Das Kündigungsschutzgesetz ist kein Abfindungsgesetz, sondern ein Bestandsschutzgesetz, das einen gesetzlichen Abfindungsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur in Ausnahmefällen gewährt §§ 1 a, 9, und 10 KSchG. Die Realität vieler Kündigungsschutzverfahren sieht dennoch so aus, dass sie mit einem Vergleich enden. Dieser Realität sollte § 1 a KSchG Rechnung tragen. Der Gesetzgeber bietet den Arbeitsvertragsparteien eine einfach zu handhabende, moderne, schnelle und unbürokratische Alternative zum Kündigungsschutzprozess. Dadurch sollen langatmige und kostenträchtige Kündigungsprozesse vermieden werden, wenn die Arbeitsvertragsparteien in jedem Fall nur an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindungszahlung interessiert sind.
Der Arbeitnehmer muss nicht mehr den Weg über die Kündigungsschutzklage §§ 4,7 KSchG beschreiten, um eine Abfindung durchzusetzen, für den ArbG wird das Kündigungsrecht transparenter, kalkulierbarer und das Verfahren effizienter (er kann schneller die freiwerdende Stelle bei Bedarf neu besetzen) und schließlich entlastet die außergerichtliche Streitbeilegung die Gerichtsbarkeit. Allerdings begründet § 1 a KSchG keinen schuldrechtlichen Anspruch, sondern regelt nur eine Abfindungsoption. Dem Charakter nach handelt es sich um eine einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Hinnahme der Kündigung vereinbarte Abfindung.
Inhaltsverzeichnis
1. Gesetzeszweck und Entstehen des Abfindungsanspruchs
2. Höhe des Abfindungsanspruchs
3. Wegfall des entstandenen Anspruchs
4. Nachträgliche Klagezulassung und verlängerte Anrufungsfrist
5. Vererblichkeit der Abfindungsanspruchs und Pfändbarkeit
6. Abfindungsanspruch nach § 1 a KSchG bei Verletzung arbeitsrechtlicher Auskunftspflichten?
Fall: Die Kläger im Streitfall sind die Eltern und gesetzlichen Erben eines Arbeitnehmers, der bei der Beklagten sei 1980 beschäftigt war. Die Beklagte kündigte dessen Arbeitsverhältnis betriebsbedingt. Sie bot ihm gleichzeitig eine Abfindung nach Maßgabe des § 1 a KSchG i. H. von 30.000 Euro an. Mit Rücksicht auf die erteilte Abfindungszusage erhob der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage. Er verstarb vor Ablauf der Kündigungsschutz-frist. Seine Eltern haben von der Beklagten die Zahlung der Abfindung verlangt.[1]
1. Gesetzeszweck und Entstehen des Abfindungsanspruchs
Das Kündigungsschutzgesetz ist kein Abfindungsgesetz, sondern ein Bestandsschutzgesetz, das einen gesetzlichen Abfindungsanspruch[2] bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur in Ausnahmefällen gewährt §§ 1 a, 9, und 10 KSchG. Die Realität vieler Kündigungsschutzverfahren sieht dennoch so aus, dass sie mit einem Vergleich enden. Dieser Realität sollte § 1 a KSchG Rechnung tragen. Der Gesetzgeber bietet den Arbeitsvertragsparteien eine einfach zu handhabende, moderne, schnelle und unbürokratische Alternative zum Kündigungsschutzprozess. Dadurch sollen langatmige und kostenträchtige Kündigungsprozesse vermieden werden, wenn die Arbeitsvertragsparteien in jedem Fall nur an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindungszahlung interessiert sind.[3]
Der Arbeitnehmer muss nicht mehr den Weg über die Kündigungsschutzklage §§ 4,7 KSchG beschreiten, um eine Abfindung durchzusetzen, für den ArbG wird das Kündigungsrecht transparenter, kalkulierbarer und das Verfahren effizienter (er kann schneller die freiwerdende Stelle bei Bedarf neu besetzen) und schließlich entlastet die außergerichtliche Streitbeilegung die Gerichtsbarkeit. Allerdings begründet § 1 a KSchG keinen schuldrechtlichen Anspruch, sondern regelt nur eine Abfindungsoption. Dem Charakter nach handelt es sich um eine einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Hinnahme der Kündigung vereinbarte Abfindung.[4]
Der Abfindungsanspruch setzt tatbestandlich voraus, dass der ArbG wegen dringender betrieblicher Erfordernisse kündigt. Ob dringende betriebliche Gründe letztlich tatsächlich vorliegen, ist unerheblich.[5] Entscheidend ist, dass der ArbG die Kündigung auf betriebsbedingte Gründe stützen wollte und dies dementsprechend im Kündigungsschreiben auch so formulierte.
Beruft sich der Arbeitgeber später auf das Vorliegen anderer Kündigungsgründe, ist dessen Verhalten wegen widersprüchlichen Verhaltens treuwidrig § 242 BGB.
Kündigt der Arbeitgeber aus persönlichen oder verhaltensbedingten Gründen mit dem Hinweis, dass der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist eine Abfindung beanspruchen könne, handelt es sich um das Angebot zum Abschluss eines Abfindungsvertrag. Der Arbeitnehmer kann das entsprechende Angebot auf Zahlung durch verstreichen lassen der Kündigungsfrist stillschweigend annehmen.
Der gesetzliche Abfindungsanspruch setzt eine ordentliche, betriebsbedingte Kündigung voraus. In Betracht kommt auch eine ordentliche, betriebsbedingte Änderungskündigung, soweit die Voraussetzungen des § 1 a KSchG, die den Abfindungsanspruch auslösen, vorliegen. Die Änderungskündigung enthält neben dem Änderungsangebot schließlich auch eine Kündigungserklärung. Der Abfindungsanspruch wird mit Ablauf der Kündigungsfrist fällig.
Auf außerordentliche, betriebsbedingte Kündigungen findet § 1 a KSchG grundsätzlich keine Anwendung. Neben der systematischen Stellung des § 1 a KSchG (im Zusammenhang mit Vorschriften über die ordentliche Kündigung), folgt dies insbesondere aus § 13 Abs. 1 KSchG, der nicht auf § 1 a KSchG verweist. Eine Ausnahme ist nur für den Fall eines tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers zugelassen worden, da ein besonders geschützter Arbeitnehmer sonst schlechter stünde. § 1 a KSchG ist deshalb auch bei einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung eines unkündbaren Arbeitnehmers entsprechen anzuwenden.[6]
Der Abfindungsanspruch entsteht nur dann, wenn der Arbeitgeber in der schriftlichen Kündigung den Hinweis gegeben hat, der Arbeitnehmer könne bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung fordern.[7] Dabei ist der Arbeitgeber nicht an den Gesetzeswortlaut gebunden. Allerdings reicht der Hinweis auf die Rechtskraft der Kündigung nicht aus, da vom gewählten Wortlaut auch der Fall erfasst der fristwahrenden Klageerhebung und späteren Klagerücknahme erfasst würde. In diesem Fall wäre keine unbürokratische Alternative zum Kündigungsschutzprozess gegeben.
[...]
[1] Vgl. BAG, NZA 2007, 1043 ff
[2] Altenburg/ Reufels/ Leister, NZA 2006, 71; Offengelassen vom BAG, NZA 2005, 997, 999. Schließlich wäre § 1 a KSchG bei einer vertraglichen Deutung überflüssig. A. A. Preis, DB 2004, 70 f – rechtsgeschäftlicher Prozess.
[3] BT – Drucks 15/2004, S. 8f.
[4] BAG, NZA 2005, 997; vgl. auch Bader, NZA 2004, 65.
[5] Bader, NZA 2004, 65; Nägele, in Fiebig KSchG, § 1 a RN 2.
[6] BAG, AP § 626 BGB Nr. 143; Erfurter Kommentar, § 1 a RN3.
[7] BAG, Urt. vom 13.12.2007 – 2 AZR 807/06 – Anspruch bei Betriebsbedingtheit der Kündigung und Verstreichenlassen der Frist
- Arbeit zitieren
- Prof. Dr. Dr. Assessor jur., Mag. rer. publ. Siegfried Schwab (Autor:in), 2009, Der Abfindungsanspruch nach § 1 a KSchG bei betriebsbedingter Kündigung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139352
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