In meiner vorliegenden Arbeit befasse ich mich mit David Humes „Dialoge über natürliche
Religion“. Dabei versuche ich zunächst die Positionen der drei beteiligten Gesprächspartner
herauszustellen. Im Anschluss werde ich mich ausführlicher mit der Kritik Philos an den
Gottesbeweis des Cleanthes befassen. Da in dieser maßgeblich die „natürlichen
Eigenschaften“ Gottes zu Sprache kommen, werde ich im darauffolgenden Kapitel auf die
„moralischen Eigenschaften“ Gottes eingehen. Im fünften Kapitel beschäftige ich mich darauf
aufbauend mit den ethischen Implikationen der Religion. Abschließend versuche ich die
Frage zu klären, welche Position David Hume selbst vertritt.
Inhaltverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Dialogpartner und ihre Ausgangspositionen
2.1 Demea
2.2 Cleanthes
2.3 Philo
3. Die Kritik des Skeptikers
4. Die moralischen Eigenschaften Gottes
5. Die ethischen Implikationen der Religion
6. Die Position David Humes
Literaturverzeichnis
Primärliteratur
Sekundärliteratur
1. Einleitung
In meiner vorliegenden Arbeit befasse ich mich mit David Humes „Dialoge über natürliche Religion“. Dabei versuche ich zunächst die Positionen der drei beteiligten Gesprächspartner herauszustellen. Im Anschluss werde ich mich ausführlicher mit der Kritik Philos an den Gottesbeweis des Cleanthes befassen. Da in dieser maßgeblich die „natürlichen Eigenschaften“ Gottes zu Sprache kommen, werde ich im darauffolgenden Kapitel auf die „moralischen Eigenschaften“ Gottes eingehen. Im fünften Kapitel beschäftige ich mich darauf aufbauend mit den ethischen Implikationen der Religion. Abschließend versuche ich die Frage zu klären, welche Position David Hume selbst vertritt.
2. Die Dialogpartner und ihre Ausgangspositionen
2.1 Demea
Bei Demea handelt es sich um einen traditionellen Christen. Allerdings hat er eine deutliche Affinität zur negativen Theologie (via negativa) und seine Argumentation gleicht häufig der von Malebranche, welcher der Auffassung war, dass es nicht nur zwischen Leib und Seele keine Wechselwirkung gäbe, sondern nicht einmal zwischen leiblichen sowie seelischen Phänomenen.
Die negative Theologie ist ein Verfahren, welches zuerst bei Proclus (in Plat. Theol. II, 4; 11, 12) und der Schrift De mystica theologia des Dionysius Areopagita auftritt. Areopagita formuliert als einer der ersten eine apophatische, also eine verneinende, Theologie, welche davon ausgeht, dass über Gott nicht in affirmativen, also in bejahenden, Begriffen geredet werden kann.[1] Eine Beispiel dafür finden wir in Kapitel 5:
„Wir sagen, daß Gott weder Seele noch Geist ist, daß er weder Phantasie noch Vorstellung noch Verstand, noch Geist hat, daß er auch Verstand und Geist nicht ist, daß er nicht ausgesprochen und nicht gedacht wird, daß er keine Zahl ist, keine Ordnung, keine Größe...“[2]
Insbesondere im Neuplatonismus gewinnt die negative Theologie an Bedeutung. Sie gewann über diesen großen Einfluss auf die Mystik. Teilweise können auch Bestandteile der Theologie Schleiermachers und der dialektischen Theologie Barths als negative Theologie aufgefasst werden.[3]
Bei der negativen Theologie handelt es sich also um ein Verfahren, welches die Erfassung des Wesens Gottes durch Verneinung erzielen will.[4] Es handelt sich also um eine Gotteslehre, die sich mit den Eigenschaften Gottes beschäftigt und dabei von der Erkenntnis ausgeht, dass Gott niemals ganz erkannt werden kann.
Auch wenn Demea wahrscheinlich keine Position vertritt, die Hume selbst auch vertrat, ist er ein wichtiger Gesprächspartner, der viele interessante Einwürfe liefert. So ist auch er es, der die menschliche Vernunft als nicht immer vertrauenswürdig erklärt. Er bezeichnete auch viele Philosophen als arrogant und erklärte, dass die Projektion menschlicher Eigenschaften auf das höchste Wesen höchst problematisch sei. Er fungiert also nicht als bloßer Ja-Sager, wie es häufig in den späteren Werken Platons der Fall ist. Dennoch erhält Demea nur 12% des Gesamtumfangs, um seine Position verteidigen zu können, und kommt damit deutlich weniger zu Wort, als seine beiden Gesprächspartner Philo und Cleanthes.[5]
In Humes Dialogues concerning Natural Religion vertritt Demea die These, dass das Wesen Gottes dem Menschen, aufgrund der Schwäche seiner menschlichen Natur, unbegreiflich und unbekannt bleiben müsse. Auch ist Demea der Ansicht, dass es eine blasphemische Überheblichkeit sei, überhaupt erst in die Natur Gotte eindringen zu wollen. Könnte man Gott auf diese Weise verstehen, so sei er nicht Gott.[6] Seine Ausgangsposition wird in folgendem Zitat, in welchem er gegen die vorgehenden Ausführungen des Cleanthes argumentiert, deutlich:
„Nicht das Dasein, sondern die Natur Gottes steht in Frage. Und von dieser behaupte ich, dass sie infolge der Schwachheit des menschlichen Verstandes uns völlig unbegreiflich und unbekannt ist. Das Wesen jenes höchsten Geistes, seine Eigenschaften, die Art seiner Existenz, die Natur seiner Dauer, dies und überhaupt jede Besonderheit eines so göttlichen Wesens, sind für den Menschen Geheimnisse. Endliche, schwache und blinde Geschöpfe, müssen wir uns demütigen in seiner erhabenen Gegenwart, und unserer Schwachheit uns bewusst schweigend seine unendlichen Vollkommenheiten anbeten, die kein Auge gesehen, kein Ohr gehört hat und die keines Menschen Herz zu fassen vermag. Sie ist vor menschlicher Wissbegierde in einer dichten Wolke verborgen; es ist Frevel, diese heiligen Dunkelheiten durchdringen zu wollen; und gleich nach der Gottlosigkeit, die sein Dasein leugnet, kommt die Verwegenheit, die in seine Natur und sein Wesen, seine Ratschlüsse und Eigenschaften Einblick zu gewinnen strebt.“[7]
Mit dieser Ausgangsposition steht Demea von Anfang an in Opposition zu Cleanthes, denn Cleanthes versucht das Wesen Gottes empirisch zu erfahren.
2.2 Cleanthes
Cleanthes ist ein Deist. Bei den Deisten handelt es sich um eine religiöse Bewegung, welche zwischen der neu entstandenen Wissenschaft und dem alten Glauben vermitteln wollte. Der charakteristische Gedankengang dieser Bewegung war, dass die irdische Welt nicht länger der Ort sei, an welchem Satan sein Unwesen treibt. Statt dessen offenbare die irdische Welt die Existenz eines weisen, allmächtigen und unendlich gütigen Gottes.[8]
In den Argumentationen des Cleanthes spiegelt sich deutlich die moderne empiristische Philosophie wieder. Hume verteilt einen Teil seiner eigenen Überzeugung auf Cleanthes. Hume behauptete in vielen seiner Schriften, dass durch die Natur ein intelligenter Schöpfer offenbart werde. Dabei hielt Hume die Position der Deisten für die bemerkenswerteste Beweisführung. So soll er einmal nachts auf dem Heimweg mit Ferguson plötzlich stechengeblieben sein, in den sternenübersäten Himmel geschaut und zu Ferguson gesagt haben[9]:
„Adam, kann irgend jemand die Wunder des Firmaments sehen und nicht glauben, dass es einen Gott gibt?“[10]
Hume gesteht Cleanthes ungefähr 21% des Gesamtumfangs zu, um seine Position zu verteidigen. Damit kommt er deutlich häufiger zu Wort, als Demea, allerdings noch lange nicht so oft wie Philo.[11] Auch löst sich das Gottesbild der Deisten im Verlauf der Dialogues concerning Natural Religion vollständig auf, bis es nur noch eine leere Hülle ist.[12]
Mit seinem deistischen Gottesbild steht Cleanthes in Opposition zu Demea, denn Cleanthes will das Wesen Gottes aus der empirischen Welt ableiten. Der Weg zu Gott soll von der Natur aus beschrittenen werden, was Demea als kruden Antropomorphismus bezeichnet. Cleanthes ist auch der Meinung, dass der göttliche Geist dem menschlichen Geist überhaupt nicht so unähnlich sei, wie Demea es annimmt. Diese Auffassung wird in folgendem Zitat deutlich:
„Die wunderbare Angemessenheit von Mitteln und Zwecken in der ganzen Natur gleicht genau, wenn sie auch weit darüber hinausgeht, den Hervorbringungen menschlicher Kunst, menschlicher Absicht, Weisheit und Einsicht. Da also die Wirkungen einander gleichen, werden wir nach allen Regeln der Analogie zu dem Schluss geführt, dass auch die Ursachen einander gleichen und dass der Urheber der Natur dem Geist des Menschen einigermaßen ähnlich ist, freilich im Besitz viel größerer Fähigkeiten, entsprechend der Größe des Werkes, das er hervorgebracht hat.“[13]
[...]
[1] Kwiatkowski, Gerhard (Hrsg.): Artikel: negative Theologie, in: Schüler Duden Philosophie, Dudenverlag, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 1985, S. 286.
[2] Regenbogen, Arnim/Meyer, Uwe, u.a. (Hrsg.): Artikel: negative Theologie, in: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Felix Meiner Verlag, Hamburg 1998, S. 447.
[3] Kwiatkowski, Gerhard (Hrsg.): Artikel: negative Theologie, in: Schüler Duden Philosophie, Dudenverlag, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 1985, S. 286.
[4] Regenbogen, Arnim/Meyer, Uwe, u.a. (Hrsg.): Artikel: negative Theologie, in: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Felix Meiner Verlag, Hamburg 1998, S. 447.
[5] Streminger, Gerhard: David Hume. Sein Leben und sein Werk, S. 635.
[6] Streminger, Gerhard: David Hume. Sein Leben und sein Werk, S. 635.
[7] Hume, David: Dialoge über natürliche Religion. Felix Meiner Verlag, Hamburg 1993, S. 17.
[8] Streminger, Gerhard: David Hume. Sein Leben und sein Werk, S. 634.
[9] Streminger, Gerhard: David Hume. Sein Leben und sein Werk, S. 634.
[10] Zitiert nach: Streminger, Gerhard: David Hume. Sein Leben und sein Werk, S. 635.
[11] Streminger, Gerhard: David Hume. Sein Leben und sein Werk, S. 635.
[12] Streminger, Gerhard: David Hume. Sein Leben und sein Werk, S. 634f.
[13] Hume, David: Dialoge über natürliche Religion. Felix Meiner Verlag, Hamburg 1993, S. 20.
- Arbeit zitieren
- B.A. Janine Sarah Hammelmann (Autor:in), 2008, Zu David Humes 'Dialoge über die natürliche Religion', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137870
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