Darstellung der primären und sekundären Qualitäten von John Locke in seinem Werk "Essay Concerning Human Understanding". Der Engländer John Locke (1632 – 1704) veröffentlichte 1689 seinen bedeutenden „Essay
concerning human understanding“ („Essay über den menschlichen Verstand“), der sich mit
seinen Vorstellungen zur Erkenntnistheorie beschäftigt. Dort erläutert Locke wie
Vorstellungen und Begriffe in unser Bewusstsein gelangen. In Bezug auf diese Fragestellung
kommt Locke zu dem Schluss, dass unsere Ideen und moralischen Grundsätze nicht
angeboren sind. Das Bewusstsein liegt zuvor als „Tabula rasa“ vor, nur die
Erkenntnisaufnahme ist angeboren, durch die wir mit Hilfe unserer Sinne Ideen gewinnen
können. Dabei unterscheidet Locke zwischen einfachen und komplexen Ideen. Die einfachen
Ideen werden in Sensation (äußere Eindrücke) und Reflexion (innere Eindrücke) unterteilt,
die schließlich im Verstand zu den komplexen Ideen gestaltet werden.
Die Ideen der äußeren Wahrnehmung werden in zwei Gruppen unterteilt: Ideen primärer und
sekundärer Qualität. Primäre Qualitäten sind hierbei wahrnehmungsunabhängige
Eigenschaften eines Körpers, die wie Ebenbilder in unser Bewusstsein gelangen. Darunter
fallen zum Beispiel die Körpereigenschaften Ausdehnung, Härte oder Gestalt. Sekundäre
Qualitäten hängen dagegen von den primären ab und sind wahrnehmungsabhängig. Sie sind
nur auf Grund von Erfahrung vorhersehbar.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden die primären und sekundären Qualitäten ausführlich
dargestellt und auch die dritte Qualität der Kraft wird erläutert. Zum Schluss werden
Widersprüche in Lockes Argumentationsstruktur aufgezeigt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Qualitäten
2.1. Primäre Qualitäten
2.2. Sekundäre Qualitäten
2.3. Kraft als dritte Qualität
3. Widersprüche
4. Fazit
1. Einleitung
Der Engländer John Locke (1632 – 1704) veröffentlichte 1689 seinen bedeutenden „Essay concerning human understanding“ („Essay über den menschlichen Verstand“), der sich mit seinen Vorstellungen zur Erkenntnistheorie beschäftigt. Dort erläutert Locke wie Vorstellungen und Begriffe in unser Bewusstsein gelangen. In Bezug auf diese Fragestellung kommt Locke zu dem Schluss, dass unsere Ideen und moralischen Grundsätze nicht angeboren sind. Das Bewusstsein liegt zuvor als „Tabula rasa“ vor, nur die Erkenntnisaufnahme ist angeboren, durch die wir mit Hilfe unserer Sinne Ideen gewinnen können.[1] Dabei unterscheidet Locke zwischen einfachen und komplexen Ideen. Die einfachen Ideen werden in Sensation (äußere Eindrücke) und Reflexion (innere Eindrücke) unterteilt, die schließlich im Verstand zu den komplexen Ideen gestaltet werden.
Die Ideen der äußeren Wahrnehmung werden in zwei Gruppen unterteilt: Ideen primärer und sekundärer Qualität. Primäre Qualitäten sind hierbei wahrnehmungsunabhängige Eigenschaften eines Körpers, die wie Ebenbilder in unser Bewusstsein gelangen. Darunter fallen zum Beispiel die Körpereigenschaften Ausdehnung, Härte oder Gestalt. Sekundäre Qualitäten hängen dagegen von den primären ab und sind wahrnehmungsabhängig. Sie sind nur auf Grund von Erfahrung vorhersehbar.[2]
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden die primären und sekundären Qualitäten ausführlich dargestellt und auch die dritte Qualität der Kraft wird erläutert. Zum Schluss werden Widersprüche in Lockes Argumentationsstruktur aufgezeigt.
2. Qualitäten
John Locke unterscheidet zwischen Idee und Qualität. Dies definiert er wie folgt:
„Alles, was der Geist in sich selbst wahrnimmt oder was unmittelbares Objekt der Wahrnehmung, des Denkens oder des Verstandes ist, das nenne ich Idee; und die Kraft, eine Idee in unserm Geist zu erzeugen, nenne ich eine Qualität des Gegenstandes, dem jene Kraft innewohnt.[3]
Somit benutzt er das Wort Idee als Wahrnehmung im Geist und die anderen Ideen werden zu Qualitäten.[4] Dies kommt in der englischen Ausgabe besser zum Ausdruck, „[…] and the Power to produce any Idea in our mind, I call Quality of the Subject wherein that power is.“[5], da hier von “any Idea” gesprochen wird und nicht nur von “eine[r] Idee”. Die Qualitäten haften den Körpern direkt an und sind somit Eigenschaften außerhalb unseres Geistes. Sie sind allerdings für das Vorhandensein einer Idee in unserem Geist verantwortlich. Wenn wir zum Beispiel einen roten Tisch sehen, so ist rot die Qualität des Tisches genau dann, wenn der Tisch das Vermögen hat, die Idee des rot- seins in uns hervorzurufen. Dieses Vermögen haftet nicht dem Tisch direkt an, sondern den Qualitäten, die durch Kombination von kleinsten Partikeln in unser Bewusstsein gelangen.[6]
Locke trifft eine Einteilung in primäre und sekundäre Qualitäten, wobei die sekundären Qualitäten zum Schluss seiner Ausführungen noch einmal in unmittelbar wahrnehmbare und mittelbar wahrnehmbare Qualitäten unterteilt werden. Die mittelbar wahrnehmbaren Qualitäten kann man hierbei unter Berücksichtigung seiner Definition als Kräfte bezeichnen, die eine dritte Qualität darstellen.[7]
2.1. Primäre Qualitäten
Locke definiert die primären Qualitäten wie folgt:
„[…] solche, die vom Körper, in welchem Zustand er auch sein möge, völlig untrennbar sind, die er bei allen Veränderungen und Verwandlungen, die er erfährt, bei aller Gewalt, die auf ihn ausgeübt wird, dauernd beibehält, die die Sinne stets in jedem Partikel der Materie entdecken, das groß genug ist, um wahrgenommen zu werden, und die auch der Geist mit jedem Partikel untrennbar verbunden findet, mag letzteres auch zu klein sein, um für sich allein von unsern Sinnen wahrgenommen zu werden. […] Denn eine Teilung kann einem Körper niemals Festigkeit, Ausdehnung, Gestalt oder Beweglichkeit nehmen.“[8]
Als Beispiel führt Locke ein Weizenkorn an, das seine primären Qualitäten bei einer Teilung immer behält, auch wenn seine einzelnen Bestandteile für uns nicht mehr wahrnehmbar sind. Diese These bestätigen zwei weitere Textstellen:
„[…] die primären und realen Qualitäten der Körper, die immer in ihnen vorhanden sind […], und die auch von uns bisweilen wahrgenommen werden, dann nämlich, wenn die Körper, in denen sie enthalten sind, groß genug sind, um einzeln erkannt zu werden […]“[9]
„Diese Qualitäten sind in ihnen vorhanden, gleichviel, ob wir sie wahrnehmen oder nicht; sind sie aber groß genug, um von uns entdeckt zu werden, so erhalten wir durch sie eine Idee von dem Ding, wie es an sich ist […].“[10]
Beim zweiten Beispiel bezieht sich das Wort „sie“ auf den Körper an sich und nicht auf die primären Qualitäten. Dadurch wird die Inhärenz dieser Qualitäten auf den Bereich des Wahrnehmbaren und nicht Wahrnehmbaren ausgeweitet.[11]
Ist der Körper aber noch sinnlich wahrnehmbar, so erzeugen kleine nicht wahrnehmbare Partikel, die vom Objekt auf unser Auge treffen, die Idee des Körpers in unserem Gehirn. Das ist die Erklärung dafür, wie Körper Ideen in uns erzeugen.[12]
Primäre Qualitäten können auch reale Qualitäten genannt werden, da die Größe, Zahl, Bewegung und Gestalt eines Körpers tatsächlich in ihm vorhanden ist, auch wenn der Mensch ihn sinnlich nicht wahrnehmen kann.[13] Diese Eigenschaften können nicht verändert werden, da sie den Körpern anhaften. Somit kann zum Beispiel ein runder Gegenstand, den man in der linken Hand hält, niemals ein eckiger Gegenstand in der rechten Hand werden.[14]
Die primären Qualitäten sind also im Körper vorhanden, ob wir sie wahrnehmen können oder nicht. Somit sind sie Ebenbilder der Körper, die unabhängig von unserer Wahrnehmungsfähigkeit in unser Bewusstsein gelangen. Die wichtigste Eigenschaft der primären Qualität ist hierbei ihre Realität. Damit grenzen sie sich von den sekundären Qualitäten ab, die ihrerseits von ihnen abhängig sind.
2.2. Sekundäre Qualitäten
Gleich zu Beginn seiner Ausführungen über die sekundären Qualitäten führt John Locke eine umfassende Definition an, die er im weiteren Verlauf des Essays belegt und durch Beispiele deutlich macht:
„[…] solche Qualitäten, die in Wahrheit in den Objekten selbst nichts sind als die Kräfte, vermittels ihrer primären Qualitäten, das heißt der Größe, Gestalt, Beschaffenheit und Bewegung ihrer sinnlich nicht wahrnehmbaren Teilchen, verschiedene Sensationen in uns zu erzeugen, wie zum Beispiel Farben, Töne, Geschmacksarten usw.“[15]
Durch diese Definition wird deutlich, dass die sekundären Qualitäten nicht real in den Körpern existieren, sondern stattdessen eine Fähigkeit in den Gegenständen hervorrufen, die Ideen in uns auslöst, obwohl diese Ideen nicht in den Körpern vorhanden sind. Zu diesen Ideen gelangen wir durch „die Einwirkung von sinnlich nicht wahrnehmbaren Partikeln auf unsere Sinne.“[16] Dies geschieht auch bei Körpern, die für uns auf Grund ihrer Größe nicht sinnlich wahrnehmbar sind. Der entscheidende Zusammenhang von primären und sekundären Qualitäten tritt hier zum Vorschein, da die Partikel – oder auch Korpuskeln genannt[17] - durch die primären Qualitäten auf uns einwirken und somit die sekundären Qualitäten in uns erzeugen.
„[…] die verschiedene Bewegung und Gestaltung, Größe und Zahl solcher Partikel, wenn sie auf die verschiedenen Organe unserer Sinne einwirken, in uns jene verschiedenen Sensationen erzeugen, die wir von den Farben und Gerüchen der Körper haben.“[18]
Was Locke hier zu Farben und Gerüchen sagt, weitet er noch auf „Geschmacksarten, Töne und andere ähnliche sinnlich wahrnehmbare Qualitäten“[19] aus. Die primären Qualitäten lösen Kräfte in den Körpern aus, die verschiedene Sensationen in uns auslösen und uns so die sekundären Qualitäten wahrnehmen lassen.
Als Beispiel führt Locke die Qualitäten des Feuers an, in uns einerseits Wärme zu erschaffen und andererseits Schmerz, wenn wir dem Feuer zu nahe kommen. Diese Qualitäten sind nicht im Feuer enthalten, da sie nicht mehr vorhanden sind, wenn man alle Sensationen ausblendet. Die Größe, Gestalt und Bewegung des Feuers bleibt dagegen immer bestehen. Somit existieren die primären Qualitäten real und die sekundären nur als Modi der primären in den Körpern. Dabei ist zu beachten, dass die sekundären Qualitäten im Gegensatz zu den primären keine Ebenbilder der Körper sind.
[...]
[1] Poller, Horst, Die Philosophen und ihre Kerngedanken, Ein geschichtlicher Überblick, Lizenzausgabe für den Olzog Verlag, München, 2007, S. 218-219
[2] Specht, Rainer: John Locke, C. H. Beck Verlag, 2. überarbeitete Auflage, München, 2007, S. 57-60
[3] Locke, John: Versuch über den menschlichen Verstand, Band I und II, Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg, 2006, Kapitel VIII, § 8
[4] Kienzle, Bertram: Primäre und Sekundäre Qualitäten, in: John Locke, Essay über den menschlichen Verstand, hrsg. v. Udo Thiel, Akademie Verlag GmbH, Berlin. 1997, S. 92
[5] Locke, John: An Essay concerning Human Unterstanding, Oxford University Press, New York, 1975, VIII, § 8
[6] Kienzle, Bertram: Primäre und Sekundäre Qualitäten, S. 92-93
[7] Locke, John, VIII, § 26
[8] Locke, John, VIII, § 9
[9] Locke, John, VIII, §22
[10] Locke, John, VIII, §23
[11] Kienzle, Bertram: Primäre und Sekundäre Qualitäten, S. 99
[12] Locke, John, VIII, § 12-13
[13] Locke, John, VIII, § 17
[14] Locke, John, VIII, § 21
[15] Locke, John, VIII, § 10
[16] Locke, John, VIII, § 13
[17] Locke, John, VIII, § 21
[18] Locke, John, VIII, § 13
[19] Locke, John, VIII, § 14
- Citar trabajo
- Maike Gecks (Autor), 2009, Primäre und Sekundäre Qualitäten bei John Locke, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137534
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