemeinsam mit ihrem Kind oder parallel zu ihm die deutsche Sprache lernen, kann bei dem Kind eine hohe Sprachlernmotivation entstehen. Kinder, die nicht- deutschsprachiger Herkunft sind und aus Familien stammen, die seit der dritten oder vierten Generation bereits in Deutschland leben, besuchen jedoch immer öfter die Grundschule mit geringen Kenntnissen der deutschen Sprache. Dies ist vor allem der Fall, wenn Familien nicht- deutschsprachiger Herkunft sich zunehmend in ihre eigenen religiösen und kulturellen Gemeinschaften zurückziehen und Kontakte zu deutschsprachigen Mitbürgern kaum wahrnehmen (vgl. Glumpler/ Apeltauer 1997, 11 und 12).
4. Die Sprachförderung und ihre Bedeutsamkeit
Was wird eigentlich unter Sprachförderung verstanden? Eine genauere Betrachtung der Bezeichnung „Sprachförderung“ lässt erkennen, dass die Wörter „Sprache“ und „Förderung“ zur Erschließung einer Definition nötig sind. Die Sprache ist primär ein Ausdrucks- und Kommunikations-mittel mit der Informationen und Mitteilungen artikuliert werden. Jemanden zu fördern bedeutet, eine Unterstützung und Hilfe zu geben. Eine Kombination dieser beiden Auslegungen besagt folglich, dass die Sprachförderung eine Hilfestellung für die mitteilende Artikulation ist, die Informationen weitergibt.
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]Im Folgenden wird jedoch ausführlich geschildert, dass die Definition weitaus komplexer ist, als die genannte Wortbedeutung (vgl. Abbildung 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Merkmale der Sprachförderung
4.1. Definition „vorschulische Sprachförderung“
Die Sprachförderung ist Bestandteil einer ganzheitlich ausgerichteten Erziehung und kein von anderen Aufgabenkreisen isoliertes sprachliches Training. In der Kindertagesstätte ist es ein integriertes Element in die pädagogische Arbeit, das Hilfestellungen für die sprachliche Entwicklung des Kindes bietet. Nicht nur Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft, auch Kinder, deren Erstsprache deutsch ist, erhalten eine sprachliche Förderung, besonders wenn sie einen ihrem Alter entsprechenden geringen Wortschatz aufweisen und Defizite in der Grammatik haben. Ein seit dem Frühjahr 2001 eingeführter, vorschulischer Sprachförderungs-kurs, der zumeist in einer Grundschule stattfindet und sich überwiegend auf Kinder nicht-deutschsprachiger Herkunft bezieht, vermittelt für diese eine gezieltere sprachliche Hilfe und Unterstützung. Dieser Zusatz zur alltäglichen Sprachförderung in der Kindertagesstätte findet in den Monaten vor dem Schulbeginn der Kinder statt und umfasst insgesamt 120 Unterrichtsstunden. In der Regel findet im Herbst des Vorjahres der Einschulung ein Anmeldegespräch in der Grundschule statt. Ergeben sich bei dem Gespräch Anhaltspunkte dafür, dass das Kind aufgrund fehlender Sprachkenntnisse in der deutschen Sprache am schulischen Alltag nicht erfolgreich teilnehmen kann, führt die Schule eine Sprachstanderhebung mit dem Kind durch. Zur Teilnahme an einem vorschulischen Sprachförderungskurs können zum folgenden Schuljahr somit schulpflichtige Kinder, die aufgrund der Sprachstandsfeststellung nicht über ausreichende Kenntnisse in der deutschen Sprache verfügen, von der jeweiligen Grundschule verpflichtet werden. Einige von ihnen nehmen jedoch diese Möglichkeit der zielgerechten Sprachförderung nicht wahr. Dies verstößt zwar gegen die Pflicht der Teilnahme, da aber noch keine Schulpflicht vorliegt, gibt es rechtlich keine Handhabung (vgl. Wie Kinder sprechen lernen 2001, 58 und 67 sowie Sprachstandsfeststellung bei der Anmeldung in die Grundschule 2003, 2-7).
In den meisten Fällen handelt es sich bei der Sprachförderung um eine Erweiterung des Wortschatzes, die den Kindern zu einem besseren Sprachverständnis hilft. Kinder, die nur geringe Deutschkenntnisse aufweisen und sich kaum mitteilen können, nehmen ebenfalls an den Sprachförderungskursen teil. Als Erwerb der deutschen Sprache oder als Ergänzung und Unterstützung des Sprachvermögens wird von der sprachlichen Förderung eine differenzierte Vorgehensweise gefordert, die Individualität und Unterschiedlichkeit der Kinder sowie Besonderheiten aus deren Lebensumfeld beachtet und mit einbezieht (vgl. Wie Kinder sprechen lernen 2001, 58 und 66).
Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft lernen die deutsche Sprache vorwiegend in wiederholenden Gesprächssituationen und im Umfeld der Kindertagesstätte, so dass die Spracherfahrung und die Sprechfähigkeit hauptsächlich auf diesen kindlichen Lebensausschnitt bezogen sind. Die Kinder, die an einem vorschulischen Sprach-förderungskurs teilnehmen, müssen jedoch auch systematisch in den Wortschatz des Alltagslebens außerhalb der Kindertagesstätte eingeführt werden, damit sie sich in diesen Lebensbereichen auch auf Deutsch verständigen können. Die vorschulische Sprachförderung hat daher die Aufgabe, die Kinder sprachlich in ihre Lebensbereiche zu integrieren (vgl. Maier 2003, 20).
Der sprachliche Erwerb ist ein Prozess des Lernens, der sich durch den handelnden Umgang des Kindes mit seiner Umwelt auszeichnet. Wie bereits beschrieben sind die Erlebnisse und Erfahrungen des Kindes, die im aktiven Umgang mit Dingen oder Menschen seines Umfeldes entstehen, wichtig für den Bedeutungserwerb und den Aufbau von Begriffen. Die Sprachförderung bietet Anlässe zum sprachlichen Austausch an, bezieht Erfahrungen, Vorlieben und Interessen des Kindes mit ein und ermöglicht, dass das Kind aus einem eigenen Verlangen heraus für weitergehende sprachliche Lernfortschritte motiviert ist. Die sprachliche Förderung unterstützt den Sprachprozess des Kindes. Das bedeutet, dass Situationen geschaffen werden, die sprachliches Lernen erleichtern sowie das Kind bestärken und motivieren, sich mit sprachlichen Mitteln zu äußern, die für ihn bereits verfügbar sind. Damit das Kind seine Mitteilungsfähigkeit steigern kann, benötigt es einen Ansprechpartner, der die Sprechfreude des Kindes anregt und fördert. Der vorschulische Sprachförderungskurs berücksichtigt diese Kriterien der sprachlichen Förderung (vgl. Wie Kinder sprechen lernen 2001, 61 und 66).
4.2. Bedeutung der Sprachförderung für die Integration
Das sprachliche Handeln und das Verstehen einer Sprache sind mit die wichtigsten Voraussetzungen für den schulischen und späteren beruflichen Erfolg. Ein Kind, das aktiv die deutsche Sprache verwenden und verstehen kann, verfügt über die nötige Schlüsselqualifikation, die eine erfolgreiche Teilnahme und Mitarbeit am deutschsprachigen Unterricht gewährleistet. „Fast ein Drittel aller Kinder, die vor der Einschulung stehen, wachsen mit zwei oder mehreren Sprachen auf“ (Sprachstandsfeststellung bei der Anmeldung in die Grundschule 2003, 2). Ihre Kenntnisse in ihrer Erstsprache und in der deutschen Sprache sind allerdings nicht immer gleich ausgeprägt (vgl. ebd. 2003, 2). Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft weisen bei der Einschulung zumeist einen Wortschatz in der deutschen Sprache auf, der ihrem Alter nicht entspricht, und geringer ist als der von gleichaltrigen Kindern, die deutschsprachiger Herkunft sind. Die Folge ist, dass die Kinder Äußerungen und Arbeitsanweisungen der Lehrperson nicht verstehen und somit im Schulalltag größte Schwierigkeiten haben, dem Unterricht und seinem Lerninhalt zu folgen. Zudem haben die Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft oft Probleme, grammatikalisch korrekte Sätze in der deutschen Sprache zu bilden. Dies bedeutet, dass auch die aktive Sprachverwendung gehemmt ist. Eine Basis für den schulischen Erfolg ist aus diesem Grund meist nicht vorhanden.
Die vorschulische Sprachförderung soll daher besonders Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft dazu befähigen, ihre Lernvoraussetzungen zu verbessern. Beeinträchtigungen der Lernbereitschaft und der Freude am Sprechen, die durch sprachliche Defizite in der deutschen Sprache herbeigeführt werden, sollen durch unterstützende Maßnahmen, die der vorschulische Sprachförderungskurs bietet, vermindert oder aufgehoben werden. Der Leitgedanke, der hinter der vorschulischen Sprachförderung steht, wird vom Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein- Westfalen deutlich formuliert. Er lautet: Wenn ein Kind die Erst- und die Zweitsprache beherrscht, wird es im Unterricht genauso erfolgreich mitarbeiten können wie ein Kind, das einsprachig aufgewachsen ist und Deutsch spricht. Reichen die Deutschkenntnisse nicht aus, um im Schulunterricht mitarbeiten zu können, benötigen diese Kinder gezielte Fördermaßnahmen in der deutschen Sprache. Die Kinder müssen befähigt werden, ohne fehlende Sprachkenntnisse, die mit Eintritt in die Schule grundlegend sind, Lesen und Schreiben zu erlernen. Der Schriftspracherwerb setzt ebenfalls einen bestimmten Wortschatz voraus, über den diese Kinder meistens nicht verfügen. Wenn die Kinder im ersten Schuljahr mit Wortbildkarten arbeiten oder ein Wort lesen oder schreiben müssen, das sie nicht kennen oder erschließen können, ist es für sie meistens schwerer Lesen und Schreiben zu erlernen, als für Kinder deutschsprachiger Herkunft. Die Sprachförderung hat deshalb die wichtige Funktion die Bildungschancen der Kinder zu erhöhen und dazu beizutragen, dass die spätere Arbeit in einem qualifizierten Beruf ermöglicht wird (vgl. Sprachstandsfeststellung bei der Anmeldung in die Grundschule 2003, 2 und Tophinke 2003).
Spätestens seit der Veröffentlichung der international durchgeführten Schulleistungsstudie PISA 2000 (P rogramme for I nternational S tudent A ssessment) im Jahr 2002 wird der integrative Beitrag, den mitunter die vorschulische Sprachförderung zu erfüllen versucht, mehr fokussiert.
Ziel dieser Studie ist es, dass „sich die Teilnehmerstaaten regelmäßig ein Bild davon machen, wie gut es ihren Schulen gelingt, Schülerinnen und Schüler auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. Im Mittelpunkt steht dabei weniger das Faktenwissen der Jugendlichen, sondern es werden Basiskompetenzen untersucht, die in modernen Saaten für eine Teilhabe am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben notwendig sind“ (Pisa 2000: Die Studie im Überblick 2002, 2).
Die Integration in das Berufsleben ist laut der PISA- Studie speziell in Deutschland für Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft kaum gegeben ist. Die Studie hat ermittelt, dass nur ein geringer Anteil an diesen Kindern das Gymnasium und ein hoher Prozentsatz die Hauptschule besucht. Laut PISA ist für diese Gruppe die Sprachkompetenz das entscheidende Hindernis in ihrer Bildungskarriere, denn die sprachlichen Defizite und das unzureichende Leseverständnis, welche in der Studie festgestellt worden sind, beeinträchtigen auch die Leistungen in dem Fach Mathematik und in den naturwissenschaftlichen Fächern. In der Untersuchung der anderen Länder hat sich gezeigt, dass Familien anderssprachiger Herkunft sozial besser integriert sind und ihre Kinder erheblich bessere Leistungen im Lesen erreichen. Die Studie erklärt das mit der deutlich günstigeren Situation in Bezug auf eine Förderung der Integration für diese Menschen in anderen Ländern (vgl. ebd., 13- 14). In Deutschland finden daher Bestrebungen statt, die sich gegen eine Ausgrenzung von Familien nicht- deutschsprachiger Herkunft richten. In diesem Zusammenhang wird häufig von der „Öffnung des Gemeinwesens“ gesprochen. Die vorschulischen Sprachförderungskurse sind dabei ein Ansatz zur besseren Integration von Familien nicht- deutschsprachiger Herkunft in Deutschland, denn das Ziel dieser Förderungsmaßnahme ist es, die Kinder auch in außerschulische Bereiche sprachlich einzuführen. Die sprachliche Förderung hat somit auch eine gesellschaftliche Existenzberechtigung, denn mit ihrer Hilfe werden die Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft in die deutschsprachige Gemeinschaft integriert.
Seit der Pisa- Studie, die, wie bereits erwähnt, mit ihren Ergebnissen die Notwendigkeit der Sprachförderung deutlich hervorgehoben hat, ist dieses Thema in die aktuelle Diskussion der Integrationsförderung eingegangen. Doch trotz der Existenz und Durchführung des vorschulischen Sprachförderungskurses seit einigen Jahren gibt es kaum praxisorientierte Konzeptionsvorschläge zur Durchführung eines solchen Kurses und selbst die universitäre Ausbildung beschäftigt sich nicht mit diesem relevanten und aktuellen Thema. Es ist in diesem Zusammenhang auch zu erwähnen, dass bis zu diesem Zeitpunkt kaum Literatur vorliegt, die sich speziell mit dem Thema der vorschulischen Sprachförderungskurse beschäftigt, obwohl, wie das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik NRW berichtet, die Schulen der Primarstufe zu Beginn des Schuljahres 2004/ 2005 36798 Erstklässler meldeten, „denen vor der erstmaligen Einschulung die Teilnahme an einem vorschulischen Sprachförderkurs empfohlen wurde“ (Erstklässler in NRW mit Migrationshintergrund 3. August 2005). Die Zunahme der Kinder nicht- deutschsprachiger Herkunft in den Kindertagesstätten-gruppen und in den schulischen Einrichtungen, die in den vergangenen Jahren zu vermerken war, wird sich auch in Zukunft mit gleichbleibender oder steigender Zuwanderung und Einbürgerung von Familien nicht- deutschsprachiger Herkunft kaum ändern. Insbesondere die vorschulischen Sprachförderungskurse müssen weiterhin durchgeführt werden, um die Integration dieser Menschen zu erleichtern und zu verbessern, denn diese Kurse sind mit der erste wichtige Schritt zur Integration.
5. Die Rolle der Lehrperson
Die Lehrperson leistet einen nicht unerheblichen Beitrag zur Förderung der deutschen Sprache der Kinder, denn sie ist entscheidend für den Ablauf der vorschulischen Sprachförderung und verantwortlich für dessen Wirksamkeit. Das individuelle Eingehen, sowie die Sicht auf die Ganzheit der einzelnen Kinder, sind innerhalb der sprachlichen Förderung notwendig, damit im Sinne einer mit Würde, Respekt und Vertrauen gegenüber jedem Kind arbeitenden Konzeption gehandelt wird. Ohne die Wertschätzung zu missachten, muss von der Lehrperson eine regelmäßige Beobachtung und Dokumentation über die verbalen und non- verbalen Äußerungen jedes einzelnen Kindes getätigt werden. Mit Hilfe dieser Daten werden von der Lehrperson verschiedene Situationen geschaffen, in denen das Kind zum Sprechen veranlasst und seine Eigenaktivität gefordert wird.
Als Sprachvorbild nimmt die Lehrperson Einfluss auf die Sprachverwendung, das Sprachverhalten, die Sprechfreude und auf das soziale Verhalten der Kinder. In der Arbeit mit ihnen nimmt die Lehrperson jedoch nicht die sprachlichen Defizite der Kinder als Anlass zur Verbesserung, sondern die sprachlichen Möglichkeiten der einzelnen Kinder werden gefördert und erweitert. Geht die Lehrperson mit einer hohen Empathiefähigkeit auf die Kinder ein, schafft sie eine entspannte und angenehme Atmosphäre, in der die Kinder motivierter und angeregter sind sich mitzuteilen.
Eine wichtige Unterstützung und Mithilfe für die Lehrperson, in Bezug auf die vorschulische Sprachförderungsarbeit, sind die Eltern. Sie prägen mit ihrem Verhalten und ihrer Einstellung gegenüber der neuen Sprache ihre Kinder und sind deshalb ein entscheidender Faktor dafür, ob diese eine abweisende Haltung einnehmen oder ob die Kinder motiviert sind die deutsche Sprache zu erlernen. In regelmäßigen Gesprächen der Lehrperson mit den Eltern kann die Konzeption der vorschulischen Sprachförderung deutlich gemacht werden.
5.1. Beobachtung des Kindes
Die Beobachtung des Kindes ist in die pädagogische Arbeit der Lehrperson integriert. Die Lehrperson muss das Kind z.B. in Bezug auf seine Neigungen, Stärken, Mängel und Schwächen, seine Eigenheiten und seine familiäre Situation gut kennen, um allgemeine pädagogische Ziele, sowie die sprachliche Förderung zu konkretisieren und Methoden, Offerten und Tätigkeiten auf die unterschiedlich individuellen Bedürfnisse anzupassen. Eine vorschulische Sprachförderung, die effektiv und sinnvoll ist, kann nur dann geleistet werden, wenn die Lehrperson weiß, wo das Kind gerade in seiner Sprachentwicklung steht und auf welche verbalen und non- verbalen Mittel es zurückgreift, um sich anderen mitzuteilen. In einem ganzheitlichen Verständnis betrifft dies nicht nur die Kenntnis über die Sprachkenntnisse der einzelnen Kinder und ihre Sprechfreude, es muss auch die Gesamtbefindlichkeit des einzelnen Kindes gesehen werden. Neben der Spielhandlung, die im Unterricht der vorschulischen Sprachförderung stattfindet, registriert die Lehrperson Verhaltens-weisen, sprachliche Äußerungen sowie die Mimik und Gestik der Kinder und setzt diese bewusst oder unbewusst mit fachlichen und pädagogischen Ansprüchen, Ambitionen und Problemstellungen in Verbindung. Eine beständige Beobachtung von Spiel- und Alltagssituationen der Kinder und eine regelmäßige Dokumentation der Beobachtungsdaten ist notwendig und erforderlich, um im Sinne der Kinder zu handeln (vgl. Wie Kinder sprechen lernen 2001, 110).
Systematische Beobachtungen, die für den Aufschluss bestimmter Fragestellungen bedeutend sind, können mittels einer Checkliste oder durch frei formulierte Schilderungen, die simultan zum Prozess des Beobachtens entstehen, aufgezeichnet werden. Im Folgenden werden Anhaltspunkte geschildert, die sich ergeben, wenn im Rahmen der Situationsanalyse z.B. die sprachliche Entwicklung von Kindern innerhalb einer gezielten Beobachtung dokumentiert wird. Dabei wird Bezug auf die beiden Bücher des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen „Wer spricht mit mir?“ (vgl. Wer spricht mit mir? 2001, 30- 32) und „Wie Kinder sprechen lernen“ (vgl. Wie Kinder sprechen lernen 2001, 114 und 115), die im Jahr 2001 erschienen sind, genommen (vgl. ebd., 110, 113 und 114):
- Sprach- und Kommunikationsverhalten des Kindes
- In welchen Situationen und bei welchen Spielen oder Themen ist das Kind zurückhaltend oder sprechfreudig?
- Spricht das Kind nur in Einzelgesprächen?
- Versteht es, worüber gesprochen wird und spricht es viel?
- Versteht es Aufforderungen oder Fragen sofort, nach einer Wiederholung oder erst nach Übersetzung in die Erstsprache?
- Zeigt das Kind Interesse am Geschehen in der Gruppe, wenn es wenig oder nicht spricht?
- Verhältnis zwischen Erst- und Zweitsprache
- Redet und antwortet es vorwiegend in der Erstsprache oder situationsbezogen auch in der deutschen Sprache?
- Werden fehlende Wörter im Deutschen durch solche aus der Erstsprache ersetzt?
- Findet eine Sprachvermischung der beiden Sprachen durch das Kind statt?
- Fähigkeit zur Mitteilung des Kindes
- Verständigt sich das Kind vorwiegend über non- verbale Signale der Mimik und Gestik oder sprachlich mit Hilfe einzelner Wörter in der deutschen Sprache?
- Versucht es sich in einzelnen Sätzen zu verständigen und Bedürfnisse, sowie Anliegen auszudrücken?
- Besitzt das Kind die Fähigkeit des freien Erzählens und kann es seine Erlebnisse schildern?
- Ist der Wortschatz des Kindes in der deutschen Sprache wenig vorhanden, einfach oder differenziert?
- Ist der Satzbau durch den Gebrauch einzelner Wörter gekennzeichnet, relativ einfach gehalten, grammatikalisch falsch oder werden sogar Haupt- und Nebensätze geäußert?
- Spricht das Kind die Worte deutlich aus oder spricht es auf eine Art und Weise, dass es schwer zu verstehen ist?
- Ist die Aussprache des Kindes so unverständlich, dass sein Gegenüber es nicht versteht?
- Spielverhalten des Kindes
- Richtet sich das Spielverhalten des Kindes nach Kindern mit der gleichen Erstsprache oder bevorzugt es vorwiegend Kinder mit unterschiedlicher Erstsprache?
- Spielt das Kind hauptsächlich allein und nicht mit anderen Kindern?
- Beziehung zwischen der Lehrperson und dem Kind
- In welchen Situationen und Sachlagen wendet sich das Kind an die Lehrperson?
- Mit welchen Bedürfnissen und in welcher Angelegenheit nimmt das Kind Kontakt zu der Lehrperson auf?
- Welche Wünsche, Emotionen und Informationen drückt es mit seiner Gestik und Mimik aus?
- Welche Verhaltensweisen der Lehrperson führen zu einer Hemmung oder Förderung der Bereitschaft zum Sprechen des Kindes?
Die Lehrperson kann mit Hilfe von diesen systematischen Beobachtungen und schriftlichen Aufzeichnungen die Sprachfähigkeiten der Kinder einordnen und beurteilen sowie überlegen, welche Art der sprachlichen Anregung jedes einzelne Kind in der vorschulischen Sprachförderungsgruppe braucht. Die Kinder werden jedoch nicht zu Beobachtungsobjekten, sondern ihre Würde bleibt stets im Mittelpunkt stehen. Die Lehrperson muss eine Haltung der Beobachtung entwickeln, die Kinder nicht verunsichert oder in ihrer Würde verletzt. Wertschätzung und Respekt gegenüber der kindlichen Persönlichkeit und Individualität kann auf verschiedene Art und Weise gezeigt werden, indem z.B. kindliche Deutungsmuster mit einbezogen und Situationen auch aus der Perspektive der Kinder wahrgenommen werden. Non- verbale Signale, die vom Kind ausgehen und auf den Wunsch nach Rückzug hinzeigen, müssen ebenso beachtet und respektiert werden. Das professionelle Augenmerk der Lehrperson ist mit Nähe und Anteilnahme am beobachteten Geschehen verbunden. Als Voraussetzung für die Basis der Beziehung zwischen der Lehrperson und dem Kind gelten Vertrauen und Verlässlichkeit. Das Fehlen einer dieser beiden Komponenten schließt eine kindgerechte Vorgehensweise der Beobachtung aus und bietet kein Fundament für ein respektvolles Umgehen mit dem Kind. Wird die Beobachtung stärker auf Spielsituationen des Kindes gerichtet, als auf dessen Merkmale, hat dies zur Folge, dass Prozesse der Entwicklung besser wahrgenommen und (Vor-) Urteile nicht ausgebaut oder vermieden werden. Besonders kleine Fortschritte des Kindes lassen sich vielmehr im Zusammenhang einer Spielhandlung erschließen und weniger, wenn nur das Defizit des Kindes gesehen wird. Die Beobachtungen der Lehrperson werden immer als Aufnahmen des Augenblicks angesehen, die einen Ausschnitt aus der Wirklichkeit des Kindes wiedergeben und nicht das Kind als Ganzes erfassen. Eine erfolgreiche Beobachtung und Wahrnehmung kann aber nur stattfinden, wenn ein berufliches Rollenverständnis, in dem Beobachtung als unverzichtbares und selbstverständliches Element der pädagogischen Arbeit aufgefasst wird, vorliegt (vgl. Wer spricht mit mir? 2001, 32 sowie Wie Kinder sprechen lernen 2001, 115 und 117).
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- Arbeit zitieren
- Sandra Heger (Autor:in), 2009, Sprachförderung bei Kindern nicht deutschsprachiger Herkunft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140249
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