Diese Arbeit wird sich zunächst der bewegten Entstehungsgeschichte des Art. 72 Abs. 2 GG widmen und der ihm zugrunde liegenden Problematik auf den Grund gehen. Durch eine Analyse der Reformbemühungen wird sodann versucht, eine Antwort darauf zu finden, ob sich der Art. 72 Abs. 2 GG als reformierbar erwiesen hat und ob heute, über 100 Jahre nach seiner ursprünglichen Entstehung und Problematisierung, eine zufriedenstellende Regelung gefunden wurde.
Die Partizipation der Länder an der Gesetzgebung wird in den Art. 70 ff. GG im Rahmen eines komplexen Regelungsgefüges ausführlich bestimmt. Dabei blickt insbesondere eine Formel auf eine bewegte Geschichte zurück: Die Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG. Ihren Ursprung noch als Bedürfnisklausel in der Weimarer Reichsverfassung findend, bot sie bereits 1919 Grundlage für belebte Diskussionen durch ihre einseitige Ermächtigung des Bundes.
Das 1919 geschaffene Problembewusstsein sollte sich im Verlauf der Geschichte jedoch als nützlich erweisen. So bot es dem Parlamentarischen Rat 1848 während der Entstehung des heutigen Grundgesetzes die Möglichkeit, sich gegen die unerwünschte Intervention der alliierten Militärgouverneure bezüglich der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern zu wehren. Ging die Rechnung in den Anfangsjahren des Grundgesetzes noch auf, so mehrten sich in den Folgejahren immer mehr die Rufe nach einer Überarbeitung. Somit ist der Art. 72 Abs. 2 GG, wie wir in heute kennen, durch zwei große Reformen geprägt: Der Verfassungsreform 1994 und der Verfassungsreform 2006.
Inhaltsverzeichnis
A. Einleitung
B. Systematik der Art. 70 ff. GG
C. Entstehungsgeschichte des Art. 72 Abs. 2 GG
I. Vorläufer der Erforderlichkeitsklausel
1. Die Frankfurter Reichsverfassung vom 28.03.1849
2. Die Weimarer Reichsverfassung vom 11.08.1919
II. Der Weg zum neuen Grundgesetz
1. Der Herrenchiemsee Verfassungskonvent
2. Der Parlamentarische Rat
a) Intervention der Alliierten Militärgouverneure
b) Der Siebener-Ausschuss
c) Endgültige Fassung
D. Umsetzung und Justiziabilität des Art. 72. Abs. 2 GG bis
I. Rechtsprechungspraxis
II. Rezeption in der Literatur
E. Reformbemühungen
I. Zweifel an einer Reformierbarkeit
II. Die Enquête – Kommission Verfassungsreform des Bundestages
1. Die Debatte um eine Bundesratslösung
2. Fazit und Bewertung
III. Die Verfassungsreform
1. Die Kommission Verfassungsreform
2. Die Gemeinsame Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat
3. Umsetzung der Reform
4. Literatur und Rechtsprechung nach der Verfassungsreform
a) Literatur
b) Rechtsprechung bis
c) Kehrtwende Altenpflegegesetz
aa) Das Urteil vom
bb) Reaktionen in der Literatur
cc) Rechtsprechung in den Folgejahren
IV. Die Föderalismusreform
1. Der Weg zur Föderalismusreform
2. Die Föderalismusreform
3. Meinungen und Einschätzungen zur Föderalismusreform
F. Fazit: Hat sich der Art. 72 Abs. 2 GG als reformierbar erwiesen?
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