David Lynch verbildlicht mit „Lost Highway“ die düstere Vision eines Mannes, der nicht zu Ende geboren wurde , eines Mannes in den Mittvierzigern, dessen Ehe aus fehlgeleiteter Kommunikation, Eifersucht und der völligen Abwesenheit von Vertrauen besteht, dessen eigene Empfindungs- und Wahrnehmungswelt durch unterschiedliche mediale und phantastische Bezüge im Laufe der Geschichte gestört und verwandelt wird. Das Ehepaar Madison erhält in regelmäßigen Abständen skurrile Videokassetten auf denen ihr Haus erst von Außen und dann von Innen zu sehen ist. Auf dem letzten Band sieht man Fred neben der zerstückelten Leiche seiner Frau und in diesem Moment transformiert sich die Handlung auf eigenartige Weise. Fred wird für den Mord angeklagt und zum Tode verurteilt. Aus der Isolation seiner Zelle heraus findet eine Metamorphose mit dem wesentlich jüngerem Pete Dayton statt um den sich nun die weitere Handlung innerhalb einer Art Paralleluniversum dreht. Dick Laurent ist ein Kunde von Pete, der in einer Werkstatt für Autos arbeitet und eines Tages lernt Pete durch Laurent, den er Mr. Eddy nennt, die schöne Alice kennen und lieben. Die beiden führen eine geheime Beziehung, von deren Existenz Mr. Eddy schließlich erfährt und die beiden dadurch zwingt, einen Fluchtplan zu erstellen. Die gesamte Handlung wird überschattet von dem skurrilen Mystery Man, der über jeden Schritt Freds bzw. Petes genau Bescheid zu wissen scheint. Der Film ist in 3 Ebenen unterteilt. Zum einen gibt es den Komplex um Fred Madison und dessen zerrüttete Ehe, den Zwischenteil mit Pete und Alice und, nach der Rückverwandlung, das Ende des Films, an dem Fred wieder in die Rolle von Pete schlüpft und schließlich, gejagt von der Polizei, auf einem Wüstenhighway seine letzte Flucht antritt. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist, anhand besagter Besonderheiten die Eigendynamik des Films hinsichtlich der medialen und kontextbezogenen Zeichensprache innerhalb, sowie außerhalb der jeweiligen Erzählebenen zu untersuchen. Weiterhin soll die mediale Bedeutung der einzelnen Übertragungsmotive auf sich selbst und auf die damit konfrontierten Protagonisten herausgehoben und analysiert werden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung „Die Rebellion der Bilder“
2 „Ich kann mich nicht daran erinnern.“ – Dimensionsverschiebung in „Lost Highway“
2.1 Flucht in die Zwischenwelt – Bedeutungsdynamik der Dimensionen
3 Jenseits des Kanals - Aspekte der Kommunikation und die Funktion des Mediums
3.1 „Dick Laurent ist tot!“ – Telefonie und Kommunikation bei Fred Madison
3.2 „Wir werden das Taxi nicht brauchen.“– Medieninstrumentalisierung bei Pete Dayton
4 Wahrheit der Fiktion – Die Selbstreflexion des Mediums in der Aufzeichnung
5 Fazit
6 Quelle
7 Literaturverzeichnis
1 Einleitung „Die Rebellion der Bilder“
Fred Madisons Gesicht erhellt sich zart, als er an seiner Zigarette zieht. Der Raum um ihn herum versinkt in völliger Dunkelheit. Die Rollläden der Fenster öffnen sich und offenbaren Freds müdes Gesicht. Nervös und zitternd, doch in seltsamer Ruhe nimmt er einen weiteren Zug. Die Haare hängen schlaff herab; Fred sieht müde aus, ist blass, seine Augen sind dünn und glasig. Es klingelt an der Tür, Fred sieht sich müde um, geht zur Gegensprechanlage und betätigt den „LISTEN“-Knopf. Eine Stimme haucht die Worte „Dick Laurent ist tot!“ von der anderen Seite in das Mikrofon. Aufgeregt wandert Fred von einem Fenster zum anderen um zu sehen, wer da gerade bei ihm geklingelt hat, doch nichts ist zu erkennen, von weiter weg schallen Polizeisirenen durch die aufgeräumte Nachbarschaft. Freds Gesicht ist augenblicklich noch angespannter, er wirkt fassungslos. Das Sonnenlicht dringt nicht nach Innen, Fred ist allein.
David Lynch verbildlicht mit „Lost Highway“ die düstere Vision eines Mannes, der nicht zu Ende geboren wurde[1], eines Mannes in den Mittvierzigern, dessen Ehe aus fehlgeleiteter Kommunikation, Eifersucht und der völligen Abwesenheit von Vertrauen besteht, dessen eigene Empfindungs- und Wahrnehmungswelt durch unterschiedliche mediale und phantastische Bezüge im Laufe der Geschichte gestört und verwandelt wird.
Das Ehepaar Madison erhält in regelmäßigen Abständen skurrile Videokassetten auf denen ihr Haus erst von Außen und dann von Innen zu sehen ist. Auf dem letzten Band sieht man Fred neben der zerstückelten Leiche seiner Frau und in diesem Moment transformiert sich die Handlung auf eigenartige Weise. Fred wird für den Mord angeklagt und zum Tode verurteilt. Aus der Isolation seiner Zelle heraus findet eine Metamorphose mit dem wesentlich jüngerem Pete Dayton statt um den sich nun die weitere Handlung innerhalb einer Art Paralleluniversum dreht. Dick Laurent ist ein Kunde von Pete, der in einer Werkstatt für Autos arbeitet und eines Tages lernt Pete durch Laurent, den er Mr. Eddy nennt, die schöne Alice kennen und lieben. Die beiden führen eine geheime Beziehung, von deren Existenz Mr. Eddy schließlich erfährt und die beiden dadurch zwingt, einen Fluchtplan zu erstellen. Die gesamte Handlung wird überschattet von dem skurrilen Mystery Man, der über jeden Schritt Freds bzw. Petes genau Bescheid zu wissen scheint.
„Nichts scheint sich zu einer sinnvollen „Geschichte“ zu fügen. So mag eine „Nacherzählung“ des Filmes selber nur paradox wirken, Ausdruck der Befremdung durch ein Bild, dessen Bedeutendes sich zum Bedeuteten eher destruktiv denn kollegial zu verhalten scheint.“[2]
Der Film ist in 3 Ebenen unterteilt. Zum einen gibt es den Komplex um Fred Madison und dessen zerrüttete Ehe, den Zwischenteil mit Pete und Alice und, nach der Rückverwandlung, das Ende des Films, an dem Fred wieder in die Rolle von Pete schlüpft und schließlich, gejagt von der Polizei, auf einem Wüstenhighway seine letzte Flucht antritt.
„Lost Highway“ erschien 1997 und gilt als eines der komplexesten Werke aus der Feder von David Lynch. Der Regisseur ist bekannt dafür, seine Filme entgegen jeglicher cinematographischen Konzeption zu erstellen, ja – regelrecht dagegen zu rebellieren um sich schließlich über Genregrenzen hinweg zu bewegen und so deren jeweilige Charakteristika zu einer personalisierten, ihm ganz eigenen Mischform umzuwandeln.[3]
Aufgrund der Evidenz der Übertragungsmechanismen sowohl auf konzeptueller als auch auf kontextueller Ebene bietet sich die Untersuchung in diesem Fall auf besondere Weise an.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist, anhand besagter Besonderheiten die Eigendynamik des Films hinsichtlich der medialen und kontextbezogenen Zeichensprache innerhalb, sowie außerhalb der jeweiligen Erzählebenen zu untersuchen. Weiterhin soll die mediale Bedeutung der einzelnen Übertragungsmotive auf sich selbst und auf die damit konfrontierten Protagonisten herausgehoben und analysiert werden.
2 „Ich kann mich nicht daran erinnern.“ – Dimensionsverschiebung in „Lost Highway“
In „Lost Highway“ erlaubt der Autor dem Zuschauer den Blick auf mehrere in sich verschlungene und instabile Dimensionen und verleiht ihm dadurch eine teils über- und teils untergeordnete Perspektive, die sich ständig verschiebt. Ausgangspunkt der Betrachtung soll sein, dass jede existierende Variable ihren direkten Konterpart in der jeweils anderen Dimension besitzt oder erzeugt. Hinsichtlich dieser Verknüpfungen zwischen den Dimensionen, Punkte, an denen ein Austausch sowohl auf medialer wie auch auf kontextueller Ebene stattfindet, ergibt sich daraus ein dynamisches Konstrukt aus Zeichen und Metaphern, das nur in Abhängigkeit von sich selbst und der im Film beschrieben Handlung funktionieren kann. Im Folgenden sollen einige dieser Knotenpunkte im Hinblick auf ihre Charakteristik und ihre Auswirkungen auf die im Gesamtkontext stattfindenden Dimensionsverschiebungen an exemplarischen Beispielen untersucht werden.
2.1 Flucht in die Zwischenwelt – Bedeutungsdynamik der Dimensionen
Die Bildkomposition im ersten Drittel des Films ist durchtränkt von Einstellungen, die, scheinbar außerhalb von jeglicher Homogenität, nicht in einen logischen Zusammenhang gebracht werden können oder sich zumindest einem größeren Sinnkomplex entziehen. Besonders interessant gestaltet sich hier vor allem die Raumkonstruktion innerhalb des Hauses der Madisons. Enge, verwinkelte Räume und Gänge, spartanische Einrichtung und farblose Wandgestaltung ergeben eine Raumkonstellation, die für den Zuschauer vermutlich ebenso befremdlich wirkt wie für die Madisons selbst, insbesondere für Fred. Auch von Außen bildet das Haus eine perfekt synchronisierte, symmetrische Einheit – eine würfelartige Zelle mit dünnen Schießscharten an den Stellen, an denen sich bei normalen Häusern die Fenster befinden.
Zur räumlich wesentlich weiter geöffneten zweiten Dimension des Films bildet der erste Abschnitt einen deutlichen Kontrastpunkt, während jedoch die zweite Dimension in einer logischen Abhängigkeit zur ersten steht. Jedes Detail entspricht direkt seinem Ebenbild, erklärt sich am Gegenteil der eigenen Attribute. Auf diese Weise kann aus der beschrieben Enge logisch gesehen nur eine weite räumliche Öffnung hervorgehen, aus fester Statik entsteht Dynamik. Die zweite Handlungsebene mit Pete ist der ersten sozusagen untergeordnet und existiert erst dadurch, dass die erste existiert (hat) und nun endet.
Die Handlung des ersten Abschnitts integriert vielerlei verschiedene Elemente die scheinbar sich selbst in einem eigenen Zeichensystem, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Lynch’sche Zeichensprache, repräsentieren. Die Verwandlung von Fred in Pete vollzieht sich an einem Punkt in der Geschichte, an dem es für Fred eigentlich kein Entrinnen gibt. Er sitzt im Gefängnis, zum Tode verurteilt wegen dem Mord an seiner Frau Renée. Wie es dazu kommen konnte erzählt der Film in bedrückender, esoterischer Zeichensprache, einer personalisierten Semiotik, deren Elemente ohne Hinzuziehen der zweiten Dimension nicht funktionieren könnten. Sie würden keine Botschaft übermitteln, nichts anzeigen, in stummer Gegenstandslosigkeit versinken.
Das Verhältnis von Fred zu seiner Frau Renée ist von Beginn an als gestört zu bezeichnen, zwischen ihnen hat sich eine immanente Entfremdung geschlichen, nicht zuletzt, weil Fred der Annahme ist, dass Renée ihn betrügt. Verbunden mit tiefem Misstrauen seinerseits und der sexuellen Frustration, an der er aufgrund seiner angesprochenen Annahme leidet, ergibt sich aus ihrem Mangel an Kommunikation eine Situation der stummen Introspektive der beiden, die jeweils auf sich selbst gerichtet alles verschweigt und im Dunkel der Bilder zurücklässt. Sein Minderwertigkeitsgefühl in Sachen Sex spielt dabei eine entscheidende Rolle, denn der Komplex vom Betrogenwerden und Betrügen, Glauben und Verdrängen, Erinnern und Vergessen ist ein tragender im Hinblick auf die kontextuelle Struktur der Geschichte. Im direkten Vergleich mit Fred erscheint Pete zunächst als das genaue Gegenteil von ihm. Er ist jünger, freier und bestimmt selbst, was er tut, hat regelmäßig Sex mit unterschiedlichen Frauen und ist nicht an einen festen Ort gebunden. Gerade die räumliche Offenheit der zweiten Dimension ermöglicht diese Freiheit erst, was wiederum die These der oppositionell gestalteten Wunsch-Traum-Welt bestärkt.
Weiterhin bekommt Pete die Frau, die Fred offenbar nicht haben kann, wenn man davon ausgeht, dass Alice die „optimierte“ Reinkarnation von Renée ist.
„Auf der formalsten Ebene wurde die Fabelkomposition als eine Integrationsdynamik definiert, die aus einer Vielfalt von Vorfällen eine einheitliche und vollständige Geschichte macht, […]. Diese formale Definition bahnt den Weg zu geregelten Umformungen, die Fabeln genannt werden dürfen, solange zeitliche Totalitäten erkennbar bleiben, die zwischen Umständen, Zielen, Mitteln, Interaktionen, gewollten oder ungewollten Resultaten eine Synthese des Heterogenen herstellen.“[4]
Die zweite Dimension bildet also, wenn man Ricœrs Definition darauf anwendet, eine von Fred „erdachte“ und für seine Belange perfekt ausdifferenzierte Wirklichkeitsform, die nicht mehr nur auf Tatsachen beruht sondern ausschließlich auf den Elementen, die er so vermag zu kontrollieren - was eine kapitale Neuordnung dieser Elemente ermöglicht – eine Umkehrung der objektiven Verhältnisse in eine subjektive „Idealform“. Die Konstruktion einer abgewandelten Fabel dient Fred zum besseren Verstehen und Erkennen der Zusammenhänge in der Wirklichkeit auf der einen, auf der anderen Seite jedoch offensichtlich auch dem Entsagen von logischen Funktionsschemata innerhalb dieser Wirklichkeitsform. Als störendes Element dieser neu gefundenen Ordnung steht vor allem der mediale Beweischarakter des Videofilms, einer Möglichkeit der Abbildung und Reproduktion der Wirklichkeit, also sozusagen der kausalen Antithese für die subjektive Form- und Zeitdynamik seiner Vorstellung. Bezüglich der zeitdynamischen Aspekte der zweiten Dimension ist auffällig, dass Pete sich beispielsweise nicht an Ereignisse erinnern kann, die zeitlich VOR der Verwandlung liegen. Auch seine Eltern können nicht darüber sprechen, was nicht nur ein zusätzliches Indiz dafür ist, dass die chronologische Abfolge der Geschichte durch ebenjene Verwandlung gestört, oder zumindest beeinflusst wurde. Darüber hinaus ergibt sich auf diese Weise eine Bezugnahme auf die in der ersten Dimension thematisierte sozialkommunikative Unfähigkeit, über Dinge zu sprechen oder Nachrichten zu verstehen und kognitiv einzuordnen. Gegen Ende des Films wird auffällig, dass die konstruierten Veränderungen im Bereich der metaphorischen Zeichen- und Bedeutungsebene rückwärts laufen, es findet eine erneute Annäherung an die erste Dimension statt, die ihr Ende in der exakten Entsprechung zum Anfang des Films verortet.
Die Person des Dick Laurent/Mr. Eddy könnte im Kontext der psychischen Eigenheiten Freds eine Personifikation von den sexuellen Neigungen visualisieren, die obszöne und offene Konfrontation mit unerfüllten, möglicherweise auch zwanghaften Neigungen, die bis dahin nur in Verbindung mit dem Verdacht des Ehebruchs und dem sich daraus eröffnenden Subkontexts des Pornogeschäfts ihren Stellenwert in der Erzählung lediglich andeuteten.
Auch auffällig ist in diesem Zusammenhang der Wandel der bislang eher bieder dargestellten Renée zu einer wesentlich erotischeren und vielseitigeren Persönlichkeit. Auch Renée war bereits in gewissem Maß als „unkontrollierbar“ zu bezeichnen, was deutlich wird in der Szene, in der Fred nach seinem Auftritt versucht, sie Zuhause telefonisch zu erreichen und sie nicht da ist, obwohl sie ihm gesagt hat, sie wolle den Abend dort verbringen und ein Buch lesen. Mit der Person Alice wird diese Eigenschaft noch verstärkt, ganz und gar in eine neue Variabilität umgekehrt, die sich aus bekannten, aber veränderten Kontextzusammenhängen ergibt. Alice bildet in Petes Geschichte den direkten Kontrapunkt zu seinen Gefühlen für sie. Durch ihr Wesen erklärt oder berechtigt sie diese Gefühle und gleichzeitig werden sie genau dadurch wieder relativiert, niemals erwidert. „Du wirst mich niemals kriegen!“
Die Strukturverschiebungen werden im Besonderen durch die Präsenz des Mystery Mans geprägt. Faktisch ist er die einzige Konstante im Geflecht der Variablen, die in beiden Dimensionen völlig identisch ist, sogar teilweise identische Gespräche führt.
Der Mystery Man bildet dadurch in gewisser Weise einen neuralgischen Punkt innerhalb der Erzählung. An ihm scheinen die einzelnen Dimensionen zusammenzulaufen, er ist es, der offenbar über die gesamte Erzähl- und Bedeutungsdynamik zwischen den Dimensionen erhaben ist und sie in gewisser Weise steuert. Er trägt die Verantwortung für die mediale Beziehung zwischen den einzelnen Abschnitten, er verursacht gewisser Maßen das Entstehen der zweiten Dimension und auch wenn er nicht permanent im Bild ist, haftet ihm das Element der Allgegenwärtigkeit an. Seine Rolle im Bezug auf die Medieninstrumentalisierung soll nun unter Berücksichtigung seiner transzendentalen Position innerhalb und zwischen den Erzählsträngen genauer betrachtet werden.
3 Jenseits des Kanals - Aspekte der Kommunikation und die Funktion des Mediums
David Lynch verwendet in „Lost Highway“ unterschiedliche mediale Kommunikationsmotive als Mechanismus der Übertragung oder Vermittlung von Informationen gleichermaßen für die handelnden Personen innerhalb und darüber hinaus für die scheinbar mediale Bezugnahme der einzelnen Erzählebenen auf- und untereinander, wie für den Zuschauer selbst zur „Verdichtung“ der Homogenität bzw. der Auslöschung ihrer Konvergenz im Hinblick auf die jeweils unterschiedlichen Bedeutungs- und Wirkebenen, was schließlich das Verständnis der zeitlichen Dynamik des Films maßgeblich beeinflusst. Der Aspekt des Telefonierens sowie der technisch wesentlich moderneren Form des Videofilms und ihren jeweiligen Anspruch auf Wahrheit oder Fiktion im Bezugrahmen ihrer entsprechenden Kontexte sowie das Spannungsverhältnis zwischen den einzelnen Aspekten und deren charakteristisch eigenen Wirkweise soll im Folgenden unter Berücksichtigung der Luhmann’schen Kommunikationstheorie aufgeschlüsselt und im Gesamtkontext des Filmes eingeordnet werden.
3.1 „Dick Laurent ist tot!“ – Telefonie und Kommunikation bei Fred Madison
„Dick Laurent ist tot!“ – so lautet die Nachricht, die Fred Madison zu Beginn des Films über seine Gegensprechanlage im Haus erhält. Die Instanz des Senders ist in diesem Fall völlig unklar, die Nachricht taucht förmlich aus dem Nichts auf und gleichzeitig muss ihr Ursprung oder zumindest ihre Quelle für Fred in einem logischen, nachvollziehbaren Kontext innerhalb der Geschichte entstehen, denn Fred versucht daraufhin durch einen Blick aus dem Fenster festzustellen, wer da vor seiner Tür steht und ihm die Nachricht übermittelt hat. Der Inhalt jedoch ist für Fred in keinen erkennbaren Sinnzusammenhang zu setzen, der Botschaft, folgt man der Theorie von Luhmann, gelingt es in diesem Fall nicht, sich über ihre eigene Suggestion von Bedeutung hin zur Erkenntnis und dem Einordnen und „Verarbeiten“ ihres eigenen Sinnes durch den Empfänger hinwegzusetzen und bleibt so nur eine leere Metapher, die für eine gewisse Zeit ein informatives Vakuum innerhalb des Filmes bildet.[5]
Die Informationsübermittlung entspricht hier darüber hinaus in ihren Grundzügen einer telefonischen Kommunikationsethik, dem Überbrücken von Raum, der Implikation einer virtuellen vis-à-vis-Kommunikation und kann deswegen als „Telefonat“, als mediale Übermittlung von Informationen gesehen werden, wenngleich der Charakter der Kommunikation in diesem Beispiel eher einseitiger Natur ist.[6]
Ein anderes, wesentlich komplexeres Telekommunikationsmodell im Film stellt die erste Begegnung Freds mit dem Mystery Man dar. Sie treffen sich auf der Party von Renées Freund Andy und es entsteht ein Gespräch, dass in seiner Topographie von Beginn an durch den Mystery Man gestört wird:
[...]
[1] Vgl. Seeßlen, Georg. „David Lynch und seine Filme“. (Marburg: Schüren Verlag, 2007) S. 152-153
[2] Seeßlen, Georg. „David Lynch und seine Filme“. (Marburg: Schüren Verlag, 2007) S. 155
[3] Ebd. S. 155
[4] Ricœr, Paul. „Zeit und Erzählung Bd.II“. (München: Fink, 1989) S.15
[5] Vgl. Luhmann, Niklas. „Soziale Systeme – Grundriß einer allgemeinen Theorie“. (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1999) S. 194
[6] Vgl. Höltgen, Stefan. „Spiegelbilder – Strategien der ästhetischen Verdopplung in den Filmen von David Lynch“. (Hamburg: Kovaĉ, 2001) S. 105
- Citar trabajo
- Sebastian Schmidt (Autor), 2009, Jenseits des Kanals: Medieninstrumentalisierung und Dimensionsverschiebung in "Lost Highway", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138757
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