Vorerst ist zwischen persönlichem und sachlichen Schutzbereich zu unterscheiden. Der persönliche Schutzbereich dieses „Jedermann- Grundrechts“ umfasst sowohl jede denkbare menschliche Betätigung, als auch jeden Menschen, gleich ob Ausländer oder Deutscher. Die Bezeichnung als allgemeines Auffanggrundrecht soll dazu dienen, Personengruppen, die durch die speziellen Freiheitsrechte, wie z.B. den Artikel 12 I GG („Deutschen- Grundrecht“), nicht geschützt sind, dennoch Schutz vor unerlaubten staatlichen Eingriffen zu gewährleisten. Sind jedoch besondere wirtschaftliche Freiheitsrechte, wie z.B. Art. 12, 14 und 11 GG relevant, dann tritt die allgemeine Handlungsfreiheit hinter diesen zurück.1
Hinsichtlich des sachlichen Schutzbereichs besagt Artikel 2 I GG, dass bezüglich der wirtschaftlichen Betätigung zum Einen die Vertragsfreiheit gegeben ist. Diese sichert den am Vertrag beteiligten Parteien zu, diesen inhaltlich und formell nach deren Belieben zu gestalten. Zum Anderen umfasst er die Wettbewerbsfreiheit, d.h. das Recht mit anderen Unternehmen in Konkurrenz treten zu können, ohne durch staatliche Einflüsse behindert oder verzerrt zu werden. Weiterhin wird auch die Unternehmer- bzw. die Unternehmensfreiheit mit eingeschlossen. Diese stellt das Recht zur freien Gründung, Führung, Auflösung und Umgestaltung eines Unternehmens sicher, solange es sich nicht um berufsbezogene Regelungen handelt.
Inhaltsverzeichnis
II.) Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Artikel 2 I GG
2.1) Schutzbereich
2.2) Eingriffe
2.3) Rechtfertigung von Eingriffen
3. Personenfreizügigkeit in Deutschland am Beispiel Auslandsentsendungen von Arbeitnehmern
3.1) Entsendung deutscher Arbeitnehmer in das Ausland
4. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit
4.1) Vergleich Grundrechte versus Grundfreiheiten
4.2) Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gem. Artikel 39 EG-V
4.3) Das Bosman- Urteil
5. Die Niederlassungsfreiheit gem. Artikel 43 ff. EG-V
5.1) Der Schutzbereich
5.2) Schranken und Ausnahmen
5.4) Das Centros- Urteil
6. Schlussbemerkungen
III.) Literaturverzeichnis
IV.) Abbildungsverzeichnis
II.) Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.) Einleitung
In der Präambel des Deutschen Grundgesetzes werden die Grundrechte des Deutschen Volkes wie folgt eingeleitet:
„Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.
Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen- Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk.“1
Im ersten Teil des Grundgesetzes sind die Grundrechte festgeschrieben, die für jeden deutschen Bürger, unabhängig davon ob dieser von Geburt an Deutscher ist oder durch Abstammung oder Einbürgerung die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten hat, gelten. Der Begriff Grundrecht wird einerseits als Grundlage für subjektive öffentliche Rechte und andererseits als unmittelbare subjektive Rechte des Einzelnen verwendet.2 Diese Grundrechte haben diverse Funktionen. Zum Einen sollen sie der Abwehr von staatlichen Eingriffen und zum Schutz vor Eingriffen Dritter dienen und zum Anderen das Recht auf Mitwirkung, Recht auf Leistung sowie das Recht auf ein Verfahren sicherstellen.
In der vorliegenden Arbeit sollen die Freizügigkeit als Grundfreiheit und die allgemeine Handlungsfreiheit als Grundrecht näher beleuchtet und diskutiert werden. Im Besonderen soll dargestellt werden, wie sich diese Rechte auf europäischer Ebene verhalten. Die Quellenlage zu diesem Thema ist sehr umfangreich. Es wurde schon sehr viel Literatur dazu veröffentlicht. Bei jeder EU- Erweiterungsrunde kam neue Perspektiven und Ansichten hinzu und diskutierten die Grundfreiheiten aus diversen Blickwinkeln.
2.) Die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Artikel 2 I GG
„(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmä l3 ige Ordnung oder das Sittengesetz verstö l3 t.“3
2.1) Schutzbereich
Vorerst ist zwischen persönlichem und sachlichen Schutzbereich zu unterscheiden.
Der persönliche Schutzbereich dieses „Jedermann- Grundrechts“ umfasst sowohl jede denkbare menschliche Betätigung, als auch jeden Menschen, gleich ob Ausländer oder Deutscher. Die Bezeichnung als allgemeines Auffanggrundrecht soll dazu dienen, Personengruppen, die durch die speziellen Freiheitsrechte, wie z.B. den Artikel 12 I GG („Deutschen-Grundrecht“), nicht geschützt sind, dennoch Schutz vor unerlaubten staatlichen Eingriffen zu gewährleisten. Sind jedoch besondere wirtschaftliche Freiheitsrechte, wie z.B. Art. 12, 14 und 11 GG relevant, dann tritt die allgemeine Handlungsfreiheit hinter diesen zurück.4
Hinsichtlich des sachlichen Schutzbereichs besagt Artikel 2 I GG, dass bezüglich der wirtschaftlichen Betätigung zum Einen die Vertragsfreiheit gegeben ist. Diese sichert den am Vertrag beteiligten Parteien zu, diesen inhaltlich und formell nach deren Belieben zu gestalten. Zum Anderen umfasst er die Wettbewerbsfreiheit, d.h. das Recht mit anderen Unternehmen in Konkurrenz treten zu können, ohne durch staatliche Einflüsse behindert oder verzerrt zu werden.5 Weiterhin wird auch die Unternehmer- bzw. die Unternehmensfreiheit mit eingeschlossen. Diese stellt das Recht zur freien Gründung, Führung, Auflösung und Umgestaltung eines Unternehmens sicher, solange es sich nicht um berufsbezogene Regelungen handelt.6
2.2) Eingriffe
Ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit ist jeder staatliche Eingriff, der von einem Einzelnen etwas verlangt, was dieser nicht will. Diese belastende staatliche Maßnahme muss eine „gewisse Intensität“ aufweisen.
Ein subjektives Recht aus einem Grundrecht, hier: die Handlungsfreiheit, kann nur erfolgreich eingeklagt werden, wenn der Kläger eine Grundrechtsverletzung gem. §113 I 1, 5 VwGO geltend machen kann. Voraussetzung dafür ist jedoch ein Eingriff in das Grundrecht. Hierbei ist jedoch zwischen folgenden Konstellationen zu unterscheiden. Zum Einen ist zu untersuchen, ob der Eingriff eine Abwehr einer Maßnahme der Staatsorgane darstellt oder ob das Begehren einer Maßnahme Ursache des Eingriffs ist.
Im ersten Fall läge der Eingriff in einer Belastung, im zweiten jedoch in der unterlassenen Begünstigung. Die Bestimmung des Schutzbereichs erfolgt im Hinblick auf die angegriffene oder begehrte Maßnahme, weshalb die Schutzbereichsverletzung meist unproblematisch festgestellt werden kann. Zu Problemen kann es kommen, wenn staatliche Realakte das Handeln faktisch oder mittelbar einschränken oder Rechtsgüter verletzen, die vom Schutzbereich eines Grundrechts erfasst werden, wie z.B. Subventionen mit starker wirtschaftslenkender Wirkung. Diese betreffen faktisch den Schutzbereich der Berufsfreiheit der Konkurrenten.
Des Weiteren bedarf es einer Auslegung des jeweiligen Schutzbereichs. Dabei ist zum Einen der funktionelle Schutzbereich zu untersuchen, also welche Funktionen ein Grundrecht seinem Sinn und Zweck nach für die Freiheitsausübung hat. Zum Anderen muss nach der Eingriffsschwelle gefragt werden. Je stärker der Schutzbereich berührt ist, desto grö1er ist die Wahrscheinlichkeit eines Eingriffs. Je massiver die Auswirkungen hoheitlichen Handelns sind, desto eher sind die Auswirkungen den Staatsorganen zuzurechnen.7
2.3) Rechtfertigung von Eingriffen
Gerechtfertigt werden die Eingriffe in die allgemeine Handlungsfreiheit gem. Artikel 2 I GG durch das so genannte „Schranken- Trias“, das erstens die Rechte Anderer, zweitens die verfassungsmäßige Ordnung und drittens das Sittengesetz einschließt. Die verfassungsmäßige Ordnung als Rechtfertigungsgrund ist von besonderer Bedeutung. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) versteht darunter die Gesamtheit aller formell und materiell mit der Verfassung (hier: Grundgesetz) in Einklang stehenden Rechtsvorschriften.8 Untergesetzliche Normen sind mit eingeschlossen.
Die Verwaltungsverfahrensgesetze enthalten bezüglich der formellen Rechtmäßigkeit einer Maßnahme diverse Kategorien. Erstens wird die Zuständigkeit der handelnden Behörde untersucht, wobei die Einhaltung der anwendbaren Vorschriften über das Verfahren zum Erlass der Maßnahmen und zu ihrer Form beleuchtet werden. Zweitens sind für die materielle Rechtmäßigkeit entscheidend, dass die einschlägigen Ermächtigungsgrundlagen rechtmäßig angewendet worden sind und dass diese gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen ihrerseits verfassungsmäßig gem. Artikel 100 I GG sind.
Diese formellen und materiellen Regeln des öffentlichen Rechts regeln die Voraussetzungen für Grundrechtseingriffe, d.h. sie schränken Grundrechte ein. Gleichzeitig begrenzen sie jedoch staatliche Befugnisse, in Grundrechte einzugreifen (vgl. Art. 20 III GG). Erfolgt ein Verstoß der handelnden Organe gegen die Vorschriften des einfachen Rechts, ist der Eingriff grundsätzlich rechtswidrig. Eingriffe in den Schutzbereich von Grundrechten können nicht durch Vorschriften des einfachen Rechts gerechtfertigt werden. Die einfachgesetzlichen niederrangigen Vorschriften sind ihrerseits an höherrangiges Verfassungsrecht zu messen (vgl. Abbildung Normenpyramide).9
Folglich kann eine Einschränkung somit sowohl durch Gesetze, als auch durch Rechtsverordnungen oder Satzungen erfolgen. Des Weiteren müssen diese Gesetze u.A. ihrerseits formell und materiell verfassungsmäßig sein.10
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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1 Vgl.: http://80.237.212.1/shared/contents-Gesetze/Grundgesetz-BRD.html, 28.05.2009, 14:40 Uhr.
2 Vgl.: Bultmann, Berlin 2008.
3 Vgl.: Stober, Hamburg 2008.
4 Vgl.: Gramlich, Heidelberg u.A. 2007, S. 31.
5 Vgl.: Gramlich, Heidelberg u.A. 2007, S. 31.
6 Vgl.: Oberrath, Bielefeld 2008, Rdnr. 362.
7 Vgl.: Bultmann, Berlin 2008.
8 Vgl.: Oberrath, Bielefeld 2008, Rdnr. 365.
9 Vgl.: Bultmann, Berlin 2008.
10 Vgl.: Oberrath, Bielefeld 2008, Rdnr. 365.
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- Arbeit zitieren
- Carolin Schmidt (Autor:in), 2009, Freizügigkeit und allgemeine Handlungsfreiheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137430
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