Die Berücksichtigung von Länderrisiken bei der Ermittlung von Eigenkapitalkosten der in Schwellenländern ansässigen Tochtergesellschaften multinationaler Konzerne ist sowohl aus konzeptuellen als auch aus technischen Gründen problematisch. So führt die Vernachlässigung dieser schwer greifbaren und kaum quantifizierbaren Risiken möglicherweise zur Unterschätzung der Eigenkapitalkosten, während die explizite Erfassung der Risiken oftmals eine doppelte Risikozählung und somit eine Überschätzung der Eigenkapitalkosten nach sich zieht. Auch empirische Studien haben erwiesen, dass es fragwürdig ist, Bewertungskonzepte aus entwickelten Ländern ohne jegliche Anpassung auf Schwellenländer zu übertragen. Daher wurde in Wissenschaft und Praxis eine Vielzahl von Verfahren zur Erfassung von Länderrisiken bei der Ermittlung von Eigenkapitalkosten in Schwellenländern konzipiert. Zwar bieten diese Methoden verschiedene Lösungsansätze, jedoch gibt es für die Unternehmensbewertung in Schwellenländern derzeit keine Best Practice Methode. Alternativ zur Erfassung von Länderrisiken durch ein explizites Anpassen der Eigenkapitalkosten können diese Risiken bei der Anwendung des DCF-Verfahrens ebenso implizit durch eine Adjustierung der im Zähler stehenden Cashflows berücksichtigt werden. Sofern das länderspezifische Risiko im Diskontierungssatz berücksichtigt werden soll, kann dies sowohl durch die Verwendung der lokalen höheren Marktrisikoprämie als auch durch die Addition einer Länderrisikoprämie geschehen. Die Wahl des richtigen Verfahrens ist keine triviale Entscheidung, da die verschiedenen Varianten stark voneinander abweichende Eigenkapitalkosten ermitteln. [...]
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1 Einleitung
2 CAPM als Modell zur Ermittlung von Eigenkapitalkosten
2.1 Kurzdarstellung des Modells und seiner Annahmen
2.2 Kritische Würdigung des CAPM
2.3 Anwendbarkeit des CAPM in Schwellenländern
3 Modelle zur Erfassung von Länderrisiken
3.1 Cashflow-Adjustierung
3.2 CAPM-basierte Methoden
3.2.1 Global CAPM
3.2.2 Local CAPM
3.2.3 Godfrey-Espinosa Modell
3.3 Alternativmethoden
3.3.1 Downside Risk Modell
3.3.2 Country Credit Rating Modell
4 Analyse und Auswahl der Modelle zur Bewertung der Eigenkapitalkosten
4.1 Vor- und Nachteile der Modelle
4.1.1 Cashflow-Adjustierung
4.1.2 CAPM-basierte Methoden
4.1.3 Alternativmethoden
4.2 Handlungsempfehlungen zur Wahl der passenden Bewertungsmethode
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Wertpapierlinie
Abbildung 2: Diversifikationseffekt
Abbildung 3: Baumdiagramm zur Entscheidungsfindung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Im Zuge der zunehmenden Mobilität des Kapitals, der Globalisierung der Weltwirtschaft und des wirtschaftlichen Aufschwungs der Schwellenländer nimmt die Präsenz multinationaler Konzerne1in diesen Staaten stetig zu.2 Aufgrund der hieraus resultierenden Fusionen, Unternehmensakquisitionen, Börsengänge und Squeeze Outs steigt der Bedarf an Unternehmensbewertungen. Werden diese mit Hilfe eines Barwertverfahrens wie z. B. der international üblichen und vom IDW S1 (in Fassung 2008) akzeptierten Discounted-Cashflow-Methode durchgeführt, werden zukünftige finanzielle Überschüsse prognostiziert und mit einem die Kapitalkosten darstellenden Diskontierungssatz abgezinst. Die Kapitalkosten werden beim Entity Approach (WACC Ansatz) aus den gewichteten Eigen- und Fremdkapitalkosten (WACC) ermittelt. Im Gegensatz zur Ermittlung der Fremdkapitalkosten ist die Bestimmung der Eigenkapitalkosten problematisch: Während diese in Industrieländern, in denen Länderrisiken tendenziell zu vernachlässigen sind, anhand des Capital Asset Pricing Modells (CAPM) bestimmt werden können, führt die Anwendung des klassischen CAPM in Schwellenländern zu kontroversen Diskussionen. Die Berücksichtigung von Länderrisiken bei der Ermittlung von Eigenkapitalkosten der in Schwellenländern ansässigen Tochtergesellschaften multinationaler Konzerne ist sowohl aus konzeptuellen als auch aus technischen Gründen problematisch. So führt die Vernachlässigung dieser schwer greifbaren und kaum quantifizierbaren Risiken möglicherweise zur Unterschätzung der Eigenkapitalkosten, während die explizite Erfassung der Risiken oftmals eine doppelte Risikozählung und somit eine Überschätzung der Eigenkapitalkosten nach sich zieht. Auch empirische Studien haben erwiesen, dass es fragwürdig ist, Bewertungskonzepte aus entwickelten Ländern ohne jegliche Anpassung auf Schwellenländer zu übertragen.3 Daher wurde in Wissenschaft und Praxis eine Vielzahl von Verfahren zur Erfassung von Länderrisiken bei der Ermittlung von Eigenkapitalkosten in Schwellenländern konzipiert. Zwar bieten diese Methoden verschiedene Lösungsansätze, jedoch gibt es für die Unternehmensbewertung in
Schwellenländern derzeit keine Best Practice Methode. Alternativ zur Erfassung von Länderrisiken durch ein explizites Anpassen der Eigenkapitalkosten können diese Risiken bei der Anwendung des DCF-Verfahrens ebenso implizit durch eine Adjustierung der im Zähler stehenden Cashflows berücksichtigt werden. Sofern das länderspezifische Risiko im Diskontierungssatz berücksichtigt werden soll, kann dies sowohl durch die Verwendung der lokalen höheren Marktrisikoprämie als auch durch die Addition einer Länderrisikoprämie geschehen. Die Wahl des richtigen Verfahrens ist keine triviale Entscheidung, da die verschiedenen Varianten stark voneinander abweichende Eigenkapitalkosten ermitteln.
Ziel dieser Arbeit ist es, diese verschiedenen Möglichkeiten der Länderrisikoerfassung darzulegen und Handlungsempfehlungen bezüglich der Wahl einer Methode zu geben.
Dazu wird im zweiten Kapitel das CAPM als klassisches Modell zur Ermittlung von Eigenkapitalkosten vorgestellt, kritisch betrachtet und auf seine Anwendbarkeit in Schwellenländern geprüft. Im Fokus des dritten Kapitels steht die Erläuterung sechs verschiedener Modelle zur Erfassung von Länderrisiken. Im vierten Kapitel werden diese Modelle zunächst hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile analysiert und anschließend daraus Handlungsempfehlungen für die Methodenwahl abgeleitet. Das fünfte und letzte Kapitel stellt die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit zusammenfassend heraus.
2 CAPM als Modell zur Ermittlung von Eigenkapitalkosten
Eigenkapitalkosten werden an den Renditeerwartungen anderer Investitionsmöglichkeiten mit vergleichbarem Risiko gemessen. Ein mögliches Modell zur Bestimmung der Eigenkapitalkosten ist das Capital Asset Modell (CAPM), ein Ex-Ante-Modell4, das die Eigenkapitalkosten anhand der erwarteten Mindestrendite der Eigenkapitalgeber am Kapitalmarkt ermittelt.5
2.1 Kurzdarstellung des Modells und seiner Annahmen
Auf das Capital Asset Modell, das von Sharpe, Lintner und Mossin aufbauend auf der Portefeuilletheorie von Harry M. Markowitz entwickelt wurde, wird nicht nur im
Zuge von Unternehmensbewertungen, sondern auch bei Aktienbewertungen, Investitionsentscheidungen und beim Management von Aktienportefeuilles zurückgegriffen. Das CAPM erklärt, wie sich Preise für risikobehaftete Kapitalanlagen an Kapitalmärkten bilden und setzt hierfür eine Abhängigkeit zwischen Rendite und Risiko des Wertpapiers voraus.
Das CAPM beruht neben den Prämissen der Portefeuilletheorie auf diversen weiteren Modellannahmen. Die zentrale Annahme des CAPM ist das allgemeine Gleichgewicht der Kapitalmärkte. Somit wird vorausgesetzt, dass Kapitalmärkte informationseffizient sind und die Marktpreise der Wertpapiere alle relevanten Informationen vollständig und ohne Verzögerungen reflektieren. Außerdem wird angenommen, dass eine risikolose Anlage existiert, zu deren Zins unbegrenzt Kapitalbeträge angelegt und aufgenommen werden können. Darüber hinaus setzt das CAPM voraus, dass die Erwartungen der Marktteilnehmer bezüglich der erwarteten Renditen, Standardabweichungen und Korrelationskoeffizienten zwischen allen Anlagealternativen homogen sind. Weiterhin geht das Modell von einem risikoscheuen Verhalten der Marktteilnehmer aus, die stets Preisnehmer sind und anstreben, den Erwartungsnutzen ihres Vermögens zum Endzeitpunkt eines gemeinsamen Zeithorizontes zu maximieren. Das Modell des Kapitalmarktgleichgewichts setzt ebenso normalverteilte Renditen voraus. Darüber hinaus wird angenommen, dass die Menge der Wertpapiere fest vorgegeben ist, alle Wertpapiere beliebig teilbar sind und sie auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden. Eine weitere Modellannahme besagt, dass weder Transaktionskosten noch persönliche Steuern existieren und Leerverkäufe unbeschränkt möglich sind.6
Die Kernthese des CAPM besagt, dass die Mindestverzinsungserwartung für
Eigenkapital (E(ri)) die Rendite einer risikofreien Kapitalanlage (rf) um den Betrag einer Marktrisikoprämie (E(rM) — rf), multipliziert mit dem als Maß für das systematische Risiko heranzuziehenden Betafaktor des Unternehmens (βi),
übersteigt. Die Marktrisikoprämie entspricht dem Preis, der von Investoren für die Übernahme von Risiko gefordert wird und berechnet sich als Differenz zwischen der
Rendite des Marktportefeuilles (E(rM))und der risikofreien Rendite.7
Diese Gleichung postuliert einen linearen Rendite-Risiko-Zusammenhang, der durch die Wertpapierlinie (Security Market Line) graphisch dargestellt wird.8
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Wertpapierlinie.
Quelle: Vgl. Arnold (2005), S. 346.
Je größer der unternehmensspezifische Betafaktor ist, desto höher sind die Renditeforderungen der Investoren. Mit Hilfe des Betafaktors kann einem vom Marktrisiko abweichenden Risiko eines einzelnen Unternehmens Rechnung getragen werden,9 da dieser Rendite-Schwankungskoeffizient die Intensität der Reaktion der Rendite des Unternehmens auf Veränderungen der Marktrendite wiedergibt. Er berechnet sich aus der Kovarianz zwischen der Renditeerwartung des Wertpapiers i
und des Marktportefeuilles M (Cov rirM) dividiert durch die Varianz der
Renditeerwartung des Marktportefeuilles (σ2M).10
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten](2)
Trotz der erforderlichen Zukunftsorientierung stützt sich die Ermittlung des
Betafaktors in der Praxis auf das sogenannte Marktmodell von Sharpe, das auf Vergangenheitswerte zurückgreift.11 Sowohl für die Berechnung des Betafaktors als auch für die Bestimmung der Marktrendite ist die Wahl des Aktienindexes entscheidend. Hierbei kann entweder ein nationaler Performanceindex wie z. B. der DAX oder ein von einer spezialisierten international tätigen Institution ermittelter Index wie z. B. der Morgan Stanley Capital International (MSCI) Länderindex verwendet werden. Die von den Institutionen Dow Jones International, MSCI und Financial Times veröffentlichen Indizes werden häufig als Entscheidungsgrundlage
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
verwendet.12 Das CAPM besagt, dass nur das systematische Marktrisiko (z. B. politisches Risiko, Konjunkturrisiko, Inflationsrisiko) durch eine Marktrisikoprämie vergütet wird. Dieses Risiko, das den Schwankungen der Rendite des Gesamtmarktes entspricht, ist auf allgemeinwirtschaftliche Faktoren zurückzuführen und berührt sämtliche Unternehmen gleichermaßen. Das unsystematische Risiko resultiert aus dem einzelnen Unternehmen und beeinflusst daher nur dessen eigene Rendite. Dieses spezielle Risiko kann durch die Bildung von Portefeuilles eliminiert werden, wenn keine vollständige Korrelation zwischen den verschiedenen Investitionsobjekten des Portefeuilles besteht. Deshalb wird das unsystematische Risiko im Gegensatz zum systematischen Risiko nicht am Kapitalmarkt vergütet.13 Dieser sogenannte Diversifikationseffekt lässt sich graphisch folgendermaßen darstellen:
Unsystematisches Risiko Systematisches Risiko
Anzahl der Wertpapiere im Portefeuille
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Diversifikationseffekt.
Quelle: Vgl. Arnold (2005), S. 343.
Unterstellt man für die Zukunft eine ähnliche Entwicklung wie in der Vergangenheit, kann die Marktrisikoprämie auf Basis historischer Daten ermittelt werden. Dabei ist die Länge des gewählten Zeitraums ausschlaggebend. Während sich die Rendite einer Aktie einer bestimmten Periode aus Kursänderungen, gezahlten Dividenden und Bezugsrechtserlösen ableitet, ist die Ermittlung der Rendite des Marktportefeuilles schwerer durchführbar und erfolgt anhand der Rendite eines der zuvor erwähnten Aktienindizes. Laut Empfehlung des IDW S1 (2005) orientiert sich die Bestimmung des risikolosen Zinssatzes am Kapitalmarkt, indem nach der Svensson-Methode ein stetiger Basiszinssatz in Abhängigkeit der Restlaufzeit aus Zinsstrukturkurven abgeleitet wird. Bis 2005 wurde der risikolose Zinssatz meistens den Renditen bestimmter Staatspapiere wie z. B. Treasury-Bills oder Treasury-Bonds mit einer Laufzeit von 10 oder 30 Jahren gleichgesetzt.14
2.2 Kritische Würdigung des CAPM
Wegen seiner Aussagekraft und der einfachen Implementierbarkeit wird das CAPM am häufigsten als Verfahren zur Bestimmung von Eigenkapitalkosten angewandt. Um zu eruieren, ob mit Hilfe dieser Methode auch die Eigenkapitalkosten in Schwellenländern ermittelt werden können, bedarf es zunächst einer kritischen Auseinandersetzung mit dem CAPM. Diese stellt konzeptuelle, empirische und technische Probleme dieses Modells heraus.
Häufig wird die Irrelevanz des CAPM kritisiert. Für Investoren stellt hauptsächlich die Höhe und die Wahrscheinlichkeit des Verlustes ein Risiko dar.15 Während das im CAPM gemessene Risiko die Varianz der Renditen misst, ist die Risikowahrnehmung der Investoren in der Realität oftmals asymmetrisch: Das Risiko von Kursrückgängen wird höher eingestuft als das Risiko starker Renditeschwankungen.16 Ein weiterer Kritikpunkt des CAPM ist seine mangelnde Eignung, unsystematisches Risiko abzubilden. Die theoretische Annahme, dass unsystematisches Risiko durch Diversifikation vollständig eliminiert wird, bestätigt sich nicht in der Praxis.17 Unsystematisches Risiko bleibt aufgrund des höheren Kapitalstrukturrisikos vor allem in sehr kleinen Unternehmen oft bestehen.18 Des Weiteren sind Diversifikationseffekte bei Unternehmensübernahmen durch den Kauf einzelner Assets eher unrealistisch, da zeitgleiche Investitionen in mehrere Firmen selten sind. Somit bleibt unsystematisches Risiko oftmals bestehen und sollte indes bei der Ermittlung der Eigenkapitalkosten berücksichtigt werden.19
Nachdem in den Siebzigerjahren auf US-Märkten durchgeführte empirische Tests einen Zusammenhang zwischen Renditen und Betafaktoren aufwiesen, fanden spätere Tests oftmals keinerlei Zusammenhang zwischen Renditen und Betafaktoren. Während für die Jahre 1926 bis 1968 eine positive Relation zwischen den Aktienrenditen der NYSE und den zugehörigen Betafaktoren aufgezeigt wurde, ermittelten FAMA/FRENCH (1992) für die Zeit von 1941 bis 1990 zwischen den beiden Größen nur noch eine schwache Korrelation. Für den Zeitraum 1963 bis 1990
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
15 Vgl. Estrada (2000), S. 5. 16 Vgl. Pereiro (2002), S. 102. 17 Vgl. Pereiro (2002), S. 103. 18 Vgl. Born (2003), S. 120. 19 Vgl. Pereiro (2002), S. 103.
verschwand der Zusammenhang völlig.20 ROLL (1977) kritisiert, dass das CAPM empirisch nicht überprüfbar sei, da als Benchmark der Marktrenditen Aktienindizes verwendet werden und so die Anwendung des CAPM mangels vollständiger Erfassung sämtlicher Assets stets zu fehlerhaften Ergebnissen bezüglich der Rendite des Marktportefeuilles führe.21
Darüber hinaus wird das CAPM aufgrund technischer Probleme bei der Ermittlung seiner Komponenten kritisiert. So werden z. B. zur Bestimmung von Betafaktoren unterschiedliche Zeiträume (250-Tages-Beta, 52-Wochen-Beta, 60-Monate-Beta etc.), verschiedene Intervalle zur Bestimmung der Rendite (Tag, Monat, Jahr etc.), unterschiedliche Aktienindizes und verschiedene Möglichkeiten der Durchschnittsbildung herangezogen.22 Des Weiteren verändern sich Betafaktoren im Zeitverlauf, da sich sowohl das operative Management als auch die bedienten Märkte der Unternehmen wandeln.23Problematisch ist außerdem, dass in diesem ex-ante Modell mit ex-post Daten kalkuliert wird: Da sowohl Betafaktoren, als auch Marktrenditen auf Basis historischer Daten erhoben werden, bleibt Unsicherheit bezüglich ihrer zukünftigen Entwicklungen bestehen.24 Darüber hinaus stellt das CAPM aufgrund der verwendeten Daten ein Ein-Perioden-Modell dar, das theoretisch nicht auf mehrperiodische Bewertungsprozesse übertragbar ist. 25
Trotz dieser Einwände ermöglicht das CAPM eine kapitalmarktorientierte Ermittlung der Eigenkapitalkosten, die stets objektiver, marktgerechter und nachvollziehbarer ist als die willkürliche Festsetzung von Risikozuschlägen.26 Für das Modell spricht auch, dass historische Daten verwendet werden können und außerdem die beiden Komponenten des Risikozuschlags getrennt analysiert werden können.27 Im Jahr 1999 nutzten rund 74% aller in Industrieländern ansässigen Firmen immer oder fast immer das CAPM zur Bestimmung der Eigenkapitalkosten.28
2.3 Anwendbarkeit des CAPM in Schwellenländern
Einer Beurteilung über die Anwendbarkeit des CAPM in Schwellenländern muss die Definition dieses Begriffs vorausgehen: Die Bezeichnung Schwellenland wurde in den 80er Jahren von der Weltbanktochter International Finance Corporation (IFC) eingeführt und bezeichnet Märkte, die sich an der Schwelle zu einer etablierten Industrienation befinden:29 Ein Schwellenland ist demnach ein Staat, der im Globalisierungsprozess war oder ist und der seine Grenzen für internationalen Handel und Investitionen öffnet.30 Da zwischen den Schwellenländern große politische und wirtschaftliche Unterschiede herrschen, ist eine präzise Definition der sogenannten Emerging Markets schier unmöglich. Oftmals werden sie durch Abgrenzungen von Entwicklungsländern definiert und somit z. B. durch ein überdurchschnittlich wachsendes und exportorientiertes Bruttoninlandsprodukt und Pro-Kopf-Einkommen, eine Zunahme des Industrialisierungsgrades und eine gezielte Industrialisierungspolitik seitens der Regierung charakterisiert. Außerdem werden teilweise weitere Kriterien wie der Grad der weltwirtschaftlichen Integration, die Größe des Kapitalmarktes oder die Höhe der Markteintrittbarrieren verwendet. Aufgrund der stark voneinander abweichenden Kriterienkataloge existiert in der Literatur keine allgemeingültige Liste der Schwellenländer.31
Die Hauptvoraussetzung für die Anwendbarkeit des CAPM ist ein effizienter Kapitalmarkt. Die Kapitalmärkte von Industriestaaten sind vergleichsweise effizient, da zwischen zahlreichen Käufern und Verkäufern ein freier Informationsfluss besteht und sich durch häufige Transaktionen Gleichgewichtspreise bilden können.32 Diese Bedingungen sind jedoch bei eigenständig gehaltenen Assets in Schwellenländern meist nicht erfüllt, sodass die Kapitalmärkte solcher Staaten als ineffizient und risikobehaftet einzustufen sind:33
Auf Kapitalmärkten von Schwellenländern ist häufig nur eine geringe Anzahl der dort operierenden Unternehmen gelistet. Dies beruht sowohl auf der lokalen Tradition, die Unternehmenskontrolle in privater Hand zu halten als auch auf den gut entwickelten Netzen von Hausbanken in Schwellenländern. Durch die hieraus
resultierende niedrigere Marktkapitalisierung, das geringere Handelsvolumen und die begrenzte Anzahl der Marktteilnehmer ist die Liquidität solcher Kapitalmärkte relativ gering.34 Außerdem weist der geringe Anteil der Marktkapitalisierung am Bruttoinlandsprodukt vieler Schwellenländer auf die untergeordnete Rolle der Kapitalmärkte in diesen Staaten hin. Die Tabelle im Anhang (Anh. 1) stellt die Bedeutung von Kapitalmärkten in verschiedenen Volkswirtschaften dar, indem sie die Marktkapitalisierung in Relation zum BIP setzt.
[...]
1 Die OECD definiert einen multinationalen Konzern als ein Unternehmen, das ausländische Direktinvestitionen eingeht und wertschöpfende Aktivitäten in mehr als einem Land besitzt oder kontrolliert. Vgl. Dunning (2008), S. 3 f.
2 Vgl. Pereiro (2002), S. 442.
3 Vgl. Erb, Harvey und Viskanta (1997), S. 24.
4 Vgl. Ballwieser (2007), S. 94.
5 Vgl. Born (2003), S. 111.
6 Vgl. Perridon und Steiner (2007), S. 269 ff.
7 Vgl. Copeland, Koller und Murrin (2002), S. 267.
8 Vgl. Perridon und Steiner (2007), S. 275 f.
9 Vgl. Born (2003), S. 112.
10 Vgl. Perridon und Steiner (2007), S. 275 f.
11 Vgl. Perridon und Steiner (2007), S. 276.
12 Vgl. Faust (2002), S. 255 f.
13 Vgl. Matschke und Brösel (2008), S. 34.
14 Vgl. Copeland, Koller und Murrin (2002), S. 266.
20 Vgl. Fama und French (1992), S. 449.
21 Vgl. Roll (1977), S. 130, zit. bei Arnold (2005), S. 354.
22 Vgl. Ballwieser (2007), S. 95.
23 Vgl. Arnold (2005), S. 352.
24 Vgl. Born (2003), S. 114.
25 Vgl. Arnold (2005), S. 354.
26 Vgl. Born (2003), S. 114.
27 Vgl. Ballwieser (2007), S. 95.
28 Vgl. Harvey und Graham (2001), S. 201.
29 Vgl. Süß (2004), S. 27.
30 Vgl. Pereiro (2002), S. 3.
31 Vgl. Strietzel (2005), S. 14 f. 32 Vgl. Pereiro (2002), S. 104. 33 Vgl. Pereiro (2002), S. 104.
- Arbeit zitieren
- Miriam Kerstiens (Autor:in), 2009, Die Erfassung von Länderrisiken bei der Ermittlung von Eigenkapitalkosten multinationaler Konzerne, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137779
-
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