Diese Arbeit untersucht auf theoretischer Ebene und auf Basis von Studien aus Amerika, Asien und Europa den Einfluss neuer Medien und Technologien auf die Entwicklung Jugendlicher. Dabei werden sowohl positive als auch negative Auswirkungen der Mediennutzung betrachtet.
Die zentrale Fragestellung lautet:
Welche Dimensionen und Konstrukte werden von der Medienselektions-, Mediennutzungs- und Medienwirkungsforschung im Kontext des Einflusses neuer Medien und Technologien auf die Entwicklung Jugendlicher genannt, wie hängen diese zusammen und wie können Einflussfaktoren und Auswirkungen der Medienselektion und Mediennutzung auf die relevanten Dimensionen und Konstrukte erhoben werden?
Einleitend werden die grundlegenden Begrifflichkeiten ‚Jugend‘, ‚Werte’, ‚Bedürfnisse‘, ‚Konstrukte‘ und ‚Dimensionen‘ erläutert. Im Anschluss daran werden die Forschungsfelder der Medienselektions-, Mediennutzungs- und Medienwirkungsforschung definiert und voneinander abgegrenzt. Weiters werden grundlegende Theorien und Modelle vorgestellt und exemplarisch Dimensionen und Konstrukte aus der Literatur aufgezeigt.
Aufgrund der wiederkehrenden medialen Diskussion, wird jeweils in einem eigenen Kapitel auf die Themen ‚Motive für den Konsum von Computerspielen‘, ‚Unterhaltungserleben und Selbstelaboration‘, ‚Gewalt und Arten bzw. Auswirkungen medialer Gewalt‘ und ‚Extraversion, Introversion und Neurotizismus‘ eingegangen.
Anschließend wird der besonderen Stellung Jugendlicher in der Medienforschung ein eigener Abschnitt gewidmet. Überdies werden aktuelle Trends und Schwierigkeiten der Medienforschung aufgezeigt.
Basierend auf diesen Grundlagen und ausgewählten Studien wird gezeigt, welche Dimensionen und Konstrukte besondere Relevanz für Jugendliche besitzen, wie diese zusammenhängen und wie die Auswirkungen und Einflussfaktoren erhoben werden können.
Abschließend werden die Ergebnisse dieser Arbeit nochmals zusammengefasst und ein Fazit gezogen.
Inhaltsverzeichnis
VORWORT UND DANKSAGUNG
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
TABELLENVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS / GLOSSAR
KURZFASSUNG
EXECUTIVE SUMMARY
1 EINLEITUNG UND MOTIVATION
2 AUFBAU UND STRUKTUR
3 DEFINITIONEN UND ABGRENZUNGEN
3.1 KONSTRUKTE UND DIMENSIONEN
3.2 WERTE UND BEDÜRFNISSE
3.3 JUGEND
3.4 MEDIENSELEKTIONSFORSCHUNG UND MEDIENNUTZUNGSFORSCHUNG
3.4.1 DEFINITION UND ABGRENZUNG
3.4.2 GRUNDVORAUSSETZUNG FÜR DIE MEDIENNUTZUNG UND NUTZUNGSINTENSITÄT
3.4.3 GRUNDLEGENDE MOTIVE UND THESEN DER MEDIENSELEKTION UND -NUTZUNG
3.5 MEDIENWIRKUNGSFORSCHUNG
3.5.1 DEFINITION UND ABGRENZUNG
3.5.2 GRUNDLEGENDE THESEN DER MEDIENWIRKUNG
3.6 ZUSAMMENFASSUNG
4 KONSTRUKTE UND DIMENSIONEN DER MEDIENSELEKTIONS- UND MEDIENWIRKUNGSFORSCHUNG
4.1 WIRKUNGSBEEINFLUSSENDE INPUTFAKTOREN
4.2 ALLGEMEINE DIMENSIONEN UND KONSTRUKTE DER MEDIENSELEKTIONS- UND MEDIENNUTZUNGSFORSCHUNG
4.3 DIE BEDEUTUNG DER DIMENSIONEN KONTAKT, INVOLVEMENT UND AUFMERKSAMKEIT
4.4 MOTIVE FÜR DEN KONSUM VON COMPUTERSPIELEN
4.5 UNTERHALTUNGSERLEBEN UND SELBSTELABORATION
4.6 GEWALT UND ARTEN BZW. AUSWIRKUNGEN MEDIALER GEWALT
4.6.1 MERKMALE VON KONSUMENTEN MEDIALER GEWALT UND DES INHALTES
4.6.2 MOTIVE FÜR DIE INTERNETNUTZUNG IM ZUSAMMENHANG MIT GEWALT
4.7 EXTRAVERSION, INTROVERSION UND NEUROTIZISMUS
4.8 ZUSAMMENFASSUNG
5 RELEVANTE DIMENSIONEN FÜR JUGENDLICHE IM KONTEXT NEUER TECHNOLOGIEN UND MEDIEN UND DEREN MESSUNG
5.1 DIE BESONDERE STELLUNG JUGENDLICHER IN DER MEDIENFORSCHUNG
5.2 PROBLEMATIKEN VON FORSCHUNGSDESIGNS UND DER WANDEL IN DER FORSCHUNG
5.3 DIMENSIONEN AUS STUDIEN UND MÖGLICHE ERHEBUNGSMETHODEN
5.3.1 KONTAKT UND KONTAKTINTENSITÄT
5.3.2 MATERIALISTISCHE ORIENTIERUNG
5.3.3 NEGATIVES SELBSTWERTGEFÜHL
5.3.4 BEDÜRFNISWECKUNG UND -VERSTÄRKUNG
5.3.5 INVOLVEMENT
5.3.6 ALTER
5.3.7 GESCHLECHT
5.3.8 BILDUNGSGRAD VON REZIPIENTEN UND DEREN ELTERN
5.3.9 VERFÜGBARES HAUSHALTEINKOMMEN
5.3.10 EINFLUSS DER MEDIENNUTZUNG VON ELTERN UND GESCHWISTERN
5.3.11 SCHULISCHE LEISTUNGEN UND SUBJEKTIVE SELBSTEINSCHÄTZUNG DER EIGENEN FÄHIGKEITEN
5.3.12 IDENTIFIKATION, SELBSTFINDUNG BZW. -VERWIRKLICHUNG UND SELBSTWERTGEFÜHL
5.3.13 INFORMATIONSBEDÜRFNIS UND BEDEUTUNG DER MEDIENKOMPETENZ: SUCHE NACH INFORMATION UND RAT
5.3.14 KREATIVITÄT
5.3.15 BEDÜRFNIS NACH EMOTIONS- UND STIMMUNGSMANAGEMENT
5.3.16 GEWALT- UND AGGRESSIONSBEREITSCHAFT
5.3.17 ANGSTBEWÄLTIGUNG UND ANGSTEMPFINDEN
5.3.18 EMPATHIE, EINFÜHLVERMÖGEN, MITLEID, HILFSBEREITSCHAFT
5.3.19 BEDÜRFNIS NACH UNTERHALTUNGSERLEBEN UND ERHOLUNG
5.3.20 STRESSBEWÄLTIGUNG UND LANGEWEILE
5.3.21 GLÜCK UND LEID
5.3.22 BEDÜRFNIS NACH SOZIALER INTERAKTION
5.3.23 HUMOR
5.3.24 ONLINESUCHT
5.3.25 COMPUTERSPIELSUCHT
5.3.26 NEGATIVE GESUNDHEITLICHE KONSEQUENZEN DER MEDIENNUTZUNG
5.4 ZUSAMMENFASSUNG
6 FAZIT UND AUSBLICK
7 LITERATURVERZEICHNIS
Vorwort und Danksagung
Aus Gründen der leichteren Les-barkeit wird in dieser Arbeit grund-sätzlich auf die gleichzeitige Ver-wendung der männlichen und weiblichen Personenbezeichnung verzichtet. Geschlechtsneutrale Formulierungen werden ange-strebt, sie sind aber nicht immer möglich. Die Verwendung der männlichen Form bedeutet keine Herabsetzung des weiblichen Geschlechts, sondern schließt die weibliche Form mit ein.
Immer wieder hört man in diversen Medienberichten von den negativen Einflüssen, die neue Medien und Technologien auf Kinder und Jugendliche, und vor allem auf deren Gewaltbereitschaft, hätten. Als Student der Fachrichtung eBusiness bin ich sozusagen ein Vertreter der neuen Medien und Technologien. Ich stellte mir die Frage, ob diese negativen Assoziationen mit der Nutzung neuer Medien tatsächlich gerechtfertigt sind, und ob es neben etwaigen negativen Einflüssen nicht auch genügend positive gibt, die aber weniger häufig in der medialen und auch alltäglichen Diskussion vorkommen.
Ein reizvoller Aspekt dieser Thematik ist, dass eine Beleuchtung nur im interdisziplinären Sinne möglich ist. Um die Medienselektion, Mediennutzung und Medienwirkung verstehen zu können, bedarf es der Auseinandersetzung mit unterschiedlichsten Wissenschaftsge-bieten wie der Psychologie, der Kommunikationswissenschaft, der Informationstechnolo-gie oder auch dem Neuromarketing.
Da auch das Studium eBusiness eine interdisziplinäre Ausbildung ist, die sich unter ande-rem mit Fragestellungen aus den genannten Gebieten auseinandersetzt, ist diese Thema-tik bestens geeignet, Gelerntes mit zusätzlichen Inputs zu kombinieren, um so dieses Studium „würdig“ abzuschließen.
Weiters ergab sich die Möglichkeit, der Mitarbeit an einem konkreten Forschungsprojekt, dem Projekt ‚MeTeOr‘ der Fachhochschule Oberösterreich, welches sich mit dem Einfluss neuer Medien und Technologien auf die Werteorientierung Jugendlicher beschäftigt.
Diese, vor allem auf Literaturrecherche und bestehenden Studien basierende Arbeit ver-sucht, Ergebnisse für das Projekt MeTeOr zu liefern, auf Basis derer konkrete Experimen-te zur Messung der Auswirkung der Mediennutzung aufgebaut werden können.
Mein Dank gilt meinem FH-Betreuer, Herrn Prof.(FH) Dr. Andreas Auinger, für die gebo-tene Möglichkeit, an diesem Forschungsprojekt mitzuarbeiten, und die Zeit und Unterstüt-zung, die er mir entgegen brachte.
Juni 2009 Ing. Alexander Hochmeier
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Selbstelaboration als Grundlage intrinsischen Genusses in Anlehnung an Hartmann
Abbildung 2: Der Selektionsprozess und seine Einflussfaktoren in Anlehnung an Hartmann
Abbildung 3: Mediennutzung 14 bis 49 Jähriger in Deutschland 2005 nach Vehlow
Abbildung 4: Das Erwartungsbewertungsmodell nach Palmgreen
Abbildung 5: Wirkungsbeeinflussende Faktoren nach Simon
Abbildung 6: Nutzungsmotive Jugendlicher für Daily Soaps nach Simon
Abbildung 7: Erweiterte Wirkungskette in Anlehnung an das AIDA-Modell nach Simon.
Abbildung 8: Unterhaltungserleben als Funktion von Erholung und Selbstelaboration nach Hartmann
Abbildung 9: Arten von Gewalt und ihre Folgen nach Theunert
Abbildung 10: Differenzierung medialer Gewaltdarstellung nach Kepplinger, Dahlem
Abbildung 11: Erweitertes Modell der Medienwahl nach Hertel u.a
Abbildung 12: Besitz elektronischer Medien bei Zwölf- bis 19-Jährigen im Jahr 2002.
Abbildung 13: Herkunft von Vorbildern Jugendlicher nach Medienpädagogischer Forschungsverbund
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Einflussfaktoren medialer Gewalt und Merkmale der Rezipienten nach Goldstein
Tabelle 2: Laborexperimente und Feldstudien im Vergleich nach Bonfadelli 60 Tabelle 3: Dimensionen und Fragen der Jugendmedienforschung im Wandel nach Bonfadelli 61
Tabelle 4: Fragebogen zur Erhebung fehlangepasster Nutzung des Internets nach Kaltiala u.a .
Tabelle 5: Fragebogen zur Erhebung der Spielsucht nach DSM-IV 312.31. 97
Abkürzungsverzeichnis / Glossar
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Kurzfassung
Diese Arbeit untersucht auf theoretischer Ebene und auf Basis von Studien aus Amerika, Asien und Europa den Einfluss neuer Medien und Technologien auf die Entwicklung Ju-gendlicher. Dabei werden sowohl positive als auch negative Auswirkungen der Medien-nutzung betrachtet.
Die zentrale Fragestellung lautet:
Welche Dimensionen und Konstrukte werden von der Medienselektions-, Mediennut-zungs- und Medienwirkungsforschung im Kontext des Einflusses neuer Medien und Technologien auf die Entwicklung Jugendlicher genannt, wie hängen diese zusammen und wie können Einflussfaktoren und Auswirkungen der Medienselektion und Mediennut-zung auf die relevanten Dimensionen und Konstrukte erhoben werden?
Einleitend werden die grundlegenden Begrifflichkeiten ‚Jugend‘, ‚Werte’, ‚Bedürfnisse‘, ‚Konstrukte‘ und ‚Dimensionen‘ erläutert. Im Anschluss daran werden die Forschungsfel-der der Medienselektions-, Mediennutzungs- und Medienwirkungsforschung definiert und voneinander abgegrenzt. Weiters werden grundlegende Theorien und Modelle vorgestellt und exemplarisch Dimensionen und Konstrukte aus der Literatur aufgezeigt.
Aufgrund der wiederkehrenden medialen Diskussion, wird jeweils in einem eigenen Kapi-tel auf die Themen ‚Motive für den Konsum von Computerspielen‘, ‚Unterhaltungserleben und Selbstelaboration‘, ‚Gewalt und Arten bzw. Auswirkungen medialer Gewalt‘ und ‚Extraversion, Introversion und Neurotizismus‘ eingegangen.
Anschließend wird der besonderen Stellung Jugendlicher in der Medienforschung ein ei-gener Abschnitt gewidmet. Überdies werden aktuelle Trends und Schwierigkeiten der Me-dienforschung aufgezeigt.
Basierend auf diesen Grundlagen und ausgewählten Studien wird gezeigt, welche Dimen-sionen und Konstrukte besondere Relevanz für Jugendliche besitzen, wie diese zusam-menhängen und wie die Auswirkungen und Einflussfaktoren erhoben werden können.
Abschließend werden die Ergebnisse dieser Arbeit nochmals zusammengefasst und ein Fazit gezogen.
Executive Summary
This bachelor thesis analyses the influence of new media and technology on youths and their developing personality. It is based on existing theories and literature and also on American, Asian and European studies. Positive and negative aspects of the use of media are investigated.
The main question of this bachelor thesis is the following:
What dimensions and constructs are discussed in media studies (media selection, media use and media effects) related with new media and technology and the process of growing up of youths and developing their personality, how are these dimensions and constructs related to each other, and how can the influencing factors and the media effects be collected and measured?
The first chapter defines the central terms ‘Youths‘, ‘Values’, ‘Needs‘, ‘Constructs‘ and ‘Dimensions‘. Moreover the media studies dealing with the process of media selection, the use of media and the media effects are defined and delineated from each other. Furthermore basic theories and models and some examples for dimensions and constructs in literature are explained.
Due to the repeating discussion in media the topics ‘Motives for Computer Game Consumption‘, ‘Entertainment Experience and Self-Elaboration‘, ‘Violence, Types and Effects of Violence in Media‘ and ‘Extraversion, Introversion and Neuroticism‘ are discussed in own chapters.
After this introduction the special position of youths in media studies is explained. Moreover the media studies current trends and difficulties are shown.
Based on the already mentioned chapters of this thesis and on selected studies relevant dimensions and constructs for youths are identified and discussed. Furthermore it is show how they influence each other and how they can be collected and measured.
The last chapter concludes the main results of this thesis.
1 Einleitung und Motivation
„Es gilt als Faustregel, dass jedes neue Medium zunächst negativ bewertet und von Kul-turpessimisten angegriffen wird.“1
Auch Schorr zeigt, dass die Einführung neuer Medien, egal ob Film, Radio, Bildschirm-spiele oder auch das Internet immer mit einer besorgten Öffentlichkeit – u.a. Eltern und Lehrer, Kulturkritiker und Politiker, etc. – verbunden ist.2 Bonfadelli meint hierzu, dass es immer Gruppen wie die genannten gibt, die die Wirkung von Massenmedien und Medien allgemein zu negativ und zu oberflächlich sehen, und sagt: „Medieneffekte werden darum oft unter negativen Vorzeichen emotional und kontrovers diskutiert und Laien neigen zur Überschätzung des Wirkungspotentials der Medien. Als Folge kommt es zur Projektion einer Sündenbockrolle auf die Medien.“3 In der Forschung ist es ebenfalls so, dass es ein Schwanken zwischen den Polen einer Medienallmacht und einer Medienohnmacht gibt, wobei hier allerdings nicht nur negative Aspekte untersucht werden.4
Diese Feststellung trifft auf die Tatsache, dass Massenmedien den Sozialisierungspro-zess, also die lebenslange Aneignung von in der Gesellschaft geltenden Werten, Normen, Einstellungen, Verhaltensweisen und Gewohnheiten, beeinflussen. Durch diese Prozesse kommt es zu einer Kulturübertragung in Form von Lernprozessen, in denen Medien immer mehr an Bedeutung gewinnen.5 Dabei sollte Sozialisation nicht mit Erziehung verwechselt werden. Erziehung bedeutet, dass ein Sender mittels Kommunikation beim Adressaten eine Veränderung bewirken will, die Erziehung ist also eine Kommunikationsleistung. So-zialisation meint immer eine Selbstsozialisation, der Empfänger ändert Erwartungen und Einstellungen nicht durch die Kommunikation selbst, sondern durch das Zusammenspiel von Kommunikation und Gedanken, er entscheidet also aktiv darüber.6 So meint auch Schorr, dass bei der Sozialisation nicht nur die Umwelt in Form von z.B. Familie, Medien und Schule (Fremdsozialisation) eine Rolle für die Entstehung von Wissen, Einstellungen, Werten, Normen und Verhaltensweisen spielt, sondern auch die Selbstsozialisation, also aktive Prozesse des Individuums selbst, wie die bewusste, autonome Wahl von Medien, Medieninhalten, Medienzeiten und Medienorten und die darauf aufbauende eigenständige Konstruktion der Realität.7
Die Bedeutung der Medien im Sozialisierungsprozess von Kindern wird beispielsweise in der KIM (Kinder und Medien, Computer und Internet) Studie 2008 deutlich:8 Es wird fest-gestellt, dass die Mediennutzung ein zentrales Thema für die Standortbestimmung der Situation von Kindern ist, da Medien sowohl in der Freizeit als auch in der Schule eine zentrale Rolle spielen. Kinder wachen mit dem Radiowecker auf, nutzen Lernprogramme in der Schule, hören Musik per MP3-Player auf dem Nachhauseweg, machen Hausaufga-ben am Computer, kommunizieren mit Freunden über das Internet, verabreden sich zum Spielen per SMS, spielen Computerspiele alleine oder mit Freunden, sehen fern und le-sen vor dem Schlafengehen. Die Studie beleuchtet dabei, welche Tätigkeit in welchem Alter und in welcher Häufigkeit durchgeführt wird.
Basierend auf der erwähnten Skepsis und der zunehmenden Bedeutung der Medien, er-scheint eine nähere Betrachtung des Einflusses von Medien auf die Gesellschaft als not-wendig. Ist die Skepsis gerechtfertigt? Haben Medien tatsächlich einen maßgeblichen Anteil an der Sozialisierung? Falls es Auswirkungen der Mediennutzung und Mediense-lektion gibt, welcher Art sind diese und welche positiven und negativen Einflüsse können damit in Verbindung gebracht werden?
Im Rahmen des Forschungsprojektes ‚MeTeOr‘ der Fachhochschule Oberösterreich wird eben dieser Einfluss, in diesem Falle neuer Medien und Technologien, auf die Werteori-entierung von Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 18 Jahren untersucht.
Ausgegangen wird dabei davon, dass vor allem Jugendliche aufgrund der hohen Anpas-sungs- und Lernfähigkeit durch die Auseinandersetzung mit neuen Medien sowohl positiv wie auch negativ geprägt werden. Dabei sollte vor allem auch der mögliche positive Ein-fluss der Medien Berücksichtigung finden, da die Kinder- und Jugendmedienforschung sehr häufig den Fokus auf mögliche Gefahren richtet, anstatt neutral an diese Thematik heranzugehen.9
Die Auswirkungen auf die Werteorientierung der Jugendlichen sowie deren Sensibilisie-rung für das Thema stehen im Mittelpunkt des Forschungsprojektes. Dabei ist zu berück-sichtigen, dass monokausale Ursache-Wirkungsschlüsse zu vereinfacht wären, und dass man bei Kindern und Jugendlichen nicht ungeprüft dieselben Verfahren einsetzen sollte, um dieselben Konstrukte zu untersuchen, wie bei Erwachsenen.10 Zur Komplexität des Wirkungsprozesses sei erwähnt, dass beispielsweise auch Anderson im Zusammenhang mit Medien immer nur von Medieneinflüssen und nicht von Medienauswirkungen spricht, was die Medien zu einem Einfluss unter vielen anderen macht, und sie nicht über andere stellt.11
Die im Forschungsprojekt betrachteten Medien sind Games (PC und Konsolen), Movie (Kino, Filme im Fernsehen, Serien, Nachrichten, Musikvideos usw.), Mobile (Handy, PDA, Netbook, Gameboy und die verwendeten Dienste wie mobiles Internet etc.), Web (Social Networks und Plattformen wie Facebook, Szene1, MySpace oder YouTube und Messan-ger wie z.B. Skype oder ICQ).
Immer wieder wird in der wissenschaftlichen Diskussion darauf hingewiesen, wie schnell sich die Medien und auch die Jugendlichen verändern, doch Schorr zeigt, dass es mög-lich ist, mittels theoriegeleiteter Grundlagenforschung Erkenntnisse zu gewinnen, die ihre Gültigkeit nicht sofort wieder verlieren.12
Diese Arbeit versucht auf theoretischer Ebene einen Teilaspekt von MeTeOr, die Identifi-kation relevanter Konstrukte und Dimensionen der Medienselektions-, Mediennutzungs-und Medienwirkungsforschung und deren Wirkungszusammenhänge, zu ergründen. Der Einfluss des Medienkonsums auf Konstrukte Jugendlicher und umgekehrt wird näher be-leuchtet. Weiters werden mögliche Erhebungsmethoden zur Feststellung der Einflussfak-toren und Auswirkungen der Medienselektion und Mediennutzung aufgezeigt.
Bisher wurden die genannten Forschungsfelder vor allem getrennt voneinander betrach-tet. In letzter Zeit wird jedoch deutlich, dass eine Verknüpfung der Bereiche zu neuen Er-kenntnissen führen kann, da sich diese auch gegenseitig beeinflussen dürften. So meint Hermann, dass die Mediennutzungsforschung oft nur mit statistischen Auswertungen in Hinblick auf Nutzungsdauer und Nutzungsintensität in Verbindung gebracht wird, doch ist ein Kern der Nutzungsforschung die Vorauswahl eines Mediums und die dabei ablaufen-den Prozesse. Schließlich entscheidet die Selektion darüber, welche Medien und Medien-inhalte überhaupt rezipiert werden und somit Wirkung erzielen können.13
Zur Wirkung der Mediennutzung gibt es unterschiedliche Ansichten. So meint beispiels-weise Theunert zum Thema Medien und Gewalt, dass Medien keine Gewalt generieren, sondern dass sie real existierende Gewalt aufgreifen und diese in teilweise verdichteter, variierter, verarbeiteter Form darstellen, was bedeutet, dass die Gesellschaft selbst, mit dem Medium als einem ihrer Bestandteile, die Gewalt erzeugt und nicht das Medium. 14 Medien selbst sind von Menschenhand gemacht und unterliegen somit, wie die Individuen selbst, der Sozialisation, sie sind immer im gesamtgesellschaftlichen Kontext zu sehen und Teil der gesellschaftlichen Realität.15 Für die Wirkung von Medien bedeutet dies wie-derum, dass diese nie isoliert zu betrachten ist, sondern immer im Kontext des gesell-schaftlichen Umfeldes des Rezipienten. So meint auch Schorr, in Hinblick auf Verände-rungen im Leben, dass der Mensch sowohl Produkt als auch Produzent seiner eigenen Umwelt ist, wobei die Medien ein zentraler Teil dieser Umwelt sind.16 Diese Verknüpfung und Verschränkung bedeutet auch, dass die isolierte Betrachtung des Einflussfaktors ‚Medium‘ und die Ableitung monokausaler Zusammenhänge unzulässig ist. In der Medien-theorie fällt der isolierte Ansatz in die funktionalistische Medientheorie, während der in dieser Arbeit verfolgte Ansatz einem reflexiv-kritischen entspricht.17
Dies untermauert auch die transaktionale Wirkungsvorstellung, die sowohl die starke Position der Medien, wie aber auch des Individuums betont. So würden die Medien nicht nur neutrale Botschaften vermitteln, sondern sie konstruierten ein von bestimmten Faktoren beeinflusstes Bild der Realität, welches wiederum von den Konsumenten in Abhängigkeit ihres Umfeldes zu einer eigenen Vorstellung der sozialen Wirklichkeit führte.18
Auch wird deutlich, dass Medien einerseits Bedürfnisse befriedigen, weshalb sie auch bewusst gewählt werden, andererseits generieren sie wiederum neue Bedürfnisse, die wieder auf den Selektionsprozess wirken, womit klar wird, dass Wirkung und Selektion unmittelbar zusammenhängen.19
Das erwartete Ergebnis dieser Arbeit ist eine Darstellung relevanter Dimensionen und Konstrukte der Medienselektions-, Mediennutzungs- und Medienwirkungsforschung und deren Wirkungszusammenhänge mit Erklärungen und empirischen Befunden aus der Literatur. Weiters werden in der Literatur und in den Studien angeführte Erhe-bungsmethoden und Forschungsdesigns für die identifizierten Dimensionen und Kon-strukte angeführt.
Sowohl positive als auch negative Zusammenhänge sollen untersucht werden. Es geht also um die abstrakte Beantwortung konkreter Fragestellungen: Gibt es einen Zusam-menhang zwischen dem Konsum von selbstgedrehten, realen Gewaltvideos am Handy und erhöhter Gewaltbereitschaft oder verminderter Hilfsbereitschaft bei männlichen Ju-gendlichen? Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Action Games auf der Nintendo Wii und dem Reaktionsvermögen? Welchen Einfluss hat die Berichterstat-tung über (Gewalt-)Verbrechen in Verbindung mit Ausländern in den Fernsehnachrichten auf die Wertschätzung anderer Volksgruppen bei Mädchen im Alter von 10 bis 14? Kön-nen humorvoll gestaltete Lernmedien den Lernerfolg steigern?
Vor diesem Hintergrund leitet sich die zentrale Fragestellung dieser Arbeit ab:
Welche Dimensionen und Konstrukte werden von der Medienselektions-, Mediennut-zungs- und Medienwirkungsforschung im Kontext des Einflusses neuer Medien und Technologien auf die Entwicklung Jugendlicher genannt, wie hängen diese zusammen und wie können Einflussfaktoren und Auswirkungen der Medienselektion und Mediennut-zung auf die relevanten Dimensionen und Konstrukte erhoben werden?
Für die Beantwortung dieser Frage müssen folgende Unterfragen gestellt werden:
1. Was versteht man unter Konstrukten und Dimensionen?
2. Wie sind die Forschungsfelder der Medienselektions-, Mediennutzungs- und Me-dienwirkungsforschung definiert, wie grenzen sie sich voneinander ab und welche grundlegenden Theorien und Ansätze gibt es in den genannten Forschungs-feldern?
3. Welche Konstrukte und Dimensionen werden in den beschriebenen Forschungs-feldern genannt?
4. Welche Konstrukte und Dimensionen sind für Jugendliche und die genannten Me-dien relevant, und wie sind deren Wirkungszusammenhänge?
5. Wie können Einflussfaktoren und Auswirkungen der Medienselektion und Medien-nutzung auf die relevanten Konstrukte gemessen bzw. erhoben werden?
2 Aufbau und Struktur
Nachfolgend werden der Aufbau und die Strukturierung der Arbeit erläutert, und eine kur-ze Erklärung zu den einzelnen Kapiteln der Arbeit gegeben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Literaturrecherche:
Empirie:Auswertung von Studien und Forschungsarbei-ten zur Medienselektion und Mediennutzung Jugendlicher
Conclusio: Zusammenfüh- rung theoretischer Erkenntnis-se und empirischer Ergebnisse
Zuerst wird geklärt, was unter ‚Konstrukten‘ und ‚Dimensionen‘ und den Begriffen ‚Werte und Bedürfnisse‘, die im Zusammenhang mit der Entwicklung Jugendlicher eine entschei-dende Rolle spielen, bzw. ‚Jugend‘ zu verstehen ist. Anschließend werden die Themen-felder Medienselektions-, Mediennutzung- und Medienwirkungsforschung definiert und voneinander abgegrenzt und wesentliche Theorien zu den einzelnen Forschungsfeldern erläutert.
Anschließend werden Erkenntnisse zur Medienselektions-, Mediennutzungs- und Me-dienwirkungsforschung aus der Literatur und Grundlagen zu Konstrukten und Dimensio-nen miteinander kombiniert. In der Literatur genannte Konstrukte und Dimensionen der Forschungsfelder werden exemplarisch dargestellt und kurz erläutert. Aufgrund der wie-derkehrenden medialen Diskussion wird jeweils in eigenen Kapiteln auf die Themen ‚Motive für den Konsum von Computerspielen‘, ‚Unterhaltungserleben und Selbstelaboration‘, ‚Gewalt und Arten bzw. Auswirkungen medialer Gewalt‘ und ‚Extraversion, Introversion und Neurotizismus‘ eingegangen.
Auf Basis bestehender Empirie (diverse Studien und Forschungsarbeiten aus Amerika, Asien und Europa) werden relevante Konstrukte und Dimensionen für die betrachtete Al-tersgruppe und die behandelten Medien identifiziert. Zu den identifizierten relevanten Di-mensionen und Konstrukten werden, sofern in der Literatur und den Studien unterschied-licher Bereiche (Psychologie, Marketing, Kommunikationswissenschaften.) angeführt, Wechselwirkungen und mögliche Erhebungs- bzw. Messmethoden aufgezeigt.
3 Definitionen und Abgrenzungen
Dieses Kapitel beantwortet die Frage-stellungen eins und zwei. Zuerst wird erläutert, was unter so genannten ‚Kon-strukten‘ verstanden wird, und was im Gegensatz dazu mit ‚Dimensionen‘ ge-meint ist. Weiters werden die Begriffe ‚Werte‘ und ‚Bedürfnisse‘ bzw. ‚Jugend‘ definiert.
Fragestellung 1: Fragestellung 2: felder der ‚Medienselektionsforschung‘, ‚Mediennutzungsforschung‘ und ‚Medienwirkungsforschung‘ erklärt und voneinander ab-gegrenzt. Überdies werden unterschiedliche Theorien und Ansätze der Forschungsfelder und exemplarische Dimensionen, Konstrukte und Motive vorgestellt.
Ziel des Kapitels ist es, ein Grundverständnis für die genannten Forschungsbereiche her-zustellen und Klarheit über die Bedeutung wesentlicher Begrifflichkeiten dieser Arbeit zu schaffen.
3.1 Konstrukte und Dimensionen
Spricht man von ‚Konstrukten‘, so handelt es sich dabei um nicht direkt beobachtbare Variablen, die über beobachtbare Variablen gemessen bzw. operationalisiert werden kön-nen, wie z.B. Kreativität, Empathie oder Aggressionsbereitschaft.20
Unter ‚Dimensionen‘ wird in dieser Arbeit ein Sammelbegriff verstanden, der Konstrukte, aber auch andere beeinflussende Variablen bzw. Merkmale, die direkt messbar oder be-obachtbar sind, wie z.B. Alter, Geschlecht oder Familienstatus, umfasst.
Dimensionen und Konstrukte,die indieser Arbeitnäher beleuchtet werden, sind fol-gende:
- Kontakt und Kontaktintensität
- Materialistische Orientierung
- Negatives Selbstwertgefühl
- Bedürfnisweckung und -verstärkung
- Involvement
- Alter
- Geschlecht
- Bildungsgrad von Rezipienten und deren Eltern
- Verfügbares Haushaltseinkommen
- Einfluss der Mediennutzung von Eltern und Geschwistern
- Schulische Leistungen und subjektive Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten
- Identifikation, Selbstfindung bzw. Selbstverwirklichung und Selbstwertgefühl
- Informationsbedürfnis und die Bedeutung der Medienkompetenz: Suche nach Information und Rat
- Kreativität
- Bedürfnis nach Emotions- und Stimmungsmanagement
- Gewalt- und Aggressionsbereitschaft
- Angstbewältigung und Angstempfinden
- Empathie, Einfühlvermögen, Mitleid, Hilfsbereitschaft
- Bedürfnis nach Unterhaltungserleben und Erholung
- Stressbewältigung und Langeweile
- Glück und Leid
- Bedürfnis nach sozialer Interaktion
- Humor
- Onlinesucht
- Computersucht
- Negative gesundheitliche Konsequenzen der Mediennutzung
3.2 Werte und Bedürfnisse
Im Zusammenhang mit Konstrukten und der Entwicklung Jugendlicher werden in der Lite-ratur oft auch die Begriffe ‚Werte‘ und ‚Bedürfnisse‘ genannt. Außerdem behandelt diese Arbeit implizit, als Teil des Forschungsprojektes MeTeOr, auch die Thematik der so ge-nannten Werteorientierung. Aus diesen Gründen werden die beiden genannten Begriffe kurz erläutert.
Hurrelmann definiertWerteals „. grundlegende, explizite oder implizite Konzeptionen des Wünschenswerten [.] Sie haben einerseits den Charakter von Zielen, andererseits verkörpern sie Kriterien zur Beurteilung von Handlungen, übernehmen Funktionen von Orientierungsstandards und Leitlinien und kanalisieren das Verhalten in bestimmte Rich-tungen.“21 Werte lassen sich wiederum wie folgt kategorisieren:22
- Grundlegende Werte: Dabei handelt es sich um abstrakte Werte wie z.B. Selbst-verwirklichung und Pflichterfüllung.
- Bereichsspezifische Werte: Dabei handelt es sich um konkrete Werte wie wirt-schaftliche Werte.
- Persönliche Werte: Dabei handelt es sich um höchstpersönliche, von der Gesell-schaft und ihren Strukturen grundsätzlich nicht beeinflusste Werte.
- Gesellschaftliche Werte: Dabei handelt es sich um Werte, die abhängig vom Handeln der Mitmenschen und von gesellschaftlichen Strukturen sind.
UnterBedürfnissenversteht man in der kommunikationswissenschaftlichen Nutzungs-forschungmedienbezogene Bedürfnisse, wobei es sich dabei um „. jene psychisch empfundenen Spannungs- und Mangelzustände, die besonders durch Mediennutzung befriedigt werden können“23 handelt.
3.3 Jugend
Da die Arbeit die Medienselektion, Mediennutzung und Medienwirkung im Bezug auf Ju-gendliche untersucht, wird in diesem Kapitel der Begriff der ‚Jugend‘ erläutert.
Nach Simon steht dieser für einenLebensabschnittoder eine Entwicklungsphase in der menschlichen Biographie. Er beschreibt demnach eine Übergangsphase zwischen Kind-heit und Erwachsenenalter, während welcher gewichtige psychische und physische Ver-änderungen stattfinden.24
Diese Phase kann nach Elwert in folgendeAbschnitteunterteilt werden:25
- Vorpubertät: im Alter vom ca. 10. bis 12. Lebensjahr
- Transeszenz: im Alter vom ca. 12. bis 14. Lebensjahr
- Frühe Adoleszenz: im Alter vom ca. 14. bis 18. Lebensjahr
- Späte Adoleszenz: im Alter vom ca. 18. bis 21. Lebensjahr
Jugendliche können weiters auch noch in so genannte Subkulturen unterteilt werden, wo-bei man unter einer Subkultur Gruppen Gleichaltriger mit selben Werten, Normen und Symbolen versteht.26 Dies können beispielsweise Cliquen, Banden, Gangs oder ähnliche Gruppierungen sein.
3.4 Medienselektionsforschung und Mediennutzungsforschung
Dieses Kapitel beschreibt die Forschungsfelder der ‚Medienselektionsforschung‘ und ‚Mediennutzungsforschung‘ und definiert die beiden Begriffe bzw. grenzt sie voneinan-der ab. Weiters beschreibt das Kapitel dieGrundvoraussetzungenzur Mediennutzung und wesentliche Begrifflichkeiten, die damit im Zusammenhang stehen.
Abschließend werden exemplarischThesen, Theorien und Motiveder Medienselekti-ons- und Mediennutzungsforschung erläutert.
3.4.1 Definition und Abgrenzung
In vielen wissenschaftlichen Publikationen werden die ‚Mediennutzungsforschung‘ und ‚Medienselektionsforschung‘ nicht voneinander unterschieden, da oft vereinfacht davon ausgegangen wird, dass jemand, der ein Medium selektiert, es auch automatisch nutzt bzw. rezipiert und verarbeitet. Allerdings sollten diese Bereiche getrennt betrachtet und voneinander abgegrenzt werden, um die Wirkungsweisen und Prozesse der Selektion und Nutzung verstehen und exakt analysieren zu können.27
DieMediennutzunglässt sich indrei grundlegende Phasenaufteilen, die prä-, peri- und postrezeptive Phase, wobei darunter folgendes zu verstehen ist:28 Der Selektionsprozess ist derprärezeptiven Phasezuzuordnen. Dabei handelt es sich um eine vom Rezipienten durchgeführte Auswahl zwischen mehreren Alternativen und der Entscheidung für eine. Die Selektionsentscheidung selbst kann dabei wiederum unterteilt werden in die Fragen, ob ein Rezipient sich überhaupt für ein Medium entscheidet, falls ja, für welches Medium und als dritte Ebene kann noch der gewählte Inhalt im Sinne der Information oder Kogniti-on differenziert werden. Diesen so genannteninneren Selektionsprozessen, welche einer Präferenzbildung entsprechen, folgen die äußeren, sichtbaren Prozesse dermani-festen Selektionsdurchführung, auf die dann die eigentliche Nutzung des Mediums folgt (perirezeptive Phase). Diepostrezeptive Phasemeint die Wirkungsprozesse als Resul-tat der Mediennutzung.
Die erwähnten Selektionsprozesse können nach Hartmann aus drei unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden, die wie folgt beschrieben werden können:29
- Verhaltens- und lerntheoretische Perspektive: dieser behavioristische Ansatz geht davon aus, dass der Mensch ein von der Umwelt gesteuerter Organismus ist, der auf die Reize der Umwelt, basierend auf Belohnungs- und Bestrafungserwar tungen, reagiert. Sein Handeln ist rein reizgesteuert und affektiv. Der Mensch ist nicht mehr als eine komplexe Maschine, die von einem Belohnungs- und Bestra-fungs- bzw. Überlebenssystem des Organismus geleitet wird. Diese Perspektive ist u.a. im nachfolgend beschriebenen Mood-Management maßgeblich. Im Bezug auf die Medienselektion, werden Medien nach dieser Perspektive also unbewusst und implizit motiviert ausgewählt, um innere, vor allem organismische Imbalancen auszugleichen und eine Homöostase (ein inneres Gleichgewicht u.a. der Erre-gungszustände) zu erreichen oder die Überlebenswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Dabei spielt aber auch die gewonnene Erfahrung der Mediennutzung, also das Lernen, welches Medium und welcher Inhalt dem Ausgleich welchen Zustandes dienlich sind, eine maßgebliche Rolle.
- Informationsverarbeitungstheoretische Perspektive: Auch in dieser Perspekti-ve nimmt der Mensch noch eine sehr mechanistische Rolle ein. Er wird als eine Art Computer betrachtet, der Selektionsentscheidungen auf Basis von Informatio-nen trifft. Dabei geht es jedoch nicht um die Erreichung eines organismischen Gleichgewichts, sondern um ein kognitives Gleichgewicht, einem so genannten Äquilibrium, welches selbst aber wiederum zu einer Erhöhung der Überlebens-wahrscheinlichkeit beiträgt. Es wird versucht, das richtige Maß an Verarbeitungsin-formationen zu erhalten, da zu viele oder zu wenige Informationen zu Ungleichge-wicht führen, wobei eine Möglichkeit der Steuerung die den Medien gewidmete Aufmerksamkeit darstellt. Das hier angesprochene Konzept des kognitiven Gleichgewichts steht im Gleichklang mit Theorien wie der Dissonanztheorie von Festinger. Das Ziel hierbei ist es also, ein kognitives Gleichgewicht wieder herzu-stellen oder es zu erhalten. Im Vergleich zur verhaltenstheoretischen Perspektive stehen also weniger affektive Regulationsprozesse, sondern aktive, kognitive Pro-zesse, die beispielsweise dem Ausgleich von Dissonanzen dienen, im Mittelpunkt. Die Dissonanztheorie und die selektive Aufmerksamkeit sind wesentliche Selekti-onsansätze dieser Perspektive.
- Handlungstheoretische Perspektive: Aus dieser Perspektive betrachtet ist der Mensch ein reflexives, kognitiv konstruierendes, rational handelndes Individuum, welches sich von organismischen Einflüssen oder Umwelteinflüssen großteils ab-koppeln kann. Er ist also autonom in seinen Entscheidungen. Willensfreiheit und Entscheidungsfreiheit sind Kernbegriffe dieses Ansatzes. Die erwähnten Einflüsse der vorhin genannten Perspektiven nehmen nur noch eine begleitende, moderie-rende Rolle ein. Die Verhaltensimpulse kommen vom Individuum selbst, gewollt und bewusst, und haben den Sinn, einen bestimmten Zweck zu erreichen. Reize lösen kein Verhalten mehr aus, sie werden im Zuge eines Bewertungsprozesses auf ihren Beitrag zur Zielerreichung überprüft und erhalten erst dadurch ihre Be-deutung. Planung, Abwägen und Nutzen sind also die zentralen Begriffe dieses Ansatzes. Nicht mehr die Homöostase oder das Äquilibrium stehen im Mittelpunkt, sondern ein psychisches Gleichgewicht, Selbstverwirklichung und Lebensglück. Selektionsansätze dieser Perspektive sind u.a. der Uses-and-Gratifications-Ansatz oder auch die Nachrichtenwerttheorie.
Diese Arbeit geht auf Basis der kumulierten Erkenntnisse unterschiedlicher Publikationen davon aus, dass die handlungstheoretische Perspektive die für die weiteren Betrachtun-gen am besten geeignete ist, da zwar alle drei Perspektiven grundlegende Bedeutung haben, die handlungstheoretische aber auch die affektive und kognitive mit einschließt, wenn auch nur moderierend. Nachfolgende Grafik verdeutlicht in diesem Zusammenhang, welche Einflüsse auf dieGrundzieledes Menschen, dieSelbstverwirklichung und Selbsterweiterung, einwirken und worauf diese aufbauen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Selbstelaboration als Grundlage intrinsischen Genusses in Anlehnung an Hartmann 30
So meinen auch Bonfadelli und Kuhn, einen Trend zu erkennen, dass sich in der Wissen-schaft die Rolle vom passiven Nutzer zum aktiven und frei wählenden Nutzer gewandelt hat, der aktiv, absichtsvoll und selektiv Medien und Medieninhalte nutzt, um bestimmte Bedürfnisse zu befriedigen.31
Davon ausgehend liegen dem Selektionsprozessdrei Systemezugrunde, die den inne-ren Selektionsprozess beeinflussen und somit auch indirekt den äußeren:32
- Wissenssystem: Handlungen zielen auf einen bestimmten Zweck ab. Um die rich-tigen Handlungen wählen zu können, sind also Erfahrungen und Wissen zu diesen Handlungen und deren erwarteten Beitrag zur Zielerreichung notwendig.
- Kompetenzsystem: Hierbei geht es darum, dass der Handelnde erwartet, die Kompetenz zu besitzen, die Handlung erfolgreich ausführen zu können bzw. durch die Mediennutzung die gewünschte Erlebnisqualität erreichen zu können.
-Motivsystem: Handlungen liegt immer ein Motiv zugrunde, welches Befriedigung erfahren soll. Motive sind ausschlaggebend dafür, wie situativ bestimmte Selekti-onsalternativen oder Reize wahrgenommen werden, und welcher Anreizwert ihnen zugesprochen wird. Daraus ergeben sich Präferenzen für eine bestimmte Hand-lung. Sie bestimmen also nicht das Verhalten, sondern moderieren die Selektion.
Neben diesen Einflüssen gibt es auch nochsonstige Einflüsseder Umwelt, wie z.B. die Gesellschaft, die den Selektionsprozess beeinflussen. Dies veranschaulicht auch noch-mals nachfolgende Grafik:
Abbildung 2: Der Selektionsprozess und seine Einflussfaktoren in Anlehnung an Hartmann 33
Diese Ansicht verdeutlicht auch die Darstellung Hermanns‘, nachdem soziale Systeme sowohl offene, wie auch gleichzeitig geschlossene Systeme darstellen.34 Geschlossen bedeutet u.a., dass es einen inneren Antrieb gibt, sich am Leben zu erhalten, der auf Ge-danken, neurophysiologischen Prozessen bzw. Botenstoffen und energetischen Zustän-den beruht. Sowohl die biologische, wie auch die kognitive Komponente des Systems sind Teil des geschlossenen Systems. Andererseits bedeutet offen, dass solche Systeme ihren eigenen Output und dessen Wirkung als Steuerungsvariable für weiteres Verhalten mit-einbeziehen. Erzielte Wirkung beeinflusst somit auch das geschlossene System im Sinne eines Feedbacks. Bei der Selektion sind somit die erwarteten Wirkungen ein Einflussfak-tor. Der Mensch selbst ist nach seiner Darstellung auch nichts anderes als ein soziales System und somit sowohl von internen wie auch von externen Faktoren beeinflusst.35
3.4.2 Grundvoraussetzung für die Mediennutzung und Nutzungsintensität
Als Grundvoraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit Medien genutzt werden, nen-nen Batinic, Appel:36
- Verfügbarkeit des Mediums: Eine Kenngröße für die Verfügbarkeit ist die ‚Reichweite‘ des Mediums. Reichweite bedeutet, wie viele Personen durch ein Medium erreicht werden können. Führend ist hier beispielsweise in Deutschland das Fernsehen mit 98% aller Bundesbürger Reichweite vor dem Radio mit 95%.
- Verfügbarkeit von Medieninhalten: Sagt aus, welche Inhalte mittels eines Mediums angeboten, transportiert und vermittelt werden.
- Kenntnis über den Umgang mit dem Medium: Sagt aus, ob ein Individuum dazu in der Lage ist, ein Medium zu nutzen.
DieNutzungsintensitätvon Medien wiederum gibt an, wie lange ein Medium in einem bestimmten Zeitraum genutzt wird.37 Folgende Grafik zeigt, wie viele Bundesbürger in Prozent täglich die einzelnen Medien nutzen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Mediennutzung 14 bis 49 Jähriger in Deutschland 2005 nach Vehlow 38Der Nutzungsintensität liegen zwei weitere Begriffe zugrunde:39
- Nutzungshäufigkeit:Diese gibt an, wie oft in einem bestimmten Zeitraum ein Medium Zuwendung erfährt.
- Zuwendungspersistenz:Diese gibt die Nutzungs- oder Verweildauer einer Zu-wendung an.
3.4.3 Grundlegende Motive und Thesen der Medienselektion und -nutzung
Herzog nennt folgende Motive von Rezipienten für die Medienselektion und -nutzung:40
- Emotionale Entlastung und Ablenkung von Problemen
- Wunschdenken und Identifikation mit beispielsweise Serienhelden
- Ratschläge und Anregungen für das eigene Leben
- Informationen über unbekannte Situationen
McQuail sieht sehr ähnliche Motive der Medienselektion und -nutzung:41
- Information
- Aneignung von Wissen über die unmittelbare Umgebung, die Gesellschaft oder die Welt
- Suche nach Ratschlägen, Meinungen und Entscheidungshilfen
- Befriedigung von Neugier und Interesse
- Lernen und autodidaktisches Erlernen
- Erlangung eines Gefühls von Sicherheit durch Vermehrung des Wissens
- Identität
- Suche nach Bestätigung für eigene Wertevorstellungen
- Identifikation mit anderen, wertgeschätzten Persönlichkeiten
- Der Versuch sich selbst besser verstehen zu können
- Suche nach möglichen Verhaltensweisen und Persönlichkeitsmodellen
- Integration und soziale Interaktion
- Identifikation mit einer Gruppe anderer und das Gefühl dazu zu gehören
- Einblick in das Leben und die persönlichen Umstände anderer, soziale Empathie
- Suche nach einer Basis für Konversation und soziale Interaktion
- Suche nach einer Ersatzgemeinschaft für (fehlende) reale Gemeinschaften
- Verbindungen mit Familie, Freunden und der Gesellschaft pflegen
- Wahrnehmen sozialer Rollen
- Unterhaltung
- Eskapismus, als- das Entfliehen aus der Realität42, und Ablenkung von Problemen
- Entspannung
- Erlangen von intrinsischem, kulturellem oder ästhetischem Vergnügen
- Zeit ausfüllen
- Gefühlsausbrüche und sexuelle Erregung
Am Beispiel der nachfolgenden Motive für den Konsum von Mediengewalt werden einige mögliche Selektions- und Nutzungsmotive und -thesen erläutert, die auch die Motive von Herzog implizit abdecken. Kunczik, Zipfel und Batinic, Appel sehen mehrere mögliche
Motive für den Konsum von Mediengewalt, wobei sie darlegen, dass das Verstehen der Motive notwendig ist, um Verarbeitungsmechanismen und Wirkungen verstehen zu kön-nen:
- Zuerst wird dieästhetische Funktionder Gewaltdarstellung43 genannt und disku-tiert, wobei unter anderem dargestellt wird, dass der Gewaltkonsum, abhängig von der Art der Inszenierung, angenehme Sinneseindrücke auf sensomotorischer (Lust am Funktionieren des Körpers und der Sinne), emotionaler (Lust am Empfinden von Gefühlen) und kognitiver Ebene (Lust am Funktionieren des Intellekts) auslö-sen kann, was aber nicht eindeutig empirisch belegt ist.
- Ebenfalls nicht belegt sindevolutionstheoretische Ansätze44, die den Gewalt-konsum auf die Bedeutung gewalttätigen Verhaltens in der Menschheitsgeschichte oder aber auch auf Voyeurismus, also sich an der Not anderer zu Ergötzen bzw. die Lust auf Neues, die auch die Neugierde an Gefahr, Verletzung und Tod bein-haltet, zurückführen.
- DerUses-and-Gratifications-Ansatz:45 Dieser Ansatz geht davon aus, dass die Wahl des Mediums willentlich gesteuert wird, und die Medieninhalte eine bestimm-te Funktion für den Rezipienten erfüllen. Es wird hierbei also nicht versucht, die Frage zu beantworten, was Medienkonsum beim Rezipienten verursacht, sondern was der Mensch mit dem Medium macht. Man selektiert bewusst, um eine beab-sichtigte Wirkung zu erzielen. Mit jeder Nutzung sind Erwartungen verbunden, die dann erfüllt werden oder nicht. Somit beeinflusst in diesem Kreislauf die Erfüllung oder Nichterfüllung nachfolgende Selektionsprozesse, was in Abbildung 4 deutlich wird. Gewaltdarstellungen werden somit also konsumiert, weil der Rezipient bei-spielsweise den Sieg des Helden über das Böse erleben will.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Das Erwartungsbewertungsmodell nach Palmgreen 46
Hauptkritikpunkt an diesem Ansatz ist, dass er einen Aspekt nicht einbezieht. Nämlich den Einfluss der Medienproduzenten und -organisationen. Auch diese können aktiv in den Wirkungs- und Selektionsprozess eingreifen und verfolgen be-stimmte Intentionen und Strategien.47
- DieMood-Management-Theorie:48 Dieser Ansatz geht im Gegensatz zum Uses-and-Gratifications-Ansatz davon aus, dass die Medienwahl im Großen und Gan-zen unbewusst stattfindet. Hinter diesem Ansatz steht die Annahme, dass der Auswahlprozess von einer Regulation emotionaler Erregungszustände bestimmt wird. Der Mensch versucht unangenehme Stimmungszustände zu vermeiden und positive Zustände zu erreichen, das ist die Grundannahme dieser Theorie. Hermann sieht ebenso das Ziel des Mood- bzw. Empathy-Managements in der Errei-chung einer Homöostase der Erregungszustände.49 Der Rezipient versucht also, Stress verursachende Situationen zu meiden und positive Zustände verstärkende Situationen zu suchen. Dieser Prozess läuft automatisiert ab und ist größtenteils frei von willentlichen Entscheidungen. Kunczik, Zipfel erläutern in diesem Zusam-menhang, dass der Mensch Freude maximieren und negative Effekte minimieren möchte. Dies bezieht sich auch auf die Medienauswahl zur Stimmungsregulierung. So könne beispielsweise Gewaltdarstellung in den Medien dazu dienen, ein zu ge-ringes Erregungsniveau zu steigern.50 Nach Hermann spielen im Mood-Management Habitualisierungsprozesse und operante Konditionierung entschei-dende Rollen, so werden beispielsweise gelangweilte Menschen intuitiv jene Me-dien wählen, die sich als Mittel zur Bekämpfung der Langeweile bewährt haben.51 An Grenzen stößt dieser Ansatz im Vergleich zum Uses-and-Gratifications-Ansatz, wenn es beispielsweise um die Erklärung von Prozessen aktiver Informationssu-che geht.52
- DieExcitation-Transfer-Theorie53 erläutert, dass Erregungszustände, die bei-spielsweise auch von Medien ausgelöst werden können, die Intensität von Gefüh-len verstärken können, die mit dem Stimulus, der dem Erregungszustand zugrun-de liegt, nicht direkt in Verbindung stehen. Umso intensiver eine negative Stim-mung, umso höher der empfundene empathische Stress, desto positiver wird das Happy End empfunden. Umso größer der Schmerz, umso größer die Freude. Wo-bei vor allem Gewalt und Sex, möglichst realistisch dargestellt, starke Erregungen erzeugen können. Das bedeutet, dass also ein Rezipient möglicherweise bewusst oder unbewusst solche Medien selektiert, die der Steigerung der Intensität an-schließender Gefühle dienen sollen.
- DieDispositionstheorie54 wiederum zeigt, dass ein positives Ende, meist in Form der Wiederherstellung von Gerechtigkeit, die Grundvoraussetzung für den Genuss furchteinflößender Medien ist. Solange sympathische Charaktere den nicht sympa-thischen Gewalt und Leid bereiten, wird das auch als Genuss empfunden und als gerechtfertigt angesehen, was vor allem auch auf furchtsame Menschen zutrifft.
- DerSensation-Seeking-Ansatz55 geht davon aus, dass es Menschen gibt, eher Männer als Frauen und eher jüngere als ältere, die immer auf der Suche nach Er-regung sind, um so eine optimale Stimmung zu erreichen. Sensation-Seeker su-chen Anregung und Spannung bzw. Risiko und versuchen Langeweile zu vermei-den. Sie präferieren Action-, Horror- und Erotikprogramme aber auch Sport und Musiksendungen, wobei sie aber grundsätzlich zu Aktivitäten außer Haus neigen und den Medienkonsum als eine Ergänzung sehen. Eine zuverlässige Aussage über den Zusammenhang von Sensationslust und dem Konsum gewalttätiger Me-dien lässt sich jedoch noch nicht treffen.
- DieGruppenzugehörigkeit und Identitätsbildung56 ist ein weiterer zu nennender Aspekt. Der gemeinsame Konsum gewalttätiger Medien festigt das Zusammenge-hörigkeitsgefühl. Diese Medien werden auch konsumiert, um nicht feige zu sein, Mut zu beweisen und mitreden zu können. Ebenso kann dies Teil einer sich be-wusst von den Normen der Erwachsenenwelt abgrenzenden Jugendkultur sein oder aber auch als ein Zeichen des Übergangs in die Erwachsenenwelt verstan-den werden. Auch scheint es eine Wechselwirkung zwischen dem Konsum gewalt-tätiger Medien und aggressiver Prädispositionen von Individuen zu geben.57
- DieNachrichtenwerttheorie58 ist ein kognitionspsychologischer Ansatz, der davon ausgeht, dass die Selektion auf aktivierten, neurobiologisch determinierten Schemata basiert. Das bedeutet, dass Selektionsentscheidungen und somit das Wid-men von Aufmerksamkeit den Regeln der Wahrnehmungspsychologie folgen. Kurz, nur was in der subjektiven Wahrnehmung als wichtig erscheint, wird rezi-piert. Der Wert der Nachricht ergibt sich additiv auf Basis unterschiedlicher Fakto-ren wie Bedeutsamkeit im Sinne kultureller Nähe und Betroffenheit, Intensität, Konsonanz im Sinne von Erwartbarkeit und Wünschbarkeit, Überraschung, Konti-nuität, Personalisierung und Negativität der Nachricht. Dabei ist anzumerken, dass diese Faktoren einerseits von der individuellen Wahrnehmung abhängen, dass sie aber andererseits auch stark von der Umwelt beeinflusst werden.
[...]
1 Kunczik, Zipfel, 2006, S. 27
2 Vgl. Bonfadelli in: Schorr, 2009, S. 225
3 Bonfadelli, 2004a, S. 12
4 Vgl. Bonfadelli, 2004a, S. 27f
5 Vgl. Kunczik, Zipfel, 2006, S. 14
6 Vgl. Hermann, 2009, S. 44f
7 Vgl. Bonfadelli in: Schorr, 2009, S. 271f
8 Vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2008, S. 3
9 Vgl. Schorr in: Schorr, 2009, S. 8f
10 Vgl. Hermann, 2009, S.16f
11 Vgl. Anderson, 1988 in: Schorr, 2009, S. 33
12 Vgl. Schorr in: Schorr, 2009, S. 3f
13 Vgl. Hermann, 2009, S. 129
14 Vgl. Theunert, 2000, S. 54f
15 Vgl. Theunert, 2000, S. 54f
16 Vgl. Schorr in: Schorr, 2009, S. 149
17 Vgl. Theunert, 2000, S. 107f
18 Vgl. Kunczik, Zipfel, 2006, S. 83
19 Vgl. Simon, 2006, S. 194
20 Vgl. Simon, 2006, S. 255
21 Hurrelmann, 1995 zit. in: Simon, 2006, S.93
22 Vgl. Hurrelmann, 1995 in: Simon, 2006, S. 93
23 Renckstorf, 1988 zit. in: Simon, 2006, S. 115
24 Simon, 2006, S. 78
25 Vgl. Elwert, 1983 in: Simon, 2006, S. 78f
26 Vgl. Simon, 2006, S. 79
27 Vgl. Hartmann, 2006, S. 19
28 Vgl. ebenda, S. 19f
29 Vgl. ebenda, S. 23ff
30 Vgl. Hartmann, 2006, S. 94f
31 Vgl. Bonfadelli, 2001 und Kuhn, 2000 in: Hermann, 2009, S. 131
32 Vgl. Hartmann, 2006, S. 160ff
33 Vgl. Hartmann, 2006, S. 75
34 Vgl. Hermann, 2009, S. 28f
35 Vgl. ebenda, S. 32f
36 Vgl. Batinic, Appel, 2008, S. 108f
37 Vgl. Batinic, Appel, 2008, S. 109
38 Vehlow, 2005 zit. in: Batinic, Appel, 2008, S.109
39 Vgl. Hartmann, 2006, S. 61
40 Vgl. Herzog, 1940 in: Batinic, Appel, 2008, S.113
41 Vgl. McQuail 1994 in: Batinic, Appel, 2008, S. 114
42 Vgl. Batinic, Appel, 2008, S. 115
43 Vgl. Kunczik, Zipfel, 2006, S. 61f
44 Vgl. ebenda, S. 63
45 Vgl. Batinic, Appel, 2008, S.113
46 Palmgreen, 1984 zit. in: Batinic, Appel, 2008, S. 116
47 Vgl. Simon, 2006, S. 114
48 Vgl. Batinic, Appel, 2008, S. 117
49 Vgl. Hermann, 2009, S. 133
50 Vgl. Kunczik, Zipfel, 2006, S. 64
51 Vgl. Hermann, 2009, S. 133f
52 Vgl. ebenda, S. 199
53 Vgl. Kunczik, Zipfel, 2006, S. 64
54 Vgl. Kunczik, Zipfel, 2006, S. 65
55 Vgl. ebenda, S. 66
56 Vgl. ebenda, S. 69
57 Vgl. ebenda, S. 74f
58 Vgl. Hermann, 2009, S. 134ff
- Quote paper
- Alexander Hochmeier (Author), 2009, Der Einfluss neuer Medien und Technologien auf die Entwicklung Jugendlicher, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138232
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