[...] Bei einer Untersuchung im Rahmen der Sozialforschung geht es laut Diekmann
im Wesentlichen um die direkte Beobachtung menschlicher Handlungen,
sprachlicher Äußerungen und nonverbaler Reaktionen wie Mimik, Gestik und Körpersprache
sowie anderer sozialer Merkmale, beispielsweise Kleidung, Wohnformen
oder Alltagsgebräuche. Atteslander versteht unter Beobachtung im Sinne einer wissenschaftlichen
Auslegung das systematische Erfassen, Festhalten und Deuten sinnlich
wahrnehmbaren Verhaltens zum Zeitpunkt seines Geschehens. Seipel und Rieker
verweisen darauf, dass es sich bei diesem Verhalten nicht nur um optische Eindrücke
handelt, sondern auch Gespräche, körperliche Wahrnehmungen und Gerüche
gemeint sein können. Von der wissenschaftlichen ist die alltägliche Beobachtung
abzugrenzen, die zumeist unreflektiert und routiniert erfolgt. Die wissenschaftliche
Beobachtung dagegen verfolgt laut Atteslader das Ziel, die soziale Wirklichkeit vor
dem Hintergrund einer leitenden Forschungsfrage und unter Anwendung systematischer
Verfahrensweisen zu rekonstruieren und zu beschreiben. In der Regel geschieht
dies in natürlichen Situationen, die nicht extra inszeniert werden und zu denen
die beobachtende Person sich als Teil des sozialen Feldes Zutritt verschaffen
muss. Es muss jedoch auch vermerkt werden, dass die Verwendung von Beobachtungsverfahren
in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg im Vergleich zur Befragung methodologisch
und forschungspraktisch immer mehr an Bedeutung eingebüßt hat.
In dieser Arbeit werde ich mich vordergründig mit der qualitativen Methode der teilnehmenden
Beobachtung befassen. Um einen Einstieg in die Thematik zu geben,
wird in Kapitel 2 zunächst auf die Differenzierung von qualitativen und quantitativen
Ansätzen eingegangen und im Anschluss daran sollen die wichtigsten Formen der
Beobachtung kurz dargestellt werden. Das dritte und vierte Kapitel widmen sich dann
ausschließlich der teilnehmenden Beobachtung, wobei zunächst Einsatzgebiete und
Voraussetzungen qualitativ-teilnehmender Beobachtung behandelt und im Anschluss
daran die einzelnen Phasen des Forschungsablaufs kurz skizziert werden. Nach einem Abschnitt, der sich etwas genauer mit der Rolle des Beobachters im sozialen
Feld befasst möchte ich in Kapitel 5 noch einmal zusammenfassend einige Schwierigkeiten
und Probleme erläutern, die sich im Verlauf eine qualitativ-teilnehmenden
Beobachtungsstudie ergeben können.
INHALT
1. Einleitung
2. Die wissenschaftliche Beobachtung in der Sozialforschung
2.1 Quantitative Beobachtung
2.2 Qualitative Beobachtung
2.3 Verschiedene Formen der Beobachtung
3. Die qualitativ-teilnehmende Beobachtung
3.1 Begriffsklärung
3.2 Einsatzgebiete
3.3 Voraussetzungen qualitativ-teilnehmender Forschung
4. Forschungsablauf und Rolle des Beobachters
4.1 Forschungsablauf
4.1.1 Feldzugang
4.1.2 Rollendefinition / Rollen wahr
4.1.3 Datenerhebung
4.1.4 Datenauswertung
4.1.5 Feldrückzug
4.2 Die Rolle des Beobachters
5. Probleme und Schwierigkeiten bei der teilnehmenden Beobachtung
6. Abschließende Bemerkung
1. Einleitung
In der empirischen Forschung spielt die Beobachtung eine wesentliche Rolle, da es sich im Prinzip bei sämtlichen empirischen Methoden um Beobachtungsverfahren handelt[1]. Bei einer Untersuchung im Rahmen der Sozialforschung geht es laut Diek-mann im Wesentlichen um die direkte Beobachtung menschlicher Handlungen, sprachlicher Äußerungen und nonverbaler Reaktionen wie Mimik, Gestik und Körper-sprache sowie anderer sozialer Merkmale, beispielsweise Kleidung, Wohnformen oder Alltagsgebräuche. Atteslander versteht unter Beobachtung im Sinne einer wis-senschaftlichen Auslegung das systematische Erfassen, Festhalten und Deuten sinn-lich wahrnehmbaren Verhaltens zum Zeitpunkt seines Geschehens.[2] Seipel und Rie-ker verweisen darauf, dass es sich bei diesem Verhalten nicht nur um optische Ein-drücke handelt, sondern auch Gespräche, körperliche Wahrnehmungen und Gerü-che gemeint sein können. Von der wissenschaftlichen ist die alltägliche Beobachtung abzugrenzen, die zumeist unreflektiert und routiniert erfolgt. Die wissenschaftliche Beobachtung dagegen verfolgt laut Atteslader das Ziel, die soziale Wirklichkeit vor dem Hintergrund einer leitenden Forschungsfrage und unter Anwendung systemati-scher Verfahrensweisen zu rekonstruieren und zu beschreiben. In der Regel ge-schieht dies in natürlichen Situationen, die nicht extra inszeniert werden und zu de-nen die beobachtende Person sich als Teil des sozialen Feldes Zutritt verschaffen muss. [3]
Es muss jedoch auch vermerkt werden, dass die Verwendung von Beobachtungsver-fahren in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg im Vergleich zur Befragung methodo-logisch und forschungspraktisch immer mehr an Bedeutung eingebüßt hat.[4]
In dieser Arbeit werde ich mich vordergründig mit der qualitativen Methode der teil-nehmenden Beobachtung befassen. Um einen Einstieg in die Thematik zu geben, wird in Kapitel 2 zunächst auf die Differenzierung von qualitativen und quantitativen Ansätzen eingegangen und im Anschluss daran sollen die wichtigsten Formen der Beobachtung kurz dargestellt werden. Das dritte und vierte Kapitel widmen sich dann ausschließlich der teilnehmenden Beobachtung, wobei zunächst Einsatzgebiete und Voraussetzungen qualitativ-teilnehmender Beobachtung behandelt und im Anschluss daran die einzelnen Phasen des Forschungsablaufs kurz skizziert werden. Nach ei- nem Abschnitt, der sich etwas genauer mit der Rolle des Beobachters im sozialen Feld befasst möchte ich in Kapitel 5 noch einmal zusammenfassend einige Schwie-rigkeiten und Probleme erläutern, die sich im Verlauf eine qualitativ-teilnehmenden Beobachtungsstudie ergeben können.
2. Die wissenschaftliche Beobachtung in der Sozialforschung
Innerhalb der Beobachtungsverfahren muss zunächst zwischen quantitativen und qualitativen Ansätzen unterschieden werden. Auch wenn in der Praxis den quantitati-ven Ansätzen häufig der Vorzug gegeben wird, möchte ich mich in dieser Arbeit in erster Linie den qualitativen Methoden widmen. Zunächst jedoch soll eine kurze Beg-riffsdifferenzierung erfolgen, und im Anschluss daran möchte ich einige gängige Be-obachtungspraktiken beider Ansätze vorstellen.
2.1 Quantitative Beobachtung
Beim quantitativen Ansatz wird soziale Realität als objektiv gegeben und mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden erfassbar angesehen. Laut Atteslander soll empirische Forschung theoriegeleitet Daten über die soziale Realität sammeln, wobei diese den Kriterien der Reliabilität, Validität, Repräsentativität sowie der intersubjektiven Über-prüfbarkeit genügen sollen.[5] Vor allem dienen sie aber der Überprüfung der vorange-stellten Forschungshypothese. Das Zugrundelegen einer Forschungshypothese ist eines der ausschlaggebendsten Unterscheidungskriterium zu den qualitativen Ansät-zen. Die Methoden zur Durchführung quantitativer Beobachtungsstudien sind ge-kennzeichnet durch eine hohe Strukturiertheit sowie theoriegeleitete Wahrnehmung, Aufzeichnung und Auswertung.
Als Kritikpunkte der quantitativen Forschungsansätze erwähnt Atteslander den durch die Theorie stark begrenzten Erfahrungsbereich und die Tatsache, dass häufig die Beschäftigung mit der Methode den eigentlichen Forschungsgegenstand überlagert. Außerdem verweist er auf die Entstehung von Scheinobjektivitäten und Messartefak-ten, die durch zu viel Standardisierung und Quantifizierung hervorgerufen werden
2.2 Qualitative Beobachtung
Die qualitative Beobachtung verzichtet dagegen auf vorab konstruierte Schemata sowie standardisierte Verfahrensweisen und –regeln. Der Forscher nimmt stattdes- sen an der natürlichen Lebenswelt der zu untersuchenden Personen teil. Es wird an-genommen, dass soziale Akteure sich nicht nach bestimmten Normen und Regeln verhalten, sondern soziale Wirklichkeit durch die Interpretation sozialer Situationen konstituiert wird.[6]
Als gemeinsame Basis der unterschiedlichen qualitativen Ansätze führt Atteslander die folgenden sechs Forschungsprinzipien an: Offenheit, Prozesscharakter von Ge-genstand und Forschung, Reflexivität der Forschung, Explikation des Vorgehens, Kommunikation und Problemorientierung. Durch diese Kriterien wird eine flexible Forschung gewährleistet, die am Untersuchungsgegenstand orientiert ist, deren Ziel die Rekonstruktion von Konstitutionsprozessen sozialer Realität ist und in deren Ver-lauf erst Hypothesen generiert, modifiziert und schließlich verallgemeinert werden. Die Forschungsprozesse beruhen auf kommunikativen Vorgängen und die Formulie-rung der Forschungsfrage sowie die Auswahl des Forschungsfeldes entstehen aus vom Forscher wahrgenommenen gesellschaftlichen Problemen, auf welche die Er-gebnisse der Forschung zurückwirken sollten. Alles in allem verfolgt die qualitative Forschung ein kritisches und praktisches Erkenntnisziel und kein rein theorieprüfen-des wie es in quantitativen Studien meist der Fall ist.
2.3 Verschiedene Formen der Beobachtung
Sowohl Atteslander als auch Diekman haben eine Typisierung unterschiedlicher Be-obachtungsarten vorgenommen, die im Folgenden kurz dargelegt werden soll. Attes-lander unterscheidet dabei die drei Hauptkriterien Strukturiertheit, Offenheit und Teil-nahme[7], nach deren Grad die Differenzierung vorgenommen werden kann; bei Diek-mann kommen noch zwei Aspekte hinzu, nämlich, ob es sich um einen Feld- oder Laborversuch handelt und ob eine Fremd- oder Selbstbeobachtung[8] stattfindet.
Strukturiertheit
Einer strukturierten Beobachtung liegt ein vorab erstelltes Beobachtungs-schema zugrunde, aus dem genau hervorgeht, was und wie zu beobachten ist. Zur Aufstellung eines solchen Schemas bedarf es einer konkreten For-schungshypothese und der Entwicklung von klar trennbaren Beobachtungska-tegorien. Die strukturierte Beobachtung zielt auf die Prüfung der Hypothese, wobei das Beobachtungsschema einen hohen Grad an Quantifizierbarkeit, Kontrollierbarkeit und Vergleichbarkeit sowie die Wiederholbarkeit durch ande-re Beobachter gewährleisten soll.
Im Gegensatz dazu ist das Ziel der unstrukturierten Beobachtung nicht die Überprüfung, sondern die Entwicklung von Forschungshypothesen.[9]. Sie ori-entiert sich lediglich an einer leitenden Forschungsfrage, bedarf jedoch keines inhaltlichen Beobachtungsschemas. Dadurch sind sowohl Flexibilität als auch Offenheit des Beobachters für die Eigenarten des Feldes gesichert. Das
- Teilnahme
Bei dieser Dimension geht es um den Partizipationsgrad des Beobachters an der sozialen Situation, die Gegenstand seiner Beobachtung ist. Laut Atteslan-der kann es nicht zu einer „Nicht-Teilnahme“ kommen, da der Beobachter im-mer durch seine Wahrnehmungs- und Interpretationstätigkeit bis zu einem gewissen Maße integriert ist. Atteslander grenzt jedoch eine aktive von einer passiven Teilnahme ab.
Im Rahmen der passiven Teilnahme beschränkt sich der Forscher ganz auf seine Rolle als Beobachter und trägt kaum oder gar nicht zum zu beobachten-den Geschehen bei. Bei der aktiven Teilnahme übern]immt der Beobachter hingegen eine Rolle im Feld. (siehe auch Kapitel 3 und 4)
- Offenheit
Dieser Aspekt bezieht sich auf die Transparenz der Beobachtung aus Sicht des Beobachteten und kann von offen bis verdeckt reichen. Während sich der Forscher bei der offenen Beobachtung ausdrücklich als solcher zu erkennen gibt, ist dies bei einer verdeckten Beobachtung nicht der Fall. Das Verhalten soll dabei nicht durch die Beobachtung beeinflusst werden. Die verdeckte Be-obachtung kann sowohl teilnehmend als auch nichtteilnehmend erfolgen. Sie wird jedoch auch aufgrund forschungsethischer Bedenken eher selten ange-wandt. Bei einer offenen Beobachtung kann es anfänglich zwar zu Verhal-tensänderungen bei den beobachteten Personen kommen, diese reduzieren sich jedoch meist im Fortgang der Untersuchung.
[...]
[1] Diekmann, S. 456
[2] Atteslander, S. 73
[3] Seipel/Rieker, S. 156
[4] Atteslander, S. 76
[5] Atteslander, S. 77
[6] Atteslander, S. 78-79
[7] Atteslander, S. 88 ff.
[8] Diekmann, S: 469
[9] Atteslander, S. 89
- Quote paper
- Svenja Schell (Author), 2004, Beobachtungsverfahren in der empirischen Sozialforschung unter besonderer Berücksichtigung der qualitativ-teilnehmenden Beobachtung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137212
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