Das Thema dieser Hausarbeit sind die Vorstellungen von der Hölle im Islam und im Christentum. Diese beiden Vorstellungen stehen sich gegenüber, wobei in christlicher Sicht auf neuzeitliche Theologen wie Ludwig Ott (2.1.1), Leonardo Boff (2.1.2) und Hans Urs von Balthasar (2.1.3) eingegangen wird. Diese drei Theologen vertreten unterschiedliche Meinungen, welche ich in drei Unterthemen darstellen werde. Im folgenden Absatz wird über die Frage nach der Ewigkeit der Hölle im Christentum (2.2) nachgedacht. Danach werde ich auf ausgewählte Positionen im Islam eingehen. Vorangestellt ist eine Erklärung der Höllenvorstellung (3.1), welche auch hier mit der Frage nach einer ewigen Hölle (3.2) abgeschlossen wird. Zum Schluss werden beide Höllenvorstellungen verglichen.
Anlass für diese Hausarbeit ist das von mir besuchte Seminar Eschatologie und die Sitzung über Höllenvorstellungen der neuzeitlichen Theologen hat mich besonders interessiert. In dieser Hausarbeit möchte ich der Frage auf den Grund gehen, in wie fern sich die Höllenvorstellungen im Christentum und im Islam unterscheiden bzw. ähneln/gleichen. Um einen Vergleich anstellen zu können, habe ich eine weitere Religion ausgewählt und mich für den Islam entschieden. Wie man später sehen wird sind beide Vorstellungen nicht grundsätzlich verschiedene, aber dennoch geprägt von Unterschieden.
Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG
2. DIE REDE VON DER HÖLLE IN DER MODERNEN CHRISTLICHEN THEOLOGIE AN AUSGEWÄHLTEN BEISPIELEN
2.1 Drei theologische Meinungen
2.1.1 Die Hölle existiert und ist auch gefüllt (L. Ott)
2.1.2 Die Hölle existiert als Zustand, nicht als Ort (L. Boff)
2.1.3 Die Hölle existiert und ist wahrscheinlich leer (H. U. v. Balthasar)
2.2 Ewigkeit der Hölle?
3. DIE REDE VON DER HÖLLE IM ISLAM AN AUSGEWÄHLTEN BEISPIELEN
3.1 Die Hölle
3.1.1 Sieben Bereiche der Hölle
3.1.2 Die erste Wahlmöglichkeit: erst durch die Hölle, anschließend ins Paradies
3.1.3 Die zweite Wahlmöglichkeit: durch die Hölle, aber nicht ewig
3.1.4 Qualen in der Hölle
3.2 Hölle auf Zeit – wie ist das möglich?
4. FAZIT
5. LITERATURVERZEICHNIS
1. Einleitung
Das Thema dieser Hausarbeit sind die Vorstellungen von der Hölle im Islam und im Christentum. Diese beiden Vorstellungen stehen sich gegenüber, wobei in christlicher Sicht auf neuzeitliche Theologen wie Ludwig Ott (2.1.1), Leonardo Boff (2.1.2) und Hans Urs von Balthasar (2.1.3) eingegangen wird. Diese drei Theologen vertreten unterschiedliche Meinungen, welche ich in drei Unterthemen darstellen werde. Im folgenden Absatz wird über die Frage nach der Ewigkeit der Hölle im Christentum (2.2) nachgedacht. Danach werde ich auf ausgewählte Positi-onen im Islam eingehen. Vorangestellt ist eine Erklärung der Höllenvorstellung (3.1), welche auch hier mit der Frage nach einer ewigen Hölle (3.2) abgeschlossen wird. Zum Schluss werden beide Höllenvorstellungen verglichen.
Anlass für diese Hausarbeit ist das von mir besuchte Seminar Eschatologie und die Sitzung über Höllenvorstellungen der neuzeitlichen Theologen hat mich besonders interessiert. In dieser Hausarbeit möchte ich der Frage auf den Grund gehen, in wie fern sich die Höllenvorstellungen im Christentum und im Islam unterscheiden bzw. ähneln/gleichen. Um einen Vergleich anstellen zu können, habe ich eine weitere Religion ausgewählt und mich für den Islam entschieden. Wie man später sehen wird sind beide Vorstellungen nicht grundsätzlich verschiedene, aber dennoch ge-prägt von Unterschieden.
2. Die Rede von der Hölle in der modernen christlichen Theo-logie an ausgewählten Beispielen
2.1 Drei theologische Meinungen
2.1.1 Die Hölle existiert und ist auch gefüllt (L. Ott)
Der schon in der Antike entstandene Glaube an eine existierende Hölle wird auch
heute noch von verschiedenen Theologen vertreten. Einer dieser Theologen ist Ludwig Ott, der in seinem Buch „Grundriss der katholischen Dogmatik“ auch auf die Lehre von den letzten Dingen eingeht und in diesem Kapitel seine Vorstellung der Hölle immer in gleicher Vorgehensweise bekräftigt. Zunächst belegt er die Höl-lenvorstellung anhand verschiedener Dogmen, danach legt er einen Schriftbeweis vor und am Ende jeden Absatzes folgt ein Traditionsbeweis der alten Väter.[1]
Innerhalb seines Kapitels über Eschatologie unterscheidet er zwischen der „Escha-tologie des einzelnen Menschen“[2] und der „Eschatologie der gesamten Mensch-heit“[3]. In ersterem Teil geht es zunächst um die „Wirklichkeit der Hölle“[4], dann um das „Wesen der Höllenstrafe“[5] und zum Abschluss um ihre „Eigenschaften“[6]. Es ist nicht nur Otts Glaube, dass die Hölle als Ort existiert und dass sich dort diejenigen befinden, die von Gott verworfen wurden, sondern so steht es auch de fide ge-schrieben: „Die Seelen derer, die im Zustand der persönlichen schweren Sünde sterben, gehen in die Hölle ein“[7]. Außerdem gibt es zahlreiche Bibelstellen, die die-sen Glauben vertreten und befürworten. In Dn 12,2 steht geschrieben, dass die Gottlosen auferstehen werden „zu Schmach und zu ewigem Abscheu“, und auch im Neuen Testament droht Jesus „den Sündern die Höllenstrafe an“[8].
Da Ott als Theologe der Neuscholastik gilt, galt auch für ihn die Unterscheidung zwischen der poena damni (Strafe des Verlustes), „die das eigentliche Wesen der Höllenstrafe ausmacht“[9] und der poena sensus (Strafe der Sinne). Bei der poena damni handelt es sich um eine zeitweilige Gottesferne. Durch das besondere Ge-richt ist aber eine anschließende Beseligung zu erwarten (D 778). Nach der poena damni folgt nach der allgemeinen Lehre der Theologen die poena sensus. Es wird ein physisches Feuer als Strafmittel angenommen und von den Vätern, den Scho-lastikern und auch vielen Theologen mit 1 Kor 3,15 begründet. Diese biblische Be-gründung sei allerdings unzureichend.
Auch die Frage nach einer ewigen Hölle ist bei Ott schnell geklärt: „Die Höllenstra-fe dauert in alle Ewigkeit. De fide.“[10] Auch dies wird durch Dogmen wie „Jene (die Verworfenen) werden mit dem Teufel eine immerwährende Strafe empfangen. D 429“[11] und Zitate aus der Hl. Schrift belegt. Außerdem heißt es bei Ott, dass „die Väter vor Origenes [...] die ewige Dauer der Höllenstrafe einmütig“[12] bezeugen.
2.1.2 Die Hölle existiert als Zustand, nicht als Ort (L. Boff)
Ein weiterer Theologe der Neuzeit ist Leonardo Boff, der in seinem Buch Was kommt nachher? schon in der Überschrift zu seinem Kapitel über die Hölle klar-macht, wie er zu diesem Thema steht: „Die Hölle – Absolutes Scheitern des Men-schen“[13]. In seinem Buch und besonders in diesem Kapitel steht die Freiheit des Menschen im Vordergrund und es wird immer wieder betont, dass eine Entschei-dung für oder gegen Gott von uns getroffen werden kann.[14] Dadurch, dass der Mensch frei handeln kann, ist es ihm möglich einen Weg in den Himmel zu finden, aber auch einen in die Hölle[15].
Ein weiterer wichtiger Aspekt, abgesehen vom Freiheitsgefühl des Menschen, liegt in der Erschaffung der Hölle. In Boffs Augen ist die Hölle „kein Werk Gottes, son-dern des Menschen“[16]. Damit ist allerdings nicht gemeint, dass Menschen sich die Hölle als Ort der Zuflucht selber kreieren, oder sich absichtlich in ihr Unglück – und somit in die Hölle – stürzen. Nach Boff kann sich kein Mensch frei dazu ent-scheiden die Hölle zu schaffen und „nein zum Glück“ zu sagen[17]. Es hängt also al-les vom Leben eines jeden Menschen ab. Natürlicherweise „sucht [der Mensch] immer das Glück“[18], doch wenn ein Mensch „keine Zukunft mehr [hat], keinen Ausweg mehr [sieht] und nichts tun [kann] von dem, was [er] will und sich wünscht“[19], heißt dies, dass er sich in der Hölle befindet. Dadurch hat er sich nach Boffs Meinung seine eigene Hölle geschaffen. Hätte er Zuwendung in Gott gesucht, hätte er diese auch gefunden und wäre nicht in der Hölle gelandet. Aber für einen Menschen bestehe die größte Enttäuschung „in der Abwesenheit von Gott“[20], und durch diese Einsamkeit entsteht die Hölle.
Da nur Gott verschiedene Orte erschaffen kann und der Mensch dazu gar nicht in der Lage ist, kann man davon ausgehen, dass die Hölle als wirklicher Ort im Jen-seits nicht existiert. „Die Hölle existiert, allerdings ohne gehörnte Teufelchen“[21], so steht es in Boffs Buch geschrieben. Ohne Teufelchen und ohne sonstige ausgedach-te Quälereien[22]. Die Hölle ist ein „Zustand“[23] und kein Stätte, an die Verbrecher verwiesen werden oder in die Ungläubige nach ihrem Tod in einen Feuerkessel ge-worfen werden. Diesen Zustand der Hölle erreichen laut Boff nur solche, denen es nicht gelingt, ein klares Ja zu Gott sagen zu können. Diejenigen, die nur an sich und weder an ihre Mitmenschen, noch an Gott glauben und denken, denen ist das Schicksal der Hölle im Hier und Jetzt zuteil geworden.
Mit dieser Meinung steht Boff nicht alleine dar, denn auch Karl Rahner ist ein Verbreiter dieser Theologie. Seiner Meinung nach sind „Himmel und Hölle, Fege-feuer und Gericht [...] keine Realitäten, die erst nach dem Tod beginnen.“[24] Außer-dem hält auch er die Hölle für eine freiheitliche und endgültige Erschaffung der Menschen.[25] Sowohl Rahner als auch Boff sehen die Hölle als eine letzte, endgülti-ge, freie Entscheidung des Menschen an. Die Hölle an sich ist zwar in gewisser Weise auch durch Gott entstanden, aber lediglich auf der Basis, dass der Mensch frei handelt und ihm auch eine freie Entscheidung in Bezug auf Gott zusteht. Der Mensch kann ein freies Nein gegenüber Gott äußern und durch dieses Nein erzeugt er sich selbst in einen Zustand, der ihn von Gott weg treibt und in die Hölle übergibt. Dadurch, dass Gott den Menschen als freie Kreatur erschaffen hat, muss er ihm auch die Möglichkeit einräumen, sich gegen ihn zu entscheiden.
2.1.3 Die Hölle existiert und ist wahrscheinlich leer (H. U. v. Balthasar)
Nach den ob]en genannten Vorstellungen einer gefüllten Hölle (2.1.1) und einer Hölle, die nur ein Zustand, aber kein Ort sein kann (2.1.2), folgt nun die theologi-sche Meinung Hans Urs von Balthasars, dass es eine Hölle gibt, die aber vermutlich leer ist.
Balthasars Theologie ist sehr mit dem Höllenabstieg Christi verbunden und wird daher oft als Karsamstagstheologie bezeichnet.[26] Er war Anhänger und Weiterent-wickler der theologischen Vorstellung Karl Barths[27] und führte diese in eigener Weise fort. Beide sind sich einig darin, dass Jesus Christus durch sein Leiden im Höllenschicksal, der weiteren Menschheit ein Leiden erspart hat. Barth drückt es so aus, dass „das stellvertretende Auf – sich – nehmen der Gottesferne durch Jesus Christus [...] den an ihn Glaubenden das Schicksal der Verdammnis [erspart].“[28]
Balthasar bringt dies noch einmal auf den Punkt, indem er verdeutlicht, dass die Hölle nach Christi Abstieg befreit von den Menschenseelen und somit leer ist.[29]
Ein weiterer wichtiger Aspekt in Balthasars Theologie ist die Tatsache, dass es kein „zeitliches Weiterdauern [...] [und] so auch nicht ein zeitlich gedachtes ‚Fortleben nach dem Tod’“ [30] geben wird. Wenn die Menschheit nicht weiterleben wird, braucht sie auch keinen Glauben an eine Hölle oder einen Himmel. Für ihn steht auch fest, dass Himmel und Hölle nur innerhalb unseres Körpers, unseres Herzens, unserer Seele getragen werden und sie nicht als Ort irgendwo vorzufinden sind. Für Balthasar ist der Mensch dazu bestimmt, dass sein Leben nicht bis in alle Ewigkeit hin andauert, sondern, dass er ein begrenztes Individuum ist. Begrenzt durch zeitli-che Grenzen; Geburt und Tod. Innerhalb seines Buches Eschatologie in unserer Zeit geht es Balthasar darum, den Menschen innerhalb eines Kosmos einzuordnen und mit der Zeit wird klar, dass es keinen „gestufte[n], antike[n] Kosmos“[31] mehr gibt. Dieser ist einem „quantitativ – unendlichem [Kosmos] gewichen, [in dem] es keinerlei Raum [...] für dantesche Himmel, Reinigungsorte und Höllen gibt.“[32]
Für Balthasar gibt es eine Hölle innerhalb unseres Körpers, aber für ihn ist es wich-tiger zu zeigen, dass der Mensch nur ein Leben hat und dieses Leben auf der Erde hier im Diesseits verbringt. Nachdem er dieses wundervolle von Gott geschenkte Leben gelebt hat, wird es für ihn nur eines geben: er „tritt am Ende seiner Zeitli-chen Bahn wieder über den Rand von Raum und Zeit hinaus, um seinem Ursprung zu begegnen“[33] und dieser Ursprung ist Gott.
2.2 Ewigkeit der Hölle?
Eine wirkliche klare Antwort bekommt man nicht, wenn man sich die Frage stellt, ob die Hölle ewig gedacht wird oder nicht. Anders formuliert, wäre dies schon ein-facher: Kann man die Hölle ewig denken? Dies ist möglich, wie wir durch Ludwig Ott gelernt haben. Man kann die Hölle als ewig existierend denken und man kann auch annehmen, dass es Seelen gibt, die für immer dort bleiben müssen.
[...]
[1] vgl. z. ges. Abschnitt: L. Ott, Grundriss der katholischen Dogmatik,571-574.
[2] Ebd. 563.
[3] Ebd. 578.
[4] Ebd. 571.
[5] Ebd. 572.
[6] Ebd. 573.
[7] Ebd.: 571.
[8] Vgl. Ebd. 572.
[9] Ebd. 572.
[10] Ebd. 573.
[11] Ebd. 573.
[12] Ebd. 574.
[13] L. Boff, Was kommt nachher? 73.
[14] Vgl. Ebd. 75.
[15] Vgl. Ebd. 82.
[16] Ebd. 76.
[17] Vgl. hierzu u. z. Folgenden: Ebd. 81.
[18] Ebd. 81.
[19] Ebd. 80.
[20] Ebd. 80.
[21] Ebd. 76.
[22] Anm. d. Verf.
[23] Vgl. hierzu u. z. Folgenden: Ebd. 77.
[24] Vgl. Ebd. 25.
[25] Vgl. hierzu u. z. Folgenden: H. Vorgrimler, Geschichte der Hölle, 336.
[26] Vgl. Ebd. 339ff.
[27] Vgl. Ebd. 316.
[28] B. Lange, Himmel und Hölle, 117.
[29] Vgl. hierzu u. z. Folgenden: H. Vorgrimler, Geschichte der Hölle, 339.
[30] Vgl. z. g. Abschnitt: H. U. v. Balthasar, Eschatologie in unserer Zeit, 13ff.
[31] Ebd. 25.
[32] Ebd. 25.
[33] Ebd. 94.
- Arbeit zitieren
- Andrea Höltke (Autor:in), 2006, Die Hölle im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137258
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