An dem vielfach beklagten Mangel an wirkungsorientierter Forschung zu Qualitätsmanagementsystemen und der Differenz zwischen bereits vorhandenen Forschungsarbeiten setzt diese Arbeit an, um eine eigenständige Wirkungsanalyse an LQW II vorzunehmen. Denn:
„Auch gut ein Jahrzehnt nach der ersten Welle der Qualitätssicherung besteht zur Qualität der Qualitätssicherung in der Weiterbildung wenig ausgewiesen Evidenz zu den günstigen Wirkungen und kaum empirische Überprüfung.“ (GONON 2008, S. 15).
In dieser Arbeit kommt eine Dokumentenanalyse zur Anwendung. Dies hat zwei Gründe: erstens basieren sowohl die Wirkungsforschung von HARTZ als auch die von RÄDIKER bzgl. LQW auf Befragungen. Die Wahl der Dokumentenanalyse als nicht reaktives Verfahren wird dabei im Kontext dieser beiden Arbeiten als ein Beitrag zur methodologischen Triangulation verstanden. Zweitens liegt der Grund in den festgestellten Differenzen zwischen den vorliegenden Forschungsergebnissen, welche besonders deutlich im Qualitätsbereich 10 „Kundenkommunikation“ auftreten.
Unter anderem deshalb wurde der Qualitätsbereich "Kundenkommunikation" für die Wirkungsanalyse ausgewählt. So wurde auf der Basis von Flyern und Veranstaltungsankündigungen als Informationsmaterial für Weiterbildungsinteressierte eine Inhaltsanalyse durchgeführt. Anhand dieser Inhaltsanalyse wurden Veränderungen im Informationsgehalt des Informationsmaterials als mögliche Wirkung einer LQW II-Einführung bzw. LQW II-Zertifizierung gemessen und analysiert.
Die Grundlage dieser Inhaltsanalyse bildet ein bereits 1995 bei GNAHS angewendeter Merkmalskatalog. Mit diesem Merkmalskatalog, bei dem sowohl eine inhaltliche Gruppierung der Merkmale stattfindet als auch eine Gewichtung der Merkmale nach drei verschiedenen Kategorien erfolgt, ist es möglich, Veränderungen von Merkmalshäufigkeiten sowohl quantitativ zu erfassen als auch qualitativ zu bewerten. Hierzu werden einrichtungsintern Flyer von einem Zeitpunkt vor der Zertifizierung mit Flyern von einem Zeitpunkt nach der Zertifizierung auf eine Veränderung des Informationsgehalts hin untersucht und analysiert.
INHALTSVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
TABELLENVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG
2 QUALITÄT
2.1 BEGRIFFSKLÄRUNG
2.2 HISTORIE, STRUKTUREN UND TRENDS DES QUALITÄTSWESENS
2.2.1 Vorindustrielle Qualitätsaspekte
2.2.2 Qualitätskontrolle
2.2.3 Prozessorientierte Systeme
2.2.4 Total Quality Management (TQM)
2.2.5 Aktueller Trend
2.3 AUSWIRKUNGEN DER FINANZIERUNG VON WEITERBILDUNG AUF DIE QUALITÄT
2.3.1 Finanzierungsquellen der Weiterbildung
2.3.2 Auswirkungen durch die Finanzierung durch Teilnehmende
2.3.3 Auswirkungen durch die Finanzierung durch Unternehmen
2.3.4 Auswirkungen der staatlichen Finanzierung
2.4 DIE QUALITÄTSDISKUSSION IN DER ERWACHSENENBILDUNG
2.5 EXKURS: QUALITÄTSDISKUSSION IN ANDEREN BILDUNGSBEREICHEN
3 QUALITÄTSVERFAHREN IN DER ERWACHSENENBILDUNG
3.1 HISTORIE DER VERFAHREN
3.1.1 Inputorientierte Ansätze
3.1.2 Outputorientierte Ansätze
3.1.3 Prozessorientierte Ansätze
3.2 AKTUELLE QUALITÄTSANSÄTZE IN DER WEITERBILDUNG
3.2.1 Selbstevaluation
3.2.2 Gütesiegel
3.2.3 Qualitätswettbewerbe
3.2.4 DIN EN ISO 9000 ff.
3.2.5 EFQM-Modell
3.2.6 Teilnehmendenschutzorientierter Ansatz: Stiftung Warentest
3.3 TRENDS UND KRITIK
3.3.1 Trends
3.3.2 Kritik
4 LERNERORIENTIERTE QUALITÄTSTESTIERUNG FÜR DIE WEITERBILDUNG
4.1 GENESE
4.2 GRUNDLEGUNG
4.3 ZERTIFIZIERUNG
4.3.1 Selbstevaluation
4.3.2 Testierung/Fremdevaluation
4.4 FORSCHUNGSSTAND ZU LQW
4.4.1 Entwicklung von LQW III und LQW
4.4.2 Abschlussbericht der Universität Tübingen
4.4.3 Wirkungsanalyse im LQW Handbuch
4.4.4 Die Wirkungen von LQW II aus der Sicht von Gutachtern
5 KUNDENKOMMUNIKATION
5.1 KUNDENKOMMUNIKATION ALLGEMEIN
5.1.1 Trends in der Unternehmenskommunikation
5.2 KUNDENKOMMUNIKATION IN DER WEITERBILDUNG
5.3 LQW II: QUALITÄTSBEREICH 10: KUNDENKOMMUNIKATION
5.4 FORSCHUNGSSTAND ZUINFOMATERIAL IN DER WEITERBILDUNG
5.4.1 Stiftung Warentest
5.4.2 Analysen von Dieter Gnahs
6 METHODISCHES VORGEHEN
6.1 GRUNDSTRUKTUR
6.2 ERLÄUTERUNG DER METHODISCHEN SCHRITTE
6.2.1 Recherche zu QM-Systemen und Auswahl von LQW
6.2.1.1 Recherche zu Qualitätsmanagementsystemen
6.2.1.2 Auswahl des Qualitätsentwicklungssystems LQW
6.2.2 Auswahl des Qualitätsbereichs
6.2.3 Auswahl des Messmethode
6.2.4 Auswahl der Untersuchungsobjekte
6.2.4.1 Auswahl und Kriterien Großgruppe
6.2.4.2 Telefonische Recherche und Fallauswahl
6.2.5 Entwicklung des Merkmalkataloges
6.2.6 Hypothesenbildung
6.2.7 Datenerfassung
7 ERGEBNISSE DER DOKUMENTENANALYSE
7.1 QUANTITATIV DESKRIPTIVE ANALYSE
7.1.1 Material vor LQW (Datensatz X.1)
7.1.2 Material nach LQW (Datensatz X.2)
7.1.3 Differenzen (Datensatz X.2-Datensatz X.1)
7.1.3.1 Veränderungen im Gesamtmaterial
7.1.3.2 Veränderungen in den Oberkategorien/Unterkategorien
7.1.3.3 Veränderungen auf der Ebene der Gewichtungspunkte
7.1.3.4 Veränderungen auf der Kriterienebene
7.1.4 Zusammenfassung der Ergebnisse
7.2 INFERENZSTATISTISCHE ANALYSE UND DISKUSSION
7.2.1 Veränderungen im Gesamtmaterial aller Einrichtungen
7.2.2 Veränderungen in den Oberkategorien/Unterkategorien
7.2.3 Veränderungen auf der Gewichtungsebene
7.3 DISKUSSION
7.3.1 Interpretation der Untersuchungsergebnisse
7.3.2 Kritische Diskussion der Methoden und Ausblick
8 ZUSAMMENFASSUNG UND FAZIT
LITERATURVERZEICHNIS
ANHANG
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
MERKMALKATALOG
OPERATIONALISIERUNGEN/AUSFÜLLHINWEISE
ZUSAMMENSETZUNG DER STEIGERUNG VON 9,2 PUNKTEN
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Weiterbildungsqualität bei Gnahs
Abbildung 2: Prozessmodell der DIN EN ISO 9001:2000
Abbildung 3: Prozessmodell LQW II
Abbildung 4: Lernkontext nach LQW II
Abbildung 5: Qualitätsentwicklungsmodell nach LQW II
Abbildung 6: Umsetzungsschwierigkeiten bei den Inhalten des Qualitäts-entwicklungsprozesses nach LQW II (trifft voll zu und trifft zu addiert)
Abbildung 7: Durchschnittliche Anzahl der Auflagen im Gutachten je Qualitätsbereich
Abbildung 8: Entwicklungsbedarfe in den Einrichtungen
Abbildung 9: Die wichtigsten Wissensbereiche bei der Umsetzung von LQW II (aufgeführt sind die sieben wichtigsten, “sehr wichtig“ und „wichtig“ addiert).
Abbildung 10: Die häufigsten neu angeeigneten Wissensbereiche bei der Umsetzung von LQW II (aufgeführt sind die sieben häufigsten genannten)
Abbildung 11: Kommunikative Profile von gedruckten Medien und Online-Kommunikation im Vergleich. Frage: Wie gut erfüllen gedruckte Medien und Online-Kommunikation die fünf Bewertungskriterien? (Mittelwerte,1=schlecht, 6=sehr gut)
Abbildung 12. Wichtigkeit der Kommunikationsinstrumente heute und in zehn Jahren. Frage: „Welche Kommunikationskanäle bevorzugen Ihre Kunden, wenn sie mit Ihrem Unternehmen in Kontakt treten möchten?“ Mittelwerte (1 = sehr wichtig, 5 = unwichtig)
Abbildung 13: Datensatz X.1, Gesamtpunktzahl, unterteilt nach den Gewichtungsebenen
Abbildung 14: Datensatz X.1, Durchschnittlicher Anteil der Punktzahl der Gewichtungsebenen an der durchschnittlichen Gesamtpunktzahl
Abbildung 15: Datensatz X.1, Anteil der Gewichtungsebenen an der Gesamtpunktzahl
Abbildung 16: Datensatz X.2, Gesamtpunktzahl, unterteilt nach den Gewichtungsebenen
Abbildung 17: Datensatz X.2, Durchschnittlicher Anteil der Gewichtungsebenen an der durchschnittlichen Gesamtpunktzahl
Abbildung 18: Datensatz X.2, Anteil der Gewichtungsebenen an der Gesamtpunktzahl
Abbildung 19: Veränderungen von Datensatz X.1 zu X.2, Gesamtpunktzahl, unterteilt nach den Gewichtungsebenen
Abbildung 20: Veränderung von Gesamtsumme X.1 (sg1) zu Gesamtsumme X.2 (sg2), prozentual
Abbildung 21: Zusammensetzung der durchschnittlichen Steigerung von 9,2 Punkten, differenziert nach Oberkategorien
Abbildung 22: Zusammensetzung der durchschnittlichen Steigerung von 9,2 Punkten, differenziert nach Gewichtungsebenen
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Ebenen/Milieus der Qualitätsdebatte in der EWB
Tabelle 2: QM-Ansätze in der Weiterbildung
Tabelle 3: Methodisches Vorgehen in der Forschung von Hartz
Tabelle 4: Veränderungen im Qualitätsbereich "Kundenkommunikation"
Tabelle 5: Kriterien zur begründeten Auswahl des zu untersuchenden
Qualitätsmanagementsystems
Tabelle 6: Oberkategorien des Merkmalkataloges
Tabelle 7: Zusammensetzung der durchschnittlichen Steigerung von 9,2
Punkten
Tabelle 8: Häufigkeit der Veränderung einzelner Merkmale
Tabelle 9: Gesamtmaterial, statistische Berechnungen
Tabelle 10: Oberkategorien, statistische Berechnungen
Tabelle 11: Unterkategorien, statistische Berechnungen
Tabelle 12: Gewichtungsebene, statistische Berechnungen
1 Einleitung
Dem Thema Qualitätsmanagement konnte sich in den vergangenen Jahren kaum eine Einrichtung der Erwachsenenbildung entziehen. Hauptursache hierfür waren die neu erlassenen „Bestimmungen im ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 01. Januar 2003“ (§§ 84 ff. SGB III) (BUNDESMINISTERIUM DER JUSTIZ 1997, S. 594) und die Anerkennungs- und Zulassungsverordnung Weiterbildung (AZWV) vom 16. Juni 2004 (BUNDESMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT UND ARBEIT 2004), mit deren Einführung die finanzielle Förderung von Weiterbildungseinrichtungen neu an qualitätsrelevante Vorgaben geknüpft wurde. Dabei ist die Diskussion um Qualität in der Erwachsenenbildung nichts Neues. Denn die Diskussion um die Professionalisierung in der Erwachsenenbildung, welche die Erwachsenenbildung seit Jahren begleitet, war immer auch eine Diskussion um Qualität. Neu aufgetaucht sind im Kontext dieser Diskussion die verschiedenen Qualitätsmanagementsysteme, die ihren Weg in die Erwachsenenbildung gefunden haben und dort nun, teils freiwillig, teils weniger freiwillig, angewendet werden (vgl. HARTZ, MEISEL 2006 S.11).
Dieser „‘Einfall des Marktes’ in die Weiterbildung“ (vgl. HARTZ, MEISEL 2006, S. 10) von teilweise aus der produzierenden Industrie stammenden Managementsystemen, allen voran die DIN EN ISO 9000ff1 standen von Anfang an unter Verdacht, die Organisation überzubewerten und die Besonderheit des Produktes „Bildung“ nur ungenügend zu berücksichtigen (vgl. ZECH, ANGERMÜLLER 2006, S. 25, HARTZ, MEISEL 2006 S. 70). So ist über die ISO Norm zu lesen: „Einen Sonderbonus, dass es sich um das „Produkt“ Bildung handelt, gibt es nicht“ (WUPPERTALER KREIS E.V., CERTQUA 2002, S.27). Als Reaktion hierauf wurden spezielle und branchenspezifische Qualitätsmanagementsysteme für die Weiterbildung entwickelt. Doch die Skepsis und die Frage nach deren Wirksamkeit und Passgenauigkeit für die Erwachsenenbildung blieben bestehen.
Eines jener aus dieser Kritik (vgl. ZECH, BRAUCKS 2004, S. 89) entstandenen Qualitätsmanagementsysteme ist die „Lernerorientierte Qualitätstestierung in der Weiterbildung II“ (LOW II). Dieses von ArtSet, einem Institut für kritische Sozialforschung entwickelte und mit Bundesmitteln geförderten Projekt2 hat den Anspruch, der oben genannten Kritik zu begegnen. Dies geschieht, indem bei LOW II alle durch den Oualifizierungsprozess eingeleiteten Veränderungen im Vorfeld daraufhin untersucht werden, welchen positiven Effekt sie für die potenziellen oder realen Lernenden haben könnten. Unter anderem durch diese „Lernerorientierung“ sollen die Besonderheiten des Produktes Bildung und der daran beteiligten „Prosumenten“ (vgl. ARNOLD 2001, S. 270) Berücksichtigung finden und eine Alternative bereitgestellt werden zu den sowohl stark konsumentenorientierten als auch produktorientierten Oualitätsmanagementsystemen aus der produzierenden Industrie.
Aber kann LOW II dem eigenen Anspruch der Lernerorientierung gerecht werden? Wie steht es um die Wirksamkeit im Allgemeinen und um die Lernerorientierung dieses Oualitätsmanagementsystems im Besonderen? Hier gehen die Meinungen und die vorliegenden Forschungsergebnisse deutlich auseinander. Während RÄDIKER konstatiert, dass „der Lehr-Lern-Prozess ... von dem LOW-Modell umfassend und überdurchschnittlich profitieren [konnte]“ (ZECH, ANGERMÜLLER 2006, S.219), resümiert HARTZ als Ergebnis ihrer Forschung über die Wirksamkeit von LOW II in einem Pressebericht: „An das Lehren, das Lernen und die Lernenden, die ja im Mittelpunkt des Oualitätsmanagements stehen sollen, kommt man damit nicht wirklich heran“ (EBERHARDT 2007).
An der Differenz dieser Forschungsergebnisse und an einem beklagten Mangel an wirkungsorientierter Forschung zu Oualitätsmanagementsystemen (vgl. HEINOLD-KRUG ET AL. 2002, S. 14; GNAHS 1998, S. 31) setzt diese Arbeit an, um eine eigenständige Wirkungsanalyse an LOW II vorzunehmen. Denn:
„Auch gut ein Jahrzehnt nach der ersten Welle der Oualitätssicherung besteht zur Oualität der Oualitätssicherung in der Weiterbildung wenig ausgewiesen Evidenz zu den günstigen Wirkungen und kaum empirische Überprüfung.“ (GONON 2008, S. 15).
Dabei wird eine Dokumentenanalyse zur Anwendung kommen. Dies hat zwei Gründe: erstens basieren sowohl die Forschung von HARTZ als auch die von RÄDIKER auf Befragungen. Die Wahl der Dokumentenanalyse als nicht reaktives Verfahren (vgl. SCHNELL ET AL. 2005, S. 407) wird dabei im Kontext dieser beiden Arbeiten als ein Beitrag zur methodologischen Triangulation verstanden. Zweitens liegt der Grund in den festgestellten Differenzen zwischen den vorliegenden Forschungsergebnissen, denn die Differenzen in den Forschungsergebnissen treten besonders deutlich im Qualitätsbereich 10 „Kundenkommunikation“ auf3. Unter anderem deshalb wurde dieser Bereich für die Wirkungsanalyse ausgewählt und auf der Basis von Flyern und Veranstaltungsankündigungen als Informationsmaterial für Weiterbildungsinteressierte eine Inhaltsanalyse durchgeführt4. Anhand der hier durchgeführten Inhaltsanalyse wurden Veränderungen im Informationsgehalt des Informationsmaterials als mögliche Wirkung einer LQW II-Einführung bzw. LQW II-Zertifizierung gemessen und analysiert. Die Grundlage dieser Inhaltsanalyse bildet ein bereits 1995 bei GNAHS angewendeter Merkmalskatalog. Mit diesem Merkmalskatalog, bei dem sowohl eine inhaltliche Gruppierung der Merkmale stattfindet als auch eine Gewichtung der Merkmale nach drei verschiedenen Kategorien erfolgt, ist es möglich, Veränderungen von Merkmalshäufigkeiten sowohl quantitativ zu erfassen als auch qualitativ zu bewerten. Hierzu werden einrichtungsintern Flyer von einem Zeitpunkt vor der Zertifizierung mit Flyern von einem Zeitpunkt nach der Zertifizierung auf eine Veränderung des Informationsgehalts hin untersucht und analysiert.
Als theoretische Grundlage werden im ersten Abschnitt dieser Arbeit das Feld der Qualität sowie der Qualitätsbegriff umfassend beschrieben. Hierzu zählen zum einen die Entwicklungen des Qualitätswesens von den vorindustriellen Anfängen bis hin zu den Total Quality-Management-Systemen von heute. Zum anderen zählen hierzu aber auch die Einflüsse, welche Auswirkungen auf die Qualitätsdiskussion innerhalb und außerhalb der Weiterbildung selbst hatten und haben.
Weiterbildungseinrichtungen sind hier vor allem von den qualitätsrelevanten Einflüssen einer veränderten Finanzierungslage betroffen. Daher werden die unterschiedlichen Finanzierungsquellen und die von ihnen ausgehenden qualitätsrelevanten Einflüsse kurz dargestellt. Abschließend werden die Widersprüche und Schwierigkeiten in der Diskussion um Qualität in der Erwachsenenbildung erläutert, um dann kurz einen Exkurs in die Qualitätsdiskussion in anderen Bildungsbereichen (Schule, berufliche Bildung) zu unternehmen.
Anknüpfend an die qualitätsrelevanten Impulse und die Diskussion um Qualität wird im zweiten Teil der Faden der historischen Entwicklung des Qualitätswesens aus dem ersten Kapitel wieder aufgegriffen und auf die Weiterbildung bezogen. Dafür erfolgt eine kurze Darstellung der in der Vergangenheit in der Weiterbildung verwendeten oder entwickelten qualitätsbezogenen Ansätze, sowie eine detaillierte Vorstellung der derzeit zur Anwendung kommenden Qualitätsmanagementsysteme. Im Mittelpunkt der anschließenden kritischen Diskussion stehen vor allem das bereits angedeutete Forschungsdefizit in der Wirkungsforschung als auch Anwendungsprobleme sowie die mangelnde Kunden- sprich Lernerorientierung der meisten Qualitätsmanagementsysteme in der Weiterbildung.
Im Anschluss erfolgt im dritten Teil dieser Arbeit die ausführliche Darstellung von LQW II. Teil dieser Darstellung sind sowohl die Entwicklungsgeschichte von LQW II als auch grundlegende theoretische Zusammenhänge sowie eine kurze Darstellung eines Zertifizierungsprozesses. Dieser Teil schließt mit der Darlegung des aktuellen Forschungsstandes zu LQW II und dem Herausarbeiten der für diese Arbeit wichtigen Erkenntnisse aus diesen Forschungsarbeiten ab.
Wie bereits erläutert wurde, traten die größten Differenzen zwischen den Forschungsergebnissen im Qualitätsbereich 10 „Kundenkommunikation“ auf. Im vierten Teil dieser Arbeit wird daher der Bereich der Kundenkommunikation ausführlich dargestellt. Hierzu wird zuerst eine allgemeine kommunikationswissenschaftliche Sichtweise der Kundenkommunikation (vgl. GÜLLER 2003; MAST ET AL. 2005) vorgestellt, um im Anschluss auf die Besonderheiten der Kundenkommunikation in der Weiterbildung einzugehen (vgl. ZECH 2008a). Da sich die dieser Arbeit zu Grunde liegende Analyse auf die Kundenkommunikation im Sinne von LQW II bezieht, erfolgt darauf folgend die Darstellung des Qualitätsbereichs 10 „Kundenkommunikation“. Die Darstellung der vorhandenen Forschungsergebnisse zur Qualität von Informationsmaterial (Informationsmaterial als Bestandteil der Kundenkommunikation) schließt dieses Kapitel ab. Beschrieben werden die Forschungsergebnisse der Stiftung Warentest (vgl. WEYMANN, WEYMANN 1993) und die Analyse von Veranstaltungsverzeichnissen und -ankündigungen auf Informationsvielfalt und -genauigkeit von GNAHS (GNAHS 1998). Auf der Grundlage des in der Forschung von GNAHS zur Anwendung kommenden Messinstrumentes und den zugehörigen Operationalisierungen wird die Inhaltsanalyse dieser Arbeit erfolgen.
Nach dieser Darstellung der theoretischen Grundlagen und Zusammenhänge erfolgt dann die Darstellung der empirischen Vorgehensweisen. Beschrieben und begründet werden die verschiedenen Schritte von der Auswahl des Qualitätsmanagementsystems LQW II über die Auswahl der Untersuchungsobjekte bis zu der anschließenden Datenerhebung.
Die darauf folgende Darstellung der Ergebnisse der Dokumentenanalyse gliedert sich in zwei Abschnitte:
Der erste Abschnitt dient der deskriptiven Darstellung der quantitativen Ergebnisse. Grundlage hierfür ist die Auswertung nach dem Merkmalkatalog von GNAHS, mit welchem Punktwerte für das jeweils untersuchte Material ermittelt werden können. So ist es möglich, die Punktwerte der untersuchten Flyer in einem vorher/nachher-Vergleich mit dem zwischenzeitlich erfolgten Treatment der LQW II-Zertifizierung gegenüberzustellen und zu vergleichen. Der Vergleich erfolgt dabei durch Betrachtung der summierten Veränderungen der Merkmalshäufigkeit sowohl auf der Ebene der inhaltlichen Kategorien als auch auf der Ebene der Gewichtungskategorien.
Im zweiten Abschnitt der Ergebnisdarstellung erfolgt die inferenzstatistische Auswertung der Daten, in welcher untersucht wird, inwiefern die untersuchten Veränderungen über eine ausreichende Signifikanz verfügen. Signifikante Veränderungen werden im Anschluss genauso diskutiert wie erwartete, aber nicht aufgetretene Signifikanzen.
Abschließend findet eine Diskussion der Methoden und Ergebnisse statt.
2 Qualität
Beginnend mit einer Einführung in die Qualitätsthematik und einer Beschreibung der damit zusammenhängenden Maßnahmen der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements, wird in diesem Kapitel, nach einem kurzen Abriss der Entwicklungsgeschichte des Qualitätswesens, ein Bogen zur Erwachsenenbildung gespannt, um die Auswirkungen der Qualitätsdiskussion auf eben diese zu beschreiben. Betrachtet werden hierbei sowohl die Auswirkungen äußerer Einflüsse auf die Qualitätsdiskussion in der Erwachsenenbildung als auch die Auswirkungen der Qualitätsdiskussion innerhalb der Erwachsenenbildung auf die Erwachsenenbildung selbst. Anschließend erfolgt eine Darstellung der in der Erwachsenenbildung zur Anwendung kommenden Qualitätsmanagementsysteme sowie ein Ausblick auf mögliche Entwicklungen des Qualitätsmanagements in der Erwachsenenbildung.
2.1 Begriffsklärung
Der Begriff „Qualität“ ist ursprünglich neutral, bezeichnet er doch lediglich die Beschaffenheit eines Objektes, ohne dabei eine Aussage oder Wertung über dessen Beschaffenheit zu machen (vgl. THIELE 2004, S. 25). Die vollständige Diskussion darüber, was Qualität ist oder was sie nicht ist an dieser Stelle wiederzugeben, würde den Umfang dieser Arbeit sprengen. Vielmehr soll an dieser Stelle auf KAMISKE UND BRAUER verwiesen werden:
„Der Begriff Qualität ist ein vielschichtiger Themenkomplex, der weder scharf umrissen, noch von einer allgemein anerkannten Lehrmeinung festgelegt ist“ (KAMISKE, BRAUER 1993, S. 72).
Eine allgemeine Definition von Qualität wäre hiernach immer unzureichend. Es soll daher an dieser Stelle auf eine allgemeine Betrachtung verzichtet werden, zumal eine umfangreiche Darstellung hinreichend an anderer Stelle in der Literatur geschehen ist. An späterer Stelle wird jedoch näher auf den dieser Arbeit zu Grunde liegenden Qualitätsbegriff eingegangen werden5.
Mit „Qualitätssicherung“ ist es möglich darüber Auskunft zu geben, ob zum Zeitpunkt einer Kontrolle das kontrollierte Produkt „entsprechend der Eigendefinition in Ordnung ist oder nicht“ (MEISEL 2001, S. 112). Im Gegensatz zum „Qualitätsmanagement“ trifft die „Qualitätssicherung“ jedoch keine Aussagen zum Erstellungsprozess. Das „Qualitätsmanagement“ indes bezieht die sozialen und strukturellen Dimensionen mit ein und ist, in Abgrenzung zu „Qualitätssicherung“ „ein Führungskonzept und kein reines Qualitätskontrollsystem“ (MEISEL 2001, S. 112).
„Qualitätsentwicklung“ hingegen ist das Ziel des „Qualitätsmanagements“ und beinhaltet den Prozess der Einbeziehung sich ständig ändernder Umwelt- und Einflussfaktoren (vgl. MEISEL 2001, S. 113). „Qualitätsentwicklungssysteme“ berücksichtigen systematisch genau diese Umwelt- und Einflussfaktoren.
Letztlich handelt es sich hier um ausgewählte wissenschaftliche Definitionen. Im Sprachgebrauch und auch in der wissenschaftlichen Literatur werden die Begriffe „Qualitätssicherung“, „Qualitätsmanagement“ und „Qualitätsentwicklung“ vielfach synonym verwendet.
2.2 Historie, Strukturen und Trends des Qualitätswesens
Die Anfänge der Qualitätsdiskussion sind in der produzierenden Industrie zu finden. Als Folge dieser Diskussion werden heute auch im Dienstleistungssektor nicht nur über Qualität diskutiert, sondern auch Qualitätsmanagementsysteme angewendet. In diesem Abschnitt werden zum besseren Verständnis und zur besseren Einordnung der heutigen Qualitätsdebatte die Entwicklung von vorindustriellen Qualitätsaspekten bis hin zu heute angewandten Systemen wie z.B. Total Quality Management (TQM) erläutert und dargestellt.
2.2.1 Vorindustrielle Qualitätsaspekte
Qualität war bereits im Altertum von Interesse. Denn schon im Altertum musste ein Baumeister für Qualitätsmängel am Bau haften. Ebenso im Mittelalter: hier waren von der Obrigkeit bestellte und vereidigte Schau- und Zunftmeister dafür zuständig zu kontrollieren, ob die Waren den Anforderungen der Zunftvorschriften entsprachen und ob sie über ein bestimmtes Qualitätsniveau verfügten. Die dabei durchgeführte Qualitätsbestätigung durch „Beschauzeichen“ kann als erster Vorläufer der heutigen Zertifizierung betrachtet werden (vgl. HEMPFLING 1997, S. 11). Ähnlich eingeordnet werden kann die Verpflichtung zur Anbringung eines Meistersiegels, welche als Herstellernachweis zum Schutz bei eventuellen Streitigkeiten über die Qualität eines Produktes diente. Ursprünglich hatten Meistersiegel jedoch einen fiskalischen Zweck, da so eine Zählung von verkauften Produkten und somit deren korrekte Besteuerung möglich war. Der hieraus resultierende Verbraucherschutz im Streitfall ist eher als Nebenprodukt zu betrachten (vgl. HEMPFLING 1997, S. 11). Im Laufe der zunehmenden Industrialisierung entwickelten sich aus den Meistersiegeln Markenzeichen (vgl. HEMPFLING 1997, S. 12).
2.2.2 Qualitätskontrolle
Eine systematische Qualitätskontrolle etablierte sich während der Industrialisierung in der Einführungsphase tayloristischer Produktionsprinzipien (vgl. ORTLIEB 1993, S. 45). Zu diesem Zeitpunkt fanden die nur auf das Produkt bezogenen Qualitätskontrollen ausschließlich am Ende der Produktion statt und wurden vielfach von abteilungsfremden Kontrolleuren durchgeführt. Dies entsprach dem tayloristischen Prinzip der Arbeitsteilung (vgl. JARKE ET AL. 1996, S. 15). Allerdings war diese Form der Qualitätskontrolle sowohl demotivierend als auch kostenintensiv: demotivierend, weil sich die Arbeiter und Arbeiterinnen durch die externen Kontrollen entmündigt fühlten und kostenintensiv, weil die Kosten der Beseitigung eines Fehlers überproportional mit dem Voranschreiten des Zeitpunktes der Entdeckung eines Fehlers stiegen. Desweiteren behinderte die Trennung von Qualitätserstellenden und Qualitätskontrolleuren die Entwicklung eines hohen Qualitätsbewusstseins bei den Qualitätserstellenden (vgl. ORTLIEB 1993, S. 45).
2.2.3 Prozessorientierte Systeme
Als Weiterentwicklung der Qualitätskontrollen wurden prozessorientierte Systeme entwickelt. Diese tragen der Erkenntnis Rechnung, dass Qualität in Produkte nicht „hineinkontrolliert“ werden kann und Qualitätsbemühungen nicht auf bloße Kontroll- und Prüfstrategien zu reduzieren sind, sondern der gesamte Produktionsprozess in die Qualitätsbemühungen miteinbezogen werden muss (vgl. ORTLIEB 1993, S. 46). Mit den prozessorientierten Systemen hielten die statistische Prozessregelung und Werkerselbstprüfungen Einzug in die Qualitätsbemühungen (vgl. JARKE ET AL. 1996, S. 16). Qualitätssicherung fand nun auch in den operativen Abteilungen statt, also auch in Montage und Planung (vgl. JARKE ET AL. 1996, S. 16).
Der Höhepunkt der Entwicklung dieser Systeme war in Amerika in der Nachkriegszeit des Zweiten Weltkrieges. Die Entwicklung zielte darauf ab, dass Qualität fortan in das Produkt „hineinproduziert werden“ sollte (ORTLIEB 1993, S. 46). Somit sollte nicht mehr nur die Fertigung unter Qualitätsaspekten betrachtet werden, sondern auch die Bereiche Entwicklung und Marketing (vgl. HEMPFLING 1997, S. 12). Dies war vor allem der Erkenntnis geschuldet, dass viele Fehler in der Fertigung ihre Ursachen bereits in der Planung hatten (vgl. JARKE ET AL. 1996, S. 16).
Vorteil der prozessorientierten Systeme ist, dass diese Form der Fehlerverhütung weniger kostenintensiv ist, da nur die Fehlerverhütungskosten anfallen, aber nur geringe Fehler- oder Folgekosten (vgl. ORTLIEB 1993, S. 45).
2.2.4 Total Quality Management (TQM)
Die mit großem Erfolg in der japanischen Industrie eingeführten Qualitätsmanagementsysteme in den 60er Jahren durch Ishiakawa in Japan und später daran anschließend in Amerika durch Feigenbaum führte zu einer Einbeziehung aller bis dahin nicht von der Qualitätsentwicklung tangierten Unternehmensbereiche und wird als „Total Quality Control“ (TQC) bezeichnet (vgl. ORTLIEB 1993, S. 46; HEMPFLING 1997, S. 12). „Total“ signalisiert hierbei, dass es sich um einen ganzheitlichen Ansatz handelt, der die Einbeziehung aller Mitarbeitenden, Funktionen und Hierarchieebenen beinhaltet (vgl. ORTLIEB 1993, S. 46). TQC-Ansätze werden in Deutschland vorrangig unter dem Namen „Total Quality Management“ (TQM) erwähnt (vgl. ORTLIEB 1993, S. 47), wobei hier TQM alle unter diesem Begriff subsumierten umfassenden Qualitätskonzepte beschreibt (vgl. HEMPFLING 1997, S. 14). TQM stellt damit kein eigenständiges Qualitätsmanagementsystem dar, sondern kann eher als eine Qualitätsphilosophie oder -strategie verstanden werden. Die ganzheitliche Qualitätsstrategie TQM geht davon aus, dass ein dauerhaft hohes Qualitätsniveau nur dann erreicht werden kann, wenn ein mehrdimensionaler und objektübergreifender Ansatz zur Anwendung kommt (vgl. ORTLIEB 1993, S. 46). Mehrdimensional und objektübergreifend deshalb, weil so eine Einbeziehung aller sachlichen und menschlichen Qualitätseinflussfaktoren erfolgen kann.
2.2.5 Aktueller Trend
TQM-Ansätze sind auch heute noch zeitgemäß. In Industrie und Wirtschaft hat sich jedoch vorrangig die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9000ff durchgesetzt, die als prozessorientierter Ansatz betrachtet werden kann. Der Vorteil dieser Normenreihe liegt im Zeitalter der Globalisierung vor allem in der Standardisierung und damit in der Vergleichbarkeit der Unternehmen. Mit den Revisionen der ISO Norm aus den Jahren 2000 und 2005 bestehen jedoch bessere Anknüpfungsmöglichkeiten auch an TQM-Modelle (vgl. FAULSTICH ET AL. 2003, S. 10).
Der aktuelle Qualitätsdiskurs dreht sich teilweise um eine weitere Revision der ISO-Normenreihe. Außerdem ist bei den Qualitätsmanagementsystemen eine starke Branchenspezifizierung zu beobachten, bei der Qualitätsmanagementsysteme unter Berücksichtigung branchenspezifischer Kriterien beispielsweise im öffentlichen Dienst, im Hochschulbereich, im Gesundheitswesen, in der Weiterbildung oder in Schulen entwickelt werden.
2.3 Auswirkungen der Finanzierung von Weiterbildung auf die Qualität
Ein wichtiger Impulsgeber für die Qualitätsdiskussion in der Weiterbildung ist die Finanzierung der Weiterbildung. Im folgenden Abschnitt werden daher kurz die unterschiedlichen Finanzierungsquellen von Weiterbildungseinrichtungen einzeln dargestellt. Jeweils im Anschluss an die Darstellung wird herausgearbeitet, welchen Einfluss diese Finanzierungsquellen auf die Qualitätsdiskussion in der Erwachsenenbildung hatten und haben.
2.3.1 Finanzierungsquellen der Weiterbildung
Die Finanzierung von Institutionen und Maßnahmen der Weiterbildung bezeichnet die Beschaffung von Geldmitteln oder geldwerten Gütern zur Deckung jener Ausgaben, die „...mit der Erstellung der dem Betriebszweck dienenden Leistungen und der Erhaltung der Betriebsbereitschaft der Einrichtung anfallen“ (ROHLMANN 2001a, S. 120). Dabei wird zwischen vier Quellen für Finanzierungsmittel unterschieden:
„die Teilnehmenden, welche ihre Teilnahmeentgelte einbringen, die Unternehmen als Nachfrager von Weiterbildung für die eigenen Beschäftigten, der Staat bzw. öffentliche Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Kommunen) Körperschaften des privaten und öffentlichen Rechts“ (ROHLMANN 2001a, S. 119).
Sind diese Quellen auch strukturell bei den Weiterbildungseinrichtungen als feste Größen eingeplant, variieren die Höhen des Mittelzuflusses und auch die Bedingungen, an welche der Mittelzufluss aus den jeweiligen Quellen geknüpft ist, zum Teil erheblich, z.B. in Abhängigkeit von Haushaltslage oder Gesetzesänderungen. Dies hat auf viele Bereiche einer Weiterbildungseinrichtung Auswirkungen. So sind nicht nur die Gestaltung der Programmpalette und die Höhe der Teilnahme-Entgelte von der Höhe der Mittelzuflüsse abhängig, sondern auch der Einsatz von Gestaltungsparametern der Einrichtungen (vgl. ROHLMANN 2001a, S. 119), beispielsweise die Entscheidung über die Einführung eines ualitätsmanagementsystems.
2.3.2 Auswirkungen durch die Finanzierung durch Teilnehmende
Mit dem Rückgang der staatlichen Förderung (vgl. BILGER ET AL., S. 361; MEYER, BORIES 2008, S. 31) kommt es zu einer verstärkten Eigenbeteiligung der Teilnehmenden an der Weiterbildung. Daraus resultiert ein gestiegener prozentualer Anteil der Teilnehmenden an der privaten Finanzierung von Weiterbildungseinrichtungen insgesamt. Die Wichtigkeit von Teilnehmenden als Finanziers von Weiterbildung nimmt zu.
WEYMANN UND WEYMANN konstatieren, dass Kunden, die für Teilnahmeentgelte selber aufkommen müssen, kritischer in der Bewertung der Qualität von Maßnahmen sind (vgl. WEYMANN, WEYMANN 1993, S. 21). Sie führen diese Bewertung auf eine Kosten-Nutzen-Kalkulation der zahlenden Teilnehmenden zurück, welche von Teilnehmenden, deren Teilnahmekosten vom Arbeitgeber oder vom Arbeitsamt bezahlt werden, nicht durchgeführt wird. Eine Erhöhung der Anzahl der Teilnehmenden mit finanzieller Eigenbeteiligung führt so auch zu einer erhöhten Erwartung an die Qualität von Bildungsprodukten auf der Nachfrageseite (vgl. ZECH, ANGERMÜLLER 2006, S. 22).
2.3.3 Auswirkungen durch die Finanzierung durch Unternehmen
Zunehmender Kostendruck in den Unternehmen (vgl. MEYER, BORIES 2008, S. 31) lässt von einer vergleichbaren Kosten-Nutzen-Kalkulation ausgehen wie auf der privaten Nachfrageseite und somit auch hier von einer erhöhten Erwartung an die Qualität einer Maßnahme.
Hinzu kommt, dass Qualitätsmanagementsysteme wie die DIN EN ISO Norm 9000 ff. in Unternehmen in vielen Fällen, besonders im produzierenden Sektor, seit Jahren etabliert sind (vgl. HARTZ, MEISEL 2006, S. 66). Weiterbildungsabteilungen der Unternehmen wurden im Rahmen der Zertifizierung des Gesamtunternehmens ebenfalls überprüft. Entsprechende Qualitätsnachweise in Form einer Zertifizierung von externen Weiterbildungsanbietern zu fordern, scheint in diesem Zusammenhang schlüssig.
2.3.4 Auswirkungen der staatlichen Finanzierung
Die Ebenen staatlicher Finanzierung von Weiterbildung durch Bund, Länder und Kommunen lassen sich sowohl in nachfrageorientierte Finanzierung und angebotsorientierte Finanzierung (vgl. BALZER 2001, S. 18) als auch in die Finanzierung gemäß Bundes- und Ländergesetzen unterteilen (vgl. ROHLMANN 2001b, S. 329). Nachfrageorientierte Finanzierung beinhaltet die finanzielle Unterstützung des Individuums in der Annahme, hierdurch die Nachfrage nach Weiterbildungsdienstleistungen zu unterstützen. Formen der nachfrageorientierten Finanzierung sind Bildungsgutscheine Unterhaltszahlungen oder bezahlte Bildungsurlaube (vgl. BALZER 2001, S. 20). Mittel der angebotsorientierten Finanzierung werden Weiterbildungsinstitutionen und -einrichtungen zur Verfügung gestellt zur Schaffung und Bereitstellung von Weiterbildungsangeboten (vgl. BALZER 2001, S. 19).
Von besonders weitreichender Bedeutung für die Finanzierung von Weiterbildungseinrichtungen durch Bundesgesetze ist die Förderung nach dem SGB III (vgl. KUHLENKAMP 1999, S. 168). In erster Linie wird durch das SGB III individuelle und damit nachfrageorientierte Finanzierung gefördert (vgl. KUHLENKAMP 2001, S. 30), während die institutionelle Förderung die Ausnahme ist (vgl. KUHLENKAMP 2001, S. 29).
Das SGB III hat seinen Ursprung in dem „Arbeitsförderungsgesetz“ (AFG) von 1969. Auf das AFG folgte 1997 das „Gesetz zur Reform der Arbeitsförderung“ (AFRG), welches 1998 in das SGB III eingegliedert wurde (vgl. KUHLENKAMP 2001, S. 28). Das SGB III regelt das Arbeitsförderungsrecht des Bundes (vgl. KUHLENKAMP 2001, S. 30), für dessen Durchführung im Rahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik die Bundesanstalt für Arbeit zuständig ist. Neben Regelungen und Bedingungen für die Anerkennung von Maßnahmen zur Arbeitsförderung sind im SGB III auch Regelungen enthalten, die sich auf Strukturen der Weiterbildungseinrichtungen beziehen. So wird von Weiterbildungseinrichtungen, die Maßnahmen gemäß SGB III durchführen, die Einrichtung eines Qualitätsmanagementsystems gefordert (BUNDESMINISTERIUM DER JUSTIZ, 24. März 1997: Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung. SGB III, aus Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594).
Weitere Rechtsgrundlagen für die Finanzierung der Weiterbildung sind in den Landesgesetzen zu finden. In ihnen finden sich neben Regelungen zur Stellung der Weiterbildung im Bildungswesen und zu den Aufgaben der Weiterbildung die Regelungen zur finanziellen Förderung. Diese variieren von Bundesland zu Bundesland. Überwiegend erfolgt die finanzielle Förderung als komplementäre Zuschussgewährung (vgl. KUHLENKAMP 2000, S. 88). Mit Ausnahme von Hessen und Nordrhein-Westfalen folgen fast alle Weiterbildungsgesetze dem Subsidiaritätsprinzip. Dies bedeutet, dass das jeweilige Bundesland den Weiterbildungseinrichtungen Zuschüsse unter der Prämisse gewährt, dass die durchführende Weiterbildungseinrichtung und ihre Nutzer und Nutzerinnen bereits finanzielle Eigenleistungen erbracht haben und auch in Zukunft erbringen werden (vgl. KUHLENKAMP 2000, S. 89). Mit Ausnahme der Länder Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig Holstein, die nicht zwischen Sach- und Personalkosten unterscheiden (vgl. ROHLMANN 1994, S. 366), liegt das Hauptgewicht der finanziellen Förderung auf der Förderung des hauptberuflichen Personals. Förderungen von nach dem AFG anerkannten Maßnahmen werden von den meisten Weiterbildungsgesetzen ausgeschlossen (vgl. KUHLENKAMP 2000, S. 107). In sämtlichen Weiterbildungsgesetzen ist ein Vorbehalt enthalten, der die Höhe der Zuschüsse abhängig vom jeweiligen Landeshaushalt macht (vgl. ROHLMANN 1994, S. 366).
Die Bedingungen für die staatliche Anerkennung von Institutionen als Voraussetzung für die Komplementärfinanzierung und qualitätsbezogene Anforderungen werden ebenfalls in den Weiterbildungsgesetzen geregelt (vgl. KUHLENKAMP 2000, S. 96). So kann zu den Bedingungen, neben der allgemeinen Zugänglichkeit der Lernangebote, der ausschließlichen Tätigkeit für die Weiterbildung und anderen Bedingungen, auch, wie z.B. im Land Bremen, das Bestehen eines Qualitätsmanagementsystems zählen.
2.4 Die Qualitätsdiskussion in der Erwachsenenbildung
Im vorangegangenen Abschnitt wurden die Einflüsse der verschiedenen Finanzierungsquellen auf die Bedeutung von Qualitätsmanagement in der Weiterbildung dargestellt. Doch was genau ist „Qualität“ in der Weiterbildung? Genau wie der allgemeine Qualitätsbegriff ist auch der Begriff der „Weiterbildungsqualität“ unscharf (vgl. GNAHS 1997, S. 4) und abhängig von der Position und den Intentionen des jeweiligen Betrachters. Genau diese unterschiedlichen Positionen und die mangelnde Schärfe des Begriffs der „Weiterbildungsqualität“ spiegeln sich in den Schwierigkeiten der Qualitätsdiskussion in der Erwachsenenbildung, welche im nächsten Abschnitt dargestellt wird.
HARTZ, MEISEL konstatieren, dass die aktuelle Qualitätsdebatte in der Weiterbildung auf unterschiedlichen Ebenen und/oder Diskussionsmilieus geführt wird und wurde (vgl. HARTZ, MEISEL 2006, S. 7).
Zum einen richtet sich die Diskussion auf die gesellschaftliche Ebene von Erwachsenenbildung. Vom Inhalt her berührt diese Diskussion das gesamte Weiterbildungssystem und beschäftigt sich mit Fragen der gesellschaftlichen Erwartungen an Weiterbildung, den Rahmenbedingungen von Weiterbildung, etc. Ferner stehen organisationale Aspekte von Weiterbildung in der Diskussion, insbesondere die den Lehr-/Lernprozess vor- und nachbereitenden Abläufe. Zuletzt steht auch die erwachsenpädagogische Interaktion in der Diskussion und knüpft hier an die seit langem geführte Diskussion um Professionalisierung in der Erwachsenenbildung an.
Hinzu kommt, dass die Qualitätsdebatte zusätzlich in unterschiedlichen Diskussionsmilieus stattfindet, welche nur eingeschränkt aufeinander Bezug nehmen und/oder unterschiedliche Interessen verfolgen. Hierbei kann zwischen einer inhaltlichen, professionstheoretischen, ökonomischen und ordnungspolitischen Orientierung dieser Milieus unterschieden werden (vgl. HARTZ, MEISEL 2006, S. 7f). Während inhaltlich „Fragen des Selbstverständnisses, der Ziele und der Aufgaben der Weiterbildung im Kontext des lebenslangen Lernens“ (vgl. HARTZ, MEISEL 2006, S. 7) im Vordergrund stehen, geht es professionstheoretisch vorrangig um die Sicherstellung und Entwicklung erwachsenpädagogischer Qualität und ein der Profession angemessenes Handlungssystem der Qualitätsentwicklung. Ökonomisch werden vor allem Effizienz, Marktanteile und Finanzierungsmöglichkeiten betrachtet, während ordnungspolitisch Transparenz, Verbraucherschutz und Förderung im Fokus der Betrachtung stehen. Die Ebenen und Milieus der Qualitätsdebatte sind in der folgenden Matrix dargestellt.
Tabelle 1: Ebenen/Milieus der Qualitätsdebatte in der EWB
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Quelle: H ARTZ , M EISEL 2006, S. 7)
Eine Darstellung und Verortung aller Stränge der Qualitätsdebatte würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Zum besseren Verständnis der Matrix seien an dieser Stelle einige Beispiele genannt.
In „Vergleichende Analyse von Qualitätskonzepten in der Weiterbildung“ (vgl. GNAHS 1998, S. 25) wird der Oberbegriff „Weiterbildungsqualität“ wie folgt untergliedert:
Abbildung 1: Weiterbildungsqualität bei Gnahs
(Quelle: G NAHS 1998, S. 25)
Dabei kann die Annäherung von GNAHS an die Weiterbildungsqualität im Rahmen seiner Analyse dem professionstheoretischen Milieu zugeordnet werden, die alle drei Ebenen der aktuellen Qualitätsdebatte in seine Analyse mit einbezieht.
ARNOLD entwickelt ein dreidimensionales Qualitätskonzept, in dem er zwischen der Input-Qualität, der Throughput-Qualität und der Output-Qualität unterscheidet (vgl. ARNOLD 1997, S. 58ff). Dieses Modell bezieht sich sowohl auf die Ebene der erwachsenenpädagogischen Interaktion als auch auf die organisationale Ebene, bleibt aber ebenso wie Gnahs vorrangig im professionstheoretischen Milieu.
Im Gegensatz zu ARNOLD und GNAHS findet die Diskussion zur staatlichen Finanzierung in Bundes- und Landesgesetzen im ordnungspolitischen und ökonomischen Milieu statt, bezieht sich aber mit Weiterbildungsgesetzen und SGB III auf alle drei Ebenen der Qualitätsdebatte.
Es bleibt zusammenfassend festzuhalten, dass es „die eine“ Qualitätsdiskussion in der Weiterbildung nicht gibt, sondern verschiedene Diskussionsmilieus und unterschiedliche Diskussionsebenen. Entsprechend kann nicht von einem einzigen feststehenden Begriff der „Weiterbildungsqualität“ ausgegangen werden. Die Frage nach der Qualität in der Weiterbildung ist immer auch abhängig von der Intention der fragenden Person.
2.5 Exkurs: Qualitätsdiskussion in anderen Bildungsbereichen
Eine Diskussion um Qualität im Zusammenhang mit Bildung oder Bildungseinrichtungen findet nicht nur in der Erwachsenenbildung statt. Das Thema beschäftigt den gesamten Bildungsbereich und sowohl in anderen pädagogischen Bereichen als auch in Teilbereichen der Weiterbildung finden ähnliche Auseinandersetzungen mit jedoch zum Teil unterschiedlichen Schwerpunkten statt (vgl. GALILÄER 2005, S. 9). Zur kurzen Illustration werden die Bereiche Schule und berufliche Bildung im folgenden Abschnitt kurz exemplarisch erläutert.
Schule
Kritik am Schulwesen existiert von Anbeginn des Schulwesens an (vgl. DIEDERICH, TENORTH 1997, S. 218ff) und somit auch die Diskussion um die Qualität des Schulwesens und der Schule im Allgemeinen. Dabei stehen sowohl die Organisation von Schule und Unterricht im Fokus der Qualitätsdiskussion als auch die Systembedingungen von Schule (vgl. GALILÄER 2005, S. 33). Im Mittelpunkt der aktuellen Diskussion über Qualität von Schule stehen international vergleichende Leistungsmessungen wie z.B. PISA6 oder IGLU7. Daten aus diesen Erhebungen finden vor allem in den Qualitätsbemühungen der Bildungsverwaltung und -politik Verwendung (vgl. GALILÄER 2005, S. 35).
Berufliche Bildung
Erste Formen der Qualitätssicherung in der beruflichen Bildung sieht EBBINGHAUS in einzelnen, „die Lehrlingsausbildung betreffenden Maßnahmen und Bräuchen des mittelalterlichen Zunftwesens“ (EBBINGHAUS 2006, S. 31), beispielsweise der Freisprechung oder den Wanderjahren. Mit der Festlegung von Qualitätskriterien durch die Bildungskommission des deutschen Bildungsrates wird Qualität in der beruflichen Bildung 1969 jedoch zum ersten Mal explizit erwähnt (vgl. EBBINGHAUS 2006, S. 31; KREKEL, BALLI 2006, S. 14). Das 2005 in Kraft getretene Berufsbildungsgesetz nimmt den Strang der Qualitätsdiskussion erneut auf. Die Integration aller an der beruflichen Bildung beteiligten Akteure in die Qualitätsdiskussion ist nun ein Schwerpunkt in der beruflichen Bildung (vgl. KREMER 2006, S. 3).
Neben nationalen Projekten mit nationalem Fokus in einzelnen EU-Ländern finden auch gesamteuropäische Anstrengungen zur Qualitätssicherung statt. So wurde auf europäischer Ebene eine Technische Arbeitsgruppe (Technical Working Group – TWG) gegründet, die sich mit der Qualität in der beruflichen Bildung auseinandersetzen sollte. Die TWG entwickelte einen europäischen Qualitätssicherungsrahmen (Common Quality Assurance Framework – CQAF), welcher „den Mitgliedstaaten und anderen beteiligten Ländern dabei helfen (soll), ihre eigenen Systeme und Verfahrensweisen anhand eines gemeinsamen Bezugssystems und konkreter Bezugsinstrumente zu entwickeln, zu verbessern, zu überwachen und zu evaluieren.“ (TECHNICAL WORKING GROUP ‘QUALITY IN VET’ (TWG) 2004, S. 3, Übersetzung von KISSLING, LORIG 2006, S. 145).
Das Ziel, welches es mit dem CQAF zu erreichen gilt, ist eine Qualitätssicherung auf Anbieterebene und Systemebene. Anschließend an die Entwicklung des CQAF liegt aktuell ein Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Empfehlung des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Einrichtung eines erweiterten europäischen Bezugsrahmens für die Qualitätssicherung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung vor, den European Quality Assurance Reference Framework (EQARF) (vgl. BEYER 2008, S. 4).
3 Qualitätsverfahren in der Erwachsenenbildung
In diesem Teil der Arbeit werden sowohl die Entwicklungen der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung in der Erwachsenenbildung dargestellt, als auch aktuelle Strukturen, Kritik und Trends in den Bemühungen um Qualität in den Weiterbildungseinrichtungen. FAULSTICH ET AL. sehen die Wurzeln der Verfahren zur Qualitätssicherung in der Erwachsenenbildung in dem 1974 von der Sachverständigenkommission „Kosten und Finanzierung der beruflichen Bildung“, genannt „Edding-Kommission“, veröffentlichten Modell der Qualitätsbeurteilung, welches sowohl einen input- als auch einen outputorientierten Ansatz verfolgt (vgl. FAULSTICH ET AL. 2003, S. 8). Daran anschließend verlagerte sich Anfang der 90er Jahre der Schwerpunkt der Diskussion auf prozessorientierte Ansätze und Verfahren. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit existieren ca. 30 verschiedene Qualitätsmanagement-und -entwicklungssysteme für die Erwachsenenbildung (vgl. ZECH 2008b, S. 23). Als Trend bei den Weiterbildungseinrichtungen ist vor allem eine Abkehr der Weiterbildungseinrichtungen von der Festlegung auf ein einziges Qualitätsmanagementsystem zu beobachten. Bei der (Weiter-) Entwicklung der Qualitätsmanagementsysteme zeichnet sich eine verstärkte Differenzierung zwischen organisations- und dienstleistungs- bzw. professionsbezogener Qualitätsentwicklung ab, sowie eine zunehmende Branchenspezialisierung8.
3.1 Historie der Verfahren
Analog zur Darstellung der Entwicklung der Qualitätsentwicklung im Allgemeinen wird im Folgenden die historische Entwicklung in der Erwachsenenbildung dargestellt.
3.1.1 Inputorientierte Ansätze
Die ersten Anwendungen des inputorientierten Ansatzes fanden in der betrieblichen Ausbildung statt. Im Mittelpunkt dieses Ansatzes der Qualitätssicherung steht der Versuch, in der betrieblichen Ausbildung sowohl die inputbezogenen Faktoren der Betriebe (z.B. Organisation, Technik, Intensität, Personal und Methode) als auch die Qualifikationen der Auszubildenden zu bestimmen und zu bewerten. Dabei wird angenommen, dass die Qualität der Ausbildung das Resultat bestimmter Faktoren und deren Zusammenwirken ist. Diese Annahme führt dazu, dass durch die Definition von Faktoren und ihrer spezifischen Ausprägungen im Vorfeld einer Maßnahme die Möglichkeit besteht, Inputgrößen als Mindeststandards zu formulieren. Dieser inputorientierte Ansatz fand auch in der Weiterbildung Verwendung, sowohl in der Gesetzgebung auf Bundesebene als auch auf Länderebene (siehe auch Kapitel „Finanzierung der Weiterbildung“). So finden sich sowohl im AFG als auch in den ländergesetzlichen Regelungen Anforderungen als Grundlage für Förderung und Bezuschussung, die Inputgrößen wie z.B. die Qualifikationsanforderungen an das Lehrpersonal beinhalten.
Unabhängig von Förderung und Bezuschussung wurde das Fernunterrichtsschutzgesetz von 1977 verabschiedet. Hier dienen definierte Inputgrößen als Voraussetzung für die Zulassung eines Fernlehrganges zum Vertrieb auf dem Markt. Es steht vor allem der Verbraucherschutz im Vordergrund. Die erteilte Zulassung fungiert jedoch auch als „Markenzeichen“ für Qualität, welches dem Charakter eines „Pflicht“-Zertifikats gleichkommt (vgl. FAULSTICH ET AL. 2003, S. 8f).
Kritisiert wird an den inputorientierten Ansätzen, dass sie nur eine Qualitätsdimension betrachten. Gemeint ist das Ausblenden beispielsweise der Dimensionen Erfolg und Prozess und der daraus resultierenden mangelnden Berücksichtigung des Zusammenwirkens der verschiedenen Faktoren (vgl. FAULSTICH ET AL. 2003, S. 9).
3.1.2 Outputorientierte Ansätze
Ebenfalls von der „Edding-Kommission“ entworfen wurden der outputorientierte Ansatz. Relevante Größen im Rahmen des outputorientierten Ansatzes sind Aussagen zum Lernerfolg, welcher in der Form des Zufriedenheitserfolges und des Prüfungserfolges ermittelt wird (FAULSTICH ET AL. 2003, S. 9).
Der outputorientierte Ansatz in Reinform wurde allerdings nie auf die Weiterbildung angewendet. Dies liegt u. a. an dem nach wie vor herrschenden Defizit in der empirischen Beschreibung und Erfassung von Qualität in der WB9. Schwierigkeit bereitet auch insbesondere die Verknüpfung von Input und Output, d.h. das in Bezug setzen von Eingangsvoraussetzungen von Teilnehmenden und deren Lernergebnissen und Praxiserfolgen. Auch konnte der Nachweis eines Zusammenhangs zwischen Weiterbildungsmaßnahmen und beispielsweise einem langfristigen Beschäftigungserfolg bisher methodologisch noch nicht bewältigt werden (vgl. FAULSTICH ET AL. 2003, S. 9). Dennoch wird der Orientierung am Output eine qualitätssichernde Wirkung unterstellt. Zertifikate und staatliche/öffentlich-rechtliche Abschlüsse aus Weiterbildungen, deren Inputgrößen im Vorfeld festgelegt wurden, gelten als qualitätsgeprüftes Output. Hierzu zählen, neben den Fachschulabschlüssen der Länder auch Abschlüsse aus Ausbildungen und Weiterbildungen, die den Fortbildungsordnungen des Bundes oder den Fortbildungsregelungen der Kammern unterliegen, da diese als qualitätssichernde Inputgrößen betrachtet werden (vgl. FAULSTICH ET AL. 2003, S. 9f).
3.1.3 Prozessorientierte Ansätze
Anfang der 90er Jahre findet in der Weiterbildung eine Verlagerung der Qualitätsdiskussion hin zu prozessorientierten Verfahren und Instrumenten statt. Zu den Ansätzen, die sich nur am Output bzw. am Input orientieren, kommen prozessorientierte Qualitätsmanagementsysteme hinzu. Diese Qualitätsmanagementsysteme hatten sich zuvor in der Industrie bewährt und wurden ebenfalls im Bildungssektor angewendet. Als prozessorientierte Ansätze gelten vor allem der internationale Normenkomplex DIN EN ISO 9000 ff. und EFQM (vgl. FAULSTICH ET AL. 2003, S. 10). Diese werden im folgenden Kapitel ausführlich erläutert.
3.2 Aktuelle Qualitätsansätze in der Weiterbildung
Der Weiterbildungsmonitor (wbmonitor) aus dem Sommer 2005 listet die am häufigsten in der Weiterbildung verfolgten Ansätze der Qualitätsentwicklung auf und fragt nach deren Wichtigkeit für die Einrichtung (vgl. BUNDESINSTITUT FÜR BERUFSBILDUNG 2005). Hieraus ergibt sich folgende Tabelle (Mehrfachnennungen waren möglich):
Tabelle 2: QM-Ansätze in der Weiterbildung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Quelle: (BUNDESINSTITUT FÜR BERUFSBILDUNG 2005)
ZECH geht derzeit von ca. 30 verschiedenen Qualitätsmanagementsystemen aus, welche in Weiterbildungseinrichtungen Anwendung finden (vgl. ZECH 2008b, S. 23). Diese Vielfalt der Modelle, welche oft aus Kritik oder in Bezug zu anderen Modellen entstanden, bezeichnet WILBERS als „Wildwuchs“ (vgl. WILBERS 2008, S.11).
Im Folgenden werden die am häufigsten verwendeten, überregional angewendeten und vergleichbaren Qualitätsmodelle dargestellt und erläutert. Diese sind in der obigen Tabelle fett gedruckt. Die Darstellung erfolgt zum Vergleich und zur besseren Einordnung des für diese Arbeit zentralen Ansatzes LOW, welcher im nachfolgenden Kapitel ausführlich erläutert wird. Die Kriterien für die begründete Auswahl von LOW II für diese Arbeit werden im Kapitel 6. „Methodisches Vorgehen“ beschrieben.
3.2.1 Selbstevaluation
Selbstevaluation zählt zu den am weitesten verbreiteten Ansätzen zur Oualitätssicherung bei Weiterbildungseinrichtungen. Im wbmonitor geben 48,2% der befragten Einrichtungen an, diesen Ansatz in ihrer Einrichtung zu verfolgen. 35,9 % der befragten Einrichtungen halten die Selbstevaluation für den wichtigsten Ansatz (vgl. BUNDESINSTITUT FÜR BERUFSBILDUNG 2005).
Im Gegensatz zu standardisierten Konzepten wie EFOM oder LOW hat die Einrichtung bei der Selbstevaluation die Möglichkeit, frei von externen Vorgaben ein in Umfang und Struktur maßgeschneidertes Konzept zu entwickeln (vgl. FAULSTICH ET AL. 2003, S. 24f). Die Bandbreite der möglichen Konzepte reicht dabei von einfachen Fragekatalogen zur kritischen Hinterfragung der eigenen Praxis bis hin zu prozessorientierten
Oualitätskreisläufen mit einem integriertem kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Es erfolgt keine Bewertung oder Bestätigung des Oualitätsmanagementsystems durch Externe.
3.2.2 Gütesiegel
Neben den überregional relevanten Oualitätsmanagementsystemen sind bundesweit verschiedene Gütesiegelgemeinschaften gegründet worden. Viele dieser Gütesiegelgemeinschaften wurden während der Diskussion um Missstände in der Weiterbildung in den neuen Bundesländern in den 90er Jahren gegründet. Diese regional begrenzten Gemeinschaften unterscheiden sich zum Teil stark. Gemeinsam ist ihnen, dass sie, zu jeweils unterschiedlichen Bedingungen, Gütesiegel an Weiterbildungseinrichtungen herausgeben (vgl. HARTZ, MEISEL 2006, S. 86ff). Da für die Vergabe von Gütesiegeln von Gemeinschaft zu Gemeinschaft unterschiedliche Stellen verantwortlich sind, variieren sowohl die Anforderungen und Bedingungen unter denen ein Siegel erteilt wird und auch daraus folgernd die Aussagekraft des Siegels über die in der Weiterbildungseinrichtung vorliegende Qualität oder das praktizierte Qualitätsmanagement. Struktur und Organisation der Gütesiegelgemeinschaften sind immer auch abhängig von den Interessen der Initiatoren (vgl. HARTZ, MEISEL 2006, S. 95).
[...]
1 Ausführungen über die Normenreihe DIN EN ISO 9000 ff. werden zur besseren Lesbarkeit im Folgenden durch die Bezeichnung ISO 9000 ff. kenntlich gemacht.
2 http://www.artset-lqw.de/cms/index.php, zuletzt geprüft am 03.06.2009
3 Ein Strukturmerkmal von LQW II ist eine Unterteilung in 11 Qualitätsbereiche. Besonders im Qualitätsbereich 10 „Kundenkommunikation“ zeigen sich unterschiedliche Einschätzungen und Messungen in den Forschungsergebnissen bezüglich der Wirksamkeit von LQW II. Siehe hierzu auch Kapitel 4 Lernerorientierte Qualitätstestierung für die Weiterbildung
4 Informationsmaterialien wie Flyer, Veranstaltungsankündigungen, Veranstaltungsverzeichnisse sind in LQW II als Nachweismöglichkeit der Qualitätsbemühungen vorgesehenen.
5 vgl. Kapitel 6.2.5 Entwicklung des Merkmalkataloges
6 Programme for International Student Assessment (Programm zur internationalen Schülerbewertung)
7 Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung
8 vgl. Kapitel 3.3.1 Trends
9 siehe Kapitel 2.4
- Arbeit zitieren
- Dipl.-Päd. Tobias Rothenberg (Autor:in), 2009, Wirkungsforschung zum Qualitätsmanagement in der Weiterbildung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137792
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