In Venezuela amtiert seit dem 2. Februar 1999 mit Hugo Chávez ein neuer Präsident, welcher, anders als seine Vorgänger, für einen zum Teil radikalen Politikwechsel sowohl im Innern als auch im Hinblick auf die Außenbeziehungen steht. Fürntratt-Kloep beschreibt den ersten Schritt, der diesen Wandeln konkret andeutete. So trat am 24. März 2000 die im Dezember 1999 per Referendum legitimierte „Bolivarische Verfassung“ in Kraft, durch die sich gleichzeitig die von Chávez angestrebte „fünfte Republik“ in Venezuela („República Bolivariana de Venezuela“) konstituierte.
Die besondere Situation und die Potentiale der venezolanischen Innen- und Außenpolitik sind vor allem dem Ressourcenreichtum des Landes geschuldet: allein im venezolanischen Hoheitsgebiet sind 6,5 % der weltweiten Erdölreserven nachgewiesen. Dieser Zusammenhang schlägt sich auch in der (politik-)wissenschaftlichen Terminologie nieder. Hier setzt sich in Bezug auf die mit dem Erdöl verbundenen Chancen, Probleme und Strategien Zusehens der Begriff der „petropolitics“ durch, wie er auch von Bodemer benutzt wird.
Diese Arbeit widmet sich der Außenpolitik Venezuelas, wie sie sich seit 1999 im Zeichen der „Bolivarischen Revolution“ unter der Regierung Chávez darstellt. Gegenstand der Analyse sind vor allem die chavistischen Bemühungen, der von den USA angestrebten gesamtamerikanischen Integration, die sich vor allem die Schaffung eines Freihandelsraums als Ziel setzt, ein regional orientiertes lateinamerikanisches Integrationskonzept entgegenzusetzen, dessen Fokus sich des Weiteren auf soziale und verteilungspolitische Dimensionen erstreckt. Weiterhin soll aufgezeigt werden, ob und inwieweit die Außenpolitik Chávez diesem Integrationsziel bisher gerecht werden konnte und ob er starke Partnerschaften zu anderen, vor allem lateinamerikanischen Staaten entwickeln konnte. Herunter gebrochen auf einen Satz lautet die Fragestellung dieser Arbeit also: Ist Chávez Außenpolitik bisher erfolgreich gewesen?
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Grundlagen der venezolanischen Außenpolitik unter Chávez
3 Außenpolitisches Geschehen seit 1999
3.1 Auf bilateraler Ebene
3.1.1 USA
3.1.2 Kuba
3.1.3 Ausgewählte südamerikanische Staaten
3.1.3.1 Kolumbien
3.1.3.2 Brasilien
3.1.4 Iran
3.2 Auf multilateraler Ebene – Südamerikanische Integration
4 Schlussbemerkungen
5 Literaturverzeichnis
5.1 Monographien und Aufsätze
5.2 Internetquellen
5.3 Zeitungsbeiträge
1 Einleitung
In Venezuela amtiert seit dem 2. Februar 1999 mit Hugo Chávez ein neuer Präsident, welcher, anders als seine Vorgänger, für einen zum Teil radikalen Politikwechsel sowohl im Innern als auch im Hinblick auf die Außenbeziehungen steht. Fürntratt-Kloep beschreibt den ersten Schritt, der diesen Wandeln konkret andeutete. So trat am 24. März 2000 die im Dezember 1999 per Referendum legitimierte „Bolivarische Verfassung“ in Kraft, durch die sich gleichzeitig die von Chávez angestrebte „fünfte Republik“ in Venezuela („República Bolivariana de Venezuela“) konstituierte.[1]
Die besondere Situation und die Potentiale der venezolanischen Innen- und Außenpolitik sind vor allem dem Ressourcenreichtum des Landes geschuldet: allein im venezolanischen Hoheitsgebiet sind 6,5 % der weltweiten Erdölreserven nachgewiesen. Dieser Zusammenhang schlägt sich auch in der (politik-)wissenschaftlichen Terminologie nieder. Hier setzt sich in Bezug auf die mit dem Erdöl verbundenen Chancen, Probleme und Strategien Zusehens der Begriff der „petropolitics“ durch, wie er auch von Bodemer benutzt wird.[2]
Diese Arbeit widmet sich der Außenpolitik Venezuelas, wie sie sich seit 1999 im Zeichen der „Bolivarischen Revolution“ unter der Regierung Chávez darstellt. Gegenstand der Analyse sind vor allem die chavistischen Bemühungen, der von den USA angestrebten gesamtamerikanischen Integration, die sich vor allem die Schaffung eines Freihandelsraums als Ziel setzt, ein regional orientiertes lateinamerikanisches Integrationskonzept entgegenzusetzen, dessen Fokus sich des Weiteren auf soziale und verteilungspolitische Dimensionen erstreckt. Weiterhin soll aufgezeigt werden, ob und inwieweit die Außenpolitik Chávez diesem Integrationsziel bisher gerecht werden konnte und ob er starke Partnerschaften zu anderen, vor allem lateinamerikanischen Staaten entwickeln konnte. Herunter gebrochen auf einen Satz lautet die Fragestellung dieser Arbeit also: Ist Chávez Außenpolitik bisher erfolgreich gewesen?
Zahlreiche Publikationen widmen sich den Entwicklungen in Venezuela, seinen Beziehungen zu den lateinamerikanischen aber auch zu den nordamerikanischen Nachbarn und seiner Präsenz auf der Ebene internationaler Organisationen. Steve Ellner bietet mit „Rethinking Venezuelan Politics“ einen umfassenden Überblick über Ausgangspunkte, Prinzipien und Konzepte der chavistischen Außenbeziehungen und geht weiterhin auf konkrete Vorgänge, Konflikte und Streitpotentiale ein. Günther Maihold liefert mit „Außenpolitik als Provokation“ einen umfassenden Gesamtüberblick über die venezolanischen Außenbeziehungen, während Kelly & Romeo in „The United States And Venezuela“ vor allem die bilateralen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten analysieren. Die vorgestellten Publikationen zeigen jedoch nur einen kleinen Ausschnitt über die verwendete und vor allem über die verfügbare Literatur des Themas.
Die theoretische Grundlage, mithilfe derer der Untersuchungsgegenstand analysiert wird, bilden sowohl realistische als auch liberale Annahmen. Dies hat zweierlei Gründe: Zum einen wird das Handeln der Staaten und ihrer Regierungen als Hauptakteure Schwerpunkt dieser Arbeit sein, was vor allem auch ein Merkmal der realistischen Denkschule ist. Andererseits spielt der Faktor der internationalen Kooperation bzw. demokratische Integration eine große Rolle bei der Analyse der chavistischen Außenpolitik, weshalb liberale Denkkategorien nicht außen vor gelassen werden sollten.
2 Grundlagen der venezolanischen Außenpolitik unter Chávez.
Die chavistische Außenpolitik weist vielfältige grundlegende Strategien auf. Maihold arbeitet diesbezüglich vier Elemente heraus: Provokationsrhetorik, pragmatisches Handeln, ideologische Agitation und striktes Verfolgen einer nationalen Interessenpolitik.[3] In ihrer Summe scheinen folglich alle Merkmale einer modernen Gestaltung der internationalen Beziehungen vorhanden zu sein. Maihold legt des Weiteren die Beweggründe für diese augenscheinliche Flexibilität dar, weist auf die Möglichkeiten der angesprochenen Diversifizierung hin und nennt vier Zielkategorie auf deren Verwirklichung abgezielt wird:
„Mit breitgestreuten Maßnahmen will Präsident Chávez die verschiedenen Zielgruppen erreichen […]. Venezuelas Außenpolitik folgt keinem Masterplan, sondern zeigt sich extrem flexibel, um eigene Vorteile zu maximieren, eventuell angerichteten Schaden zu reparieren und sich neue Chancen zu eröffnen.“[4]
Kelly & Romero machen unter der Regierung Chávez eine neue Definition des Begriffs Nationale Sicherheit aus. Die neuen Hauptmerkmale sind: ökonomische Autonomie bzw. Selbstständigkeit sowie die Bekämpfung der Armut und die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts („social cohesion“). Ferner wird der Drogenhandel als Gefahr für die Sicherheit des Landes ausgemacht, wobei zwischen zwei Gefahrenkomponenten differenziert wird. So zieht er zum einen innenpolitische Probleme wie Korruption, Rechtsbeugung und Terrorismus nach sich. Andererseits wird der von den USA angeführte Anti-Drogen-Krieg („War on Drugs“) problematisiert, da er aus venezolanischer Sicht auch dazu dient, den US-amerikanischen Einfluss in der Region zu stärken.[5]
Die Bemühungen der außenpolitischen Beziehungen zielen weiterhin, neben der Stärkung der Nationalen Sicherheit, auf die Verwirklichung einer multipolaren Weltordnung ab. Diese soll, Ellners Darstellung folgend, die unipolare Vormachtstellung der USA ablösen und es kleineren Nationen, in Interessengemeinschaften wie OPEC oder Mercosur organisiert, ermöglichen, ihren nationalen Interessen gegenüber den mächtigen Industrienationen, unter der Führung der USA, Gehör zu verschaffen und sie durchsetzen zu können.[6]
Die Außenpolitik Chávez’ betont in diesem Kontext zum einen die nationale Souveränität Venezuelas gegenüber Einmischungen aus dem Westen, vor allem aus den USA. Andererseits bezieht sie sich positiv auf die Integration südamerikanischer Staaten unter den Prämissen Einheit, Solidarität und Interdependenz. Das unter der Federführung der USA vorangetriebenen Integrationsprojekt einer gesamtamerikanischen Freihandelszone, der „Free Trade Area of the Americas“ / „Área de Libre Comercio de las Américas“ (FTAA / ALCA), lehnt Chávez zugunsten seines Projekts der „Alternativa Bolivariana para los pueblos de Nuestra América“ (ALBA) ab. Dieser Aspekt wird im Rahmen dieser Arbeit noch weitergehend behandelt werden.[7]
Richard Gott geht in einem Kommentar zum „Bolivarischen Projekt“ auf den Umstand ein, dass die Möglichkeiten außenpolitischer Einflussnahme vor allem dem Ölreichtum des Landes zu verdanken sind. Des Weiteren wähnt der Autor Präsident Chávez als Anführer einer Art südamerikanischen linksrevolutionären Avantgarde („vanguard“), der außerdem Bolivien, Ekuador und nicht zuletzt Kuba angehören. Nicht unerwähnt bleibt auch, dass mit den jüngsten Wahlen in Argentinien, Brasilien, Chile, Uruguay und Paraguay weitere linksgerichtete Regierungen in Südamerika Fuß fassen konnten. Seit 2008 ist außerdem mit Yehude Simon Munaro ein linksgerichteter Politiker Regierungschef in Peru. Chávez befindet sich mit Venezuela in einer anderen Ausgangslage als es für Kuba in den 60ern und 70ern des 20. Jahrhunderts der Fall war. Heute scheint die Basis für eine linke Politik in Südamerika breiter zu sein, als zu Fidels frühen Zeiten.[8]
[...]
[1] Vgl. Fürntratt-Kloep, E.: Venezuela – Der Weg einer Revolution, Köln 2006. S. 11 f.
[2] Vgl. Bodemer, K.: „Petropolitics“ – politischer Diskurs, Geopolitik und ökonomisches Kalkül in den Beziehungen zwischen Venezuela und den Vereinigten Staaten, Hamburg 2007. S. 175 f.
[3] Maihold, G.: Außenpolitik als Provokation – Rhetorik und Realität in der Außenpolitik Venezuelas unter Präsident Hugo Chavez, Berlin 2008. S. 6
[4] Ebenda
[5] Vgl. Kelly, J. & C.A. Romero: The United States and Venezuela - rethinking a relationship, New York 2002. S. 30 f.
[6] Vgl. Ellner, S.: Rethinking Venezuelan Politics – Class, Conflict, and the Chávez Phenomenon, London 2008. S. 202 f.
[7] Vgl. Ebenda; Burchardt, H.-J.: Die panamerikanische Freihandelszone FTAA, http://www.planspiel.ispm-bremen.de/hintergrund.html [Zugriff: 22.03.09, 17:30]
[8] Vgl. Gott, R.: Venezuela under Hugo Chávez: The Originality of the ‚Bolivarian’ Project, In: New Political Economy, 13 (2008) 4, Abingdon. S. 483
- Quote paper
- Mirko Ückert (Author), 2009, Venezuelas Außenpolitik unter Hugo Chávez, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137297
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