Diese Hausarbeit beschäftigt sich damit, wie Identität „produziert“ wird, wobei ein besonderes Augenmerk darauf gelegt werden soll, inwiefern die Differenz zu den „Anderen“ bei diesem Vorgang eine Rolle spielt. Um die Bedeutung des gesellschaftlichen Einflusses bei der Herstellung von Identität zu beleuchten, soll Identitätskonstruktion in unterschiedlichen gesellschaftlichen Verhältnissen untersucht werden – zum einen zur Zeit des Kolonialismus und zum anderen im Zeitalter der Globalisierung. Hierbei soll der Fragestellung nachgegangen werden, ob und wie sich Identität und damit auch ihre Konstruktion im Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse, in veränderten Beziehungen zu den Anderen, verändert hat.
Die Hausarbeit lässt sich in zwei Hauptteile gliedern: Der erste widmet sich der Herstellung von Identität zur Zeit des Kolonialismus, wobei, auf der Grundlage des Diskurses „Der Westen und der Rest“, gezeigt werden soll, welche Rolle die Differenz zu den Anderen für die Identität spielt. Im zweiten Teil soll zunächst deutlich gemacht werden, wie sich gesellschaftliche Verhältnisse im Zeitalter der Globalisierung gewandelt haben. Anschließend wird der Frage nachgegangen, welche Bedeutung die Differenz zu den Anderen bei der Identitätsbildung in diesen veränderten Kulturen hat. Darauffolgend soll die dargestellte Entwicklung der Herstellung von Identität am Beispiel Großbritanniens veranschaulicht werden. Abschließend steht ein Fazit.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Westen und der Rest – Identitätskonstruktion zur Zeit des Kolonialismus
2.1 Diskurse des Westens über die kolonisierten Kulturen
2.2 Der Andere als Grundlage der Identitätskonstruktion
3. Der Rest im Westen – Identitätskonstruktion im Zeitalter der Globalisierung
3.1 Homogenisierung und Hybridität als Zeichen sich wandelnder Kulturen
3.2 Die Bedeutung von Differenz in einer globalisierten Welt
4. Veränderte Identität am Beispiel Großbritanniens
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Identitäten sind eine Art Garantie dafür, dass die Welt doch nicht so rasch aus den Fugen gerät, wie es manchmal den Anschein hat. Sie sind so etwas wie ein Fixpunkt des Denkens und des Seins, eine Grundlage für das Handeln, ein Ruhepol auf der sich drehenden Welt. So sieht die elementare Garantie aus, die uns Identität zu bieten scheint.“[1]
Wie das Zitat von Stuart Hall sehr schön veranschaulicht, sind Identitäten von besonderer Wichtigkeit für das menschliche Dasein, denn nur wenn wir wissen, wer wir sind und was uns ausmacht, verleiht dies unserem Tun einen Sinn. Doch was meinen wir überhaupt mit Identität? Laut Stuart Hall, einem bedeutenden Vertreter der Cultural Studies, ist Identität keineswegs ein vorherbestimmter Faktor, der jedem von uns von Geburt an gegeben und unveränderlich ist. „Identitäten stehen nicht, wie in einer Benetton-Werbekampagne, in einem bunten, gleichberechtigten Nebeneinander“,[2] sondern sind vielmehr eine „Produktion“, welche sich im ständigen Wandel befindet.[3] Im Rahmen dieser Hausarbeit möchte ich mich damit beschäftigen, wie Identität „produziert“ wird, wobei ein besonderes Augenmerk darauf gelegt werden soll, inwiefern die Differenz zu den „Anderen“ bei diesem Vorgang eine Rolle spielt. Um die Bedeutung des gesellschaftlichen Einflusses bei der Herstellung von Identität zu beleuchten, soll Identitätskonstruktion in unterschiedlichen gesellschaftlichen Verhältnissen untersucht werden – zum einen zur Zeit des Kolonialismus und zum anderen im Zeitalter der Globalisierung. Hierbei soll der Fragestellung nachgegangen werden, ob und wie sich Identität und damit auch ihre Konstruktion im Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse, in veränderten Beziehungen zu den Anderen, verändert hat.
Die Hausarbeit lässt sich in zwei Hauptteile gliedern: Der erste widmet sich der Herstellung von Identität zur Zeit des Kolonialismus, wobei, auf der Grundlage des Diskurses „Der Westen und der Rest“, gezeigt werden soll, welche Rolle die Differenz zu den Anderen für die Identität spielt. Im zweiten Teil soll zunächst deutlich gemacht werden, wie sich gesellschaftliche Verhältnisse im Zeitalter der Globalisierung gewandelt haben. Anschließend wird der Frage nachgegangen, welche Bedeutung die Differenz zu den Anderen bei der Identitätsbildung in diesen veränderten Kulturen hat. Darauffolgend soll die dargestellte Entwicklung der Herstellung von Identität am Beispiel Großbritanniens veranschaulicht werden. Abschließend steht ein Fazit.
2. Der Westen und der Rest – Identitätskonstruktion zur Zeit des Kolonialismus
„Der Westen“ und „der Rest“ bezeichnen „sprachliche Konstrukte“,[4] deren Herausbildung im Zeitalter des Kolonialismus begann. Dabei meint „der Westen“ keineswegs eine geographische Abgrenzung, sondern beschreibt vielmehr Gesellschaften, welche als industrialisiert und modern angesehen werden.[5] Doch wie kam es zu dieser Dichotomie, „der Westen und der Rest“? Zur Beantwortung dieser Frage soll die Herstellung von Identität zur Zeit des Kolonialismus näher dargestellt werden. Wenn an dieser Stelle von Kolonialismus gesprochen wird, meint dies die Expansionsphase Europas, beginnend mit den portugiesischen Entdeckungseisen an der afrikanischen Küste von 1430 bis 1498 sowie den Reisen von Columbus nach Amerika in der Zeit von 1492 bis 1502. Der Periode der Entdeckungen folgte schließlich die Eroberung und Kolonisierung der Neuen Welten.[6]
2.1 Diskurse des Westens über die kolonisierten Kulturen
Unter einem Diskurs versteht man die „Art, über etwas zu sprechen oder etwas zu repräsentieren“.[7] Im Folgenden soll nun die von Europa während ihrer Expansion benutzten Sprechweisen über die Neue Welt näher betrachtet werden, mit welcher Europa die Differenz zwischen sich und den kolonisierten Völker repräsentierte.[8]
Von Beginn ihrer Entdeckungsreisen an waren die Europäer entsetzt darüber, wie die Menschen in der Neuen Welt lebten. Ihre Lebensweisen wirkten auf die Europäer wild und unzivilisiert. Dabei existierten diese Kulturen bereits seit vielen Jahrhunderten und wiesen sehr ausgeprägt Sozialstrukturen auf. Es handelte sich also um hochentwickelte Kulturen, um „funktionierende Gesellschaften“.[9] Die Mayas beispielsweise waren ein Staatenbund und besaßen Landwirtschaft und Schrift. Bloß: Diese Kulturen waren nicht europäisch, sie waren anders. Die Europäer betrachteten die Kulturen durch ihr voreingenommenes europäisches Auge, was schließlich in der Literatur, in Reiseberichten und Ähnlichem zu folgenden Berichten über die Menschen der Neuen Welt führte: Die Eingeborenen seien „‘Tiere in menschlicher Gestalt‘“,[10] ohne Sinn für Gerechtigkeit, “bestialisch in ihren Gewohnheiten und feindselig gegenüber der Religion“.[11] Weit verbreitet waren vor allem Vergleiche der Eingeborenen mit Tieren, die sie als sogenannte Menschenaffen präsentierten. So gab es beispielsweise Veröffentlichungen, bei denen die Gehirne der Eingeborenen mit denen von Orang-Utans verglichen wurden.[12] In diesem Vergleich wird die Differenz, die der Europäer darstellen möchte, allzu deutlich: Der Tiervergleich macht den Unterschied zu den Europäern biologisch und verdrängt somit die Anderen aus der Gattung Mensch.[13]
Grundlage dieser Sprechweisen über die Fremden waren Übertreibung und Stereotypisierung. Wichtig bei der Bildung des Diskurses war außerdem, dass die Europäer den Menschen der Neuen Welt als beherrschende Macht gegenüberstanden, denn „dies beeinflußte [sic] das, was sie sahen, genauso wie das, was sie nicht sahen“.[14] Macht und Diskurs sind eng miteinander verknüpft, denn die Repräsentation der Anderen als unterlegene Wilde, Barbaren und Heiden nutzten die Europäer als Rechtfertigung für die Kolonisierung, womit sie die Menschen der Neuen Welt tatsächlich zu Unterworfenen machten. „Diejenigen, die den Diskurs produzieren, haben also die Macht, ihn wahr zu machen“.[15] Wie Macht und der Diskurs des Westens über die Anderen nun im Zusammenhang mit der Identitätskonstruktion stehen, soll im Folgenden deutlich gemacht werden.
2.2 Der Andere als Grundlage der Identitätskonstruktion
Obwohl es innerhalb der Länder Westeuropas viele Unterschiede gab, begannen diese sich im Laufe ihrer Expansion mehr und mehr als etwas Zusammengehöriges zu verstehen. Das Identitätsbewusstsein des Westens kristallisierte sich heraus. Bei diesem Prozess war die neue Welt ein wesentliches Element: Erst die vollständige Differenz zu den Anderen, wir-sie, gut-böse, modern-primitiv, Gläubige-Heiden, Zivilisierte-Wilde, ermöglichte es dem Westen sich selbst zu definieren.[16] „Identitäten sind immer sprachlich, kulturell und historisch in Differenz zu anderen positioniert“.[17] Der Rest wurde zu all dem konstruiert, was der Westen nicht war und wurde somit zu seinem Gegenbild, „die vergessene, unterdrückte und verleugnete Seite […] der Aufklärung und der Modernität“.[18] Mit Hilfe des oben beschriebenen Diskurses hat sich der Westen selbst privilegiert, während er die Anderen herabgesetzt hat.[19]
Welche Rolle spielt nun die oben bereits erwähnte Kategorie der Macht bei der Identitätskonstruktion? Die zuvor genannten Identitätskategorien wie gut-böse oder modern-primitiv sind gleichzeitig auch immer Machtverhältnisse, bei denen der Überlegene der beiden Seiten die eigene Identität dadurch stärkt, dass er bestimmte Merkmale, welche er selbst besitzt, unterdrückt und sie dem Unterlegenen zuschreibt.[20]
Abschließend lässt sich festhalten, dass Identitäten zur Zeit des Kolonialismus durch die Differenz zu den Anderen und auf der Grundlage von Dominanzverhältnissen konstruiert wurden. Ohne den Rest wäre der Westen demzufolge nicht in der Lage gewesen sein Identitätsbewusstsein, ja „sich selbst als den Höhepunkt der Menschheitsgeschichte zu erkennen und darzustellen“.[21]
[...]
[1] Quelle: Hall, Stuart: Ethnizität: Identität und Differenz. In: Die kleinen Unterschiede. Der Cultural Studies-Reader. Hrsg. von Jan Engelmann. Frankfurt/Main; New York: Campus Verlag 1999. S. 83 – 98. S.83
[2] Quelle: Marchart, Oliver: Cultural Studies. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft 2008. S.33
[3] vgl. Hall, Stuart: Kulturelle Identität und Diaspora. In: Rassismus und kulturelle Identität. Ausgewählte Schriften 2. Hrsg. von Ulrich Mehlem u.a. Hamburg: Argument Verlag 1994. S.26-43. S.26.
[4] Quelle: Hall, Stuart: Der Westen und der Rest: Diskurs und Macht. In: Rassismus und kulturelle Identität. Ausgewählte Schriften 2. Hrsg. von Ulrich Mehlem u.a. Hamburg: Argument Verlag 1994. S.137 – 179. S.141.
[5] vgl. ebd. S.138.
[6] vgl. ebd. S.143f.
[7] Quelle: ebd. S.178.
[8] vgl. ebd. S.149f.
[9] Quelle: ebd. S.162.
[10] Quelle: ebd. S.165.
[11] Quelle: ebd. S.165.
[12] vgl. Dubiel, Jochen: Dialektik der postkolonialen Hybridität. Die intrakulturelle Überwindung des kolonialen Blicks in der Literatur. Bielefeld: Aisthesis Verlag 2007. S.44.
[13] vgl. ebd. S.45.
[14] Quelle: Hall 1994: S.137 – 179. S.154.
[15] Quelle: ebd. S.154.
[16] Quelle: ebd. S.167.
[17] Quelle: Winter, Rainer: Stuart Hall: Die Erfindung der Cultural Studies. In: Kultur. Theorien der Gegenwart. Hrsg. von Stephan Moebius / Dirk Quadflieg. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2006. S. 381-393. S.390.
[18] Quelle: Hall 1994: S.137 – 179. S.174.
[19] vgl. Dubiel 2007. S.48.
[20] Supik, Linda: Dezentrierte Positionierung. Stuart Halls Konzept der Identitätspolitiken. Bielefeld: transcript Verlag 2005. S.52.
[21] Quelle: Hall 1994: S.137 – 179. S.174.
- Citar trabajo
- Jasmin Ludolf (Autor), 2009, Die Bedeutung des Anderen - Identitätskonstruktion zur Zeit des Kolonialismus und im Zeitalter der Globalisierung im Vergleich, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137770
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