Etwa 2-8% aller Kinder in Deutschland leiden unter ADHS, dem Aufmerksam-keitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom. Die Zahlen an medikamentösen Therapien steigen jährlich, ebenso wie die Kritik an vorschnellen Diagnosen.
Als „Zappelphilipp“-Syndrom verschrien, werden Eltern und vor allem Müttern häufig Vorwürfe zugetragen, ihre Kinder nicht kindgerecht zu beschäftigen und sie zu über- oder unterfordern.
Daneben stehen neurobiologische Forschungen, die einige Auffälligkeiten im Bereich der Neuropathologie entdecken konnten.
Dazu gehören Veränderungen des Gehirns, wie eine Volumenänderung oder schwächere Durchblutung bestimmter Areale, sowie Diskussionen um den Transmitter Dopamin.
Trotz starker Kritik an dem Medikament Ritalin, findet die Therapie von Kindern mit ADHS größtenteils medikamentös statt.
Im Folgenden habe ich die wichtigsten momentanen Erkenntnisse zusammen-gefasst und anhand einer eigenen Befragung an der Schule, bestimmte Fragestellungen überprüft.
Inhaltsverzeichnis:
Einleitung
1. Geschichtlicher Hintergrund
2. Allgemeine Definitionen und Definition von ADHS
3. Neuropathologie des Zentralen Nervensystems
3.1. Embryonale und frühkindliche Hirnentwicklung
3.2. Funktion und Neuropathologie des Kortex
3.3. Funktion und Neuropathologie weiterer Hirnregionen
4. Neurobiologische Ätiopathogenese für ADHS
4.1. Untersuchungsmethoden in der ADHS-Forschung
4.1.1. Positronen – Emissions- Tomopgraphie (PET) und Single – Photon – Emissions - Computertomographie (SPECT) 11
4.1.2. Magnetresonanztomographie 12
4.1.3. Elektroenzephalogramm (EEG) 12
4.2. Untersuchungsgebiete
4.3. Frühkindliche Entwicklung des dopaminergenen Systems
5. Möglichkeiten der Diagnose
5.1. Diagnoseverlauf
5.2. Testverfahren zum systematischen Symptombericht
5.3. Klinischer Aufenthalt
6. Medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten
6.1. Medikamente und deren Einsatz bei Kindern mit ADHS-Diagnose
6.2. Die Wirkung von Methylphenidat
6.3. Kritik an der medikamentösen Behandlung
7. Auswirkungen Sozial- und Lernverhalten
8. Arbeit an der Schule und die Bedeutung der Lehrkraft
8.1. Vorbeugende Maßnahmen im Elternhaus
8.2. Didaktische Methoden
8.3. Bedeutung der Lehrerrolle
9. Auswertung der eigenen Befragung
10. Therapeutische Möglichkeiten neben der medikamentösen Behandlung
10.1. Beratungsangebote
10.2. Therapiemöglichkeiten
Fazit
Literatur
Anhang
Einleitung
Etwa 2-8% aller Kinder in Deutschland leiden unter ADHS, dem Aufmerksam-keitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom. Die Zahlen an medikamentösen Therapien steigen jährlich, ebenso wie die Kritik an vorschnellen Diagnosen.
Als „Zappelphilipp“-Syndrom verschrien, werden Eltern und vor allem Müttern häufig Vorwürfe zugetragen, ihre Kinder nicht kindgerecht zu beschäftigen und sie zu über- oder unterfordern.
Daneben stehen neurobiologische Forschungen, die einige Auffälligkeiten im Bereich der Neuropathologie entdecken konnten.
Dazu gehören Veränderungen des Gehirns, wie eine Volumenänderung oder schwächere Durchblutung bestimmter Areale, sowie Diskussionen um den Transmitter Dopamin.
Trotz starker Kritik an dem Medikament Ritalin®, findet die Therapie von Kindern mit ADHS größtenteils medikamentös statt.
Im Folgenden habe ich die wichtigsten momentanen Erkenntnisse zusammengefasst und anhand einer eigenen Befragung an der Schule, bestimmte Fragestellungen überprüft.
1. Geschichtlicher Hintergrund
Neben den momentan häufigen Aussagen, ADHS sei ein „neues“ Krankheitsbild oder eine „Modeerscheinung“, gibt es auch einen geschichtlichen Hintergrund, der aufzeigt, wie dieser Begriff in Deutschland publik wurde.
Laut Ärzten, Neurologen und Elternverbänden finden wir den ersten Hinweis auf unaufmerksame und hyperaktive Kinder bereits 1850. Zu diesem Zeitpunkt wurde zunächst die Hypothese aufgestellt, dass das Sehen im Gehirn statt findet. Bis dahin wurde davon ausgegangen, dass der Effekt von dem Objekt ausging.
Auch Freud berief sich darauf, dass bestimmte Wahrnehmungsfunktionen im Gehirn zu orten sind. Laut Kant unterschieden sich Individuen dadurch, wie stark ihre Wahrnehmung den Untergang im Gewühl von Erscheinungen der Seele verhindern kann.
Doch auch die Kontrolle von Außen, wie zum Beispiel Schulen, spielten dabei eine große Rolle (Bonney, 2008).
Der letztendliche Hinweis auf ADHS soll darin begründet sein, dass um 1850 der Nervenarzt Heinrich Hoffmann den „Zappelphilipp“ oder auch „Struwwelpeter“ veröffentlichte. Der Junge in dieser Erzählung ähnelt in seinem Verhalten sehr stark einem Kind mit ADHS - Symptomen. Es werden motorische Unruhe, Ungehorsam, Aufsässigkeit und Respektlosigkeit gezeigt. Der üble Ausgang in diesen Geschichten, wie auch „Hans guck in die Luft“ sollte die Kinder belehren keine „Dummheiten“ zu machen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: „Zappelphilipp“ (www.schule-bw.de)
Der Mediziner Seidler schrieb jedoch 2004 im Deutschen Ärzteblatt, dass Hoffmann zu diesem Zeitpunkt kein Nervenarzt gewesen sei, sondern Allgemeinmediziner und erst sieben Jahre später Nervenarzt wurde. Außerdem sah die Originalversion der Erzählung etwas verändert aus. Der Philipp zappelte dort nicht, sonder trat wegen einer Auseinandersetzung mit dem Vater gegen Tisch und zog absichtlich die Tischdecke herunter.
Trotzdem lässt sich ab diesem Zeitpunkt eine Entwicklung in der Sicht auf auffälliges Verhalten von Kindern und Wahrnehmungsstörungen erkennen.
1859 wurde Unruhe als vorschnelle Entwicklung, also als „Hypermetamorphose“, von Kindern bezeichnet. Acht Jahre später ordnete der Engländer Mandsley unruhige Kinder zu der Krankheitsgruppe des „affektiven oder moralischen Irreseins“.
1869 definierte der Neurologe G.M. Beard zum ersten mal einen Begriff für Zustände „reizbarer Schwäche“. Er fasste diese Symptome unter dem Begriff „Neurasthenie“ zusammen (Stiehler, 2007).
Ebenso gab es Erklärungen, wie den Zusammenhang von Prostituierten, Südamerikanern, Vagabunden und Kindern mit Störungen der Wahrnehmung (Bonney, 2008).
Schon in dem Zeitrum 1930 – 1949 wurde in den USA an der Wirkung von Amphetaminen auf Unruhezustände geforscht. Der amerikanische Arzt Charles Bradley experimentierte mit dem Asthmatikum „Benzedine“. 1937 gab er den Bericht heraus, dass dieses Mittel eine beruhigende Wirkung auf hyperaktive Kinder habe.
Nachdem 1934 Kahn und Cohen den Zusammenhang von auffälligem Verhalten im Klassenzimmer mit neurologischen Störungen als „Organic Driveness“ bezeichneten, vermutete der Neurologe Samuel Orton einen unbekannten Hirnschaden bei den Betroffenen.
1957 kamen neue Begriffe heraus, wie zum Beispiel „Hyperkinetic Impulse Disorder“ oder „Minimal Cerebrale Dysfunction“. Woraufhin in den Jahren von 1965 bis 1974 in Schulen besondere Rücksicht auf schwierige und unruhige Kinder genommen wurde.
Wichtig ist in diesem Zeitraum auch, dass bis 1972 Ritalin® (Wirkstoff Methyhlphenidat) frei verkäuflich war. Dadurch wurde das Medikament oft für den Drogenkonsum missbraucht, indem Heroin und Methadon mit Ritalin® gestreckt wurden.
In den 90er Jahren wurden hyperaktive Kinder und Jugendliche schnell als Gefahr für die Gesellschaft gesehen und die schnelle Medikation stieg an. Ein weiterer Grund für die recht schnelle Vergabe von Medikamenten könnten die Krankenkassen und Ärzte sein. Die medikamentöse Behandlung ist günstiger als weitere therapeutische Maßnahmen und Arzt, Kind, wie auch Eltern haben eventuell einen geringeren Zeitaufwand (Stiehler, 2007).
2. Allgemeine Definition und Symptomatik von ADHS
Kinder, die unter ADHS (teilweise auch ADS), dem sogenannten Aufmerksamkeitsdefizit/-Hyperaktivitätsstörung leiden, sind überdurchschnittlich unaufmerksam, ungewöhnlich impulsiv und hyperaktiv. Bei einigen Kindern kann aber auch beobachtet werden, dass sie in sich gekehrt sind und eher schüchtern wirken.
Haben Kinder tatsächlich ADHS, trat dieses Verhalten schon vor dem siebten Lebensjahr auf und verursacht ernsthafte Probleme in allen alltäglichen Lebensbereichen (Rothenberger und Banaschewski, 3/2004).
Die Symptomatik ist außerdem nicht vorübergehend, sondern hält schon mindestens sechs Monate an (www.adhs.de, 2009).
Es wird jedoch immer wieder darauf hingewiesen, dass Kinder mit ADHS nicht nur Defizite gegenüber anderen Kindern haben. Häufig sind gerade Kinder mit ADHS besonders kreativ, hilfsbereit, fürsorglich, empfindsam, interessiert, ehrlich und gerecht (www.adhs.de, 2009).
ADHS wird nicht nur bei Kindern diagnostiziert. Auch Erwachsene können ähnliche Probleme zeigen, die sich auf ihr Berufs- und Privatleben auswirken (www.ads-portal.de, 2009).
Die Ursachen für diese Symptomatik werden viel diskutiert und gruppieren sich in vier Richtungen.
Eine Gruppe geht der Meinung nach, dass ADHS eine Folge von biologischen Faktoren ist, eine andere meint, dass biologische und soziale Faktoren kombiniert eine entscheidende Rolle spielen.
Andere sagen aus, dass es ausschließlich am Umfeld der Kinder liegt, in dem sie aufwachsen. Eventuell schließt dies auch schon die Zeit vor der Geburt mit ein.
Eine vierte Meinung ist, dass es sich bei ADHS nicht um ein Defizit handele. Oftmals werden in dieser Gruppe auch unseriöse Aussagen, von zum Beispiel Scientology vorgefunden, was aber nicht grundsätzlich der Fall ist (Singh, 9/2008).
Offen bleibt die Frage, ob es sich bei allen Aussagen um eine Ursache oder eine Folge von ADHS handelt.
3. Neuropathologie des Zentralen Nervensystems
3.1. Embryonale und frühkindliche Hirnentwicklung
Mit der Schließung des Neuralrohrs, von kaudal beginnend, bildet sich das Zentrale Nervensystem über das Stammhirn, dem Mesencephalon mit Thalamus, Hypothalamus und dem limbischen System, zum Prosencephalon hin aus (Hüther und Bonney, 2004).
Die Nervenzellen entstehen durch Teilung von Neuroblasten, die in der Umgebung des Hohlraumes des Neuralrohrs liegen. Die noch undifferenzierten Zellen wandern in das Zielgebiet anhand der langen Fortsätze von Gliazellen. Im Zielgebiet bilden sich Zellverbände aus. Dazu ist ein Erkennungsmechanismus nötig, welches aus membranständigen Glykoproteinen, sogenannten „nerve cell adhesion molekules“, besteht. Durch diese Proteine werden Zellen vernetzt, die durch ein Schlüssel-Schloss-Prinzip zusammenfinden (Klinke und Silbernagl, 2001).
Bereits der Fetus hat bis zur 28. Schwangerschaftswoche die endgültige Gesamtzahl der Neuronen erreicht, die noch bis zum 4. Lebensjahr wachsen und ausdifferenzieren.
Auch die Proliferation der Nervenzellen ist bereits beendet (Klinke und Silbernagl, 2001).
In einigen Regionen werden jedoch noch lange nach der Geburt Gliazellen produziert und Myelinscheiden geformt (Hüther und Bonney, 2004).
Die Myelinisierung beginnt in der 24. Woche und schließt erst im 6. Lebensjahr ab.
Neuronale Verbindungen und synaptische Verschaltungen bilden die Grundlage für eine weitere Ausbildung und Stabilisierung der Interaktionsmuster.
Zunächst verläuft die Hirnentwicklung weitestgehend autonom, selbstorganisiert und eigendynamisch. Sobald jedoch das Wachstum beendet ist, verliert das Gehirn diese Eigendynamik und wird zunehmend von außen beeinflussbar.
Die Nervenausbildung in bestimmte Richtungen kann nicht festgelegt oder beeinflusst werden. Nervenzellen sind lediglich in der Lage sich zu teilen, solange das lokale Mikroenvironment günstig ist und setzen sich entlang bestimmter Signalstoffgradienten fort. Dies ist eine Folge der eigenen Wachstumsdynamik, also den Gradienten von Nährstoffen, Metaboliten, Signalstoffen usw. oder von äußeren Einflüssen, wie sensorischen Eingängen oder äußeren Störungen des Inneren Bedingungsgefüges.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Ausbildung von neuronalen Verbindungen (Birbauer und Schmidt, 2006)
Bei Veränderungen der äußeren Umgebung werden zunächst einmal Nervenzellen in alle Richtungen produziert. Im weiteren Reifungsprozess bleiben jedoch nur die Nervenzellen, Fortsätze und Synapsen erhalten, die funktionell genutzt und dadurch stabilisiert werden (Hüther und Bonney, 2004).
In Abbildung 2 wird noch einmal verdeutlicht, dass zunächst durch Zellteilung im Neuralrohr weitere Zellen entstehen, die dann in andere Regionen wandern und sich dort differenzieren. Letztendlich bleiben die funktionell genutzten Zellen zurück.
Prä-, peri- und postnatale Komplikationen können jedoch eine Verzögerung dieser frühkindlichen Entwicklung bewirken.
Pränatale Schädigungen sind Fehlentwicklungen und Zerstörungen von Bereichen des Gehirns vor der Geburt. Ursache können zum Beispiel schädliche Substanzen, die die Mutter über Nahrung oder Atmung zu sich nimmt oder physische Einwirkungen sein.
Perinatale Schädigungen sind Zerstörungen der Hirnstruktur, die im zeitlichen Umfeld der Geburt des Kindes entstehen. Oft kommt es während der Geburt zu Sauerstoffmangel für den Säugling oder auch in diesem Fall zu physischen Einwirkungen. Die postnatalen Komplikationen treten erst im späteren Leben auf, wenn zum Beispiel Unfälle geschehen, die Hirnbereiche verletzen, durch Substanzmissbrauch oder durch Stoffwechselerkrankungen.
Im Jahr 2007 wiesen Wissenschaftler des National Institute of Mental Health (NIMH) nach, dass Kinder mit ADHS eine durchschnittlich drei-jährige Verzögerung der Kortexentwicklung gegenüber Kindern ohne ADHS aufweisen.
Es wurden 450 Kinder untersucht, wovon die Hälfte an ADHS erkrankt waren und die andere Hälfte keinerlei Probleme in dieser Hinsicht hatte. Es wurde gemessen, wann und wo das Gehirn die größte Dichte erreicht hat. Heraus kam, dass das Gehirn der Kinder mit ADHS durchschnittlich im Alter von 10,5 Jahren die höchste Dichte erreichte. Bei den gesunden Kindern war dies bereits nach 7,5 Jahren der Fall.
Trotz der Verzögerung entwickelten sich jedoch in beiden Fällen die Gehirne „normal“. Unter anderem konnte festgestellt werden, dass zum Beispiel die Motorik bei beiden Gruppen im gleichen Alter entwickelt war. Jedoch der Bereich des Gehirns, der die Motorik kontrolliert, entwickelte sich bei Kindern mit ADHS erst drei Jahre später.
Der britische Experte David Coghill von der University of Dundee warnt jedoch, dass Kinder mit dieser verzögerten Hirnentwicklung keinesfalls die anderen Kinder einholen könnten. Denn in dieser Zeit hätten sich die anderen Kinder bereits weiter entwickelt und dies in einer ganz anderen Art und Weise. So zeigen Jugendliche mit ADHS Defizite im Bereich Gedächtnis, Steuerung des Antriebs und Planung (www.ads-web.de, 2009).
3.2. Funktion und Neuropatholgie des Kortex
Der Kortex kann anatomisch oder funktionell unterteil werden. Sprechen wir von den anatomischen Arealen des Kortex, müssen Frontal-, Temporal-, Parietal- und Okzipitallappen erwähnt werden.
Bestimmten Arealen des Kortex können spezifische Funktionen zugeordnet werden, so dass sich eine weitere Einteilung von Arealen ergibt. Hier spricht man von folgenden Gebieten: sensorischer Kortex, primärer Motorkortex, sekundärer Motorkortex, primärer visueller Kortex, sekundärer visueller Kortex, sensorisches Sprachzentrum, primärer auditorischer Kortex und das motorische Sprachzentrum.
Wird ein Areal beschädigt, werden die spezifischen Funktionen oft von anderen Arealen des Gehirns übernommen (Huppelsberg und Walter, 2005).
Der präfrontale Kortex ist im orbitalen Bereich für die Impulskontrolle zuständig. Der dorsolaterale Bereich ist zuständig für Organisation, Planung und Aufmerksamkeit. Bei ADHS-Patienten konnte in verschiedenen Studien eine Volumenverringerung auf beiden Seiten festgestellt werden. Mesial ist der präfrontale Kortex in der Lage Verhalten zu verlangsamen (Buchmann, 2008).
3.3. Funktion und Neuropathologie weiterer Hirnbereiche
Neben vielen Hypothesen und Forschungen geht man unter anderem davon aus, dass bestimmte Areale des Gehirns ein geringeres Volumen aufweisen und Abweichungen der Durchblutung und der elektrischen Hirnaktivität zeigen (Rothenberger und Banaschewski, 3/2004).
Laut Buchmann (2008) sind Hirnvolumenänderungen bevorzugt in der rechten Gehirnhälfte und in der grauen und weißen Substanz zu finden. Eine Volumenzunahme sei im Vergleich zu Kontrollgruppen nicht festgestellt worden (Buchmann, 2008).
Der Corpus callosum (Balken) verbindet die homotypen Regionen der beiden Hirnhälften. Bei ADHS-Patienten ist ein großer Teil dieser Fasern nur sehr dünn oder gar nicht myelinisiert. An dieser Stelle können die Forschungsergebnisse nur schwer verglichen werden, weil es eine Vielzahl von Begriffen in der Nomenklatur dieses Hirnbereichs gäbe.
Die Basalganglien sind folgende Kerne im Marklager des Telencephalons (s. Abb 3): Striatum und Pallidum, sowie funktionell hinzugezählt Ncl. Subthalamicus und Substantia nigra. Zusammen sind sie entscheidend bei der Regulation von Bewegung (Trepel, 2004).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Hauptabschnitte des Gehirns: 1. Medulla oblongata (verlängertes Mark), 2. Pons (Brücke), 3. Mesencephalon (Mittelhirn), 4. Diencephalon (Zwischenhirn), 5. Cerebellum (Kleinhirn), 6. Telencephalon (Großhirn); (Trepel, 2004)
Das Cerebellum (s. Abb 3) mit seinen zwei Hemisphären deckt den Bereich des sozialen Lernens, genauer den affektiven und kognitiven und den motorischen Bereich ab (Buchmann, 2008). Nach Trepel (2004) ist es das wichtigste Integrationszentrum für das Erlernen, die Koordination und die Feinabstimmung von Bewegungsabläufen.
Strukturelle Veränderungen, so wie auch eine Volumenverringerung sind in spezifischen Regionen der Vermis (zwischen den Hemisphären liegender Wurm) zu finden. Dies wiesen alle von Buchmann (2008) herangezogenen Studien bei Kindern mit ADHS nach. Eine Studie zeigte ein insgesamt in ihrem Volumen verringerte rechte Cerebellum-Hälfte bei ADHS-Kindern.
Das Telencephalon besteht ebenfalls aus zwei Hemisphären, die über einen Balken verbunden sind. Um das Telencephalon herum liegt der Kortex mit seiner rosa-farbenden, der weißen und grauen Substanz. Das primäre Feld verarbeitet die Wahrnehmung, das Assoziationsfeld stimmt verschiedene Funktionen aufeinander ab.
Die Bereiche werden unterteilt in Frontal-, Parietal-, Temporal- und Okzipitallappen.
Der Temporallappen verarbeitet auditore und sprachliche Signale. Zwei herangezogene Studien wiesen signifikant verringerte Volumina der Temporallappen bei Kindern mit ADHS nach. Außerdem wurde von einem reduzierten Volumen des anterioren temporalen Kortizes berichtet, während der posteriore Anteil vergrößert gewesen sein soll.
Der Parietallappen steuert die Aufmerksamkeitsfunktionen und in diesem Großhirn-Bereich konnten signifikant verringerte Volumina festgestellt werden.
Im Okzipitallappen werden visuelle Reize verarbeitet. Hier wurden bis zu 9%ige Reduzierungen der weißen und grauen Substanz in der rechten Hälfte des Okzipitallappen diagnostiziert.
Kritisch führt Buchmann an, dass die von ihm herangezogenen morphologischen Untersuchungen nur mit kleinen Fallzahlen belegt worden seien. Außerdem seien oft die verschiedenen ADHS-Typen, Geschlecht, Alter, Medikation und so weiter nicht beachtet worden (Buchmann, 2008).
Um die Funktionen des Gehirns in Zusammenhang mit Aufmerksamkeit zu verstehen, beschreiben Fitzner und Stark (2000) das Aufmerksamkeitsnetzwerk, welches wiederum in drei unterschiedliche Netzwerke unterteilt wird. Einerseits sprechen Fitzner und Stark von einem Orientierungsnetzwerk, in dem die visuelle Orientierung stattfindet und weiterhin nennt er das exekutive Aufmerksamkeitsnetzwerk, welches dem identifizieren von Objekten, Ereignissen und Sachverhalten dient. Letztendlich wird das Wachsamkeitsnetzwerk angesprochen, in dem der aktivierte aufmerksame Zustand erhalten wird.
a.) Das Orientierungsnetzwerk:
Auch wenn wir mit den Augen einen bestimmten Punkt fixieren, nehmen wir das gesamte Sichtfeld wahr.
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- Arbeit zitieren
- Marianne Lippel (Autor:in), 2009, Neurobiologische Grundlagen von ADHS und ihre Bedeutung für die Schule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137209
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