In meiner Hausarbeit möchte ich die Medientheorien von Hans Magnus Enzensber¬ger und Jean Baudrillard, den „Baukasten zu einer Theorie der Medien“ (1970) und das „Requiem für die Medien“ (1972) einander gegenüberstellen und dabei prüfen, inwieweit ein Vergleich der Theorien überhaupt möglich ist. Besondere Berücksich-tigung soll dabei die jeweilige Auffassung von den Medien und dem Mediensystem finden.
Zunächst werde ich in Kapitel 2.1 und 2.2 des Hauptteils zum besseren Verständnis die wichtigsten Thesen beider Theorien umreißen und die jeweilige Terminologie -so weit ich es für nötig halte- erläutern. Im den folgenden Kapiteln 2.3 und 2.4 untersuche ich Enzensbergers Baukasten und Baudrillards Requiem auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Bezug auf zugrun-de liegende Ideen und Annahmen, den Medienbegriff beider Theoretiker und die jeweiligen Vorschläge und Forderungen zur Veränderung des herrschenden Medien-systems.
Im letzten Kapitel des Hauptteils, 2.5, werde ich prüfen, ob es auch in der Kritik an den beiden Theorien Übereinstimmungen gibt. Dazu liste ich verschiedene Kritik-punkte, die an Baudrillards Requiem geübt werden, auf und vergleiche, ob eine Ähn-lichkeit zu der Kritik besteht, die Baudrillard an der Theorie Enzensbergers übt.
Im Schlussteil soll eine Zusammenfassung meiner Ergebnisse und eine Beantwortung der eingangs gestellten Frage erfolgen. Außerdem möchte ich einen kurzen Ausblick auf Fragenstellungen geben, die sich an meine Ausarbeitungen anschließen könnten.
Gliederung
1 Einleitung
2 Hauptteil
2.1 Hans Magnus Enzensbergers „Baukasten zu einer Theorie der Medien“
2.1.1 Die Bewusstseinsindustrie
2.1.2 Der Medienbegriff Enzensbergers
2.2 Jean Baudrillards „Requiem für die Medien“
2.2.1 Abkehr von der marxistischen Theorie
2.2.2 Der Medienbegriff Baudrillards
2.2.3 Kritik Baudrillards an Enzensbergers „Baukastentheorie“
2.3 Gemeinsamkeiten zwischen Requiem und Baukastentheorie
2.4 Unterschiede
2.5 Kritik
2.5.1 Kritik am Requiem für die Medien
2.5.2 Vergleich der Kritik am Requiem mit Baudrillards Kritik an Enzensbergers Theorie
3 Schluss
4 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
In meiner Hausarbeit möchte ich die Medientheorien von Hans Magnus Enzensberger und Jean Baudrillard, den „Baukasten zu einer Theorie der Medien“ (1970) und das „Requiem für die Medien“ (1972) einander gegenüberstellen und dabei prüfen, inwieweit ein Vergleich der Theorien überhaupt möglich ist. Besondere Berücksichtigung soll dabei die jeweilige Auffassung von den Medien und dem Mediensystem finden.
Zunächst werde ich in Kapitel 2.1 und 2.2 des Hauptteils zum besseren Verständnis die wichtigsten Thesen beider Theorien umreißen und die jeweilige Terminologie -so weit ich es für nötig halte- erläutern.
Im den folgenden Kapiteln 2.3 und 2.4 untersuche ich Enzensbergers Baukasten und Baudrillards Requiem auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Bezug auf zugrunde liegende Ideen und Annahmen, den Medienbegriff beider Theoretiker und die jeweiligen Vorschläge und Forderungen zur Veränderung des herrschenden Mediensystems.
Im letzten Kapitel des Hauptteils, 2.5, werde ich prüfen, ob es auch in der Kritik an den beiden Theorien Übereinstimmungen gibt. Dazu liste ich verschiedene Kritikpunkte, die an Baudrillards Requiem geübt werden, auf und vergleiche, ob eine Ähnlichkeit zu der Kritik besteht, die Baudrillard an der Theorie Enzensbergers übt.
Im Schlussteil soll eine Zusammenfassung meiner Ergebnisse und eine Beantwortung der eingangs gestellten Frage erfolgen. Außerdem möchte ich einen kurzen Ausblick auf Fragenstellungen geben, die sich an meine Ausarbeitungen anschließen könnten.
2 Hauptteil
2.1 Hans Magnus Enzensbergers „Baukasten zu einer Theorie der Medien“
Die sogenannte „Baukastentheorie“, 1970 in der Zeitschrift Kursbuch publiziert, ist eine sozialistische Medientheorie, in der Hans Magnus Enzensberger sich mit der Rolle und der Beschaffenheit der zu dieser Zeit neuen elektronischen Medien im kapitalistischen System, der Entwicklung des Mediensystems und der Rolle der politischen Linken auseinandersetzt. Er behält dabei die Termini der klassischen marxistischen Theorie (Produktivkräfte, Produktionsverhältnisse, Basis-Überbau-Modell) bei, erweitert den Bereich der Produktivkräfte jedoch um die Kommunikation, die bei Marx im Überbau angelegt ist.
2.1.1 Die Bewusstseinsindustrie
Einer der zentralen Begriffe der Theorie Enzensbergers ist die Bewusstseinsindustrie, basierend auf dem von Horkheimer und Adorno geprägten Terminus der Kultur-Industrie. In der Bewusstseinsindustrie, so Enzensberger, werde „das Bewusstsein im industriellen Maße gesellschaftlich induktiert, ermittelt und aufgenommen“. Im Vordergrund stehe die „Vermittlung von Philosophie, Musik, Kunst, Literatur, Bildung etc.“[1], sodass niemand von vermitteltem Bewusstsein frei sein und niemand der Bewusstseinsindustrie entkommen könne. Gleichzeitig sei die Bewusstseinsindustrie jedoch nicht vollständig kontrollierbar.[2]
Enzensberger sieht mit der Entwicklung der elektronischen Medien eine starke Beeinflussung der sozio-ökonomischen Entwicklung spätindustrieller Gesellschaften, die in zunehmendem Maße die Produktion beherrscht, Steuerungs- und Kontrollfunktionen übernimmt und den Standard der Technologie bestimmt.[3] Die sozialistische Linke stehe dieser Entwicklung kritisch gegenüber; dennoch sei eine sozialistische Medientheorie vonnöten, um einen emanzipatorischen Mediengebrauch durchzusetzen.
2.1.2 Der Medienbegriff Enzensbergers
Laut Enzensberger besitzen die Medien eine mobilisierende Kraft. Obwohl sie der Masse die Teilnahme an einem gesellschaftlichen Prozess ermöglichen könnten, stiften sie keine Kommunikation, sondern behindern sie, da keine Reziprozität zwischen Sender und Empfänger möglich ist und das feedback auf ein Minimum reduziert wird. Prinzipiell dienen die Medien zu Distributionszwecken; eine Entwicklung zum Kommunikationsmedium werde aus politischen Gründen verhindert.[4] Eine vollständige Kontrolle des Mediensystems durch eine zentrale Instanz sei aufgrund seiner Größe nicht möglich. Obwohl die spätindustrielle Gesellschaft auf den Informationsaustausch mit Hilfe der Medien angewiesen sei und das Mediennetz sich ständig erweitere, bestehe die Gefahr, dass das System der Medien mangelnder innerer Stabilität ausgesetzt sei.[5]
Von der sozialistischen Linken werde die Entwicklung der Medien als Manipulation angesehen. Diese sei in der Bewusstseinsindustrie immer politisch. Da Manipulation als ein Eingriff in gegebenes Material zu verstehen sei, setze jeder Gebrauch von Medien Manipulation voraus. Die zentrale Frage müsse daher lauten, wer die Medien manipuliert. Durch eine Revolution, wie Enzensberger sie fordert, solle jeder zum Manipulateur werden können: Nicht durch Zensur, nur durch die produktiv werdenden Massen selbst könne die Manipulation kontrolliert werden. Die Linke könne jedoch wenig mit der Produktivkraft der Medien anfangen. Man nutze einerseits veraltete Formen der Kommunikation, könne sich aber andererseits dem Programm der Bewusstseinsindustrie nicht entziehen. Zudem diene die Manipulationstheorie auch dazu, eigene Fehler und Schwächen zu verdecken.[6]
Ein weiteres Kennzeichen der Medien ist nach Enzensberger, dass sie egalitär seien. Jeder könne an den immateriellen und beliebig reproduzierbaren Programmen teilnehmen, was einen Gegensatz zu den traditionellen Medien darstelle. Mediengeräte seien also nicht bloße Konsumptionsmittel, sondern immer auch Produktionsmittel in den Händen der Massen. Die Medien können ihre Produktivität jedoch nur in einer freien sozialistischen Gesellschaft entwickeln; momentan könne der Einzelne trotz der technischen Möglichkeiten bestenfalls zum Amateur, nicht aber zum Produzenten werden.[7]
Der richtige Gebrauch der Medien erfordere Organisation, da ein emanzipatorischer Mediengebrauch weder durch technischen Fortschritt noch dadurch, dass jeder eifrig selbst produziere, zu erwarten sei. Enzensberger schlägt netzartige Kommunika-tionsmodelle vor, die auf dem Prinzip der Wechselwirkung aufgebaut sind: beispielsweise eine Massenzeitung oder ein Videonetz, die das „massenhafte Bedürfnis nach immaterieller Vielfalt“ und nach „neuen Formen der Interaktion“[8] befriedigen könnten. Da die Bewusstseinsindustrie dazu momentan jedoch noch nicht in der Lage sei, fordert Enzensberger einen emanzipatorischen Mediengebrauch[9] und eine Befreiung der Medien.
[...]
[1] Yunkyoung Lee: Hans Magnus Enzensbergers Medien-Theorie im postmodernen Kontext. Berlin 2005, S. 63.
[2] ebd., S. 62.
[3] Hans Magnus Enzensberger: Baukasten zu einer Theorie der Medien. In: Hans Magnus Enzensberger (Hrsg.): Kursbuch 20. Frankfurt 1970, S. 159.
[4] Hans Magnus Enzensberger: Baukasten zu einer Theorie der Medien. In: Hans Magnus Enzensberger (Hrsg.): Kursbuch 20. Frankfurt 1970, S. 160.
[5] ebd., S. 161 f.
[6] ebd., S. 162 f.
[7] Hans Magnus Enzensberger: Baukasten zu einer Theorie der Medien. In: Hans Magnus Enzensberger (Hrsg.): Kursbuch 20. Frankfurt 1970, S. 167 f.
[8] ebd., S. 172.
[9] Yunkyoung Lee: Hans Magnus Enzensbergers Medien-Theorie im postmodernen Kontext. Berlin 2005, S. 65.
- Quote paper
- Katharina Neuhaus (Author), 2009, Vergleich der Medientheorien von Hans Magnus Enzensberger und Jean Baudrillard unter besonderer Berücksichtigung des jeweiligen Medienbegriffes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139969
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